Grundrechte bis zum letzten Atemzug

Karlsruhes Unabhängigkeit bei Sterbehilfe-Urteil

Grundrechte bis zum letzten Atemzug

Foto: Pixabay.com / geralt

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts hat es ausdrücklich festgehalten: Die Entscheidung (26. Februar 2020) über die Verfassungskonformität des § 217 StGB ist dem Senat nicht leichtgefallen. Und: Sie ist eine rein rechtliche Abwägung und kann keinen Anspruch darauf erheben, ethische, moralische oder religiöse Belange zu berücksichtigen. Dekliniert man diesen Grundsatz durch das Urteil des Höchstgerichts, so wird deutlich, dass die Karlsruher Richter in besonderer Weise ihrer Aufgabe zum Schutz des Grundgesetzes gerecht geworden sind. Denn bereits aus den ersten Artikeln der Verfassung wird deutlich: Über allen Rechtsnormen steht die Würde des einzelnen Menschen, die nicht als inhaltsleere Floskel zu Beginn des Grundgesetzes über allen Dingen thront, sondern vor allem in den Freiheitsrechten ganz dezidiert ausgestaltet wird. Die Selbstbestimmung ist eines der höchsten Güter des Individuums – und dass dazu auch der Wunsch gehört, im Zweifel über das eigene Leben entscheiden zu dürfen, haben Prof. Voßkuhle und seine Kollegen in ihrem Richterspruch mehr als deutlich gemacht. Mit dem Grundsatzurteil scheint auch der gesellschaftliche Friede gestärkt, glaubt man den ersten Umfragen nach der Entscheidung. Nicht wenige Bürger halten fest: „Die Vernunft hat gesiegt!“ – und das bei einem Thema, das aufgeladener kaum sein könnte.

„Ich traue mir nicht zu, über die Lebensqualität von Mitmenschen zu befinden“

Nein, ich bin auch heute noch kein Befürworter der Sterbehilfe, sehe ich in ihr doch die Versuchung, sich im Zweifel zu früh, zu endgültig für einen Schritt auszusprechen, der möglicherweise im Nachgang doch als falsch, als übereilt, als emotional angesehen werden könnte. Dann, wenn nichts mehr rückgängig zu machen ist – und Angehörige mit dem Verlust eines Menschen alleine gelassen werden. Auch nach dem Urteil zu § 217 StGB wird es nicht zu dramatischen Anstiegen bei der Sterbehilfe in Deutschland kommen, davon ich bin recht überzeugt – wenngleich andere Länder auch gegenteilige Erfahrungen gemacht haben. Denn letztlich sind es oftmals doch die gesellschaftlichen Normen, die Sterbewillige davon abhalten, sich auf die Suche nach einem Sterbehelfer zu machen. Selbst wenn wir in der Frage nach unserem Ableben egoistisch sein dürfen, um nicht am Leid unserer Nächsten zu zerbrechen, sind die Überlegungen, die im Vorfeld eines Suizids im Kopf des Betroffenen vor sich gehen, nicht nur komplex. Sie sind vielfach derart nachsichtig mit der eigenen Umwelt, dass der eigene Wille für lange Zeit in den Hintergrund zurück gedrängt wird. Vielleicht hilft der Richterspruch deshalb auch, Betroffenen die Bürde der Rechtfertigung zu nehmen und das Erörtern einer Entscheidung gelassener angehen zu können.

Überhastete Entschlüsse wird es sicherlich geben. Doch genau dafür hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber Spielraum gelassen. Ähnlich, wie wir es vom Schwangerschaftsabbruch kennen, sollte auch ein Entschluss zur Beendigung des eigenen Lebens in eine Beratung und Wartezeit eingebettet werden, die verhindern, dass Kurzschlussreaktionen einen Sterbehilfeprozess dort beschleunigen, wo Raum zum Nachdenken wichtig gewesen wäre. Ja, es gehört zu unseren intimsten Abwägungen, sich über das Für und Wider eines Suizids Gedanken zu machen. Gerade Menschen, die über Jahre und Jahrzehnte von unheilbaren Erkrankungen, Schmerzen und schleichenden Verlusten der Alltagskompetenz heimgesucht sind, werden diese Frage immer und immer wieder in ihrem Kopf hin und her wälzen. Ich traue mir nicht zu, über deren Qualen zu befinden. Viel eher vertraue ich darauf, dass es gerade sie sind, die einen etwaigen Entschluss nicht unüberlegt treffen. Gerade Krankheitsgeschichten lassen das Befinden darüber, wann ein Kampf zu Ende sein soll, über einen oft unerträglich langen Weg hin reifen. Und auch die Furcht vor einem Dammbruch treibt mich nicht um, denn die Historie ist tief in unserer gesellschaftlichen DNA verankert, Sterben wird in unseren Breiten hoffentlich niemals wieder zur Normalität werden.

Die Versuche der dogmatischen Einflussnahme sind gescheitert!

Trotz Palliativmedizin und den Fortschritten in Wissenschaft und Forschung will ich mir nicht anmaßen, denjenigen zum Weiterleben zu zwingen, der für sich selbst, unter Beteiligung seiner Nächsten, seiner Ärzte und Pfleger, seiner ganz persönlichen und individuellen Lebenssituation zu dem Ergebnis gekommen ist, unter all den möglichen Hilfen, die Menschen im Voranschreiten ihres körperlichen Abbaus zuteilwerden können, einen Schlussstrich unter das Dasein zu setzen. Besonders auch deshalb halte ich es für wesentlich, dass die Versuche von Kirchen, Glaubensgemeinschaften und Weltanschauungen, Sterbehilfe aus ihrer Sicht zu bewerten, einzuschätzen und zu verurteilen, offenbar keinen Einfluss auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gehabt haben. Im Gegenteil: Karlsruhe hat sich allein vom Gedanken der Urväter unseres Verfassungswerks leiten lassen, als es zur Ansicht gelangte, dass Sterbehilfe in einem Staat, dem der Freiheitsimpuls seines Gemeinwesens derart von Bedeutung ist, möglich sein muss – ohne Einschüchterung, ohne Barrieren und ohne Strafandrohung für die, die dabei helfen, den – legitimen – letzten Wunsch eines Menschen zu erfüllen. Der Gesetzgeber hat nun Zeit, dieses Recht in einen Rahmen zu gießen, der am Wesensgehalt seiner Tragweite keinen Zweifel aufkommen lässt.

Die Vertröstungen der Widersacher jedweder Sterbehilfe, die Medizin von heute lasse es zu, ein Dahinsiechen von Schwerstkranken zu verhindern, erreichen mich nicht. Denn auch wenn es uns gelingt, mit entsprechenden Maßnahmen den Betroffenen die schlimmsten Lasten zu nehmen und zu versuchen, derart lebensverlängernd einzugreifen, dass der Sterbevorgang möglichst sanft vonstattengeht, ist es allein die subjektive Einschätzung des Individuums, wie lange ein Leben aus der ureigenen Sicht lebenswert scheint. Weder ein Gott, noch ein Angehöriger, noch ein Arzt kann darüber befinden, wann ein Lebenswille erlischt. Deshalb hat der Senat entsprechend deutlich gemacht, unbeeindruckt von dogmatischen Einflüssen befunden zu haben. Mit der klaren Feststellung eines Anspruchs auf Suizid wurde deutlich, dass sich das Grundgesetz nicht von einer Ethik beeindrucken lässt, die die führenden Gelehrten in diesem Land zum Besten geben. Die Beurteilung der Sterbehilfe aus dem Munde Dritter hat in der aktuellen Verhandlung des Gerichts letztlich keinen Anklang gefunden. Die Maxime der Eigenverantwortung hat gewonnen. Und damit siegt auch der Respekt vor dem einzelnen Verständnis der Würde, das in unserem Land glücklicherweise unantastbar bleibt.

Kommentare

  1. userpic
    Klarsicht(ig)

    Nahm der angeblich existent gewesene „Jesus“ für sich aktive Sterbehilfe in Anspruch ?

    1. Der angeblich existent gewesene „Jesus“ fühlte sich nach „christlichem Glauben“ gegenüber seinem „Bibelvater“ wegen der „sündigen“ Menschen dazu aufgerufen, ein „Liebesopfer“ durch seinen Tod zu erbringen. „Jesus“ wäre es möglich gewesen, das „Liebesopfer" dadurch zu erbringen, indem er sich ganz still, bescheiden und unspektakulär höchstselbst - wodurch auch immer – hätte töten können, was er jedoch unterließ. Daher muss davon ausgegangen werden, dass sein religiöser Wahnglaube wohl auch die Vorstellung beinhaltete, dass sein „Bibelvater“ es wünschte, dass das „Liebesopfer" auf spektakuläre Art und Weise erbracht werden sollte. Denn es ist natürlich völlig klar, dass eine „stille“ Selbsttötung, wie sie in unserer Zeit nunmehr durch des gefällte Urteil des Bundesverfassungsgerichts für legal erklärt wurde, nicht so spektakulär gewesen wäre, wie die angeblich in aller Öffentlichkeit durchgeführte Tötung durch die römische Obrigkeit dann aber gewesen sein soll, die dafür wohl als besonders prädestiniert erschien: „Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet" (Rö., K. 13, V. 1). Obwohl es sich um ein sehr spektakuläres Tötungsgeschehen gehandelt haben soll, liegen darüber keine „profanen“ (außerbiblischen) Aufzeichnungen vor, worüber Gläubige eigentlich ins Grübeln kommen müssten.

    2. So kam letztlich die römische Obrigkeit ins Spiel. Sie, die gewissermaßen im Auftrage des „Bibelvaters“ handelte, verschaffte dem religiösen Anliegen, welches „Jesus“ für sich und seinen „Bibelvater“ wahnhaft zur Geltung bringen wollte, letztlich eine größere Aufmerksamkeit, als wenn er in aller Stille ein Suizident geworden wäre.

    3. „Jesus“ stand wohl unter dem psychischen Zwang, vermeintlich gottgefällig sein Verhalten so ausrichten zu müssen, dass es nach seiner divinatorischen Einschätzung als Folge daraus wahrscheinlich zu seiner Verhaftung, Verurteilung, Folterung und Kreuzigung durch die römische Obrigkeit kommt.

    4. Seine makabere Rechnung ging weitgehend auf: Wie fast jeder durch die über die Jahrhunderte andauernde fleißige Missionierung der Menschen durch die Kirchen weiß, wurde die römische Obrigkeit, die ja angeblich vom „Bibelvater verordnet" war, letztlich unwissend dazu verleitet, dem quasi lebensmüden „Sohn des Bibelvaters“ auf ihre ganz spezielle, grausame Art und Weise aktive Sterbehilfe  zu leisten.

    5. Aus den vier kanonischen Evangelien 1 ist zu ersehen, dass „Jesus“ es gewusst haben muss, dass er sterben sollte und wie es im Sinne des angeblichen Verlangens seines „Bibelvaters“ letztlich geschehen sollte.

    6. Es ist wirklich paradox, dass der „Bibelvater“ angeblich in der Person seines Sohnes Fleisch geworden sein und sich in ihm auf die Erde zu den Menschen begeben haben soll. Und dann soll sich der „Bibelvater/Sohn“ von der römischen Obrigkeit, die ihre Macht und Befugnisse angeblich diesem quasi Doppelwesen zu verdanken hat, plan-, absichts- und qualvoll umbringen lassen haben.

    7. Offenbar sollte/wollte Jesus also auf möglichst spektakuläre und Aufsehen erregende, sehr qualvolle, masochistische Art und Weise für die Menschen und in erster Linie für seinen „Bibelvater“ (also für sich selbst) getötet werden. Alle Handlungen aber, die dafür notwendig waren, sollte/wollte er nicht höchstselbst vornehmen, sondern die sollte/wollte er der römischen Obrigkeit überlassen.

    8. Daher muss man wohl annehmen, dass die „ordnende Hand“ des „Bibelvaters/Sohnes“ im Spiel gewesen ist, die alles steuerte, damit die Ereignisse planvoll abliefen und der römischen Obrigkeit ungewollt und unwissend die Rolle zufiel, „Jesus“ aktiv dabei zu helfen, dass er im Sinne seines Planes bzw. des Planes seines „Bibelvaters“ sterben konnte. Das könnte man als die Inanspruchnahme einer verdeckten aktiven Sterbehilfe bezeichnen.

    9. Diesem gesamten angeblich geschehenen Ereignisablauf mit dem offenbar inszenierten grauenvollen Tötungsgeschehen stimmen die Kirchen mit ihren devot-servilen Gläubigen schon seit mehreren Jahrhunderten immer und immer wieder zu. Für sie ist es - unverständlicherweise - ein „Heilsgeschehen", durch welches sie sich - wie auch immer - „erlöst" fühlen.

    10. Wegen der Abartigkeit des Geschehens und seiner wirren Begründung, drängt sich sicher jedem Menschen unserer Zeit, der bemüht ist, sein Denken und Handeln an der Erfahrungswirklichkeit auszurichten, der Gedanke auf, dass hier ein sehr kranker Geist im Spiel und am Werk gewesen sein muss, wenn man es denn tatsächlich mit einer Historie zu tun haben sollte.

    11. Auch der Torhüter des Fußballvereins „Hannover 96", Herr Robert Enke, ist krank gewesen. Er litt an einer Depression, die so schwer war, dass er keinen anderen Ausweg mehr sah, als seine Qualen dadurch zu beenden, indem er eine Selbsttötung beging. Tatsächlich hat aber auch er letztlich, wie der angeblich existent gewesene „Jesus“, eine verdeckte aktive Sterbehilfe in Anspruch genommen - nämlich die Hilfe durch den unglücklichen Lokomotivführer, der ungewollt und unwissend am 10. Nov. 2009 „als Sterbehelfer missbraucht" wurde 2. Hätte Herrn Enke in unserer Gesellschaft ein humaneres Mittel zu seiner Selbsttötung zur Verfügung gestanden, wäre es wohl kaum zu verhindern gewesen, dass er zu ihm gegriffen hätte, um möglichst schnell und schmerzfrei zu sterben.

    12. Zwischen beiden hier angesprochenen Fällen kann man bis zu einem gewissen Grade durchaus eine Parallele sehen. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass man „Jesus“ in den christlichen Szenen wegen seines qualvoll erlittenen Todes „verherrlicht", den er, nach allem was uns das „Neue Testament offenbart“, selbst aktiv betrieben haben muss, während Herr Enke sicher von vielen Menschen wegen seiner Selbsttötung verurteilt wird. Zusätzlich natürlich wohl auch noch dafür, dass er einen Lokomotivführer unglücklich gemacht hat. Dabei wird vielleicht hier und da vergessen, dass er schwer krank war und Qualen litt. Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Tötungsgeschehen besteht darin, dass die römische Obrigkeit den Willen hatte, „Jesus“ zu töten, während im „Fall Enke" bei dem Lokomotivführer ein solcher Wille nicht vorlag.

    13. So wie es abartig und makaber wäre, das Tötungsgeschehen um Herrn Enke zu verherrlichen, so müsste es als ebenso abartig und makaber angesehen werden, dass in den christlichen Szenen das angeblich stattgefundene grauenvolle Tötungsgeschehen um Jesus als „Heilsgeschehen" und das Kreuz als „Glaubens"- und „Erlösungssymbol" verherrlicht wird.

    14. Wenn also beim „Jesus-Drama“ eine verdeckte aktive Sterbehilfe durch die römische Obrigkeit im Spiel war, die in den christlichen Szenen ja faktisch mit zu dem „Heilsgeschehen" zählt, dann haben wir es mit dem Sachverhalt zu tun, dass schon seit Jahrhunderten im christlichen Umfeld der Präzedenzfall einer geschehenen aktiven Sterbehilfe vorliegt. Und wenn man in den christlichen Szenen eine grausame aktive Sterbehilfe faktisch akzeptiert, sie dort sogar als heilig interpretiert, und sich die Mitglieder dieser Szenen zudem durch sie als von imaginärer Schuld „erlöst" empfinden, dann müsste eine humane und sanfte aktive Sterbehilfe, wie sie heute möglich wäre, doch wohl erst recht akzeptiert werden und zulässig sein, zumal Menschen durch sie wirklich erlöst würden - nämlich von ihrer nur noch als qualvoll empfundenen Existenz.

    15. Eine aktive Sterbehilfe, wie sie „Jesus“ in Anspruch genommen haben soll und wie sie im Christentum verherrlicht wird, will selbstverständlich niemand.

    16. In „Jesus“ Gedankenwelt spukte scheinbar sehr dominant sein „Bibelvater“ herum, dessen Willen er sich unterworfen sah (siehe Matth., K. 26, V. 39 u. 42: „…doch nicht wie ich will, sondern wie du willst", Mark., K.14, V. 36 u. 39: „…doch nicht, was ich will, sondern was du willst", Luk., K. 22, V. 42: „…doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe", Joh., K.18, V. 11: „Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat ?", Joh., K. 19, V. 30: „Es ist vollbracht !"). Offenbar besaß „Jesus“ nicht die innere Freiheit, das von ihm angeblich geforderte „Liebesopfer" durch seine Selbsttötung zu erbringen. Ganz eindeutig sah er sich durch den angeblich geäußerten Willen seines „Bibelvaters“ zwanghaft darauf festgelegt, sich ausschließlich durch die römische Obrigkeit töten zu lassen. Dadurch war ihm gewissermaßen wie einem Komapatienten die Denk- und Handlungsherrschaft über seinen Geist und seinen Körper genommen. Er sollte/wollte zwar sterben, aber für die Ausführung der Tötung sah er sich gezwungen, die Hilfe der römischen Obrigkeit in Anspruch nehmen, die ja gem. Rö., K. 13, V. 1, Handlanger seines „Bibelvaters“ war.

    17. Diese wahnhafte religiöse Menschenopferung gilt als das zentrale „Heilsgeschehen". Es ist der Hauptpfeiler des christlichen Glaubens. Durch das „Jesus-Drama" wurde/wird ein in den christlichen Szenen bestehender widerlicher, kollektiver Heilsegoismus befriedigt, denn man fühlt sich dort durch das archaisch-grausame Tötungsgeschehen - wie auch immer - „erlöst".

    18. Für einen aus wahnhaften religiösen Motiven heraus absichtlich herbeigeführten und masochistisch auf sich genommenen Martertod zeigt man in unserer Gesellschaft und natürlich besonders in den christlichen Szenen offensichtlich bereitwilliger und mehr Verständnis und akzeptiert ihn - wie bei „Jesus“ - sogar als edle Tat (Märtyrer), als dafür, dass jemand in unserer Zeit wegen eines für ihn als unerträglich empfundenen psychischen Leidens - wie z. B. bei Herrn Robert Enke - oder wegen eines physisch todkranken Zustandes den Tod durch fremde Hand gesucht hat oder zu erlangen sucht.

    19. Und in den christlichen Szenen gilt „Jesus“ Kadavergehorsam gegenüber seinem angeblichen „Bibelvater“ als mustergültig. Denn der „Bibelvater“ wollte ja, dass sein „Sohn" (also der Bibelvater in ihm) die Verhaftung, Verurteilung, Folterung und Kreuzigung als Opfer stellvertretend für alle Menschen über sich ergehen lässt.

    20. Die hier gemachten Ausführungen dürften ausreichend deutlich machen, dass die Art und Weise des angeblichen Sterbegeschehens bezüglich „Jesus“ durchaus als Argument für die Begründung der Forderung herangezogen werden könnte, in unserer Gesellschaft endlich in bestimmten Fällen eine aktive Sterbehilfe zuzulassen.

    21. Vorliegend wird versucht, aus dem angeblichen „Heilsgeschehen" ein Argument für die Begründung der Forderung zur Zulassung einer aktiven Sterbehilfe in unserer Gesellschaft zu destillieren (also Honig aus christlichem Glaubensbestand für die Zulassung säkularen Handelns zu saugen).

    22. Die von „Jesus“ angeblich in Anspruch genommene und ihm gewährte aktive Sterbehilfe war natürlich weniger human als die, die in heutiger Zeit todkranken Menschen auf ihren Wunsch hin medikamentös geboten werden könnte. Es ist somit absurd, dass die von ihm offenbar gezielt und bewusst in Anspruch genommene barbarische aktive Sterbehilfe durch die angeblich gottgewollte Obrigkeit heute immer noch von sogenannten Christen als heilsnotwendig angesehen und verherrlicht wird (z. B. in jeder Kirche und an manchen Hälsen hängt der „Leidensmann" am Kreuz), gleichzeitig lehnen aber gerade viele von ihnen und natürlich auch die Amtskirchen es ab, eine heute mögliche sanfte und damit humane aktive Sterbehilfe für todkranke Menschen auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin durch dafür geeignete Personen in unserer Gesellschaft zuzulassen. Leider verhält sich auch der Staat nicht anders.

    23. In unserer Gesellschaft ist es aus humanitären Gründen dringend erforderlich, dass zumindest todkranke Menschen die Möglichkeit erhalten, die heute längst mögliche medikamentöse, sanfte und damit humane aktive Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu können.

    Verweise:

    1. Quellen der vier kanonischen Evangelien (siehe oben Nr. 5):

    Matth., K. 16, V. 21 = 1. Leidensankündigung. Matth., K. 17,V. 22 u. 23 = 2. Leidensankündigung. Matth , K. 20, V.18 u.19 = 3. Leidensankündigung. Matth., K. 26, V. 2, 26-28, 39, 42, 63-65, u. K. 27 = Letzte Leidensankündigung, Vorgeschichte und Kreuzigung.

    Mark., K. 8, V. 31-38 = 1. Leidensankündigung. Mark., K. 9, V. 30-32 = 2. Leidensankündigung. Mark., K. 10, V. 32-34 = 3. Leidensankündigung. Mark., K 14 u. 15 = Vorgeschichte und Kreuzigung.

    Luk., K. 9, V. 22-27 = 1. Leidensankündigung. Luk., K. 9, V. 43-45 = 2. Leidensankündigung. Luk., K. 18, V. 31-33 = 3. Leidensankündigung. Luk., K. 22 u. 23 = Vorgeschichte und Kreuzigung.
    Joh., K. 18 u.19 = Vorgeschichte und Kreuzigung.

    2. Das Drama um den Torhüter Robert Enke (siehe oben Nr. 11):

    „Spiegel Online“: http://www.spiegel.de/sport/fussball/fussballnationaltorwart-robert-enke-gestorben-a-660538.html

    „Welt Online“: http://www.welt.de/sport/fussball/article5162664/Selbstmord-Nationaltorwart-Robert-Enke-ist-tot.htm

    Bemerkung: Es war kein „Selbstmord", sondern eine Selbsttötung !

    Gruß von
    Klarsicht(ig)

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    1. userpic
      Klarsicht(ig)

      Nachtrag:

      Im Kommentar wird die biblische Geschichtsschreibung so aufgegriffen, als berichte sie über historisch verbürgte Fakten (Michael Depner). Ich orientierte mich an der im Jahre 1956 vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland im Einvernehmen mit dem Verband der Evangelischen Bibelgesellschaften in Deutschland genehmigten Fassung des revidierten Textes des „Neuen Testamentes“. Die sogenannte „historisch-kritische Jesusforschung“ spielt daher im Kommentar keine Rolle.

      Da insbesondere viele „Glaubens-Infizierte“ eine Selbsttötung, aktive Sterbehilfe, Abtreibung und Präimplantationsdiagnostik ablehnen, weil für sie das Prinzip der Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens gilt, verweise ich nachstehend noch einmal auf ein Zitat von Herrn Prof. Dr. Thomas Rießinger (Bensheim), das ich sehr interessant finde.

      Zitat:Gott, so haben wir aus dem Johannes-Evangelium gelernt, hat seinen eigenen Sohn hingegeben – und das heißt etwas klarer formuliert: umbringen lassen –, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben. Nun ist aber auch Jesus ein Geschöpf Gottes gewesen, und die Kirche betont immer wieder gerne, dass man in ihm einen wahren Gott und einen wahren Menschen zu sehen habe. Bei seiner Erschaffung – in diesem Falle also bei seiner Zeugung durch den Heiligen Geist – hatte Gott aber ein klares Ziel vor Augen: Dieser Mensch sollte die Menschheit erlösen, sei es, weil sie ihm unbesehen folgte und zum Glauben fand, sei es, weil er ihre Sünden auf sich nahm, indem er sich kreuzigen ließ. Selbst wenn der Kreuzestod also nicht zwingend vorgesehen gewesen sein sollte, so hat ihn doch der göttliche Schöpfer als eine Option zumindest billigend in Kauf genommen. Nach christlicher Lehre ist aber das menschliche Leben unverfügbar, weshalb ja auch Eingriffe wie Abtreibung oder Präimplantationsdiagnostik grundsätzlich abgelehnt werden und es für einen Christen nicht erlaubt sein kann, menschliches Leben zu erzeugen, um es als eine Art von Ersatzteillager einzusetzen. **Wenn also kein Mensch gezeugt werden darf, um durch das spätere Entnehmen von Organen oder auch nur von bestimmten Zellen das Leben anderer Menschen zu retten, dann sollte es auch verboten sein, einen Menschen zu zeugen, dessen Existenz darauf ausgerichtet ist, zur Rettung der Menschheit gewaltsam beendet zu werden. Das Prinzip der Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens gilt auch für Gottessöhne, solange man behauptet, dass sie menschlich sind.“**

      Quelle: Päpstliche Reinigung:
      https://klarsicht-blog.blogspot.com/2015/09/papstliche-reinigung.html

      Siehe auch:

      Deutliche Mehrheit der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe:
      https://www.ifd-allensbach.de/fileadmin/kurzberichtedokumentationen/KB201402.pdf


      Im Zweifel gegen die Freiheit:
      https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-04/sterbehilfe-selbstbestimmung-bundestag/komplettansicht


      Zitate daraus:
      Patienten, die zu krank oder zu gelähmt oder zu dement sind, um die Tötungshandlung selbst auszuführen, haben halt ,Pech gehabt': Sie müssen bis zum bitteren Ende leiden, weil die ,herrschende Meinung' sich einer ,Täterschaftstheorie' angeschlossen hat, die dies angeblich fordert. So wird aus dem Lebensschutz durch das Strafrecht der Schutz sinnloser Qual und die Verachtung der Selbstbestimmung.“ 

      Ich selbst spreche mich daher nicht allein für die Beibehaltung und den Ausbau der erlaubten Sterbehilfe aus, sondern für eine Öffnung des strafrechtlichen Verbots der Tötung auf Verlangen (Paragraf 216 Strafgesetzbuch). Selbstverständlich dürfte dies nicht voraussetzungslos und willkürlich erfolgen, sondern muss an prozedurale Regelungen geknüpft sein, wie es etwa in der Schweiz oder in Benelux-Staaten der Fall ist. Aus dortigen Erfahrungen könnte man viel lernen, wenn man wollte._“

      Absurdes Spektakel um den Tod:
      https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-09/bundestag-gesetzentwuerfe-sterbehilfe/komplettansicht

      08. 04. 2020, 14,45 Uhr.

      Gruß von
      Klarsicht(ig)

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      1. userpic
        Rom

        Selbstmord .- Selbsttötung. Hose wie Jacke. Unverständlich und erschreckend ist die Ignoranz und Arroganz selbst sogenannter gebildeter Bevölkerungsschichten inklusive Journalisten, Juristen, sonst. Wissenschaftler...angesichts der Entrechtung, Entmündigung jedes einzelnen, der Impertinenz anderen Menschen etwas zu erlauben/verbieten und der Leichtigkeit so etwas gedankenlos zu akzeptieren.

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