Der deutsche Wissenschaftsrat stellte in einem Gutachten fest, dass einige Religionswissenschaftler ihr Fachgebiet als eine Hilfswissenschaft der Theologie ansehen [Wissenschaftsrat 2010]. Denn viele Vertreter der Religionen haben nie aufgehört gegen Wissenschaft und Evolutionstheorie zu Felde zu ziehen. Sie kämpfen heute nur mit anderen Bandagen, nutzen den seriösen Ruf der Wissenschaften selber, um ihre Überzeugungen als Forschungserkenntnisse getarnt unter das Volk zu bringen.
Neuester Schrei der religiös begründeten Beweisführung des Intelligent Designs 2.0 ist die Empirie, aus der nun – einem Wunder gleich – Kausalzusammenhänge abgeleitet werden. Religionen bieten angeblich biologische Vorteile für Gemeinden!
Vorteile stabiler Gemeinden?Studien aus den U.S.A. belegen, dass religiöse Gruppen im Durchschnitt länger bestehen als nicht religiöse Zusammenschlüsse [Sosis 2003]. Aber ist die Langlebigkeit und Stabilität von Gruppen auch ein biologischer oder kultureller Vorteil, wie christliche Religionswissenschaftler suggerieren?
Bei unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen, sind die Männchen dazu verurteilt, ihr ganzes Leben in der selben Männergruppe zu verbringen, da sie sonst von ihren Nachbarn getötet würden. Es ist eine der größten evolutiven Errungenschaften auf dem Weg zur Menschwerdung, dass auch nicht-verwandte männliche Mitglieder der Spezies Homo sapiens miteinander kooperieren können.
Psychologische Studien zeigen zudem, dass Kooperationen effektiver und effizienter sind, wenn die Partner frei gewählt werden können [Rand 2011]. Häufige Gruppen- und Arbeitsplatzwechsel ermöglichen den höchsten Grad von Vernetzung, Effektivität und Effizienz in unserer modernen Gesellschaft. Vorteile haben also diejenigen, die häufiger ihre Arbeitsstätten und Bezugsgruppen wechseln, und nicht die, die seid Jahrhunderten nur mit Ihresgleichen verkehren. Stellen wir uns einmal den Nahen Osten vor, wenn die religiös tradierte Apartheid fallen würde und die Menschen einen gemeinsamen Staat mit einer gemeinsamen Zukunft bilden könnten.
Trotzdem propagieren gerade christliche Religionswissenschaftler, dass religiöse Gemeinden biologische Vorteile für die Gläubigen beinhalten oder darstellen würden [Blume 2009]. Aber ist es wirklich immer ein Vorteil ein Mitglied in einer christlichen Gemeinde zu sein? Kirchenbücher legen durch ihre Geburten-, Heirats- und Sterbestatistiken über mehrere Generationen hinweg Zeugnis ab. Studien an Kirchengemeinden in Finnland belegen, dass sich auch innerhalb der Gemeinden nur bestimmte Individuen stärker vermehren und damit andere Christen biologisch verdrängen [Courtiol 2012]. Innerhalb der Gemeinden herrscht folglich ein gnadenloser Wettkampf, den nur die reproduktiv gewinnen, die die Vorteile einer Gemeinde am effektivsten für ihre eigenen Egoismen ausnutzen können. Christlich sein heißt: die anderen auf den Himmel zu vertrösten.
Gerne angeführt wird auch die Selbstlosigkeit einzelner, die diese christlichen Gruppen zu etwas Besonderem macht [Fischer 2007]. Opfern sich Priester kinderlos für die Gemeinde, so soll der Zölibat ein evolutiver Vorteil sein. Opfern sich nicht-religiöse Zeitgenossen für die Gesellschaft auf, zahlen Steuern und Kindergeld für Christen und Zölibatäre, so sei dies pure Egozentrik solange sie selber keine Kinder haben. Warum messen manche Religionswissenschaftler hier mit zweierlei Maß?
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