Gemeinde unter Schock

"Free Palestine!", rufen Passanten. Vor der Synagoge riecht es nach Benzin und Öl. Der Gaza-Konflikt schwappt nach Wuppertal. Der Anschlag auf ein jüdisches Gotteshaus verstört nicht nur die dortige Gemeinde.

Gemeinde unter Schock

Ein kleiner gelber Wagen fährt vor der Wuppertaler Synagoge vorbei, die Fenster sind runtergekurbelt, die Jugendlichen drinnen schreien "Free Palestine". So geht das nun schon seit Wochen und Artour Gourari findet es auch völlig in Ordnung, einigermaßen zumindest. "Das gehört zur Meinungsfreiheit", sagt Gourari, Gemeinderat der jüdischen Kultusgemeinde in Wuppertal.

Was nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, kann man hinter ihm sehen, einen Fleck auf dem Boden und an der Außenwand der Synagoge, der nach Benzin und Öl riecht. In der vergangenen Woche haben drei Jugendliche arabischer Herkunft Molotowcocktails auf die Synagoge geworfen, zwei Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft. Es sei kein Schaden entstanden, so konnte man es in der vergangenen Woche lesen. Es klang, als sei nichts weiter passiert.

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Kommentare

  1. userpic
    Bernd Kammermeier

    Leider hat die Süddeutsche die Kommentarfunktion abgeschaltet. Warum eigentlich? Ach so! Juden und Antisemitismus...

    Normalität sieht anders aus. Aber was wäre Normalität? Wenn jeder das Getto des anderen respektieren und in einem möglichst großen Bogen herumfahren würde? Alles polizeibewacht, stacheldrahtgesichert? Warum eigentlich?
    Ich ziehe mal für eine Sekunde die Religion ab. Gleiche Menschen, gleicher Ort - aber keine Religion. Wie bei John Lennon... Imagine...

    Okay, ich imaginiere: Dann lebten in Wuppertal Menschen. Punkt! Das war's! Warum sollten Passanten irgendwo in Deutschland anderen Bewohnern ihrer Stadt zurufen: "Free Palestine!"? Warum sollten sie Molotow-Cocktails schmeißen? Warum? Erst wenn muslimische Passanten in einem christlichen Land eine jüdische Synagoge sehen, kommen sie überhaupt auf solch absurde Gedanken, für die Freiheit eines 4.500 km weit entfernten Landstrichs dort zu demonstrieren. Mit diesen sinnlosen Mitteln dort zu protestieren.

    Und weitergefragt: Gäbe es ohne Religion überhaupt diesen Konflikt in Kanaan, Judäa, Israel, Palästina oder welche Namen dieser kleine Flecken Erde im Laufe seiner wechselvollen Geschichte hatte? Alle entstammen mehr oder weniger einer ursprünglichen Ethnie. Natürlich haben sich Juden verändert, durch ihre lange Wanderschaft in der Diaspora. Doch ihre gemeinsame Wurzel ist Sem, einer der Söhne Noahs. Ohne Religion würden sie natürlich nicht an so etwas glauben, doch wären sie nie im 7. - 8, nachchristlichen Jh. durch den sich entwickelnden Islam in zwei feindliche Lager gespalten worden. In Juden und Muslime.

    Allein diesem Umstand ist es geschuldet, dass heute Menschen, die gemeinsam ein Land aufbauen könnten (mit allen 1948 entstandenen Animositäten und Ungerechtigkeiten), einander bis aufs Blut verfolgen und wechselseitig am liebsten ausrotten würden. Und hätte es "1948", hätte es den Exodus gegeben, wenn keine Juden im christlichen Deutschland im größter Not überlebt hätten, sondern im Gegenteil einfach zufriedene, deutsche Bürger gewesen wären? Wie hätten die Nazis die Pogrome gerechtfertigt? "Da sind ein paar reiche, deutsche Bürger, die wollen wir enteignen?" Das wäre kaum gegangen, denn es gab noch viel mehr reiche, deutsche Bürger, die sich ohne Religion nicht von den anderen deutschen Bürgern unterschieden hätten. Das Unterscheidungsmerkmal hätte schlicht gefehlt.

    Und gäbe es den sinnlosesten aller Konflikte, den Nahost-Konflikt, nicht, weil es keine Religion gibt, dann gäbe es auch keinen Grund für deutsche Bürger anderen deutschen Bürgern irgendwelche Parolen entgegenzurufen - vom Schmeißen gefährlicher Molotow-Cocktails ganz abgesehen.

    Na ja, man wird ja noch mal imaginieren dürfen... Was meinst du, John?

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