Einige freundliche Worte für Satan

Als Atheist werde ich oft gefragt ob ich an Satan glaube, weil „ich doch an irgendetwas glauben muss.“ Ich weise darauf hin, dass ich nicht an die Existenz irgendeiner übernatürlichen Kraft glaube, einschließlich Jahweh, Satan, Engel oder Teufel. Aber ich kann theologische und strategische Fälle anführen, in denen dem mystischen Satan gehuldigt werden kann.

Satan macht im Buch Genesis keine schlechte Figur. Nachdem Gott Adam gesagt hatte, er würde an dem Tag sterben, an dem er eine bestimmte Frucht isst, erzählt Satan (in einem Schlangenkostüm) Eva, dass ihnen der Snack Wissen bringen würde. Also aßen sie die verbotene Frucht, erfreuten sich an ihrem neu erworbenen Wissen und lernten, dass Gott geblufft hatte, als er sagte, sie würden an dem Tag sterben, an dem sie die Frucht essen. Ein erzürnter Gott hat dann Adam und Eva aus dem Garten Eden verbannt und ihnen gesagt, dass sie ab jetzt für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssten. Adam und Eva haben wahrscheinlich erkannt, dass die Unwissenden doch nicht selig sind und blinde Unterwürfigkeit keine Tugend ist. Obwohl viele Christen Ungehorsam als die „Ursünde“ betrachten, denke ich, dass Satan den Mensch gelehrt hat, dass es besser ist, Freiheit ohne garantierte Sicherheit zu haben, als Sicherheit ohne Freiheit.

Interpretationen des biblischen Charakters Satan können Menschen dazu motivieren, ein anständiges und rationales Leben zu leben. Zum Beispiel: Sei neugierig und suche Wissen; hinterfrage das Heilige; lehne Autoritäten ab, die blinden Gehorsam fordern; stärke die freie Forschung; begrüße unterschiedliche Meinungen; beurteile Individuen nach ihren Handlungen und nicht danach, ob sie willkürlichen Normen entsprechen; respektiere die Freiheit anderer, einschließlich der Freiheit, andere zu kränken; und erkenne die Würde und den Wert der 'Fremdgruppe' an.

Im Hebräischen bedeutet das Wort Satan Gegner. Die katholische Kirche hat diese Gegnerrolle anerkannt, als sie 1587 die Stelle des Hüters des Glaubens eingeführt hat, eher bekannt unter dem Namen Advocatus diaboli. Er hatte die Aufgabe, gegen die Heiligsprechung eines Toten zu argumentieren und skeptisch gegenüber sogenannten Wundern zu sein, die dem Verstorbenen zugeschrieben wurden. Angesichts der Zahl der beobachteten Wunder und der Heiliggesprochenen denke ich, dass die meisten Advocati diaboli inkompetent waren (die Zahl der Wunder, die ich akzeptiere, ist Null). Papst Johannes Paul II. muss geglaubt haben, dass diese „Advokate des Teufels“ zu viel Wert auf Beweise legten, denn er schuf die Stelle 1983 ab und sprach dann fünf Mal mehr Menschen heilig als alle sein Vorgänger des 20. Jahrhunderts zusammen.

Obwohl die Advocati diaboli katholisch waren, sind die meisten Mitglieder des „Satanic Temple“ Atheisten. Der „Satanic Temple“ ist eine Religion, die Steuerausnahmen ablehnt, weil sie prinzipiell jede Unterstützung des Staates für Religionen ablehnt. Würden alle Religionen diese Position vertreten, könnten wir das nationale Defizit stark reduzieren oder gar eliminieren. Diese Satanisten machen sich einen kleinen Spaß mit ihrem Namen, aber ihr primärer Zweck ist es, den Säkularismus zu unterstützen.

Die „Secular Coalition for America“, deren Gründer und emeritierter Präsident ich bin, beinhaltet dreizehn nationale Organisationen, die das ganze Spektrum nicht-religiöser Standpunkte abdecken. Sie arbeiten bei Themen zusammen, die alle säkularen Amerikaner betreffen. Einige dieser Organisationen bezeichnen sich selbst spielerisch als die „guten Bullen“ und die „bösen Bullen“ der säkularen Bewegung, abhängig davon, wie bissig sie sich zu sein entschließen, wenn sie sich mit unpopulären, kontroversen Fällen befassen.

Bei den schlimmsten „Bullen“ (den Satanisten) hatte ich anfangs gehofft, dass sie ob ihres Potentials, Atheisten in Verruf zu bringen, still und ohne großes Aufsehen wieder verschwinden würden. Ich habe erkannt, dass ich vorschnell geurteilt habe, als Lucien Greaves, Sprecher des „Satanic Temple“, letzten Monat eine Rede in meiner örtlichen humanistischen Gruppe in Charleston, South Carolina, gehalten hat.


Übersetzung von: Joseph Wolsing, Daniela Bartl

 

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Kommentare

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    Bernd Kammermeier

    Nichts bekämpft nichts - könnte man knapp folgern.

    Satan gegen Gott!

    Wen kümmert ein Zweikampf in einem Raum außerhalb unserer Dimension der Wirklichkeit?

    Uns alle, wenn man unterstellen mag, dass Gott und Teufel nur Projektionen höchst irdischer Vorgänge darstellen. Satan ist der Stachel im Fleisch Gottes. Er verhindert, dass dieser nicht bis in alle Ewigkeit in der Kühle des Paradieses lustwandeln kann - zwei wohlgeformte Lehmfiguren in ästhetischer Nacktheit vor Augen. Statuen?

    Der Teufel (eigentlich nur die Schlange, denn dass der Teufel in sie gekrochen sei, wird nirgends erwähnt) hat uns aus diesem Dornröschenschlaf erweckt, er hat uns leben und sterben gelehrt - und die Erkenntnis, dass wir zwischen Geburt und Tod neugierig sein dürfen, ja müssen. Wir haben als "Abschiedsgeschenk" des gekränkten Gott die Schmerzfähigkeit erhalten - aber auch die Fähigkeit, uns zu Vermehren - durch Sex! Gott hat also den Sex erfunden, hat ihn uns vermacht und geglaubt, dies würde uns quälen.

    Dass die Menschen dieses Geschenk bereitwillig annahmen und über Gebühr zelebrierten, hat Gott abermals gekränkt. Vielleicht hat er deswegen die 1. Menschheit ersäufen wollen - und hat sie, schizophren, wie er nun mal ist, gerettet.

    Der Teufel war Gott auf jeden Fall immer einen Schritt voraus, wenn es um die Weiterentwicklung der Menschheit ging. Gott war irgendwann nur noch Verwalter seiner eigenen Kränkung, seiner eigenen daraus resultierenden Bosheit. Der Teufel schlief mit masturbierenden Frauen, der Teufel ließ uns neue Gedanken denken, Neues erfinden, bauen, weiterentwickeln.

    Der Teufel steckt im Detail!

    Das große Ganze mag Gott vorbehalten bleiben - doch dies ist für uns Menschen sowieso nur sehr schwer (wenn überhaupt) fassbar. Wir brauchen Details, die vielen Details, die das Leben lebenswert gestalten. Dieser Teufel ist mir alle mal lieber, als dieser tröge Gott. Mag er wieder lustwandeln und sich neue Statuen formen. Der Teufel, sein Feuer, seine Lebendigkeit sind doch tausendmal wichtiger.

    Schade, dass er nicht wirklich existiert - außer, wir übersetzen Teufel mit "Evolution"...

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      Herbert Ratte

      Ich fresse täglich Katzenfleisch, da mir meine Religion es mir vorschreibt. Ansonsten glaube ich auch an nichts.

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        Der_Klugscheißer

        Meine Religion befiehlt mir täglich ein Affenhirn in den Anus meiner Katze einzuführen. Diese wird daraufhin gründlich ausgepeitscht und im Garten GEGRILLT.
        Guten Appetit.
        P.S.: So konstruktive Kritik ist selten, danke dafür.

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