Dass Koffein eher wach macht und Alkohol, zumindest wenn er im Bier ist, eher schläfrig, muss man niemandem erzählen, jede/r kennt es von sich selbst. Aber die beiden sind auch dort Gegenspieler, wo man es überhaupt nicht merkt: auf der Ebene der Zellen bzw. der Chromosomen. Diese müssen vor jeder Zellteilung verdoppelt werden, das ist molekulare Feinstarbeit, bei der vor allem die Enden der Chromosomen zentral sind.
Diese heißen Telomere, und sie schützen die Chromosomenenden in der Art, wie die Kappen an den Schuhbändern das bei diesen tun. Zugleich sind sie Zeitmesser bzw. -geber: Bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Telomere, und wenn sie kurz genug sind, stellen die Zellen das Teilen ein und sterben.
Zumindest fast alle Zellen tun das: Nur die embryonalen Zellen haben ein Enzym – Telomerase –, das die Verkürzung der Telomere immer wieder rückgängig macht, und Tumorzellen haben diesen Trick übernommen, deshalb sind sie unsterblich bzw. sterben erst, wenn der ganze befallene Körper es tut.Ob dessen Tod, auch wenn er ein ganz natürlicher ist, ebenso mit den Telomeren zu tun hat, ist unklar, aber die Telomere werden von Teilung zu Teilung kürzer, deshalb vermuten viele Altersforscher, dass Telomere nicht nur das Schicksal einzelner Zellen bestimmen, sondern das des ganzen Körpers.
Bei diesem könnte es so sein, dass das Schicksal der Telomere selbst von Stress abhängig ist, etwa von sozialem, das vermutete 2004 Elizabeth Blackburn – sie erhielt für ihre Telomerforschung 2009 den Nobelpreis –, sie postulierte auch einen Mechanismus: Freie Radikale verkürzen Telomere. Aber die tun es nicht, das hat Martin Kupiec (Tel Aviv University) gezeigt, der erstmals die Wirkung verschiedener Stressfaktoren auf Telomere getestet hat. Dazu setzte er Hefezellen unterschiedlichen Umweltstressoren aus, von der Temperatur über Änderungen des pH-Werts bis hin zu Chemikalien.
Bei zweien wurde er fündig: Alkohol verlängert Telomere, Koffein verkürzt sie, das Ganze läuft über zwei der 400 bei Hefen für die Telomere zuständigen Gene, Rap1 und Rif2 (PlOS Genetics, 13. 9.). Viele der Gene haben auch wir, aber was Kupiecs Befund für uns bedeutet, ist noch nicht klar. Der Forscher rät: „Versuchen Sie, sich zu entspannen, trinken Sie ein wenig Kaffee und ein wenig Bier!“ (jl)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2014)
Kommentare
Neuer Kommentar