Ich wurde vom christlichen Dogma traumatisiert und werde dasselbe nicht meinem Kind antun

Bevor ich mit 36 Jahren Vater wurde, hätte ich mir weder gedacht, dass die Adoption eines Kindes, Nathan, meinen gefängnisartigen evangikalen Glauben so machtvoll niederreißen würde, noch rechnete ich mit dem Sturm an Aufruhr, Zorn und Kummer, der mir bald widerfahren würde, als ich meine eigene Kindheit nochmals durchlebte und mit den Dogmen konfrontiert wurde, mit denen ich aufgewachsen war.

Ich wurde vom christlichen Dogma traumatisiert und werde dasselbe nicht meinem Kind antun

Nathans unbändige ADHS Persönlichkeit forderte mich heraus und bezauberte mich und meine Frau vom dem Tag an, an dem wir ihn das erste Mal sahen. Nathan lebte den Großteil der ersten fünf Jahre seines Lebens in einem schwach beleuchteten Waisenhaus in der westlichen Ukraine. Ich werde den kalten Novembermorgen nie vergessen, als wir ihn das erste Mal im Waisenhaus besuchten. Obwohl Nathan uns noch nie zuvor gesehen oder Kontakt mit uns hatte, stürmte er uns mit erhobenen Händen entgegen, rief „Mama, Tata!“ und küsste uns auf unsere Wangen. Er brachte mein Herz augenblicklich zum Schmelzen.

Nathan war ein unaufhaltsamer Dynamo. In den zwei Wochen unserer Gerichtsanhörung zu unserem Adoptionsantrag besuchten wir Nathan zwei Stunden täglich. Er war nicht einen Moment lang ruhig.

Zwei Wochen nach der Gerichtsanhörung durften wir Nathan vom Waisenhaus abholen, und während der darauffolgenden Tage schlief Nathan kaum. Nathan war überreizt, da er zum ersten Mal in seinem Leben einer Welt außerhalb des Waisenhauses ausgesetzt war. Nach einer heldenhaften Reise über den Atlantik waren Nathan, der andauernd gegen den Flugzeugsessel vor sich trat, und ich, der ich erfolglos versuchte, ihn während dem gesamten 10-stündigen Flug zu bändigen, zu Hause.

Vom ersten Tag an forderten mich Nathans Unschuld, Ausgelassenheit, Wissbegierde, Explosivität und Warmherzigkeit heraus und faszinierten mich. Er war so anders als ich, so viel lebendiger, so fähig, im Augenblick zu leben und so unbekümmert in seiner Fähigkeit, das Leben zu genießen. Ja, Nathan musste dringend seine Kommunikation, seine soziale Fähigkeiten und sein Benehmen ausbauen. Doch ich wollte seinen Funken nicht löschen. Im Gegenzug hoffte ich, von Nathan zu lernen, wie man das Leben genießt und im Augenblick lebt.


Übersetzung: Elisabeth Mathes

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