Nachdem sie Nahrung miteinander teilen, haben sie mehr vom Bindungshormon Oxytocin im Urin.
„Kumpan“, auf Englisch „companion“, sagen wir zu einem Gefährten, dem wir vertrauen, Kompagnon nennen wir einen Geschäftspartner. Diese Wörter kommen vom spätlateinischen „companio“ (Gefährte), woher das stammt, ist umstritten. Wahrscheinlich ist die Ableitung aus „cum“ (mit) und „panis“ (Brot) nur eine Volksetymologie, aber sie hat ihren Reiz: Mit wem wir das Brot teilen, der ist unser Gefährte. Nicht nur Liebe geht durch den Magen, auch Freundschaft.
Das ist auch bei unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen, so. Das berichten Verhaltensforscher um Roman Wittig (Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie, Leipzig) in „Proceedings of the Royal Society B“. Sie analysierten dazu den Urin von 26 wild lebenden Schimpansen in Uganda auf Oxytocin, dieses erstaunliche Hormon, von dem man zunächst nur wusste, dass es die Geburt erleichtert. Inzwischen nennt man es populärwissenschaftlich „Orgasmushormon“, „Kuschelhormon“ oder „Treuehormon“, und die Wissenschaftler widersprechen gar nicht, denn all diese Namen haben ihre Berechtigung. Oxytocin fördert aber auch die Bindung zwischen Menschen, die gar nicht erotisch aneinander interessiert sind: So zeigten Versuchspersonen, denen das Hormon über die Nase verabreicht wurde, in einem Investorenspiel mit echten Geldgewinnen mehr Vertrauen zu ihren Spielpartnern.
Teilen wirkt stärker als GroomingDie untersuchten Schimpansen hantierten freilich nicht mit Geld, sondern mit Fleisch, das sie freiwillig mit Gefährten teilten, mit denen sie nicht verwandt waren und an denen sie auch nicht sexuell interessiert waren. Dieses kooperative Verhalten kommt bei Tieren gar nicht so häufig vor, man kennt es von manchen Fledermäusen, von Bonobos und eben Schimpansen. Es festigt wohl die Gruppe – ähnlich wie das Grooming, die soziale Fellpflege, die menschlichen Beobachtern unwillkürlich zärtlich anmutet. Erstaunlicherweise waren die Oxytocin-Spiegel im Urin nach dem Teilen von Nahrung sogar höher als nach dem Grooming. Und sie stiegen bei Gebern genauso an wie bei Empfängern, Geben macht sie genauso selig wie Nehmen.
Offenbar aktiviert das Teilen von Nahrung neurobiologische Mechanismen, die in der Evolution ursprünglich entstanden sind, um die Bindung zwischen Mutter und Kind zu festigen, meint Wittig: „Nun fördert es auch die Bindung zwischen Nichtverwandten.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2014)
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