Lebende Gesellschaften und aussterbende Gender-Unisexmenschen

In SHIFT Vol. 3 haben wir vier Debatten-Beiträge zum Thema „Gender Mainstreaming“ veröffentlicht. Prof. Dr. Ulrich Kutschera hat sich in diesem zusätzlichen Online-Kommentar nochmal näher mit den Beiträgen und ihren Argumenten auseinandergesetzt.

Lebende Gesellschaften und aussterbende Gender-Unisexmenschen

Als Physiologe und Evolutionsbiologe mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich der ergebnisoffenen Grundlagenforschung begrüße ich es nachdrücklich, dass die Zeitschrift SHIFT eine vierteilige Serie von Kommentaren publiziert hat, in welchen der Themenbereich „Soziologische Geschlechterforschung“ bzw. „Politikprogramm Gender Mainstreaming (GM)“ thematisiert worden ist. Was können wir aus diesen Kommentaren lernen?

Der erste Autor, ein Gender-kritischer Selbstdenker, beginnt seine Ausführungen mit der Beschreibung der Doku-Videos des Norwegers Harald Eia. Auch ich schätze diese Filme sehr, da sie auf eindrucksvolle Weise vor Augen führen, dass die soziologischen Spekulationen staatlich alimentierter „Gender-Forscherinnen“ durch naturwissenschaftliche Fakten ad absurdum geführt werden können. Leider musste ich jedoch nach Ansicht der exzellenten Videofilme feststellen, dass kaum ein Argument der interviewten Gender-Kritiker durch entsprechende Fachpublikationen bestätigt werden kann. So findet man z. B. die dort gezeigten Kleinkind-Experimente in Verbindung mit dem Namen des interviewten Wissenschaftlers in keiner Quelle (Jungen krabbeln zu Spielzeugautos und Werkzeug, während die Mädchen bevorzugt nach weichen Bällen und Puppen greifen). Ebenso wenig wird man fündig, wenn man die Aussagen der renommierten Psychologen überprüfen möchte. Kurz: Die wertvollen H. Eia-Videos können von Gender-Ideologinnen problemlos als „unbelegte Diffamierungen ihrer Forschungen“ abqualifiziert werden — es fehlen ganz einfach die Quellenverweise.

Korrekt und sachkundig wird im ersten Kommentar die Geschichte der Einschleusung politischer „Gender-Perspektiven“ in die Berufswelt sowie die Konfusion der Gleichberechtigung mit dem Dogma einer „Macht-Gleichstellung“ thematisiert. Am Ende „outet“ sich der belesene Autor leider als Kreationist: Er glaubt, Gott hätte uns mit guten Absichten ergänzend als Mann und Frau geschaffen. Diese biblische Sicht der Dinge wird unserer evolutiv herausgebildeten „Mann-Frau-Natur“ in keiner Weise gerecht, insbesondere nicht unter Berücksichtigung des „Gender-Paradoxons“.

Der zweite Beitrag führt uns zur Kernthese dieses Essays: Die Autorin beschreibt eine sterbende Gesellschaft, bei der die „normative Kernfamilie“ ein Auslaufmodell ist, überholt vom „Homo-Lifestyle“, wie er im Rahmen der Gender-Ideologie propagiert wird. Die Hauptaussagen der erzürnten Pro-Gender-Frau sind derart unqualifiziert, dass wir sie nur kurz kommentieren wollen: Biologen haben niemals Menschen und andere Tiere nach „willkürlicher Selektion der Kriterien“ in die Geschlechter männlich/weiblich eingeteilt, sondern sorgfältig und ausgehend vom Genom bis zu den psychologischen Eigenschaften, das wissenschaftliche Konzept des Sexual-Dimorphismus begründet.

Im dritten, von mir selbst verfassten Beitrag habe ich die biologischen Grundlagen der evolvierten Zweigeschlechtlichkeit dargelegt und die in unzähligen Studien immer wieder belegte Tatsache angeführt, dass mehr als 99 Prozent aller Männer und Frauen eindeutig männlich oder weiblich sind, während weniger als 1 Prozent, bedingt durch Entwicklungsstörungen, Intersex-Merkmale zeigen. Auch das Thema Homosexualität sprach ich kurz an, wobei echter, fruchtbarer „Homosex“ bisher nur bei Ringelwürmern und Pflanzen nachgewiesen werden konnte. Hervorzuheben sind die neuen Begriffsbestimmungen: Um das „Gender-Paradoxon“ auflösen zu können, ist es unabdingbar, zwischen der wissenschaftlich fundierten „Gender Biomedizin“ und dem soziologischen „Moneyismus“ zu unterscheiden: Der amerikanische Psychologe und Erzieher John Money (1921–2006) hat, über verbrecherische Kleinkind-Experimente, die sozialwissenschaftlichen „Geschlechter-Studien“ begründet. Meiner Ansicht nach sollte man sich von einer Irrlehre, die auf einem missglückten Menschenversuch basiert, distanzieren (Moneys Versuchsobjekt David Reimer beging Selbstmord).

Unsere Money-hörige Autorin des vierten Beitrags skizziert in ihrem Artikel die Rolle von Mann und Frau in einer degenerierten, aussterbenden Gesellschaft. Nur bei ca. 2,1 Lebendgeburten pro Frau bleibt eine Population in etwa konstant, das heißt die Eltern leben in ihren Kindern fort. Dieses Weiterleben über die Keimbahn funktioniert, weil es den evolutiv herausgebildeten Sexual-Dimorphismus gibt: Frauen haben, als primäres Geschlecht, die tragende Rolle zu übernehmen (Empfängnis, Geburt, Kinderaufzucht), während die Männer, als „zum Gebären unfähige Variationen-Generatoren“, die nutzlosen Spaßvögel der Gesellschaft sind. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, über Mitose-reiche und somit fehlerbelastete Spermienproduktionen Vielfalt in die Population zu bringen. Bei Säugern, wie zum Beispiel Menschen, erfüllen sie darüber hinaus zumindest zeitweise eine Versorgerfunktion, bis dann der Nachwuchs unabhängig geworden ist.

Leider existiert die von unserer „Gender-Dame“ skizzierte „Homo-Lifestyle-Society“ seit Jahrzehnten in Deutschland. Bei einem derzeitigen Geburten-Unterschuss von zirka ein Drittel pro Generation (in Zahlen ausgedrückt: etwa 1,4 statt 2,1 Kinder pro Frau) können viele von ihrer biologischen Rolle entbundene Damen typische Männerberufe ausüben, sogar Schwerstarbeiten als Holzfällerinnen im Wald oder Soldatinnen im Krieg sind möglich. Begehrt sind aber leichte Büro- bzw. Bla-Bla-Tätigkeiten, bei welchen die vermännlichten (meist lesbischen) Damen, die sich als „Feministinnen“ bezeichnen, viel Geld verdienen und subordinierten Männern die eigentliche Arbeit übertragen. Gut gekleidet und maskulin aufgemacht in endlosen Kaffeerunden-Debatten zu sitzen, in welchen dann leere Worthülsen über „die Geschlechterrollen, ökonomische Bestimmungen usw.“ ausgetauscht werden, sind das Ziel dieser soziologisch ausgebildeten, biophoben Frauen, die unter anderem das widersinnige Geschwafel einer Judith Butler mit echter Philosophie verwechseln.

Fazit: In lebenden, das heißt kinderreichen Gesellschaften, haben die Geschlechter — evolutionär bedingt — grundverschiedene, sich ergänzende Rollen zu erfüllen, während aussterbende Menschenkollektive alle nur denkbaren Absurditäten verwirklichen können, sogar die „Frau-gleich-Mann-Ideologie“, wie ich die Moneyistische-Irrlehre im „Gender-Paradoxon“ genannt habe.

„Auf in die kinderlose Zukunft“, so lautet das Motto der radikal-feministischen Gender-Zunft, deren irrationale Thesen sachkundig in unserem vierten Kommentar zusammengestellt worden sind. Da bleibt nur noch die folgende Frage zu klären: Wer bezahlt die Rente der kinderlosen Gender-Damen?

Prof. Dr. Ulrich Kutschera (61) ist an der Universität Kassel und in Stanford/Kalifornien (USA) tätig. In seinem aktuellen Buch „Das Gender-Paradoxon. Mann und Frau als evolvierte Menschentypen“ beschreibt er die Unterschiede der Geschlechter.

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