Alternative zum Religionsunterricht: Humanisten wollen eigenes Fach

Gibt es in Nordrhein-Westfalen neben Religion und Ethik demnächst ein drittes Fach, das speziell auf die Bedürfnisse konfessionsloser Schüler ausgerichtet ist? Der Humanistische Verband, der sich als "Interessenvertretung konfessionsfreier Menschen" versteht, vertritt diese Forderung seit langem. Bisher allerdings ohne Erfolg, denn sowohl die schwarz-gelbe Landesregierung unter Jürgen Rüttgers als auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf lehnten den Vorstoß ab.

Alternative zum Religionsunterricht: Humanisten wollen eigenes Fach

Islam-Unterricht an einer Bonner Schule. In NRW wird über die Einführung des Dachs „Lebenskunde“ entschieden. Foto: dpa

Am Dienstag findet in der Streitfrage eine Anhörung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster statt, und Staatsrechtler geben den Freidenkern nun bessere Chancen.

Nach Ansicht von Janbernd Oebbecke, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Münster, haben die Verwaltungsrichter in erster Instanz das im Grundgesetz verankerte Gleichbehandlungs-Prinzip "ausgeblendet". Gegenüber dem "Kölner Stadt-Anzeiger" verweist er auf Bestimmungen der Weimarer Verfassung, die ins Grundgesetz übernommen worden seien. Kernsatz aus Artikel 137 aus dem Jahre 1919 lautet: "Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen."

Oebbecke findet es "nachvollziehbar", dass die Humanisten sich darauf berufen und die Einführung eines Unterrichtsfachs Humanistische Lebenskunde verlangen. Darin sollten Werte wie Verantwortung, Selbstbestimmung und Toleranz vermittelt werden, zu denen man sich, selbstverständlich vollkommen säkular, bekenne, erklärte der Verband.

Der Ethikunterricht, der in NRW als verpflichtendes Ersatzfach für Jugendliche erteilt wird, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, hat neutral und bekenntnisfrei zu sein. Er darf zum Beispiel keine verbindlichen Aussagen darüber machen, ob Gott existiert oder nicht. Das neue Fach, so es denn käme, wäre nach den Vorstellungen der Humanisten aber gerade nicht weltanschaulich beliebig, sondern hätte entweder einen agnostischen oder atheistischen Ansatz. Es würde also gelehrt, dass man über die Existenz oder Nichtexistenz von Gott nichts wissen kann oder dass es keinen Gott beziehungsweise keine "höheren Wesen" gibt.

In der Theorie sei er sich, so Oebbecke, mit vielen Kollegen einig, dass dem Vorstoß der Freidenker entsprochen werden müsse. Dann hätte das Land für einen Lehrplan und für Pädagogen zu sorgen, die das Fach erteilen könnten. Infrage kämen Ethik- oder Philosophie-Lehrer, die die weltanschauliche Ausrichtung der Humanisten teilen. Fachleute bezweifeln allerdings, dass trotz eines Anteils von etwa 25 Prozent Konfessionslosen ausreichend Interesse an einem solchen Fach besteht.
 

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