Seltsam, dass man „das Christentum“ als Unterbau der Menschenrechte ansieht.
Denn gerade die katholische Kirche - mit der größten Gruppe an Christen - war eine entschiedene Gegnerin der Menschenrechte. Vor allem gegen das Recht auf Religionsfreiheit wurde gewettert.
Seltsam, dass man trotz der angeblich christlichen Grundlage die ganze Zeit Sklaverei betrieb. Dabei war die Idee der Abschaffung der Sklaverei schon sehr alt: Explizit stammt sie von Solon, der auch gleichzeitig der Begründer der ersten Demokratie war. Solon konnte sich politisch nicht durchsetzen, weil er zur Einführung der Demokratie auf die Stimmen der Großgrundbesitzer angewiesen war. So konnte er drei Pläne nicht durchsetzen: Abschaffung der Sklaverei, gleiche Rechte (auch Wahlrecht) für Frauen und Umverteilung des Landes an alle. Solon hoffte, dass durch die Demokratie sich diese Ideen mit der Zeit durchsetzen würden, so dass die Einführung der Demokratie die oberste Priorität hatte. Ich denke, wenn die Athener Demokratie länger gehalten hätte, dass Solon Recht behalten hätte.
Seltsam, dass man allgemein die Menschenrechte auf den vorchristlichen Heiden Cicero zurückführt. Seltsam auch, dass die Idee im Christentum erst dann wieder auf die Tagesordnung kam, nachdem sich in der Renaissance eine neue Bewegung etablierte: Die Bildungsbewegung des Humanismus. Im Christentum hatte Bildung nie einen hohen Stellenwert, außer für Kleriker. Der Humanismus begann als eine Wiederaneignung des griechisch-römischen Erbes. Dazu musste man sich zunächst die Sprachen Altgriechisch und Latein aneignen - deswegen heißen Gymnasien, die diese beiden Sprachen anbieten, bis heute „Humanistische Gymnasien“.
Aus dem Humanismus wurde eine philosophische Gegenbewegung zum Christentum. Deswegen kann man heute nicht Christ und Humanist gleichzeitig sein, obwohl ein paar Christen das glauben. Man kann Deist und Humanist gleichzeitig sein, aber mehr geht nicht. Mit dem Humanismus - der von den Kirchen solange bekämpft wurde, bis man sich seine Niederlage eingestehen musste - kam nämlich die Religionsfreiheit und der Atheismus, beides die größten Feinde der Kirche.
Seltsam, dass man die eigentlich alte Idee der Gottesebenbildlichkeit lange Zeit nicht als eine Begründung der Gleichheit der Menschen ansah - bis sich der Humanismus durchsetzte, da entdeckte man „plötzlich“, dass es die Idee dazu im Christentum ja auch irgendwie mal irgendwann gegeben hatte, die sich dann aber nicht durchsetzen konnte.
Religiöser Einfluss würde die Demokratie korrumpieren
Seltsam, dass die Begründer der ersten neuen Demokratie nach Athen und Rom Deisten waren, und um einen Staat gründen zu können, der die Demokratie durchsetzte, eine strikte Trennung von Religion und Politik einführen mussten. Man befürchtete - zu Recht - dass ein religiöser Einfluss die Demokratie korrumpieren würde und die Rechte der Menschen einschränken würde. Hier geschah dann auch, was Solon geplant hatte: Aufhebung der Sklaverei - die von der christlichen Mehrheit bis zum Schluss, auch mit der Waffe in der Hand, verteidigt wurde - und Einführung des Frauenwahlrechts.
Man mag einwenden, dass in den USA es eine religiöse Bewegung war, die als erstes die Abschaffung der Sklaverei befürwortete: die Quäker. Aber sie hatten die Mehrheit gegen sich, denn das war nur eine kleine Gruppe. Auch das Frauenwahlrecht geht auf eine christliche Bewegung zurück (nur in den USA): Da ging es darum, politischen Einfluss zu gewinnen, um Alkohol verbieten zu lassen. Wir wissen, was das für ein Fiasko war!
Aber als Europa folgte, war das alles längst keine christliche Bewegung mehr. Sondern eine von den Kirchen bekämpfte Entwicklung, bis zum Schluss. Der Vatikan gehört zu den wenigen Staaten der westlichen Welt, der die allgemeine Erklärung der Menschenrechte nicht unterzeichnet hat.
Aber Christen sind unglaublich dreiste Trittbrettfahrer: Wenn sich eine Moral gegen den Widerstand der christlichen Mehrheit durchgesetzt hat, dann erklärt man ein, zwei Generationen später einfach das Christentum zur Grundlage der neuen Moral und behauptet dann, dass es diese ohne christliche Hilfe nie gegeben hätte. Das ist zwar absolut lächerlich, aber die Meisten merken es nicht. Man findet IMMER, bei jeder moralischen Streitfrage, Christen in beiden Lagern. Da finden sich dann immer Einzelne, die auf Seiten der Sieger standen, und deren Begründung man dann übernimmt.
Das liegt daran, dass christliche Moral und christliche Werte eine beliebige Knetmasse sind, der man jedes Aussehen geben kann.
Volker Dittmars Vortrag: Sind christliche Werte die Grundlage unserer Gesellschaft?
Kommentare
ETHIK
Der Heilige Stuhl, der Islam und die UN-Menschenrechtscharta
August 2, 2017 — 13 Comments
https://philosophia-perennis.com/2017/08/02/der-heilige-stuhl-der-islam-und-die-un-menschenrechtscharta/
ABENDLAND
Multikulturalisten arbeiten daran, die westliche Zivilisation zu untergraben
https://philosophia-perennis.com/2017/12/26/multikulturalisten/
ISLAMISIERUNG
Operation Dschahiliyya – Weihnachten und Islam
Viele Korantexte erinnern stark an ursprünglich jüdisch-christliche Geschehnisse (c) Wikimedia
Date: Dezember 25, 2017
Author: davidbergerweb
19 Kommentare
Ein Gastbeitrag von Barbara Köster
Nicht ohne Grund wird von muslimischen Ultras gerade das Weihnachtsfest ins Visier genommen. Es ist das Fest der Geburt des Gottessohnes. Der Gottessohn ist das theologische Feindbild des Islams. Die theologische Hauptaussage des Korans lautet: Gott ist einer, er hat keinen Sohn.
https://philosophia-perennis.com/2017/12/25/operation-dschahiliyya/
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Der Apostel Paulus zitierte im Neuen Testament der Bibel auf dem Areopag in Athen die beiden stoischen Philosophen Aratos und Kleanthes mit einem Zitat zum göttlichen Logos als "Weltseele" und "Weltvernunft". Dies ist die göttliche Schöpfungsordnung des Kosmos, das Weltgesetz - die Chinesen sagen dazu TAO oder auch DAO (im Taoismus bzw. Daoismus als philosophischem chinesischem Universalismus), die Inder bzw. Hindhus sagen Brahman und die Heilige Hildegard von Bingen als Kirchenlehrerin der katholischen Kirche und der Kirchenlehrer und Heilige Albertus Magnus sagten dazu Makrokosmos (der dem Mikrokosmos Mensch gegenübersteht). Der Heilige Thomas von Aquin sagte dazu LIMBUS als Ort im Jenseits für die "gerechten Heiden", in der Renaissance-Philosophie und in der hermetischen Philosophie der Hermetik und im Humanismus auch ANIMA MUNDI (auf Latein), die Weltseele bzw. Seele der Welt bzw. des Kosmos usw.
Zu den christlichen Humanisten siehe auch Kardinal Nikolaus von Kues als CUSANUS mit seiner panEN(!)theistischen Philosophie und den christlichen Universalgelehrten Jans Comenius mit seiner Philosophie der Pansophie oder auch Leibniz und Schiller. Ferner weise ich auch auf Trithemius als Abt von Sponheim und den Priester Marsilio Ficino und Reuchlin und Paracelsus als christliche Humanisten hin. Siehe auch das Schiller-Institut.
http://www.bueso.de Und das "Forum für ein neues Paradigma" mit Website und so weiter
Siehe auch Querdenker wie den Philosophen Karl Christian Friedrich Krause mit seinem "Krausimo" und die klassische deutsche und europäische Kultur sowie viele andere...
http://schiller-institut.de/
Der Renaissance-Humanismus wurde von den Päpsten finanziell gefördert. Mit Papst Pius II. stellten sie selbst einen bedeutenden Humanisten. Die Scholastikkritik der humanistischen Reformtheologen, die sich für eine Reform der herrschenden Theologie einsetzten, prägte viele spätere Reformatoren.
http://newparadigm.schillerinstitute.com/de/
Siehe auch Prof. Fritz-Albert Popps Biophotonen-Forschung und Fraktale und so weiter
https://www.heise.de/tp/features/Fuehlen-ist-die-Musik-des-Lebens-3804106.html
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Guter Beitrag! Die Kirchen und Religidiotie müssen bekämpft werden!
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Als jemand der an Jesus Christus glaubt, so wie er in der Bibel beschrieben wird, wundere ich mich auch darüber, dass unser Grundgesetz, Demokratie oder Menschenrechte in irgendeiner Weise "christlich" sein sollen.
Ich denke, sie sind rein weltlich. Nicht Gott und seine Gebote, sondern der Mensch und seine Würde stehen an erster Stelle.
Das ist bestenfalls agnostisch, praktisch aber atheistisch. Eben humanistisch. Und steht im diametralen Gegensatz zu allen Lehren von Jesus Christus.
Dawkins hat recht, dass die Katholische Kirche sich lächerlich macht, wenn sie heute heuchelt, etwas zu den Menschenrechten beigetragen zu haben. Aber das ist halt ihre unveränderliche Art, mit den Mächtigen dieser Welt "ins Bett zu gehen".
Entweder man liebt das Evangelium von Jesus Christus.
Oder man liebt Demokratie, Humanismus und Menschenrechte. Dafür braucht man keinen Gott.
Im Licht der Bibel sind autonome "Menschenrechte" nur Ausdruck von Sünde auf dem "breiten Weg, der ins Verderben führt", wie Jesus das ausdrückte (Matthäus 7,13).
Man sieht mühelos sowohl Dawkins als auch seine römischen Trittbrettfahrer auf diesem Weg gehen.
"Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind es, die ihn finden (Matthäus 7,14)".
Dorthin kann man keine Menschenrechte mitnehmen. Wer ihn geht, lernt aber den wahren Gott kennen, der Größeres bietet. Er ist Licht und Liebe, dazu vollkommen gerecht und heilig. Und zürnt mit Recht einer autonomen Menschheit, die seine Herrschaft ablehnt.
Deshalb ruft Jesus noch heute Menschen zur Umkehr. Damit sie dem kommenden Zorn entfliehen.
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