Der Einsturz einer Textilfabrik vor einem Jahr hat Bangladesch schwer traumatisiert. Wir haben den Ort des Schreckens besucht. Von Opfern und Profiteuren, ökonomischen Zwängen und Eigeninitiative.
Zohra müsste jetzt schreien, heulen. Aufspringen müsste sie, Schuldige suchen. Nichts von alledem geschieht. Ganz still und klein sitzt sie da auf ihrem Plastikstuhl. Und erzählt das Unglaubliche. Nur ihre Augen wollen dabei nicht aufhören zu weinen. „Wir haben alle auf der vierten Etage bei Phantom gearbeitet. Dann gab es plötzlich einen Donner. Ich sah meine Kolleginnen aufspringen und weglaufen. Dann wurde es dunkel.“ Wohl eine gute Stunde war Zohra Akhtar Mili verschüttet, als die Nähfabrik Rana Plaza in der Vorstadt von Dhaka vor gut einem Jahr einstürzte.
Am Vortag hatten die Arbeiter Risse in Wänden gesehen. „Die Vorarbeiter haben uns gesagt, über Nacht hätten sie es kontrolliert. Alles sei in Ordnung.“ Nichts war in Ordnung. Seit jenem Morgen ist Zohras Mann für immer verschwunden. „Wir arbeiteten auf derselben Etage. Ein paar Minuten, bevor das Haus zusammenkrachte, war er noch kurz vorbeigekommen“, sagt sie. Dann zeigt sie das einzige Foto, das ihr blieb, auf ihrem Billighandy. Die beiden schauen ganz aufgeregt in die Kamera. „Er war ein guter Mann“, sagt die 22 Jahre alte Frau. Nun ist er für immer verschwunden, einer von 146 Vermissten. Sein Körper verwest unter Schuttbergen. Zohra kann keine Nacht allein schlafen. Sie ist zerbrochen an jenem Tag. Und näht doch weiter. „Ich muss ja leben“, sagt sie. „Aber ich lebe gar nicht mehr.“
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