„Wir müssen Saudi-Arabien unter Druck setzen!“

gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon fordert die deutsche Politik auf, klare Kante zu zeigen

„Wir müssen Saudi-Arabien unter Druck setzen!“

Dem saudischen Blogger Raif Badawi, Träger des Deschner-Preises der Giordano-Bruno-Stiftung, drohen nach Medienberichten weitere 50 Peitschenhiebe. gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon, der in seinem Buch  „Die Grenzen der Toleranz“ ausführlich auf den Fall Badawi eingeht, fordert die deutsche Politik auf, „endlich klare Kante zu zeigen und Saudi-Arabien unter Druck zu setzen“.

***

Als die Bilder von Raifs öffentlicher Auspeitschung im Internet auftauchten, ging ein Aufschrei der Empörung durch die Welt. Die massive Reaktion der globalen Zivilgesellschaft setzte Saudi-Arabien so sehr unter Druck, dass die Prügelstrafe ausgesetzt wurde. Auf dem Höhepunkt der Proteste, Ende Januar 2015, war der Druck sogar so stark, dass sich der saudische Botschafter in Berlin genötigt sah, eine frühzeitige Freilassung Badawis in Aussicht zu stellen.

Offenkundig rechnete Saudi-Arabien zu diesem Zeitpunkt noch mit ernsthaften außenpolitischen Konsequenzen. Jedoch: Zu wirklichen Konsequenzen oder auch nur zur Androhung solcher Konsequenzen ist es danach nicht gekommen – ein fataler Fehler der internationalen, insbesondere auch der deutschen Politik. Statt klare Kante zu zeigen, verfielen die führenden Politiker zurück in den alten Kurs der Kuscheldiplomatie und fädelten Milliarden-Geschäfte mit einem Land ein, das den sunnitisch-wahhabitischen Terror seit Jahren maßgeblich unterstützt. Die verheerenden Menschenrechtsverletzungen, die Saudi-Arabien Tag für Tag begeht, wurden – wenn überhaupt – nur in Nebensätzen erwähnt, was die Gegenseite souverän überhören konnte.

Wie das Verhalten des saudischen Botschafters im Januar 2015 gezeigt hat, reagiert Saudi-Arabien sehr wohl auf Druck von außen. Deshalb wäre es zum gegenwärtigen Zeitpunkt notwendig, den politischen Druck durch Androhung von Sanktionen zu verstärken, die das Regime tatsächlich schmerzen bzw. die den fortschrittlicheren Kräften innerhalb des Regimes ein zusätzliches Argument verschaffen, um sich gegen die Hüter des Status quo durchzusetzen. Constantin Schreiber, der Raif Badawis Texte in deutscher Sprache herausgegeben hat, wies Anfang 2016 darauf hin, was Deutschland tun könnte, ja: tun müsste, falls Saudi-Arabien auf dem Gebiet der Menschenrechte im Allgemeinen und im Fall Badawi im Besonderen nicht einlenkt:

1. Sofortiger Stopp aller Rüstungsexporte
2. Einreisebeschränkungen für Saudis, insbesondere für die reisefreudige saudische Königsfamilie mit ihren über 10.000 Mitgliedern
3. Konsequenter Verzicht auf saudisches Öl
4. Aufkündigung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien, das auf deutsche Technologie in besonderem Maße angewiesen ist.

Zudem müsste endlich umgesetzt werden, was die Fraktion der Linken bereits im Januar 2015 forderte: So sollte sich die Bundesregierung nicht nur für die sofortige Freilassung von Raif Badawi einsetzen, sondern ihm Asyl anbieten und den deutschen Botschafter in Saudi-Arabien unverzüglich damit beauftragen, Raif regelmäßig im Gefängnis zu besuchen. Letzteres wäre nur ein kleiner Schritt für Deutschland, hätte aber für Raif große Bedeutung.

Würde die deutsche Politik tatsächlich eine solche Agenda verfolgen, könnte sie in der Welt sehr viel glaubwürdiger die Werte von Humanismus und Aufklärung vertreten, die die Grundlage des modernen Rechtsstaats bilden. Und sie könnte auf diese Weise auch sehr viel glaubwürdiger dafür werben, dass „Säkularismus“ tatsächlich „die Lösung“ ist, wie es Raif in seinem Brief aus dem Gefängnis formulierte. Denn so viel ist sicher: Ohne säkulare Gesellschaftsnormen, ohne Trennung von Staat und Religion, wird es in keinem Land der Erde Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit geben.

Hier geht's zum Originalartikel...

Kommentare

Neuer Kommentar

(Mögliche Formatierungen**dies** für fett; _dies_ für kursiv und [dies](http://de.richarddawkins.net) für einen Link)

Ich möchte bei Antworten zu meinen Kommentaren benachrichtigt werden.

* Eingabe erforderlich