Die Daten der bisher größten genetischen Studie an einer einzelnen Population könnten auch helfen, die großen Ereignisse während der menschlichen Evolution noch besser zu verstehen.
Laut der größten genetischen Studie, die je an einer einzelnen Population durchgeführt wurde, verlief die Evolution des Menschen schneller als bisher gedacht.
Zu diesem Schluss kamen die Wissenschaftler, nachdem sie aufzeigten, dass man bei fast jedem lebenden Mann einen gemeinsamen Vorfahren nachweisen kann, der vor rund 250‘000 Jahren gelebt hat. Das heißt, dass dieser „genetische Adam“ etwa 100‘000 Jahre früher auftrat als man bisher annahm und führt zum Schluss, dass die Menschen sich genetisch weit schneller (genetisch) von ihren gemeinsamen Vorfahren fortentwickelt haben.
Der führende Autor der Studie, Kàri Steffànsson vom Pharmaunternehmen deCODE Genetics, sagte: „Das heißt dass wir eine schnellere Evolution durchliefen als wir bisher annahmen.“
Die Studie zeigt auch, dass dieser männliche Vorfahre in etwa zur selben Zeit lebte wie die „mitochondriale Eva“- Die Frau also, zu der man die mitochondriale DNA der heute lebenden Frauen zurückverfolgen kann.
Im Gegensatz zu ihren biblischen Gegenstücken, waren die genetischen Adam und Eva aber bei weitem nicht die einzigen Menschen, die damals lebten. Auch wenn sich die beiden mit großer Wahrscheinlichkeit nie begegnet sind, mit den neuen Befunden rücken sie, laut den Wissenschaftlern, demnach zeitlich näher zusammen, was auch durchaus Sinn ergibt.
Wenn eine Population allgemein stabil ist – was sie früher für lange Zeiträume auch war – haben Männer in der Regel nur einen Sohn und Frauen nur eine Tochter. Für jeden Mann bedeutet dies, dass eine hohe Chance besteht, dass seine Gene, (also die väterliche Linie), aussterben.
Der Sohn seiner Tochter würde z.B. ein Y- Chromosom haben, das von einem anderen Mann stammt.
Wenn man nun weit genug in den Generationen zurückgeht, so die Theorie, würde es nur einen Mann geben, der seine Gene erfolgreich bis zur heutigen Generation weitergeben konnte: Dieser Mann ist der Y-Chromosom Adam.
Indem sie die Y-Chromosomen von 753 Isländischen Männern, die in 274 väterliche Linien gruppiert waren, verglichen, konnten die Wissenschaftler die Existenz eben dieses „Adam“ feststellen.
Um herauszufinden, wann dieser Adam lebte, benutzen die Wissenschaftler eine „molekulare Uhr“, die auf der Nummer der Mutationen pro Generation fußte, um das Alter Adams zu ermitteln.
Die Studie, die in Nature Genetics veröffentlicht wurde, schätzte das Alter des genetischen Adam zwischen 174‘000 und 321‘000 Jahre. Die genetische Eva ist vor ca. 200‘000 Jahren über die Erde gewandelt: Das wäre dann in derselben Zeitspanne wie Adam.
„Eine Übereinstimmung der Zietllinien gibt uns große Sicherheit“, sagte Stafànsson dazu.
Die früheren Datierungen für den Ur-Adam gingen von 50‘000 bis 500'000 Jahren aus. Dies ist ein großer Zeitunterschied zur Ur-Eva. Dies wurde von einigen Wissenschaftlern mit Polygamie erklärt. Diese könne die große Lücke erklären, die zwischen den beiden auftritt, wenn Adam jünger war, da er durch seine Polygamie die Männer reduziert hatte und sich daher erfolgreicher fortpflanzte. So konnte er auch das Y-Chromosom weitergeben.
Für Stafànsson ist diese These, Zitat: „Ein Haufen Mist. Da die beiden Geschlechter untrennbar verbunden sind,“ sagt er „spielt es keine Rolle, mit wievielen Frauen Adam sich fortpflanzte, da in etwa die Hälfte der Nachkommen weiblich und die anderen männlich wären.
Agnar Helgason, der ebenfalls für deCODE arbeitet, sagte, dass die neuesten Befunde helfen würden, die Daten für große Ereignisse in der menschlichen Evolution noch weiter zu verfeinern, wie z.B. die Auswanderung aus Afrika in Richtung Europa.
„Wir sind neugierig, woher wir kamen und wann,“ sagt er. „Diese Daten geben uns solide Erkenntnisse über das Wann.“
Neueste Untersuchungen deuten an, dass der Mensch heute eine schnellere Evolution durchläuft als vor der Abspaltung von unseren Vorfahren vor 6 Mio Jahren, die wir mit den heutigen Schimpansen gemeinsam haben.
Die Studie an der Universität in Wisconsin stellte fest, dass mindestens 7% des menschlichen Genoms eine kürzliche Evolution durchlief. Einige der Veränderungen schließen eine hellere Haut und blaue Augen, wie in Nordeuropa üblich, mit ein. Auch die größere Resistenz gegen Malaria in manchen afrikanischen Populationen sind Hinweise darauf, wie auch das Erscheinen eines Gens, welches es erlaubt, Laktose zu verdauen.
Übersetzung: Christian Baumgartner, Elisabeth Mathes
Kommentare
IMO ist eine beschleunigte genetische Evolution eher wenig verwunderlich. Unsere schnelle (und noch beschleunigte) kulturelle Evolution erzeugt auch einen gewissen (zusätzlichen) Selektionsdruck auf die Gene, die andere Arten nicht haben. Oder genauer hatten, denn die Umgestaltung der Umwelt durch unsere Eingriffe in die Natur, sollte auch bei anderen Arten Anzeichen für eine beschleunigte Evolution hervorrufen. Ich bin gespannt, ob Untersuchungen in die Richtung erfolgen und welches Ergebnis diese ggf. haben werden.
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test
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