Forschung der NASA resultierte in Leitlinien, wie man die Suche nach außerirdischem Leben gestalten sollte

Groß angelegte Simulationen des NASA-Instituts für Astrobiologie haben ergeben, dass sich Astronomen, die nach Leben auf fremden Planeten suchen, nicht darauf verlassen können, dass nur ein Gas wie etwa Sauerstoff, Wasserstoff oder Methan in der Atmosphäre vorhanden ist, da sich diese Stoffe einzeln unter gewissen Umständen, so das Institut, auf nichtbiologische Weise bilden können.

Forschung der NASA resultierte in Leitlinien, wie man die Suche nach außerirdischem Leben gestalten sollte

Credit: NASA

Die Forscher simulierten die Atmosphärenchemie von leblosen Planeten wiederholt (insgesamt mehrere tausend Male, was mehr als vier Jahre in Anspruch nahm) und veränderten immer wieder die Bedingungen in der Simulation, wie etwa der Typ von Sonne des Planeten oder die Anfangszusammensetzung der Atmosphäre. „Als wir diese Berechnungen anstellten, fanden wir heraus, dass in manchen simulierten Atmosphären signifikante Mengen von Ozon entstanden, obwohl die Sauerstoffzufuhr gleich null war. Dies sollte die Art und Weise, wie wir zukünftig nach Leben außerhalb der Erde suchen, stark beeinflussen“, so Shawn Domagal-Goldman vom Goddard-Weltraumflugzentrum in Greenbelt, Maryland (eine NASA-Institution).

Betrachten wir das Gas Methan, welches aus einem Kohlenstoff und vier Wasserstoffatomen, die alle direkt an das Kohlenstoffatom gebunden sind, besteht. Der Großteil des auf der Erde vorhandenen Methans wurde biologisch erzeugt (zum Beispiel von flatulenten Kühen); es kann aber auch durch nichtbiologische Prozesse entstehen. So kann zum Beispiel Meerwasser unter Energiezufuhr von Vulkanen mit Felsen zu Methan reagieren.

Bisher wurde angenommen, dass statt Methan zumindest Ozon und Sauerstoff gute Indikatoren für Leben wären. Unter Ozon versteht man eine Kette aus drei Sauerstoffatomen. Normalerweise fügen sich Sauerstoffatome immer zu Molekülen von zwei Sauerstoffatomen zusammen; Ozon entsteht auf der Erde dann, wenn sich normale (aus zwei Sauerstoffatomen bestehende) Sauerstoffmoleküle durch Blitzeinschlag oder Sonneneinstrahlung Planeten aufspalten und sich die resultierenden einzelnen Sauerstoffatome mit umliegenden normalen Sauerstoffmolekülen aus zwei Atomen zusammentun, um so Ozon aus drei Sauerstoffatomen zu bilden. Die dominierende Quelle für normalen Sauerstoff auf unserem Planeten sind biologische Prozesse wie etwa Photosyntehese. Da auf der Erde also die überwiegende Produktion normaler Sauerstoffmoleküle biologische Prozesse sind und zur Ozonproduktion normale Sauerstoffmoleküle benötigt werden, wurde vermutet, dass das Vorhandensein sowohl normaler Sauerstoffmoleküle als auch Ozon in der Atmosphäre eines fremden Planeten beides gute Indikatoren für das Vorhandensein von Leben auf diesem Planeten wären. Das ist jedoch nicht der Fall: Die Forschungsergebnisse der NASA zeigen, dass sowohl normale Sauerstoffmoleküle als auch Ozon durch einen nichtbiologischen Prozess entstehen können, nämlich dann, wenn  ultraviolettes Licht Kohlenstoffdioxid aufspaltet. Dieser Prozess kann laut den Forschungen der NASA soviel Ozon herstellen, dass man das Ozon von der Erde aus entdecken kann. Darum ist also die Entdeckung von Ozon in der Atmosphäre eines anderen Planeten noch kein Beweis, dass auf diesem Planeten Leben existiert.

„Aber: Unsere Forschung legt auch nahe, dass Methan und normale Sauerstoffmoleküle zusammen oder Methan und Ozon zusammen, beides ziemlich sichere Beweise für das Vorhandensein von Leben ist“, sagt Domagal-Goldman. „Wir haben uns sehr angestrengt, die Simulationsbedingungen so anzupassen, dass Gase ohne Vorhandensein von Leben in den simulierten Atmosphären entstehen, aber dabei ist es uns lediglich gelungen, dass sich nur ein Gas von Ozon, normalem Sauerstoff und Methan bildete.“ Domagal-Goldman und Antigona Segura von der Freien Nationaluniversität Mexiko sind, zusammen mit der Astronomin Victoria Meadows, dem Geologen Mark Claire und dem Astrobiologen Tyler Robinson, die Hauptautoren eines Artikels, welcher die bis hier beschriebenen Forschungsergebnisse beinhaltet. Der Artikel erschien in der Ausgabe vom zehnten September des „Astrophysical Journal“ und ist online abrufbar (http://stacks.iop.org/0004-637X/792/90).

Methan und normale Sauerstoffmoleküle sind darum ein verlässliches Zeichen für die Existenz biologischer Prozesse, weil Methan mit Sauerstoff zu Wasser und Kohlenstoffdioxid reagiert. „Es ist wie Studenten und Pizza“, sagt Domagal-Goldman. „Wenn sich Pizza und Studenten in einem Raum aufhalten, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Pizza frisch geliefert wurde (denn sonst hätten die Studenten die Pizza bereits gegessen), und man kann auf die Existenz von Pizzalieferanten schließen. Dasselbe Prinzip funktioniert für Methan und Sauerstoff. Findet man beide zusammen in der Atmosphäre, dann ist es wahrscheinlich, dass das Methan vor kurzem entstanden ist, denn sonst hätte der Sauerstoff das Methan zersetzt. Das Methan muss also immer wieder nachgeliefert werden. Und dafür sind wahrscheinlich biologische Prozesse verantwortlich. Für Sauerstoff in einer sehr methanreichen Atmosphäre gilt dasselbe: Sauerstoffmoleküle reagieren mit Methan, verschwinden also und müssen wieder nachgeliefert werden. Und die Nachlieferungen sind wahrscheinlich Produkte biologischer Prozesse.“

Schon vor den im Vorangegangenen geschilderten Experimenten hatten Wissenschaftler Computersimulationen verwendet, um die atmosphärische Chemie anderer Planeten zu modellieren, und die Modelle in jenen Experimenten waren diesen ähnlich. Die Neuheit, welche in den geschilderten NASA-Experimenten hinzukam war, dass die Simulationen Tausende von Malen durchgeführt wurden, wobei die Simulation die Situation für viele verschiedene Arten der atmosphärischen Anfangszusammensetzungen und Sonneneinstrahlungen durchgeführt wurde.

Das Forschungsteam stellte dabei sicher, dass die Simulationen auch chemische Reaktionen berücksichtigten, die normale Sauerstoffmoleküle und andere Gase aus der Atmosphäre wieder entfernen können. Zum Beispiel kann Sauerstoff mit auf der Oberfläche existierendem Eisen zu Eisenoxid reagieren; rote Felsen beispielsweise erhalten ihre Färbung aus diesem Prozess, da Eisenoxid rot ist, und auch der Staub auf dem Mars wurde durch diesen Prozess rot gefärbt, woraus der Mars seine charakteristische rote Farbe erhält. Die Miteinbeziehung solcher Prozesse ist wichtig, da sie sich auf die langfristige Zusammensetzung der Atmosphäre auswirken. Diese ist besonders relevant, da die Wahrscheinlichkeit, dass die Atmosphäre eines Planeten während einer nur kurzfristigen Phase veränderter atmosphärischer Zusammensetzung beobachtet wird, ziemlich gering ist. Viel wahrscheinlicher ist es, dass der Planet während einer Phase aufgenommen wird, in der kein, sagen wir, geologisches oder biologisches Ereignis die kurzfristige Zusammensetzung der Atmosphäre verändert hat.

Es war darum wichtig, die Simulation für viele verschiedene Umweltbedingungen durchzuführen, weil die (langfristige) Zusammensetzung der Atmosphäre sehr von der Anfangszusammensetzung und auch von der Art der Sonneneinstrahlung abhängt. Wenn beispielsweise am Anfang sehr viel Methangas in einer Atmosphäre vorhanden ist und zusätzlich Methanquellen auf dem Planeten, dann müssen, damit Sauerstoff jemals eine signifikante Konzentration in der Atmosphäre erreicht, die Sauerstoffquellen mehr Sauerstoff produzieren, als die Methanquellen Methan. Wenn jedoch kaum Stoffe in der Atmosphäre vorhanden sind, die mit Sauerstoff reagieren, und wenn auf dem Planeten Sauerstoffquellen vorhanden sind, die mehr Sauerstoff produzieren als sauerstoffzersetzende Stoffe (von anderen Quellen) produziert werden, dann kann der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre ansteigen (in den zwei vorangegangenen Beispielen haben wir zur Vereinfachung angenommen, dass es keine Mechanismen gibt, die Methan oder Sauerstoff wieder aus der Atmosphäre entfernen). Ferner hängen die chemischen Reaktionen, die normale Sauerstoffmoleküle, Ozon und Methan produzieren, von der Strahlung ab, wodurch die Sonne, um die der Planet kreist, relevant wird. Verschiedene Arten von Sonnen produzieren unterschiedliche Arten von Strahlung. Zum Beispiel strahlen massereiche, warme Sterne oder Sterne mit hoher explosiver Aktivität mehr ultraviolettes Licht aus. „Wenn mehr ultraviolettes Licht die Atmosphäre bestrahlt, dann laufen photochemische Reaktionen in der Atmosphäre schneller ab“, so Domagal-Goldman. „Zum Beispiel können ultraviolette Strahlungen unterschiedlicher Wellenlänge die Produktion bzw. den Abbau von normalen Sauerstoffmolekülen und Ozon auf verschiedene Weisen beeinflussen.“

Astronomen spüren Moleküle in den Atmosphären von Exoplaneten auf, indem sie die Stärke der einzelnen Wellenlängen der Strahlung messen, die vom Stern ausgehen, welcher vom betreffenden Exoplaneten umkreist wird. Wenn dieses Licht durch die Atmosphäre des zu analysierenden Planeten reist, wird ein Teil von den Molekülen dieser Atmosphäre absorbiert. Anhand davon, welche Strahlung absorbiert wird, kann man erkennen, welche Moleküle sich in der Atmosphäre befinden, denn jedes Molekül absorbiert einen ganz bestimmten Teil des Spektrums.

„Eine der großen Herausforderungen dabei, die Frage zu beantworten, ob es auf einem Planeten Leben gibt oder nicht, besteht darin, zwischen den Molekülen, die durch biologische Prozesse entstanden sind und denen, die durch nichtbiologische Prozesse entstanden, zu unterscheiden. Dafür müssen wir nicht nur verstehen, wie biologische Prozesse die Zusammensetzung der Atmosphäre beeinflussen, sondern auch wie nichtbiologische Prozesse dies tun“, so Segura.

Das NASA-Forschungsteam plant, auf der Grundlage ihrer Forschungen Empfehlungen aufzustellen, wie künftige Teleskope aussehen sollten, damit sie Atmosphären anderer Planeten auf das Vorhandensein von Leben besonders gut testen können. „Der Kontext ist wichtig – es reicht nicht, nur nach normalen Sauerstoffmolekülen, Ozon oder Methan als einziges Gas Ausschau zu halten“, sagt Domagal-Goldman. „Um zu bestätigen, dass der gefundene Sauerstoff etwa von biologischen Prozessen produziert wurde, muss man auch Methan feststellen können. Daher reicht es nicht, wenn Teleskope etwa nur die Wellenlänge messen können, die von Sauerstoff absorbiert wurde. Am besten wäre es sogar, wenn das Teleskop sogar Kohlenstoffdioxid oder Kohlenstoffmonoxid (ein Molekül, welches aus einem Sauerstoff- und einem Kohlenstoffatom besteht) messen könnte. Zusammenfassend: Wir haben darüber nachgedacht, welche Fehlannahmen falsch-positive Ergebnisse hervorrufen könnten, und nun haben wir ein paar davon identifiziert. Jetzt können wir diese Fehlannahmen vermeiden und wissen, was wir alles messen müssen, um relativ sicher zu sagen, ob ein Planet Leben beheimatet oder nicht. Die nächste Frage wird wohl sein, wie man Teleskope zusammenbaut, die über die richtigen Fähigkeiten verfügen.“

 

Übersetzung: Adrian Fellhauer, Elisabeth Mathes

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