Ein Plädoyer für posthumane Würde – Teil 2

Die mögliche Existenz posthumaner Wesen wird aus mindestens zwei Gründen gefürchtet. Einer besteht darin, dass der Daseinszustand posthumaner Wesen inhärent entwürdigend ist, so dass wir uns womöglich selbst schädigen, falls wir zu Posthumanen werden. Der zweite besteht darin, dass posthumane Wesen vielleicht eine Gefahr für „normale“ Menschen darstellen. (Auf einen dritten möglichen Grund wird nicht eingegangen, dem zufolge die Existenz von Posthumanen Gott oder andere übernatürliche Wesen verärgern könnte.)

Ein Plädoyer für posthumane Würde – Teil 2

Ist ein posthumaner Daseinszustand entwürdigend?  

Der berühmteste Bioethiker, der die erste Befürchtung in den Mittelpunkt stellt, ist Leon Kass:

Die meisten gegebenen Schenkungen der Natur haben ihre artenspezifische Beschaffenheit: sie alle gehören einer gegebenen Art an. Kakerlaken und Menschen sind gleichermassen beschenkt, aber unterschiedlicher Natur. Einen Menschen in eine Kakerlake zu verwandeln – es braucht keinen Kafka, um uns dies zu zeigen – wäre entmenschlichend. Zu versuchen, einen Menschen in ein Wesen zu verwandeln, das mehr als ein Mensch ist, dürfte ebenso entmenschlichend sein. Wir benötigen mehr als eine allgemeine Wertschätzung der Geschenke der Natur. Wir benötigen spezielle Achtung und Respekt für das besondere Geschenk, das unsere eigene gegebene Natur ist1.

Transhumanisten entgegnen, dass die Geschenke der Natur zuweilen vergiftet sind und nicht immer akzeptiert werden sollten. Krebs, Malaria, Demenz, Altern, Verhungern, unnötiges Leiden und kognitive Defizite gehören alle zu den Geschenken, die wir aus gutem Grund verweigern. Zudem ist unsere artspezifische Beschaffenheit eine nahezu unerschöpfliche Quelle an Übeln, die völlig unzumutbar und unannehmbar sind – Mord, Vergewaltigung, Genozid, Betrug, Folter, Rassismus, Anfälligkeit für Krankheiten, Depression, um nur einige zu nennen. Die Schrecken der Natur im Allgemeinen und unserer eigenen Natur im Besonderen sind so gut dokumentiert2, dass es erstaunlich ist, dass jemand, der so angesehen ist wie Leon Kass, heutzutage immer noch auf die Natur als Richtschnur alles Wünschenswerten vertraut und dieser sogar moralische Prinzipien entlehnen will. Wir sollten dafür dankbar sein, dass unsere Vorfahren sich nicht von der Kass’schen Geisteshaltung mitreissen liessen, ansonsten würden wir uns immer noch gegenseitig Läuse vom Rücken zupfen. Anstatt sich der natürlichen Ordnung zu fügen, glauben Transhumanisten, dass wir das gute Recht haben, uns und unsere Natur gemäss menschenwürdiger Werte und persönlicher Sehnsüchte zu verbessern.

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