Scheitert Papst Franziskus an sich selbst?

Härte und Beliebigkeit

Scheitert Papst Franziskus an sich selbst?

Foto: Pixabay.com / Tama66

Kommentar zur Meldung über die wachsende Bereitschaft südbadischer Seelsorger, den Zölibat abzuschaffen.

Auch wenn in Südbaden – und vielerorts im ganzen Land – die Nachdenklichkeit über den Zölibat zunimmt, scheint wenig Aussicht auf eine Lösung zu bestehen. Der einst als großer Reformer gefeierte Papst Franziskus schickt unterschiedliche Signale in die Welt. Einerseits gibt er sich als barmherziger Fürsprecher für Arme und Schwache. Andererseits ist er in der Lehre der Kirche einer der konservativsten Hardliner, die wir in den letzten Jahrzehnten erlebt haben.

Immer wieder machen sich Widersprüche auf – man blicke nur auf das Thema der Homosexualität: So fordert der Pontifex Respekt und Offenheit gegenüber Schwulen und Lesben – rät aber Eltern, die bei ihrem Kind eine entsprechende Neigung vermuten, den Psychiater aufzusuchen. Selbst seine anschließende Klarstellung kann kaum überzeugen, zeigt sie doch einen Schlingerkurs der Unzuverlässigkeit in seinen Haltungen, auf die man nicht vertrauen kann.

Auch wenn Jorge Mario Bergoglio in seiner früheren Zeit als Erzbischof Gnade und Barmherzigkeit für Gefangene, Bedürftige und Notleidende gefordert hat – und seine Demut bis heute an Ostern zeigt, wenn er Häftlingen die Füße wäscht, bleibt ein fader Beigeschmack: Wie ernst meint der Papst seine Worte tatsächlich? Und wäre die Situation eine andere, wenn der oberste Hirte wirklich dafür eintreten würde, die Ehelosigkeit bei Priestern abzuschaffen?

Die Kurie drängt den Brückenbauer immer wieder neu zur Einhaltung einer stringenten Fortführung dieses uralten Dogmas, von dem sich in der Weltkirche noch immer viele Kardinäle nicht verabschieden wollen – auch dann nicht, wenn zunehmend mehr Schäflein einer anderen Meinung sind und die geltende Sexualmoral einer der wichtigsten Gründe dafür scheint, weshalb die Gläubigen in Scharen davonlaufen. Der wachsende Mangel an Pfarrern, der nicht nur in Südamerika drastische Ausmaße angenommen hat und auch in Deutschland immer öfter dazu führt, dass einzelne Geistliche mehrere Gemeinden auf einmal bedienen müssen, hängt der Kirche übel nach.

Trotzdem will Rom offenbar keine Lösung, keine tiefgehende Analyse dieser Probleme – die Angst ist zu groß, noch deutlich mehr Menschen an den Säkularismus zu verlieren. Auch der Blick auf die Protestanten könnte ursächlich für das konsequente Einstehen der Katholiken in ihrer Praxis des beständigen und unbeugsamen Widerstands gegen die Basis sein: Zeigen Lutheraner und Unierte doch recht eindeutig, wohin Beliebigkeit führen kann. Das Anhängen an den Mainstream funktioniert nicht nur in Deutschland kaum, wo sich der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm mit großer Leidenschaft für die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer ausspricht – und damit von der Tatsache ablenkt, dass die evangelische Kirche einen noch deutlicheren Sinkprozess in der Mitgliederzahl durchläuft als die in der Ökumene verbundenen Mitchristen.

Ein fester Standpunkt kann zweifelsohne zu Glaubwürdigkeit beitragen. Allerdings wird es eng, wenn die Bewegung der kritischen Laien einen derart massiven Zulauf verbucht, dass aus Zeitgeist Normalität wird. Nach Jahrhunderten der Unverrückbarkeit lohnt sich eine Bestandsaufnahme. Mit geschlossenen Augen durchs Elend oder guten Mutes in die Selbstverlogenheit? „Pest oder Cholera“ würde es besser auf den Punkt bringen. Doch Franziskus wird auch diesen Sturm durchstehen, mit dem Fähnchen im Wind – und Merkel’scher Wankelmütigkeit.

Kommentare

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    Losian

    Der Papst muss zuerst mal den richtigen Glauben bewahren. Bewahren = Konservieren.

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