Theologische Zoologie und biblischer Schöpfungsglaube

An einem sogenannten „Institut für Theologische Zoologie“ (Münster) verbreitet der Leiter, ein katholischer Priester und Zoologe, die traditionellen Lehren der katholischen Kirche zum Themenbereich Schöpfung/Evolution. Unter dem Deckmantel des Tierschutzes soll der Kreationismus in Deutschland verbreitet werden.

Theologische Zoologie und biblischer Schöpfungsglaube

Kreationistisches Weltbild (aus U. Kutschera: Evolutionsbiologie, 4. A. 2015)

Auf der Startseite der Homepage des privaten „Theo-Zoo-Institutes“ wird der Begriff der „Schöpfung“ (bzw. „Mitgeschöpfe“) vielfach im Zusammenhang mit unterschiedlichen Veranstaltungen und Webseitenartikeln verwendet. Wenn man weiterklickt, wird deutlich, dass „Schöpfung“ oder „Geschöpf“ zum Standardvokabular des Betreibers der Einrichtung, Herr Dr. Rainer Hagencord, gehören.

Der Begriff „Schöpfung“ wird im Englischen mit „Creation“ übersetzt. Wer also das Wort „Creation“ unentwegt verwendet, aber von sich weisen möchte, Kreationist zu sein, der ist unglaubwürdig. Wer sich in der Tierethik engagieren möchte, sich seriös mit philosophischen Aspekten des Mensch-Tier-Verhältnisses befassen will, ansonsten aber ein moderner Zoologe ist, der die Forschungsergebnisse der Evolutionsbiologie respektiert, verzichtet auf den biblischen Begriff „Schöpfung“.

Der moderne Mensch ist zu jeder Verrohung und zu jedem Rückschritt befähigt und auch willens, wenn er entsprechende Motivation erfährt. Denn Rückentwicklungen sind leichter zu verkraften als neue Erkenntnisse, deren geistige Verarbeitung Anstrengung erfordert. Kreationistisches Denken kann damit beginnen, dass man den Begriff der Schöpfung zunächst als bildhaftes Kürzel einführt, und setzt sich dann fort, indem eine Art Spiritualität um die Geheimnisse der Natur in der Bevölkerung entfacht wird. Schnell suchen die gläubigen Menschen dann nach spannenderen Erklärungsmöglichkeiten als jene, die von der kompliziert erscheinenden Evolutionsbiologie geliefert werden.

Immer dann, wenn das verzweifelte Individuum nicht mehr weiter weiß bzw. wenn es die Zusammenhänge in seiner Umwelt nicht mehr verstehen kann, sehnt sich der Mensch nach einer spirituellen Hilfe, sucht er nach einem Gott. Gläubigkeit ist daher eine Folge von Unwissen und Unverständnis. Ein geringer Bildungshorizont erreicht bald die Grenzen des Nachvollziehbaren. Daher ist naturwissenschaftliche Bildung der größte Gegner aller Religionen. Die menschliche Hilflosigkeit im Nicht-Wissen und daher Nicht-Verstehen machen sich die christlichen Kirchen schon seit Anbeginn ihres Wirkens nutzbar. Ginge es nach der Kirche, insbesondere in der katholischen Version, würde man am liebsten die gesamte Geschichte der Aufklärung für ungültig erklären. Denn erst dann wären die Menschen wieder bereit, die alte Schöpfungsgeschichte anzunehmen, die ihnen heute zeitgemäßer vermittelt werden muss, z. B. in der theobiologischen „Grundtypen-Version“ der kreationistischen Studiengemeinschaft Wort und Wissen. Wir dürfen es den Kirchen nicht gestatten, Wissen zu bekämpfen und stattdessen spirituell-religiöse Dogmen in die Köpfe der Bevölkerung einzupflanzen. Jede Form des Kreationismus ist daher als Rückschritt in der Menschheitsentwicklung abzulehnen, auch in der Hagencord’schen Version der sogenannten „Theologischen Zoologie“.

Über die Autoren:
Dr. Stefan Wirth ist freiberuflicher Biologe in Berlin und Professor Dr. Ulrich Kutschera lehrt und forscht an der Universität Kassel / Stanford, CA (USA).

Kommentare

  1. userpic
    Thomas Degenhardt

    Wo ist das Problem ?

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