Klassischer Atheismus, neuer Atheismus - Eine Gegenüberstellung

Ein Vortrag von Dr. Dr. Joachim Kahl am 8. Juni 2018 in Bremen.

Klassischer Atheismus, neuer Atheismus - Eine Gegenüberstellung

Ein Vortrag von Dr. Dr. Joachim Kahl (Autor von „Das Elend des Christentums“) mit anschließender Diskussion.

Freitag, 8. Juni 2018 um 19:30 Uhr - Eintritt frei

Einlaß: 19:00 Uhr

Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5, 28195 Bremen

Der Referent, ein prominenter Vertreter des klassischen Atheismus, den er auch gerne als weltlichen Humanismus vorstellt, skizziert die beiden Säulen des Atheismus und greift auf ausgewählte Zitate aus Richard Dawkins´ Bestseller "Der Gotteswahn" zurück. Das Verdienst des "Neuen Atheismus" besteht vor allem darin, durch seine steilen Thesen das Interesse an radikaler Religionskritik geweckt zu haben, so dass auch deren stillere, weil differenziertere Spielarten mehr Aufmerksamkeit zuteilwird. Ein Abend der Denkanstöße.

http://www.kahl-marburg.privat.t-online.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Kahl
http://www.tectum-verlag.de/weitere-bereiche/religionskritik/das-elend-des-christentums.html

Kommentare

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    Chris

    Schon wieder jemand, der Evolution nicht verstanden hat, und dies der Welt kundtun will.

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      Steiner Klaus

      Hallo Chris,

      was hat Herr Karl bezüglich Evolution denn nicht verstanden?

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        Huxley

        Kahl ist offensichtlich Vertreter eines hab-mich-doch-lieb- oder sei-mir-nicht-böse- oder ignoriere-mich-doch Atheismus, der schön im Privaten gelebt werden kann. Die Zeugen Jehovas an der Tür schickt man höflich, aber bestimmt wieder fort und das „Kirchenblatt“ kann man ja wegwerfen. Tja, geht natürlich, dann ist freilich nicht zu hoffen, dass sich am faktisch existierenden Kirchenstaat irgendetwas ändert, denn mit seinen Argumentchen beeindruckt man selbstverständlich niemanden, der dieser oder jener Religion frönt und sich in ihrer weltlichen Mach schön arrangiert bzw. in ihr eingenistet hat.

        Zu den Aussagen im Einzelnen:

        Bei Minute 10:17
        „Es kann auch keine atheistischen Kinder geben“. Dies hätte Richard Dawkins vergessen zu erwähnen.
        Dann frage ich mich aber, ob Joachim Kahl die betreffende Passage bei Richard Dawkins wirklich gelesen hat. Es geht in dieser Passage um Indoktrination, nämlich bezüglich der Gottesvorstellung. Ein Kind, das mit diesem Gedanken nicht behelligt wird, kommt nicht auf die Idee sich diesen Gott auszudenken. Es wird also nicht atheistisch indoktriniert! Es ist demnach von selbst buchstäblich a-theistisch (übrigens eine Feststellung, die Kahl selbst bei Minute 21:17 darlegt)!

        Joachim Kahl verwechselt Atheismus offenbar mit einer Ideologie, nämlich der, dass „es keinen Gott zu geben habe und damit basta“; und damit quasi einem Gegenglauben.

        Im weiteren Verlauf entsteht bei mir nicht der Eindruck, dass Kahl Atheist ist. Er scheint sich hingegen wohl eher als Anwalt der christlichen Religion zu verstehen.

        Peinlich und entlarvend ist das Beispiel, das er als positiven Einfluss anpreist – die Siebentagewoche. Er zitiert (genüsslich, wie ich finde) das sog. Gebot: „Du sollst sechs Tage arbeiten, aber den siebten Tag sollst Du ruhen …“ Er verneint zwar die Begründung für das sog. Gebot, nämlich, dass der christliche Gott die Erde in sieben Tagen erschaffen habe sollte. Er übersieht hierbei freilich den ersten Teil: „Du sollst sechs Tage arbeiten“!
        Welcher Atheist sagt denn das und muss sich dann bei den Christen für den siebten Tag bedanken, der dann wer-auch-immer-sei-dank ohne Arbeit sein soll?

        Kahl übersieht, dass unsere gesamte kulturelle Ausrichtung auf dieser christlichen Lesart beruht und dies selbstverständlich mit all dem (Arbeits-)Stress:
        „Aus Dir muss etwas werden“
        „Jeder muss arbeiten“
        „Arbeit als Lebenssinn“
        am „besten“ noch:
        „Arbeit macht frei“

        Er übernimmt damit zudem vollkommen unreflektiert das Rollenverständnis Mann-Frau bzw. die (christliche) Familienvorstellung – Vater (zuerst genannt!), Mutter, Kind.
        Sorry, das ist nun alles andere als etwas Positives und eben eins der vielen Dinge, die zuerst kritisch hinterfragt werden müssen.
        Zitat:
        „Das ist eine inzwischen weltweit verbreitete „Errungenschaft“, hinter die man auf keinen Fall zurückfallen sollte.“
        ?
        Wer sagt, dass es etwa darum ginge dahinter zurückzufallen?

        Befremdlich wirkt auf mich die Bemerkung zu/Ermahnung an Dawkins gefälligst Epikur, Freud usw. zu nennen, so als wenn es darum gehen würde in das übliche Horn von Philosophen zu stoßen und erst einmal zu zeigen, dass man dieses und jenes gelesen hat.

        Gotteswahn:
        … jegliche Form des Gottesglaubens als Gotteswahn zu verteufeln …“
        Da Richard Dawkins genauso wenig an den Teufel glaubt, gibt es auch nichts zu verteufeln. Sorry, da lese ich Dawkins ganz anders. Es geht Dawkins darum diesen Glauben als unbegründbar, unnötig und (latent) schädlich auszuweisen. Natürlich lässt sich dies auch schwächer als mit dem Begriff Wahn ausdrücken, aber wozu?

        Zitat: „Plumper Krawall-Atheismus“:
        Ich nehme Richard Dawkins als einen sehr höflichen Menschen wahr, der geduldig zuhört, ausreden lässt, aber sehr wohl Falschaussagen hinterfragt, Fehler seiner Gesprächspartner aufdeckt und mit Fakten geraderückt und diese eben nicht stehen lässt um etwa die ach so heiligen religiösen Gefühle von Gläubigen nicht zu verletzen. Wenn diese Gläubigen sich durch fundierte Kritik (persönlich) angegriffen oder verletzt fühlen, ist das – mit Verlaub – allerdings ein Zeichen für einen Gotteswahn!

        Religion als historische Notwendigkeit (Minute 24):
        Kahl sinngemäß: Die Welt war so hart zu den Menschen, dass sie sich darüber hinweg trösten lassen mussten (Opium für das Volk).
        Dabei vergisst er freilich – und ich frage mich immer mehr wie das kommt -, dass es Kulturen ohne Religion auf der Welt gibt (bzw. vor der gnadenlosen Missionierung gab) und eben nicht alle Religionen diese Trostfunktion haben!
        Das Religionsbild, was Kahl hier zeichnet, ist ein naiv-positives Bild, das schlicht das nachplaudert, was (christliche) Religionsvertreter propagieren: „Der liebe Gott“
        Fragt man bei den Religionsvertretern genauer nach, ist er nämlich nicht lieb, was dann – aber erst dann – auch ausgiebig und genüsslich betont wird!

        Kahl kann sich nicht vorstellen (Minute 24:28), dass „wie unsere Art, die aus dem Tierreich emporgekommen ist,“ … (das allein spricht schon Bände - und beantwortet bereits die Frage, was Kahl an der Evolutionstheorie nicht verstanden hat -, denn unsere Art ist nicht aus dem Tierreich emporgekommen, sondern sie gehört zum Tierreich!)
        …“je zu einem solchen glücklichen, friedlichen, irdischen Zustand kommen könnte, dass sie auf Ersatzhandlungen und Ersatzbefriedigungen und illusionäre Wunschträume je in der einen oder anderen Form verzichten könnte…“
        Uff!
        Es ist zwar ganz lustig die Grenzen von Herrn Kahls Vorstellungsmöglichkeiten kennenzulernen, nur trägt diese Begrenztheit zu nichts bei. Der Satz ist vollgestopft mit positiven Unterstellungen von „glücklich“ und „friedlich“ und dabei so offensichtlich welt- und geschichtsvergessen, dass man den massiven Eindruck bekommen muss, Kahl möchte regelrecht eine Presche für Religiosität schlagen, koste es was es wolle. Hier opfert er sämtliche Tatsachen um ein überaus geschöntes Bild des (christlichen) Glaubens zu entwerfen.
        Vollkommen übersieht er dabei den Missionsgedanken und Missionierungen, die allesamt aus vormals glücklichen Menschen unglückliche gemacht hat. Dazu gibt es ganze Bibliotheken voll nachzulesen.

        Seine Version des Atheismus ist „skeptisch und undogmatisch“ und wirft im selben Atemzug Dawkins Dogmatismus vor (Minute 28:22):
        „Wir können keinen letzten Beweis für die Nicht-Existenz einer Gottheit erbringen“
        Gut gebrüllt Löwe, nur vollkommen an der Sache vorbei, denn Nicht-Existenzen sind sowieso nicht zu beweisen. Deshalb gibt es dazu auch keine Notwendigkeit!
        Der Begriff „skeptisch“ weist ihn eher als Agnostiker, nicht als Atheisten aus! Offensichtlich ist ihm selbst wohl der Unterschied nicht klar, obwohl der doch allgemein verständlich unter anderem bei Dawkins selbst dargelegt wird.

        Plausibilitätskrise bei Minute 35
        Geschöpfe der Evolution bei Minute 36:50
        kommentiere ich nicht.

        Theodizee-Problem bei Minute 41
        Jaaa, wieder Epikur, is‘ ja gut und schön. Informiert man sich jedoch in Kirchenkreisen, so hört man in etwa Folgendes:
        „Da (dieser) Gott nun mal das Gute ist, muss er gerade auch das Böse (Ungerechte, Grausame …) zulassen, DAMIT er nun zeigen kann wie gut er ist.“
        Das ist zwar an Dämlichkeit kaum zu überbieten, wird jedoch munter geglaubt.
        Es reicht also nicht auf Epikur herumzureiten. Kahls Atheismus-Argumente sind im Vergleich zu Dawkins außerordentlich schwach.

        Der Fehler dieser Art der Argumentation und damit aber auch in der Kritik, die Kahl hier mit dem fleißigen Zitieren von Epikur versucht, liegt im diametralen Unterscheiden von Gut und Böse als Gegensätze. Ob etwas nun gut oder böse ist (also als solches einzuschätzen ist), hängt nicht nur von akuten Situationen, sondern auch von unterschiedlichen kulturellen Sichtweisen ab.
        Man täte in diesem Zusammenhang gut daran – etwa wie Marc Hauser – zu versuchen kulturunabhängige Moral von Menschen zu erforschen, anstatt vollkommen unreflektiert mitteleuropäische Vorstellungen als Absolutum zu formulieren.

        Kahl bedauert (Minute 42:30), dass Dawkins die „kontinentale“ bzw. „filigrane deutsche“ Religionskritik nicht beachtet. Das lässt sich schlicht dadurch erklären, dass Dawkins Brite ist und mit dem deutschen Idealismus schlicht nichts am Hut hat. Ein großer Vorteil, wenn es darum geht Geschwafel zu vermeiden, wie ich finde!

        Kahl würde bei jedem gut geschulten Religionsvertreter mit seinen schwachen Argumentationen hinten herunter fallen. Allerdings – und das spricht eben nun doch wieder für einen Gotteswahn (!) – gibt es KEIN irgendwie geartetes Argument, das einen Gläubigen vom Glauben abhalten könnte.
        Darum geht’s Atheisten in der Regel aber gar nicht, auch Dawkins interpretiere ich nicht so. Dieser stellt sich gegen die massive Beeinflussung von Kindern ab ihrer frühesten Kindheit sowie gegen die ebenso massive Beeinflussung von Politik und Gesellschaft durch institutionalisierte, extrovertiert-aggressive Religionen, die z. B. in den USA es bewerkstelligt haben, dass ID als Alternative zur Evolutionstheorie als „Wissenschaft“ im Unterricht vermittelt wird. Bestrebungen dazu gibt es nicht nur in England, sondern ansatzweise auch in Deutschland.

        Zum ersten Mal muss ich Kahl bei Minute 53:25 wirklich zustimmen, als er von Verrätselung der Welt durch Religion spricht.
        Stimmt! :-)

        Der metaphysischen Argumentation (ab Minute 55) begegnet man inzwischen mit Panentheismus, siehe z. B.
        https://www.forum-grenzfragen.de/panentheismus-als-bruecke-zwischen-theologie-und-naturwissenschaften/
        ist also Schnee von gestern. Deswegen lächelt ein gut gebildeter Religionsvertreter milde und nachsichtig über den Versuch Religion derart in eine Plausibilitätskrise zu stürzen.

        O weia, dann (Minute 58):
        „von Nichts kommt Nichts“ (ich nehme an, in diesem Fall müsste man die Nichts wohl groß schreiben). Wenn er damit einem halbwegs gebildeten Religionsvertreter in die Arme läuft, schreit der natürlich: In der Wissenschaft habt „Ihr“ ja das gleiche Problem. Ich könnt’s ja auch nicht erklären (wir haben immerhin PanENtheismus).
        Das Missverständnis bei dieser Argumentation ist, dass weder der halbwegs gebildete Religionsvertreter noch offenbar Kahl sich darüber klar ist, was man quantenphysikalisch zum „Nichts“ sagen würde.
        Zudem ist die Beschwörung eines Nichts ein Trugschluss, der sich durch eine Besonderheit unserer Sprache aufdrängt, nämlich der Möglichkeit das Wort nichts zu substantivieren und dann zu beginnen über das Nichts zu philosophieren, so als ob dieser durch eine sprachliche Unsauberkeit zustande gekommene Etwas eben tatsächlich Etwas wäre, über das man diskutieren könne.

        Was wirklich nicht geht ist – wie Kahl das hier tut (Minute 59) – „nur“ metaphysische Sprüche zu klopfen:
        - „… die entscheidenden metaphysische Begriffe, die ohne Rückgriff auf moderne Kosmologien … den Schöpfungsglauben aus sich heraus demontieren, in eine Plausibilitätskrise stürzen …“
        - „..die Welt ist ungeworden und unvergänglich, unerschaffen, unerschaffbar …“
        - „… die entscheidenden metaphysischen Begriffe, die über unsere Erfahrungsfähigkeit hinaus gehen …“
        Was er hier vergisst, ist dass diese metaphysischen Begriffe OHNE wissenschaftliche Untermauerung einfach nur als Glaubensbekenntnis geäußert werden können und damit aus der Sicht der Vertreter des „rechten Glaubens“ natürlich nur Irrglaube sind.

        Kahls Ausführungen zu „Anfang und Ende“ (Stunde 1:02) sind zwar korrekt, jedoch umständlich formuliert, da er sich ständig auf Uraltphilosophen beruft, die sowieso schon von anderen Philosophen übertüncht, vernebelt wurden.
        Nach Gerhard Vollmer ist die Annahme „alles hat Anfang und Ende“ schlicht auf die Erfahrungen aus unserer Alltagswelt – dem Mesokosmos – zurückzuführen und kann schon allein deshalb nicht verallgemeinert werden. PUNKT!

        Zitat: „Es gibt keinen absoluten Anfang ein absoluter Anfang, wäre ein Anfang, dem nicht vorausgeht, ein Ereignis, das durch kein vorheriges Ereignis bestimmt wäre, ohne Ursache, sprich ein Wunder …“ und „… der Glaube daran wäre keineswegs sinnvoll, sondern die Abdankung des Denkens, ein nicht zu rechtfertigendes Opfer des Verstandes …“
        Weia!
        Dieser zeitliche Anfang hat den Namen Urknall an den man NICHT glauben muss, dessen Modell man aber sehr wohl verstehen kann.
        Dieser ist freilich keine Abdankung des Denkens und demnach auch nicht ein „nicht zu rechtfertigendes Opfer des Verstandes“.
        Der Urknall ist allerdings etwas, was man sich nicht vorstellen kann. Die Nicht-Vorstellbarkeit ist allerdings kein Maßstab für wissenschaftliche Erkenntnis!
        Was Kahl hier macht ist Wissenschaft zu ignorieren und sich in den Unzulänglichkeiten metaphysischer Gedanken zu suhlen. Nein, mit Verlaub: Das genügt nicht!
        Dazu Einstein: „Der gesunde Menschenverstand ist nur eine Anhäufung von Vorurteilen, die man bis zum 18. Lebensjahr erworben hat.“
        Womit Einstein ein wesentliche Grundlage wissenschaftlichen Denken beschreibt (eigentlich nur wiederholt bzw. erweitert, was bereits Francesco Bounamici als Professor für Naturphilosophie bereits ausgesagt hat, dass das Experiment und die experimentelle Überprüfung hat Vorrang vor dem „gesunden“ Menschenverstand hat. Der ist also, was wissenschaftliche Erkenntnisgewinnung angeht, außen vor!

        … und dann bringt Kahl wieder und wieder Darwin und Newton und andere Wissenschaftler in Verbindung mit griechischen Naturphilosophen, die das ja alles schon gesagt hätten, so als ob man auf Wissenschaft locker verzichten könne.
        Dass wissenschaftliche Erkenntnisse eine ganz andere Qualität haben als metaphysisches Geschwafel, lässt er hier vollständig außen vor.
        Wenn er diesen Punkt wirklich nicht versteht, wird sogar die anfängliche, ihrerseits langatmige Kritik an Dawkins verständlich, denn er versteht offenbar dessen gesamten Ansatz NICHT.

        Insofern behaupte ich auf die Frage was Kahl an der Evolutionstheorie nicht verstanden hat sogar, dass Herr Kahl die Evolutionstheorie und deren Tragweite nicht im Ansatz verstanden hat!

        Und die bittere Erkenntnis ist, dass sich die Richard-Dawkins-Stiftung diese Einladung hätte locker ersparen können. Lustige (und beliebig angreifbare!) Facette von Atheismus, nichts weiter.

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