Homosexualität: Der lange Weg zur Normalität

Der katholischen Kirche gilt Homosexualität als "ungeordnet" - weil sie laut Katechismus der natürlichen Ordnung widerspricht und nicht der Fortpflanzung dient. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften werden nicht gebilligt. Diese offizielle Linie führt Schwule und Lesben in der Kirche zur Verleugnung, vor allem in Leitungspositionen besteht die Gefahr, erpressbar zu werden.

Homosexualität: Der lange Weg zur Normalität

Viele Priesteranwärter scheitern an dieser Realität und verlassen die Kirche zutiefst enttäuscht. "Ich weiß, dass es sehr viele homosexuelle Geistliche gibt, und würde mir wünschen, dass sie sich outen", sagt Daniel Bühling, der ein Buch über seine Erfahrung im Priesterseminar geschrieben hat. "Aber die Angst der Geistlichen und Mitarbeiter vor einem Karriere-Aus ist noch immer viel zu groß." Tatsächlich machen spezielle Arbeitsverträge in katholischen Institutionen Entlassungen möglich, wenn die Leitung nicht glaubenskonformes Verhalten zu entdecken glaubt.

Während die katholische Kirche am Sakrament der Ehe festhält und eine Legalisierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften strikt ablehnt, geht es in der evangelischen Kirche in Deutschland um einiges liberaler zu. Progressive Landeskirchen und Gemeinden haben kein Problem damit, wenn eine lesbische Pastorin mit ihrer Lebensgefährtin gemeinsam im Pfarrhaus lebt. Dennoch sorgen auch hier Segnungen homosexueller Paare noch immer für Aufsehen. Das im Sommer vorgestellte Familienpapier der EKD, in dem die Protestanten von der Ehe als alleiniger Norm abrücken, wird kontrovers diskutiert.

Vielen Gläubigen an der Basis erscheint die Diskussion um Homosexualität als anachronistisch und überholt. Längst gebe es einen Konsens in der Gesellschaft über die Notwendigkeit einer vollständigen auch rechtlichen Gleichstellung von Schwulen und Lesben. Doch Markus Gutfleisch von der Ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) warnt: "Auch bei den Protestanten gibt es Landeskirchen, in denen konservative Kreise die Mehrheit stellen, wir müssen bei beiden Kirchen genau hinschauen." Einige Freikirchen bezögen ihre geistige Nahrung aus den USA und propagierten sogar die wissenschaftlich haltlose "Homo-Heilung".

Zwar setzt Gutfleisch große Hoffnung in die Reformen, die Papst Franziskus angestoßen habe. "Aber die deutschen Bischöfe setzen die neuen Impulse sehr zögerlich um." Franziskus hat sich seit seinem Amtsantritt mehrfach wohlwollend über gleichgeschlechtlich Liebende geäußert, ist aber im Kern ein Gegner der "Homo-Ehe" oder des Adoptionsrechts für Schwule und Lesben. Der homosexuelle Akt bleibt sündhaft.

Annette Langer

Lange durften schwule Soldaten bei der Bundeswehr keine Führungspositionen einnehmen und konnten zwangsversetzt werden. Die bekanntesten Fälle: Der Vier-Sterne-General Günter Kießling wurde 1984 aufgrund seiner vermuteten Homosexualität vorzeitig pensioniert, dem Oberleutnant Winfried Stecher wurden als schwulem Soldaten keine Führungsqualitäten mehr zugetraut.

Seitdem Stecher deshalb vor dem Bundesverfassungsgericht klagte, gab es mehrere Beschlüsse, die eine Diskriminierung zumindest rechtlich unmöglich machen. Ende 2000 wurde in einer geänderten "Führungshilfe für Vorgesetzte" klargestellt, dass Sexualität grundsätzlich eine "Privatangelegenheit" sei. Drei Jahre später wurde der Beschluss in einem "Sexualerlass" zur Zentralen Dienstvorschrift auf höherer rechtlicher Ebene verankert.
 

Hier geht's zum Originalartikel...

Kommentare

Neuer Kommentar

(Mögliche Formatierungen**dies** für fett; _dies_ für kursiv und [dies](http://de.richarddawkins.net) für einen Link)

Ich möchte bei Antworten zu meinen Kommentaren benachrichtigt werden.

* Eingabe erforderlich