Atheismus, Freimaurerei und Wertezerfall in Entenhausen? Das glaubt ein katholisches Magazin erkannt zu haben. Und sorgt sich sehr.
Der Herr, der da so höflich auf dem Titelblatt der Februar-Ausgabe des „Vatican-Magazins“ die Matrosenmütze zieht, ist weltbekannt. Sein Name lautet Donald Duck. Trotzdem fragt das in Rom produzierte deutschsprachige Blatt rhetorisch: „Wer ist dieser Mann?“ Die Antwort ist angeblich im Heft zu finden. Es geht um „die Auflösung der Familie im Geist von Entenhausen“, zur Feder greift der Chefredakteur Guido Horst persönlich, sein erster Satz lautet: „Christus kam nicht bis Entenhausen.“ Das sehe man an den elternlosen Kindern und den unverheirateten Paaren. Man könnte, so Horst, die Fachliteratur zum Entenclan noch so sorgfältig studieren, „ein Erbe des christlichen Abendlands ist die Welt der ,Ducks‘ offensichtlich nicht“.
Nun fragt man sich, wie intensiv Horst die von ihm erwähnten Studien gelesen hat, wenn er nicht einmal weiß, dass im vergangenen Jahr der Grazer Fundamentaltheologe Michael Wessely eine Untersuchung der Baugeschichte des Entenhausener Münsters publiziert hat, die den Nachweis erbringt, dass dieses Kirchengebäude von einem Mönchsorden errichtet worden ist. Und in seinem Buch „Entenhausen – Die ganze Wahrheit“, gleichfalls 2013 erschienen, beantwortet Patrick Bahners die Frage „Gibt es überhaupt noch Christen in Entenhausen?“ mit der Feststellung: „Der Religionssoziologe muss darauf achten, dass er die Privatisierung der Religion nicht mit einem Verschwinden des Christentums verwechselt.“ Entenhausener Kinder zum Beispiel beten, Daisy Duck ist getauft.
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Kommentare
In meinem Geschichteunterricht im Gymnasium lernte ich, dass in Gesellschaften ohne Ehe der Onkel mütterlicherseits eine besondere Stellung innehat. Einfach deshalb, weil der Vater unbekannt oder zumindest unsicher ist. Die Mutter hingegen ist eindeutig, und deren Bruder (oder zumindest Halbbruder) auch. Deshalb war der Onkel die wichtigste erwachsene männliche Bezugsperson. Ich habe damals sofort an die Familie Duck gedacht und glaubte, ein Aufleuchten dieser archaischen Gesellschaft zu erkennen. Ob das stimmt, weiß ich natürlich nicht.
Ansonsten erlebe ich Disney-Produktionen im Allgemeinen als hochmoralisch, zuweilen auch als moralisierend, mit stark christlichem Familien- und Gesellschaftsbild. Das finde ich nett. Trotzdem war und ist mir Astrid Lindgren lieber, sowohl in Buch- als auch in Filmform. Sie hat einfach mehr Qualität und Authentizität, sie konnte Kindern direkt ins Herz schauen.
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Bei den Ducks sind verschiedene Darstellungen verschiedener Autoren bzw. Zeichner zu unterscheiden, Für mich sind die "richtigen" die von Carl Barks mit den deutschen Texten von Prof. Erika Fuchs.
Ich bin in einem Umfeld ohne religiösen Schwachsinn aufgewachsen - Kirchen kannte ich nur als architektonische Kunstwerke und Pastoren nur als nette Sozialarbeiter für Arme und Kranke.
Die Donaldgeschichten schienen mir in einer etwas idealisierten, aber auch realistischen Welt zu spielen, wo - meinem gewohnten Weltbild entsprechend - Religion nur bei den primitiven Wilden im Urwald vorkommt. Sie haben vielleicht ein bisschen dazu beigetragen, dass mir eine Welt ohne Religion als selbstverständlich erscheint, und religiöser Glaube als abstoßender Irrsinn.
marstal08
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