Das Klima der Erde hat sich immer verändert. Alle Spezies werden letztlich aussterben. Aber eine neue Studie hat die Tatsache deutlich hervorgehoben, dass wir Menschen, im Kontext geologischer Zeiträume, fast augenblicklich Störungen planetaren Maßstabs verursacht haben. Sie legt nahe, dass wir die Saat der Zerstörung auf der Erde säen, und dass die Zeit, in der wir diese Ernte einfahren, sehr schnell naht.
Und das in dem Jahr, in dem der UN-Klima-Zirkus seine Zelte in Paris aufschlägt. Bei der Konferenz der beteiligten Länder im Dezember werden das erste Mal einzelne Nationen Vorschläge zu ihren Zielen zur Verringerung des CO2 Ausstoßes machen. Da werden sicherlich die Fetzen fliegen.
Die Untersuchung, die in Science veröffentlicht wurde, sollte die Aufmerksamkeit der Delegierten und ihrer Länder erregen, da sie überzeugend darlegt, wie weit wir das Klima und andere lebenswichtige Eigenschaften der globalen Systeme jenseits aller Sicherheitsspielräume beeinflussen. Die Arbeit, von Will Steffen von der Australian National University geleitet, kommt zu dem Schluss, dass unsere industrialisierte Zivilisation eine Reihe zentraler planetarischer Prozesse in Bereiche hohen Risikos gelenkt hat.
Sie stellt dar, dass der Klimawandel in Verbindung mit der „Integrität der Biodiversität“ als zentrale Elemente des Systems Erde wahrgenommen werden sollte. Das sind zwei von neun planetaren Begrenzungen, innerhalb derer wir bleiben sollten, wenn wir es vermeiden wollen, die biophysikalischen Systeme zu untergraben, von denen unsere Spezies abhängt.
Die ursprünglichen planetaren Begrenzungen wurden 2009 von einem Team angeführt von Johan Rockstrom, ebenso vom Stockholm Resilience Centre, ersonnen. Zusammen mit seinen Ko-Autoren hat Rockstrom eine Liste von neun menschengemachten Veränderungen des globalen Systems aufgestellt: Klimawandel, Übersäuerung der Ozeane, Erschöpfung des Ozongehalts in der Stratosphäre, Veränderungen des Stickstoff- und Phosphatkreislaufs, der Verbrauch von Trinkwasser, die Veränderungen im Landverbrauch, der Verlust der Biodiversität, die Verschmutzung mit Aerosolen und Chemikalien. Jede dieser neun Begrenzungen, wenn nur weit genug ausgereizt , könnte den Planeten bis an den Punkt verändern, an dem er ein wesentlich weniger gastlicher Ort zum Leben werden könnte .
In den vergangenen 11.000 Jahren war das Klima bemerkenswert stabil. Der Name dieser jüngsten geologischen Epoche ist das Holozän. Es ist vielleicht kein Zufall, dass die Menschheit in dieser Periode der Stabilität erschienen ist. Was sicher ist, ist dass unsere Zivilisation in sehr wichtigen Belangen davon abhängt, dass das globale System innerhalb, oder zumindest nahe an den Bedingungen des Holozän bleibt.
Deshalb haben Rockstrom und Co. sich die Auswirkungen des Menschen in diesen neun verschiedenen Gebieten angesehen. Sie wollten das Risiko betrachten, dass der Mensch dabei sein könnte, das Ende des Holozän herbeizuführen. Manch einer würde argumentieren, dass wir bereits eine neue geologische Epoche – das Anthropozän – eingeleitet haben, was impliziert, dass der Homo Sapiens eine den Planeten verändernde Spezies geworden ist. Aber das Konzept der planetaren Begrenzungen versucht nicht nur den menschlichen Einfluss zu quantifizieren, es versucht zu einem Verständnis zu verhelfen, wie sie (die neun Gebiete) die menschliche Wohlfahrt jetzt und in der Zukunft beeinflussen.
Es waren 11.000 stabile Jahre. Steffen et al
Die Arbeit von 2009 erwies sich als äußerst einflussreich, rief aber auch eine ganze Menge Kritik hervor. Es wurde zum Beispiel das Argument genannt, dass einige der Begrenzungen tatsächlich nicht von globalem Maßstab seien. Es gibt beispielsweise sehr große regionale Variationen bezüglich des Verbrauchs von Trinkwasser und der Verschmutzung durch Phosphatdünger.
Verschmutzung durch Phosphat in der Landwirtschaft Steffen et al
Das bedeutet, dass es, obwohl wir global noch im grünen Bereich sind, eine Wachsende Zahl an Regionen geben könnte die schon im tiefroten Bereich sind.
Aktualisierte Begrenzungen
Die neuste Forschung hat die Methodologie weiterentwickelt, so dass sie jetzt regionale Evaluationen beinhaltet. Zum Beispiel bewertet sie den Verbrauch von Trinkwasser in Grundwassereinzugsgebieten, und die Rate des Artensterbens auf Basis von Biomen (Großlebensräume mit allen darin vorkommenden Lebewesen und nicht belebten Faktoren). Sie beinhaltet auch neue Begrenzungen „neuer Entitäten“ – neue Lebensformen und neue Verbindungen der Art, mit der das globale System noch keine Erfahrung gemacht hat und bei denen das Erfassen ihres Einflusses eine besondere Herausforderung darstellt. Die Ozonschicht belastende FCKWs sind vielleicht das beste Beispiel, wie eine scheinbar reaktionsträge Substanz Schaden in planetarem Ausmaß verursachen kann.
Übrig gebliebene Bedeckung durch Bäume in den wichtigsten Wald-Biome der Welt Steffen et al
Die Arbeit enthält auch eine Aktualisierung davon, wo wir bezüglich der planetaren Begrenzungen stehen. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als gäbe es einige gute Neuigkeiten, da der Klimawandel nicht mehr im roten Bereich liegt. Aber nähere Betrachtung enthüllt, dass eine neue „gelbe Zone der Unsicherheit mit steigendem Risiko“ den bestehenden grünen und roten Klassifizierungen hinzugefügt wurde.
2/9 im roten Bereich. Steffen et al
Die Auswirkungen des Klimawandels sind in dieser neuen gelben Zone. Unsere Atmosphäre enthält augenblicklich ca. 400 ppm (parts per million) Kohlendioxid. Um die grüne Zone wieder zu erreichen, müssen wir das immer noch auf 350 ppm reduzieren – die selbe vorsorgliche Begrenzung wie zuvor.
Vielleicht das wichtigste ist, dass die Untersuchung eine Hierarchie mit zwei Säulen erstellt, in der Klimawandel und die Integrität der Biosphäre als die zentralen Grenzen erkannt werden, durch die die anderen Begrenzungen operieren. Das ergibt Sinn: Leben und Klima sind die beiden Säulen, die unsere fortgesetzte Existenz innerhalb des Holozän stützen. Sie zu schwächen bedeutet andere Belastungen für andere Begrenzungen zu verstärken.
Gründe nicht zu jubeln
Und so kommen wir zu den wirklich schlechten Nachrichten. Unter Berücksichtigung der Wichtigkeit der Biodiversität für die Funktion des Weltklimas und anderer planetarer Begrenzungen, ist es wirklich bestürzend, dass diese Studie nun noch mehr Beweise zu dem wachsenden Haufen hinzufügt, der zu dem Schluss führt, dass wir anscheinend alles daran setzen, es so schnell wir nur können zu zerstören.
Aussterberaten sind sehr schwer zu messen, aber die Hintergrundrate – die Rate bei denen Spezies ohne den Einfluss des Menschen verloren gehen würden – liegt ungefähr bei 10 pro Jahr pro einer Million Spezies. Momentane Aussterberaten liegen irgendwo zwischen 100 und 1000 Mal höher als das. Wir sind möglicherweise in der Mitte eines der großen Massenaussterben in der Geschichte der Erde.
Übersetzung: Joseph Wolsing, Andreas Metlen
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