Schrödingers Katze

Tot oder nicht tot, das ist hier die Frage

Schrödingers Katze

Foto: Pixabay.com / Dimhou

Schrödingers Katze ist ein auf Erwin Schrödinger zurückgehendes Gedankenexperiment, welches die kontraintuitiven Konsequenzen einer direkten Übertragung von quantenmechanischen Konzepten auf die makroskopische Welt aufzeigt.

1. Gedankenexperiment

Stellen Sie sich eine geschlossene Kiste vor. In dieser Kiste befinden sich eine Katze, ein instabiler Atomkern, ein Detektor für die beim Zerfall erzeugte Strahlung und eine tödliche Menge Gift. Der Atomkern wird innerhalb einer bestimmten Zeitspanne mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zerfallen. Der Zerfall des Atomkerns wird dann von einem Geigerzähler gemessen, der dann das Gift freisetzt, welches die Katze tötet.

Dhatfield (Creative Commons 3.0.)Dhatfield (Creative Commons 3.0.)

Wir als Beobachter befinden uns außerhalb der Kiste, die von uns gut abgeschirmt ist. Die Quantenmechanik postuliert, dass sich der Atomkern in diesem Fall in einer Superposition der beiden Zustände „zerfallen“ und „nicht-zerfallen“ befindet. Erst mit der Messung kollabiert seine Wellenfunktion und der Atomkern nimmt einen konkreten Zustand an. Da Leben und Tod der Katze aber kausal mit dem Zustand des Atoms zusammenhängen, müsste sich auch die Katze in einer Überlagerung der Zustände „tot“ und „lebendig“ befinden. Und zwar so lange, bis einer die Kiste öffnet und den Zustand der Katze überprüft. Diese Schlussfolgerung wird häufig als paradox bezeichnet, eigentlich ist sie aber nur kontraintuitiv. Sie widerspricht auch nicht unserer Alltagserfahrung, da wir mit unserer Beobachtung Wellenfunktionen kollabieren lassen und deshalb nie Makrogegenstände in Superpositionen sehen.

„[…] Man kann auch ganz burleske Fälle konstruieren. Eine Katze wird in eine Stahlkammer gesperrt, zusammen mit folgender Höllenmaschine (die man gegen den direkten Zugriff der Katze sichern muß): in einem Geigerschen Zählrohr befindet sich eine winzige Menge radioaktiver Substanz, so wenig, daß im Laufe einer Stunde vielleicht eines von den Atomen zerfällt, ebenso wahrscheinlich aber auch keines; geschieht es, so spricht das Zählrohr an und betätigt über ein Relais ein Hämmerchen, das ein Kölbchen mit Blausäure zertrümmert. Hat man dieses ganze System eine Stunde lang sich selbst überlassen, so wird man sich sagen, daß die Katze noch lebt, wenn inzwischen kein Atom zerfallen ist. Der erste Atomzerfall würde sie vergiftet haben. Die Psi-Funktion des ganzen Systems würde das so zum Ausdruck bringen, daß in ihr die lebende und die tote Katze (s.v.v.) zu gleichen Teilen gemischt oder verschmiert sind. Das Typische an solchen Fällen ist, daß eine ursprünglich auf den Atombereich beschränkte Unbestimmtheit sich in grobsinnliche Unbestimmtheit umsetzt, die sich dann durch direkte Beobachtung entscheiden läßt. Das hindert uns, in so naiver Weise ein „verwaschenes Modell“ als Abbild der Wirklichkeit gelten zu lassen. An sich enthielte es nichts Unklares oder Widerspruchsvolles. Es ist ein Unterschied zwischen einer verwackelten oder unscharf eingestellten Photographie und einer Aufnahme von Wolken und Nebelschwaden.“
- Erwin Schrödinger: Naturwissenschaften. -

2. Auflösungsversuch

Die Mehrheit der Physikergemeinschaft glaubt, dass die heute bekannten Naturgesetze auf dem gesamten Parameterraum gelten. In Bezug auf die Länge heißt das, dass die physikalischen Gesetze bis hinunter zur:

(1) Plancklänge: ∼10^−35 m

und hinauf bis zur:

(2) Ausdehnung des Universums: ∼10^27 m

gelten, also über rund 62 Größenordnungen.

Ähnliches gilt für Zeiten, Massen etc. Auf welchen Skalen gibt es experimentelle Bestätigungen für quantenmechanische Superpositionen? Die empirische Physik reicht hinunter bis zu:

(3) Hochenergie–Beugungsexperimenten ∼10^−18 m

und hinauf bis zu:

(4) Einstein–Podolsky–Rosen–Experimenten ∼10^5 m.

Damit sind also ungefähr 23 Größenordnungen abgedeckt.

Auf einer logarithmischen Skala sind das rund 40% des gesamten Wertebereichs. Nach Ockhams Rasiermesserprinzip wäre es am einfachsten (und ökonomischsten) anzunehmen, dass das die quantenmechanischen Konzepte ohne Ausnahme für das gesamte Universum gelten. Danach müsste sich Schrödingers Katze tatsächlich sowohl „tot“ als auch „lebendig“ sein.

Wenn sich ein Objekt in einer solchen Superposition befindet, sprechen wir von einem Katzenzustand (engl.: cate-state). Um einen solchen Zustand zu präparieren, ist es aber notwendig, das Objekt komplett vor jeder Wechselwirkung mit der Umgebung abzuschirmen. Bei einem Elektron und auch bei einem halben Dutzend Atomen ist das noch möglich.

Ein makroskopisches Objekt wie Schrödingers Katze kann aber praktisch niemals von allen potentiellen Wechselwirkungen isoliert werden. Dafür müsste es nicht nur von allen Wechselwirkungen mit der Umgebung wie von elektromagnetischen Licht- und Wärmestrahlungen isoliert werden. Selbst eine wechselseitige gravitative Beeinflussung müsste ausgeschlossen werden - und Gravitation lässt sich prinzipiell nicht abschirmen!

Es müsste auch vor einer Wechselwirkung mit sich selbst abgeschirmt werden. Denn laut der Dekohärenztheorie erzeugt ein warmes Objekt wie eine Katze ein Wärmebad, das zu einer Unterdrückung der Kohärenzeigenschaften und somit einer effektiven Zerstörung der Superposition führt. Und kein Katzenobjekt kann vor der Wechselwirkung mit seinen eigenen Konstituenten isoliert werden.

Außerdem stellen auch der Detektor und das Gift makroskopische Objekte dar, die auf irreversible Weise auf den Zerfall des Atomkerns reagieren. Die Wechselwirkung des Atomkerns mit dem Detektor zerstört eine mögliche Superposition also schon lange bevor der Beobachter die Kiste öffnet.

Deshalb kann Schrödingers Katze niemals praktisch realisiert werden. Und das widerspricht auch nicht der universellen Gültigkeit der physikalischen Naturgesetze. Denn die quantenmechanischen Prinzipien gelten auch für Schrödingers Katze, sie werden nur durch ihre ständige Wechselwirkung mit der Umwelt und sich selbst und durch das von ihr erzeugte Wärmebad unterdrückt. Anders ausgedrückt: Nach der Dekohärenztheorie sind Realität und Lokalität emergente Eigenschaften der physikalischen Welt.

Hier geht's zum Originalartikel...

Kommentare

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    Norbert Schönecker

    Zur Klarstellung: Erwin Schrödinger wollte mit seinem Gedankenexperiment keinesfalls die Quantenmechanik infrage stellen. Er war selbst an der Entwicklung der Quantenphysik maßgeblich beteiligt. (Der Autor des Artikels weiß das sicher, aber vielleicht nicht jeder Leser, deshalb schreibe ich es dazu.)

    Unbeantwortet bleibt bis heute die Frage: Wie kann aus einer nicht-deterministischen Quantenwelt, in der Konzepte wie Lokalität, exakter Zeitpunkt oder vielleicht sogar Kausalität nicht dieselbe Rolle spielen wie in unserer Welt (laienhaft und vorsichtig ausgedrückt), unsere Welt mit ihren exakt definierten Begriffen bzgl. "Wo", "Wann" und "Wodurch" entstehen? Denn dass zuerst die Quantenwelt entstand und daraus dann unsere Meso- und Makrowelt, das gilt m.W. als sicher.

    Es geht also nicht um eine Anzweiflung der modernen Physik, sondern um den Hinweis auf eine offene Frage. Und die Frage dürfte sehr weit offen sein.

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      Huxley

      Hallo Herr Schönecker,
      die Antwort auf Ihre Frage steht im obigen Text. Stichwort: Dekohärenz
      https://de.wikipedia.org/wiki/Dekoh%C3%A4renz

      Man beachte die Tabelle. Dabei geht's darum, wie schnell aufgrund von Dekohärenz der Quantenzustand zugunsten eines Zustands klassischer Physik verloren geht. Man kann gut erkennen, dass die Zeiten umso kürzer werden, je massereicher das betrachtete Objekt ist. Unsere mesokosmischen Objekte sind derartig massereich, dass sie uns konstant als klassische und damit determinierte Objekte erscheinen!

      Das bedeutet nicht, dass ein Quantenobjekt unreal ist, das bedeutet lediglich, dass wir als makroskopische Lebewesen von der Quantenhaftigkeit in der uns zugänglichen Welt (Mesokosmos) nichts mitbekommen.

      Da wir jedoch im Mesokosmos leben, ist es kein Evolutionsvorteil (übrigens für kein Lebewesen, dazu sind die nämlich zu massereich!) etwas von der eigentlichen Quantenhaftigkeit der Realität mitzubekommen. Im Mesokosmos verhalten sich die Dinge als (quasi-)deterministisch wie sie die klassische Physik beschreibt und wie es unserer Alltagserfahrung "vorgaukelt".

      Nach der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation ist eine beliebig genaue Angabe von z. B. Ort und Impuls (Masse mal Geschwindigkeit) eines Objekts nicht möglich.

      Nicht möglich, nicht, weil wir zu blöd dazu wären, auch nicht, weil uns etwa nur die Messinstrumente fehlten, sondern weil diese Begriffe, die es in unserer Mesokosmos tun, also tauglich sind (und deshalb "Sinn ergeben" bzw. einen Sinn vorgaukeln) bei einzelnen Quantenobjekten fehl am Platz sind. Bei einem beliebig genau bestimmten Impuls kommt dem Quantenobjekt kein Ort zu! Bei einem wenige genau bestimmten allerdings schon eher, bei einem noch weniger genau bestimmten noch viel eher usw..
      In unserem Mesokosmos und unseren wunderbaren klassisch physikalischen Messgeräten geschweige denn unserer phylogenetisch-ontogenetisch entstandenen Wahrnehmungsfähigkeit sind wir von den Genauigkeit der Bestimmung, die durch Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation beschrieben wird, meilenwert entfernt: Wir sehen also ein Objekt unseres Mesokosmos sehr wohl sich an einem bestimmten Ort sich mit einem bestimmtem Impuls bewegen, aber nur, weil wir eben überhaupt nicht so genau bestimmen wie's notwendig wäre.
      Wir sagen genau, wenn's eigentlich überhaupt nicht genau ist! Für uns heißt genau einfach nur genau genug um zu überleben, was in der Welt des Mesokosmos ausreicht.

      Gleichwohl kann man ein Quantenobjekt (indirekt) "zwingen" sich mit den genannten Eigenschaften "zu zeigen", wenn man diesem Quantenobjekt eine Wechselwirkungsmöglichkeit anbietet. Ob es nun wechselwirkt oder nicht, hängt vom Zufall ab, der durch die Wellenfunktion (das Amplitudenquadrat derer ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit zur Wechselwirkung) festgestellt werden kann.
      Es gibt jedoch keinen Grund zur Wechselwirkung!
      Es passiert oder eben nicht.

      Gründe zu erkennen (in unserem europäischen Sinn von Gründen) sind evolutionär gesehen erfolgreiche Annahmen, die in unserem Mesokosmos funktionieren. Gründe in anderen Kulturen sind anders definiert: z. B. kommt es bei den Ureinwohnern Australien nicht darauf an, dass ein Ereignis zeitlich VOR einem anderen liegt um einen kausalen Zusammenhang zu erkennen.
      Demnach sind unsere alltags-kausalen Zusammenhänge (auch noch) kulturabhängig (kulturelle Evolution)!

      Überdies vermuten wir in unserem Alltag nur allzu leicht (physikalische) Gründe im Sinne von Kausalzusammenhängen, wo keine sind: Wir würden jederzeit sagen, dass unsere Wohnung geheizt wird (also die Temperatur in der Wohnung steigt), wenn man die Heizung anmacht (vorausgesetzt sie funktioniert technisch).
      Das ist in diesem Fall IMMER so, was uns unsere Erfahrung zeigt.
      Aus diesem IMMER (eigentlich ja nur immer dann, wenn wir die Heizung anstellen und keineswegs immer im Sinne eines absoluten IMMER!) konstruieren wir uns einen kausalen Zusammenhang aufgrund eines zeitlichen Davor und Danach (wenn-dann).
      Physikalisch gibt es für das Heizen des Raumes aber keinen Zwang. Es wäre MÖGLICH, dass der Raum kälter und die Heizung noch wärmer würde. DIES ist jedoch sehr, sehr, sehr, sehr, ... (und jetzt schreibe ich noch die nächsten 5000 Jahre dieses Wort und bin immer noch nicht fertig) unwahrscheinlich!
      Diese Unwahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeit hat noch nicht einmal etwas mit der Quantenweltwahrscheinlichkeit zu tun, sondern mit Thermodynamik, die tatsächlich klassisch zu betreiben ist, der jedoch die klassische Reversibilität fehlt!
      ...
      Jetzt müssten zum detaillierten Verständnis eigentlich noch einige Bücher in diesem Text angefügt werden, also ist das nur ein winzig kleines best-of.

      Als Nebenthema: Aus sehr hohen Wahrscheinlichkeiten leiten wir allzu gerne bedingungslose Möglichkeiten (und damit universelle Gewissheiten) ab und aus sehr geringen Wahrscheinlichkeiten Unmöglichkeiten. Beides ist falsch!
      Ähnliches gilt für das Umgekehrte: Verstehen wir eine (physikalische) Möglichkeit, so
      neigen wir dazu den betreffenden Vorgang auch für so wahrscheinlich anzusehen, dass er durchaus vorkommen könnte. Möglich wäre es physikalisch durchaus - das wird Ihnen gefallen - über das Wasser zu laufen. Es ist jedoch sehr, ... s.o. unwahrscheinlich, so dass die Wahrscheinlichkeit dafür (für jeden Schritt) so groß ist, dass es in der gesamten Lebensdauer des Universums mit extrem großer Wahrscheinlichkeit NICHT vorkommt alltagssprachlich also nie und ich würde jederzeit „Haus und Hof“ verwetten!
      (Die Gottesdebatte möchte ich hier bitte nicht führen, das ist in diesem Zusammenhang nur ermüdend.)

      Sprachlich determinieren wir also etwa mit dem Begriff Möglichkeit, was eigentlich nicht-deterministisch vorhanden ist, nämlich Wahrscheinlichkeiten.

      Zum Thema Zeit und Zeitrichtung kann man Stephen Hawking, Eine kurze Geschichte der Zeit lesen. Das geht lustigerweise erstaunlich einfach, aber wenn man's durch und durch kapieren will, genügt das Büchlein freilich nicht, weil es zum detaillierten Verständnis eigentlich ein Physikstudium voraussetzt, weswegen sich Leute die eine Ahnung haben, sehr wohl die ein oder andere Gleichung/Formel wünschen würden, da lag Hawking nun einfach falsch.

      Also zusammengefasst: Der für uns so fundamentale Determinismus ist ein Schein, dem wir in unserem Mesokosmos aufsitzen.
      Wenn wir versuchen absolute Aussagen zu machen und Determinismus bemühen, sollte uns klar sein, dass wir nur vordergründig aus der Alltagserfahrung der uns zugänglichen Welt heraus argumentieren, keineswegs absolut!

      Der Determinismus lässt uns philosophisch also letztendlich unsinnige Fragen nach dem Warum stellen (das hat leider ein Großteil der Philosophen immer noch nicht verstanden, so dass dessen absolute Gültigkeit locker flockig weiterhin vorausgesetzt wird).
      Eine Warum-Frage ist keine universelle Frage!
      Sie ist bestenfalls in einem bestimmten Kontext sinnvoll, hat aber genau die Tücke - wie ich bereits in einem anderen Thread darzulegen versucht habe - überdies hinaus sprachlich unpräzise zu sein; dies schon allein aus dem Grund, dass wir unendlich oft warum fragen KÖNNEN (obwohl es unsinnig ist, wie gerade dargelegt) und uns dann nur noch Gründe ausdenken können - wie zum Beispiel einen Gott als einen "Urgrund aller Dinge" oder ich weiß nicht was für Wortschöpfungen da noch herumschweben.

      Unsinnig deshalb, weil wir die Natur und damit auch uns selbst (in allen Details unseres Daseins) eben als Objekte wahrnehmen, die gefälligst einem Determinismus zu unterliegen hätten, was tatsächlich aber nicht der Fall ist.

      Dazu auch Quantenbiologie und insbesondere Mutationen:
      https://de.wikipedia.org/wiki/Quantenbiologie

      Um nicht missverstanden zu werden: Im Sport z. B. sehr wohl! Da kann man den in der Luft herumwirbelnden Menschen selbstverständlich als klassisch determiniertes Objekt betrachten und klassisch physikalische Berechnungen anstellen, ist ja massereich genug! :-)

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      Klaus Steiner

      Hallo Herr Schönecker,

      Ihr Zitat: "Unbeantwortet bleibt bis heute die Frage: Wie kann aus einer nicht-deterministischen Quantenwelt, in der Konzepte wie Lokalität, exakter Zeitpunkt oder vielleicht sogar Kausalität nicht dieselbe Rolle spielen wie in unserer Welt (laienhaft und vorsichtig ausgedrückt), unsere Welt mit ihren exakt definierten Begriffen bzgl. "Wo", "Wann" und "Wodurch" entstehen?"

      Nach dem, was ich darüber nachgelesen habe, dürfte man diese Frage so gar nicht stellen. Warum?

      Die Kopenhagener Deutung zieht eine Trennlinie zwischen der durch die klassischen Begriffe zu beschreibende Makrowelt und dem quantenmechanischen Mikrokosmos. Der Mikrokosmos ist nur über das Prinzip der Messung zugänglich und kann daher keine ontologische Eigenständigkeit für sich beanspruchen, wie es die klassischen Objekte der Physik vermögen. Bohr sagte einmal: "Es gibt keine Quantenwelt. Es gibt nur eine abstrakte Quantenbeschreibung."
      (Quelle 1: Quanten - Evolution - Geist, Dirk Eidemüller, 2017, vgl. S. 66)

      Die Auflösung des Paradoxon liegt darin, dass es keine vom restlichen Universum isolierten makroskopischen Gegenstände gibt und folglich auch keine solchen Katzen.
      (Quelle 1, vgl. S. 90)

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        Norbert Schönecker

        S.g. Herr Huxley! S.g. Herr Steiner!

        Sie kennen sich ja beide offenbar mit der Thematik recht gut aus, während ich hingegen ein Laie bin, der zwei oder drei populärwissenschaftliche Bücher zum Thema gelesen (und vielleicht sogar zum Teil verstanden) hat.
        Und doch meinen Sie, Herr Steiner, in Bezug auf die offene Frage des Übergangs von der Quantenwelt in den Meso- und Makrokosmos, dass "man diese Frage so gar nicht stellen" dürfte, während Sie, Herr Huxley, meinen, "die Antwort auf Ihre Frage steht im obigen Text. Stichwort: Dekohärenz". Daraus werde ich zunächst nicht schlau. Laut wikipedia sind Dekohärenz und Kopenhagener Deutung auch unvereinbar, warum auch immer, ich habe es nicht verstanden, was sicher an meiner mangelnden Fachkenntnis liegt.
        Es ist aber keineswegs meine Absicht, Sie jetzt gegeneinander aufzuhetzen. Das wäre "divide et impera", und ich will ja nicht herrschsüchtig sein.

        Außerdem laufen beide Ihrer Antworten ohnehin auf dasselbe hinaus: Ab einer bestimmten Masse ist die Meso-/Makrowelt einfach ganz anders als die Quantenwelt. Okay, das nehme ich zur Kenntnis. Es leuchtet mir auch ein, dass wir mit unseren Messgeräten (seien es Meisterweke der Ingenieurskunst oder unsere Augen) die Quantenwelt nicht direkt erforschen können, einfach deshalb, weil wir ein Quantenteilchen durch jeden Kontakt mit einem Gerät sofort zu einem Teil unserer Makrowelt machen (wieder laienhaft ausgedrückt, aber hoffentlich richtig).
        Ob die Objekte der Quantenwelt wirklich objektiv existieren oder nur rechnerisch, scheint auch nach der Kopenhagener Deutung offen zu sein. Mehr als wikipedia-Artiekl dazu kenne ich nicht - Danke Herr Steiner für den Hinweis, ich habe ihn gestern gelesen. Jedenfalls kann man sie berechnen, und was Wahrheit ist auch 2000 Jahre nach dem Dialog zwischen Jesus und Pilatus ungeklärt (keine Sorge, Herr Huxley, ich bleibe eh beim Thema).

        Wenn also geklärt ist, dass alle unsere Erfahrungenum einige Größenordnungen von der Quantenwelt getrennt sind, dann bleibt immer noch die Frage: Wie kommt das? (um das gefährliche Wort "Warum" zu vermeiden)
        Geholfen hat mir das Stichwort "Emergenz". Die Summe verschiedener Dinge hat manchmal Eigenschaften, die ein einzelnes Ding nicht hat. In der Geometrie besteht ein Würfel aus sechs Seiten, von denen keiner ein Volumen hat. Der Würfel insgesamt aber hat eines. In der Chemie haben chemische Verbindungen Eigenschaften, die deren Elemente nicht haben. Auch eine Sprache ist mehr als die Summe von Lauten oder Buchstaben. U.s.w. Man darf also wohl die Vermutung anstellen, dass analog auch die Eigenschaften mesoskopischer Objekte aus der Wechselwirkung von Quantenobjekten emergieren.
        Das stillt aber meine Neugier noch nicht: WIE geschieht das? Gemäß Schrödingers burlesken Beispiels: WIE emergiert aus der Wechselwirkung eines einzelnen undeterminierten Atomkerns alleine durch Wechselwirkung mit einem mesoskopischen Detektor eine determiniert lebendige oder tote Katze?
        Bei den 6 Seiten des Würfels weiß ich, dass es eine Frage der Dimensionen ist. Bei der Chemie geht es vorwiegend um die Anordnung der Elektronen in der Schale, und bei der Sprache sind es von Menschen weitgehend willkürlich aufgestellte Regeln. Beim Übergang von der Quantenwelt zum Meso- und Makrokosmos kenne ich keine Antwort. Meine Neugier ist bislang ungestillt.

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        Klaus Steiner

        Hallo Herr Schönecker,

        auch ich bin bezüglich dieses Themas Laie und rezipiere nur das, was mir zum tieferen Verständnis des Problems wichtig erscheint. Daher weitere Erklärungen aus dem Buch von Dirk Eidemüller (auf Google Books können Sie in diesem Buch stöbern):

        Als Dekohärenz bezeichnet man die Auflösung von Superpositionszuständen beim Übergang auf mikroskopische Größenordnungen. Kurz gesagt bedeutet Dekohärenz, dass bei Körpern oder Systemen, die große Wirkungen im Vergleich zum planschen Wirkungsquantum aufweisen, sämtliche Superpositionen aufgrund der stark anwachsenden Kopplungen zusammenbrechen und die Körper sich zunehmend klassisch verhalten. Wir werden also schon bei komplexen, großen Molekülen und erst recht natürliche bei Katzen keine Überlagerung von Zuständen nachweisen können.

        Die Auflösung der Superpositionszustände der Wellenfunktion beim irreversiblen Übergang zum Makroskopischen lässt sich als natürliche Folge der Quantendynamik betrachten. Für das Beispiel von Schrödingers Katze etwa lässt der Formalismus bei geeigneter Berücksichtigung der Wechselwirkung mit der Umgebung keine Mischzustände aus toten oder lebendigen Katzen zu.

        Die Dekohärenz beschreibt nur die Aufhebung der Superpostition und den Übergang zu einem überlagerungsfreien Gemisch von Zuständen, nicht aber den Übergang zu einem einzelnen Messwert, wie er sich beispielsweise bei der Messung eines Elektronenspins ergibt - oder beim Nachschauen, ob Schrödingers Katze noch lebt. Durch die Dekohärenz heben sich also einerseits zwar die quantentypischen Superpositionen weg, aber andererseits wird hierdurch der einzelne Messwert nicht strikt festgelegt. Nach der Dekohärenz ist die Katze tot oder lebendig und nicht mehr beides gleichzeitig: Ob sie nun aber tot oder lebendig ist, ist auch mit der Dekohärenz nicht klar bestimmbar.

        Fazit:
        Abgesehen von der Aufklärung des Übergangs von der Mikro- zur Makrowelt und der Klärung wichtiger technischer Fragen sollte man deshalb bei der Analyse der Quantenphysik nicht zu viel Hoffnungen auf die Dekohärenz setzen. Sie gibt uns zwar einen Hinweis, wo und wann wir den Schnitt zwischen Quantenwelt und Alltagswelt setzen müssen und präzisiert damit Aussagen der Kopenhagener, die seinerzeit noch auf die unbefriedigende Weise unbestimmt gelassen werden mussten. Sie kann uns jedoch den erkenntnistheoretischen Schnitt zwischen Mikro- und Makrowelt nicht ersparen (Quelle 1, vgl. S. 91 f.).

        Vielleicht kann ja Huxley noch etwas zur Erhellung des Problems beitragen?

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          Norbert Schönecker

          Danke sehr, Herr Steiner! Neu ist mir, dass sich Körper ZUNEHMEND klassisch verhalten, wenn "sämtliche Superpositionen aufgrund der stark anwachsenden Kopplungen zusammenbrechen". Interpretiere ich in das Wort "zunehmend" zu viel hinein, wenn ich es so verstehe, dass der Übergang von den Quantengesetzen zu den uns vertrauten Naturgesetzen ein fließender ist? Das fände ich ja ziemlich spannend!

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            Huxley

            Hallo Herr Schönecker, hallo Herr Steiner,

            hab' gerade nicht allzu viel Zeit, deswegen versuch' ich's (ausnahmsweise ;-)) kurz zu halten (das wird sowieso nicht gelingen wie ich mich kenne). (Hab' auch das Lesch-Video noch nicht gesehen, vielleicht später mehr dazu).

            Die Kopenhagener Deutung ist heute nicht mehr state of the art. Sie ist zum Teil das Ergebnis aus einem überbetonten Konstruktivismus und ihrerseits von allen möglichen Leuten nahezu beliebig in dieser Richtung missdeutet worden - kurz und stark vereinfacht: Durch "Hingucken" machen wir uns die uns bekannte (klassische) Welt".

            Man dachte wohl eine physikalische Beschreibung des konstruktivistischen Ansatzes gefunden zu haben (der ist MIR aber zu unbiologisch, da er die Erkenntnisse der Biologie vollständig ignoriert und einer m. E. überholten Philosophie entspringt). Deshalb kommen z. B. von Heisenberg auch Aussagen derart: "... es gibt eine Tendenz zum Sein ... " zustande.

            Allerdings ist zum "Hingucken" eben kein erkennendes Objekt notwendig (da liegt der Hase im Pfeffer). "Hingeguckt" wird durch Wechselwirkung. Ist der Mond da, wenn keiner hinguckt? Ja, z. B. die Sonne "guckt" ständig hin und zwar durch ihre EM-Strahlungen (IR, Licht, Röntgen), Sonnenwind und durch ihr Gravitationsfeld. ...

            Ihr Landsmann, Herr Schönecker (wenn ich mich recht erinnere, kommen sie aus Österreich?), Anton Zeilinger untersucht(e) diesen Übergang:
            siehe dazu:
            https://www.wienerzeitung.at/themen-channel/wissen/natur/506880_Das-Loch-im-Verstaendnis-der-Welt.html
            "Frage: Sie wollen zeigen, dass auch große Systeme quantenphysikalische Phänomene zeigen könnten. Welche Systeme untersuchen Sie?
            Das habe ich einmal gemacht. In den Experimenten, die meine Kollegen jetzt machen, sind es Riesen-Moleküle und mikro-mechanische Hebel, mykrometergroß. Für die quantenmechanische Skala ist das riesig. Auch diese Dinge sollten aber nach quantenmechanischen Prinzipien funktionieren. Letztlich geht es darum, zu zeigen, dass es keine Grenze gibt."

            Um die Quantennatur eines Objekts zu bewahren, darf man es - salopp gesagt - "nicht stören". Das typische Experiment dazu ist der Nachweis von Interferenz. Interferenz ist uns klassischerweise als Ergebnis der Überlagerung von zeitlich kohärenten Wellen bekannt. Dabei ergeben sich Maxima und Minima (also auf einem Nachweisschirm, also Orte mit hoher und geringer Intensität). Quantenphysikalisch interferiert die zum Quantenobjekt gehörige Wahrscheinlichkeitswelle (die De-Broglie-Welle lässt sich so auffassen) ... ich muss abkürzen; man kann nicht einfach die Quantenphysik in ganz wenige Worte fassen.
            Kurz: Herrn Zeilinger und KollegInnen ist es gelungen diese Interferenz auch bei sehr großen Molekülen von über 100 Atomen nachzuweisen. Es wird jedoch mit der Anzahl der Atome technisch immer schwieriger diese Interferenzen zu erzeugen. Dies ist jedoch "nur" eine technische Schwierigkeit! Es gibt also keine physikalische Grenze zwischen der Quantenwelt und der "klassischen Welt" ("nur" eine statistische mit entsprechenden Wahrscheinlichkeiten). Die klassische Physik ist ein Sonderfall der allgemeineren Quantenphysik (einerseits) und der Relativitätstheorie andererseits (große Massen, große Geschwindigkeiten).

            Herr Steiner weist vollkommen zu Recht darauf hin, dass die DNA aufgrund ihrer Größe als Ganzes ein klassisch zu beschreibendes Objekt ist – sie ist also „da“ – beziehungsweise sinnvoll von außen so beschrieben werden kann. Gleichwohl kommen in ihr Quantenprozesse vor (siehe mein erster Beitrag).

            Ein Nebenthema dazu: Es gibt bisher keinen biophysikalischen Hinweis darauf wie "Handystrahlung" die DNA im Detail schädigt. DASS sie schädigt ist juristisch eigentlich bereits dadurch anerkannt, dass Opfer von Radarstrahlung entschädigt werden. RADARstrahlung ist eigentlich "Handystrahlung" nur noch sehr viel intensiver (wenn sie technisch einen Nutzen haben soll).
            Ionisieren kann sie (weder Radar- noch Handystrahlung) nicht, dazu sind die Photonen zu energiearm! Gleichwohl weiß man, dass bei Molekülen und erst recht bei großen Molekülen allerkleinste Energien ausreichen um Elektronenzustände (also Quantezustände) in diesem Molkekül zu verändern. Es ist also vorstellbar, dass Handystrahlung (auch Radarstrahlung, da im gleichen Wellenlängenfenster) durchaus etwas mit der DNA "machen" kann. Ich würde mich nicht wundern, wenn nach einschlägiger Forschung - zu der man endlich mal die Mittel freigeben müsste - herauskäme, dass Gene "ein bzw. ausgeschaltet" werden können. ... Sei's drum, es gibt noch genügend zu entdecken.

            Es ist demnach ein fließender Übergang und die Dekohärenzzeiten in der Wikipediatabelle zeigen sehr schön, dass die uns bekannte Welt in unserem Wahrnehmungsfenster "nicht anders kann" als sich konstant zu zeigen, weswegen unsere Konstanzleistungen jeglicher Art auch evolutionären Sinn ergeben. (Nebenbei: Wir bemerken wie oft man eine Aussage in Anführungszeichen setzen muss, wenn’s um Quantenphysik geht, unsere evolutionär entstandene Sprache bezieht sich auf den Mesokosmos und ist deshalb für diese „Welt“ eigentlich ungeeignet, mangels einer besseren Möglichkeit nutzen wir sie mit der Gefahr großer Missverständnisse. Im Übrigen weist in der Regel der Herr Lesch auch auf solche sprachlichen Probleme hin (wie gesagt, hab‘ noch nicht gesehen).

            Sie fragen:
            "Wenn also geklärt ist, dass alle unsere Erfahrungenum einige Größenordnungen von der Quantenwelt getrennt sind, dann bleibt immer noch die Frage: Wie kommt das? (um das gefährliche Wort "Warum" zu vermeiden)"

            Schön, das mit der vermiedenen Warum-Frage! ;-)
            Lebewesen sind "Objekte", die Stoffwechsel betreiben. In der "Quantenwelt" ist dies nicht möglich.
            Zum Thema Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit nochmal in diesem Beispiel: Der Stoffwechsel, den wir und alle anderen Lebewesen betreiben, kommt uns deshalb determiniert vor, weil die Wahrscheinlichkeit dafür extrem hoch ist (makroskopische Objekte) (im Übrigen genügen da bereits die thermodynamischen Wahrscheinlichkeiten - Diffusion, Osmose ...! Die Quantenphysikalischen sind da noch deutlich größer!).
            In einer Quantenwelt gibt es diese auf hoher Wahrscheinlichkeit basierenden (makroskopischen) Konstanzen nicht. Lebewesen sind also auf atomarer Ebene "nicht möglich" bzw. gnadenlos unwahrscheinlich, was wir mit ("absoluter") Sicherheit sagen können: Sie kommen nicht vor! ... räusper Das Ganze zieht jetzt im Grunde einen Rattenschwanz nach sich bezüglich der Bedeutung von uns so liebgewonnen Worten wie Sicherheit (und anderer nur mesoskopisch geeigneter Wörter) ... so sicher wie man eben sein kann, nicht sicher auf einer denkbaren Absolutskala. ... Nochmal: Bitte nicht hier religiös "weitermachen"!

            Nochmal: Die Übergänge sind fließend. Wenn ich also „Quantenwelt“ sage, meine ich den „Mikrokosmos“, in welchem die Quantenprozesse überwiegen. – Ein Missverständnis wäre es zu meinen, wir könnten über das Ergebnis von Quantenprozessen keine Aussage machen – Kernzerfall: Wann und ob ein einzelnes radioaktives Atom zerfällt ist nicht zu bestimmen (nicht aus „Blödheit“, sondern von Natur aus nicht). Man kann dafür Wahrscheinlichkeiten angeben. Bei einer ausreichend großen Anzahl lässt sich jedoch die Halbwertszeit angeben. Nach der könnte man buchstäblich wieder die Uhr stellen! Ist jedoch nur bei großen Anzahle von radioaktiven Atomen sinnvoll.

            Ich hab' meine Antwort nicht als Widerspruch zu der von Herrn Steiner gemeint, sondern als Ergänzung.
            Wenn Herrn Schöneckers Frage also "unterschiedlich" beantwortet wurde, dann weil sie von mir und Herrn Steiner unter verschiedenen Aspekten betrachtet wurde. Ich war mir auch nicht sicher, ob Sie die von mir genannten Aspekte wirklich meinten. ... angesichts ihrer "Unzufriedenheit" ja wohl eher nicht.

            Nochmal "kurz": Die Kopenhagener Deutung ist auch für mich schwer zu verstehen, was an der konstruktivistischen Sichtweise liegt. Ich kann mit ihr nichts anfangen und würde sie in Argumentationen weglassen.

            Nur "fairerweise" angemerkt: Der Wegfall des Determinismus hat sehr viele Physiker(innen) seinerzeit massiv gestört:
            Alber Einstein, De-Broglie, Bohm ... aber auch Erwin Schrödinger
            Meines Wissens - und ich kann jetzt gerade keine Quelle angeben - ging es Schrödinger maßgeblich darum, den "Blödsinn" (der Begriff stammt von mir, nicht von Schrödinger) der damals aktuellen Kopenhagener Deutung aufzuzeigen. Das Gedankenexperiment war also eher als Provokation oder Denkanstoß zur Hinterfragung der Aussagen der Kopenhagener Deutung aufzufassen als ein Beispiel für ein echt durchzuführendes Experiment. Wie im Artikel dargelegt löst sich das „Paradoxon“ aber mit der Kenntnis der Dekohärenz auf.

            Wenn Leben und Tod für uns reale Zustände sind (also im Sinne von real real und nicht nur eingebildet real), so beinhaltet der Überlagerungszustand beide reale Zustände gleichermaßen (das ist die Lesweise der Kopenhager Deutung). Schrödinger wollte damit diese Lesweise ad absurdum führen.
            ...
            Die „emergenten Eigenschaften“ lassen sich wegen der hohen Wahrscheinlichkeit für dieselben als solche überhaupt erst feststellen.








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          Klaus Steiner

          In diesem Video erklärt Harald Lesch genau, was der Fall ist:

          https://www.youtube.com/watch?v=P21d40y-gPo

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            Huxley

            Ach, da hätte ich mir natürlich Zeit sparen können. ;-)

            Herr Lesch erklärt's natürlich toll.

            Er verspricht sich jedoch (das ist ein echter Versprecher, schätze ich) bei Minute 9:32:
            "Die Wirklichkeit macht aus der quantenmechanischen Wirklichkeit die klassische Wirklichkeit".
            Das ergibt jedoch keinen Sinn - Er meint:
            "Die Wechselwirkung ..."

            Naja, und bei Minute 10:00 "huscht" er ein bisschen herum.
            Das geht's um das Gehirn:
            "...da ist überhaupt nichts Quantenmechanisches, da oben..."
            Jein! Natürlich bleibt das Gehirn die "ganze Zeit" über da, wo's ist. Jetzt sage ich "natürlich" ... ;-) Ja, als solches!
            Die Prozesse jedoch, die dann zu Gedanken führen, sind quantenmechanische Prozesse. Und selbstverständlich hat er in der Folge dann recht, wenn er gleich wieder von Dekohärenz spricht.
            Wir sollten jedoch deshalb keine Determiniertheit der Gedanken ableiten!
            Da darf man noch auf Ergebnisse der Hirnforschung gespannt sein und ich muss sagen, dass ich im Detail davon wiederum nur wenig Ahnung habe ... leider.

            Bei 10:36
            "Die Quantenmechanik ist die Bedingung Mensch zu sein, aber ... ist etwas GANZ anderes (als nur reine Quantenmechanik).
            Hier in etwa das selbe Jein wie oben. Er hätte nicht nur das GANZ, sondern auch das NUR gleichermaßen betonen müssen, aber so ist es eben in der freien Rede.

            Das Zitat am Ende stammt meines Wissens nicht von Niels Bohr, sondern von Richard Feynman. Dennoch klar, was gemeint ist; dazu Einstein:
            "Der gesunde Menschenverstand ist nur die Summe der Vorurteile, die man bis zu seinem 18. Lebensjahr gesammelt hat." ...
            Auch hierzu wieder ganze Bücher.

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              Norbert Schönecker

              Danke, Huxley, für die Ausführungen!

              Dass der Übergang von der Quantenwelt zu der uns zugänglichen Wirklichkeit ein fließender ist, das habe ich in den letzten zwei Tagen neu dazugelernt. Bisher ging ich davon aus, dass es da eine strenge Grenze gibt. Ich kann nicht sagen, warum ich das gedacht habe. Vielleicht, weil ja tatsächlich der Übergang manchmal wirklich abrupt geschieht - z.B. bei einer Messung verschränkter Teilchen. Dass es aber auch fließende Übergänge geben kann, macht manches klarer. Viele (sehr viele!) kleine Wahrscheinlichkeiten können eine einzige große Sicherheit ergeben. Die Sache mit der Halbwertszeit ist z.B. für mich völlig einleuchtend. 20 Millionen Cäsium-Atome sind streng vorhersagbar, 12 Cäsiumatome wohl eher nicht (hier hätten wir einen Übergang), ein einzelnes gar nicht.

              Zu einem sehr grundsätzlichen Problem versuche ich einmal eine Analogie, Sie können ja feststellen, ob sie einigermaßen passt:
              In der Quantenwelt sind Zustände oft nicht eindeutig. Bei verschränkten Teilchen z.B. kann man erst durch eine Messung (eine Wechselwirkung mit einem makroskopischen Objekt) feststellen, welches Teilchen welche Polarisierung hat. Vorher haben beide Teilchen potentiell beide Polarisierungen.
              Meine Analogie wäre: Ab der Messung ist das eine Teilchen weiß, das andere schwarz. Vorher sind beide grau. Ergibt das Sinn?
              Wenn ja: Warum ist dann unsere Welt nicht insgesamt grau? Das wäre doch möglich (wenn auch etwas fad)?
              Tatsache ist: Unsere Welt ist nicht grau, sondern es gibt weiß und schwarz (und natürlich unendlich viele Zwischentöne, die aber voneinander abgrenzbar sind). Jedes Ding ist bestimmbar und unterscheidbar. Bis jetzt habe ich sehr verlässlich gelernt, dass das in der Quantenwelt anders ist. Gut. Neuerdings weiß ich, dass der Übergang fließend ist. Auch gut. Auch weiß ich, dass die Naturgesetze der Meso- und Makrowelt bei Wechselwirkung zwischen Mikroteilchen entstehen. Aber: Ich weiß nur, dass sie BEI der Wechselwirkung entstehen. WIE es geschieht, dass bei zahlreichen Wechselwirkungen Determinismus entsteht (und nicht "alles grau" bleibt, was ja denkbar wäre) - das würde mich interessieren.
              Natürlich ist es möglich, dass ich dazu zu dumm bin. Vielleicht sind bisher sogar alle Menschen zu dumm dafür. Oder uns fehlen nur die Messmöglichkeiten.

              Zuletzt sei mir noch eine kurze philosophische Anmerkung gestattet: Alles zu wissen, das wäre auf die Dauer aber auch ziemlich fad.

              2 persönliche Anmerkungen:
              ) Ja, ich bin Österreicher - gut gemerkt!
              ) Ich spreche nur dann über Religion, wenn es im Thema vorgegeben wird. Mein Interesse an Naturwissenschaften ist gänzlich ohne Hintergedanken.

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              Huxley

              Hallo Herr Schönecker,

              Zu Ihrer vorvorletzten Anmerkung:
              Da stimme ich mit Ihnen absolut überein. Genau deshalb (und aus anderen Gründen, allein wäre das eher eine Art Opportunismus) hab' ich offenes Weltbild. Darüber hinaus empfinde ich als problematisch, wenn man von der Existenz absoluter Wahrheiten (oder gar DER absoluten Wahrheit) ausgeht, so als ob es die gefälligst zu geben habe. Und wenn's die denn nun geben könnte, was sollen evolutionär entstandene Menschen dazu befähigen, die dann auch noch zu erkennen?
              Letzteres scheint mit eine Überbetonung und Überschätzung der Erkenntnisfähigkeit von Menschen zu sein.

              Ich setze "Wahrheit" nicht mit "Realität" gleich (was jedoch einige Philosophen sehr wohl tun). Naturwissenschaften schätze ich in ihrem Potential so ein, dass es ihnen prinzipiell sehr wohl gelingen kann, Realität(en) zutreffend zu beschreiben.
              Abschminken sollten wir uns dann aber, diese auch noch "zu verstehen" im Sinne eines „Schenkelklopfers“: „Ha, ich hab’s ja immer gewusst, so isses!“; „Nein, hast Du nicht!“ ist die Antwort!

              Ein Quantenobjekt verstehe ich nicht und habe dieses wohl mit allen anderen Menschen gemeinsam, weil uns wie oben dargelegt die Quantenhaftigkeit der Natur in unserem Mesokosmos nicht zugänglich ist. Es gibt keinen evolutionären Grund Fähigkeiten zur intuitiven Erkenntnis von Quantenobjekten zu entwickeln!

              Ihr Beispiel mit dem schwarz, weiß und grau hinkt m. E. in mehrfacher Hinsicht.
              Erstens "gibt" es nicht schwarz und weiß, wenn wir damit physikalische Existenz meinen. Schwarz und weiß (und damit auch grau) sind Wahrnehmungen, die das relative Lichtabsorbtionsverhalten von Gegenständen erfassen. Stichwort ist "relativ"! Beispiel: Wir sind uns einig, dass ein Beamer wie jede andere Lampe kein schwarzes Licht aussenden kann. Dennoch sind Sie und alle anderen nichtblinden Menschen der Meinung auf dem Schirm schwarze Schrift auf weißem Grund zu erkennen! Die Unterscheidungsfähigkeit zwischen Orten mit unterschiedlichem Absorptionsgrad ist eine phylogenetisch sinnvolle Wahrnehmungsleistung, da sie zur Orientierung dienen kann.

              "Meine Analogie wäre: Ab der Messung ist das eine Teilchen weiß, das andere schwarz. Vorher sind beide grau. Ergibt das Sinn?"
              In meinen Augen nicht, wenn sie unter schwarz und weiß Gegenpole verstehen, die sich gegenseitig ausschließen. Denn "Teilchen" "sein" (Anführungszeichen beachten) bedeutet nichts Gegenpoliges.

              Sie verwenden zwei verschiedene Bedeutungen des Wortes "Übergang". Wenn Sie damit einerseits Dekohärenz bei EINEM Quantenobjekt meinen, dann ist der Übergang freilich abrupt (zeitlich). Wenn sie das Verschwinden quantenartigen Verhaltens bei Vielteilchensystemen meinen, dann ist der Übergang zwischen quantenhaftem Verhalten und klassischem Verhalten fließend. Fließend meint hier nicht zeitlich fließend, sondern bezogen auf die Anzahl der Quantenobjekte fließend!

              "Jedes Ding ist bestimmbar und unterscheidbar."
              In der ausgedrückten Allgemeinheit bin ich mir da noch nicht einmal so sicher.
              Dennoch, was meinen wir mit Ding? Evolutionär gesehen ist es dann vorteilhaft Dinge unterscheiden zu können, wenn diese Dinge in unserem Mesokosmos auch real sind, im Sinne von lebensbedeutsam. Dazu "erfinden" wir noch Dinge wie schwarz oder weiß, die uns jedoch ebenfalls helfen uns in unserer Umgebung zurecht zu finden. Es gibt in Südamerika einen Volksstamm, die Piraha, die keine Begriffe für Farben haben! Nur so viel zur Sinnhaftigkeit Farben als solche zu benennen, also zu abstrahieren. Das KANN also ein Vorteil sein, muss es aber nicht. Und wenn’s kein Vorteil (gewesen) ist, haben die entsprechenden Menschen dafür nicht nur kein Wort, sondern auch keine abstrakte Vorstellung!

              "Aber: Ich weiß nur, dass sie BEI der Wechselwirkung entstehen. WIE es geschieht, dass bei zahlreichen Wechselwirkungen Determinismus entsteht (und nicht "alles grau" bleibt, was ja denkbar wäre) - das würde mich interessieren."

              Ich hatte in meinen Ausführungen von einem Quasideterminismus gesprochen. Wenn der -Ismus allerdings eine Sichtweise ist/sein soll, dann ist es natürlich Determinismus! Aber dann ist uns klar, dass es eine SICHTWEISE ist. Uns kommt es so vor als ob sich die Dinge determiniert verhalten! Daraus können wir nicht ableiten, dass sie es tatsächlich sind! Wir leiten ihn ab (Überlebensvorteil im Mesokosmos), weil er einen evolutionären Vorteil beinhaltet.
              Wahrscheinlich verstehe ich ihre Frage nicht recht (oder - das klingt jetzt etwas böse, ist aber gar nicht so gemeint - Sie verstehen Ihre Frage nicht recht). An sich ist die Frage nach der Möglichkeit der Annahme von Determiniertheit (bei Gültigkeit der klassischen Physik in unserem Mesokosmos) eine Frage nach dem biologischen Mechanismus, der diese Annahme hervorgebracht hat.
              Der biologische Mechanismus heißt Selektion. Kurz: Wenn ein Individuum "zu blöd für die Welt" ist, wird es höchstwahrscheinlich keine Nachkommen haben, wobei es auch schon genügt weniger überlebensfähige Nachkommen zu haben, denn wenn die Eigenschaft des "zu-blöd-Seins" vererblich ist, befindet sich der gesamte Stamm auf dem absteigenden Ast (es sei denn der soziale Zusammenhalt einer Gruppe „rettet“ das Individuum).
              D. h. Determinismus als Sichtweise ist ein phylogenetisch entstandener Vorteil.

              Mir fällt dazu - ich glaub', ich hab's irgendwo schon mal zitiert - wieder mal Obelix ein (Die große Überfahrt) als ein Indianerpfeil direkt zwischen seine und Asterix' Nase in einen Baum einschlägt als sie sich gerade streiten. Als Asterix sagt "Wir brauchen nur dem Pfeil zu folgen, und zwar in der entgegengesetzten Richtung, aus der er kam. Logisch!" sagt Obelix: "Das soll logisch sein?"
              Das ist tatsächlich nur logisch, wenn sich der Pfeil deterministisch verhält (also durch deterministische Sichtweise beschreibbar), was in unseren Dimensionen aber eben höchstwahrscheinlich der Fall ist. Und deswegen hat Asterix' "Logik" tatsächlich für UNS eine Berechtigung, aber eben keine universelle, da sie für die Quantenwelt so nicht gilt und für die Welt des Mesokosmos "nur" (man könnte auch sagen immerhin) mir sehr großer Wahrscheinlichkeit!

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