Sind deontologische moralische Urteile lediglich Rationalisierungen?

In einem früheren Beitrag konnten wir bereits sehen, dass Menschen zu widersprüchlichen moralischen Entscheidungen neigen, jeweils abhängig davon, mit welchem Dilemma sie konfrontiert werden. Der Moralphilosoph Joshua Greene behauptet sogar, dass regelbasierte deontologische Urteile tendenziell Rationalisierungen sind. Doch lässt sich diese Aussage durch wissenschaftliche Erkenntnisse stützen?

Sind deontologische moralische Urteile lediglich Rationalisierungen?

Utilitaristische und deontologische Prozesse

Eine Strassenbahn ist ausser Kontrolle geraten und droht, fünf an das Gleis gefesselte Personen zu überrollen. Aber du kannst sie retten, indem du eine Weiche umstellst, so dass die Strassenbahn auf ein Nebengleis umgeleitet wird, wo sie nur eine Person töten wird. Würdest du die Weiche umstellen? Die meisten Leute, die zum Weichendilemma befragt werden, sind der Meinung, dass es moralisch richtig ist, die Strassenbahn umzuleiten1 2. Sie entscheiden sich damit utilitaristisch: Sie halten es für gerechtfertigt (und/oder geboten), jemanden zu schädigen, um dadurch mehr anderen zu helfen, d.h. insgesamt mehr Gutes zu bewirken.

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Kommentare

  1. userpic
    Gerhardw

    Leute, die geistig flexibel genug sind um die großen Fehler in den Aufgabenstellungen zu erkennen werden in der Statistik ganz einfach gar nicht berücksichtig, da sie sich nicht an die Spielregeln halten. Wenn die Forschergruppe schreiben würde, 50% haben eine 3te Lösung gefunden und 30% haben eine Antwort verweigert, weil sie die Aufgabenstellung für absurd oder fehlerhaft halten, könnten sie die Umfragen gleich in die Tonne treten. Aber so merken nur einige wenige Leute, die genau hinsehen, dass die Umfrage Fehleraft ist, weil die GRuppe der Befragten aussortiert wurde und die Umfrage damit nicht mehr repräsentativ ist.
    Ich halte es übrigens auch für sehr wahrscheinlich, dass im zweiten Szenarium nur mehr Leute das Opfern des dicken Mannes für bedenklich hielten, weil es nicht sicher ist, dass mit dem Opfer die 5 anderen gerettet werden können. Das heisst, wenn die Bahn durch den dicken Mann nicht gestoppt wird hat man dann 6 anstatt 5 toten....

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      Bernd Kammermeier

      Es ist schon witzig.

      Bei dem Straßenbahn-Dilemma, das in dem sehr interessanten Artikel vorgestellt wird (Weiche umstellen, um "nur" einen, statt fünf Menschen umkommen zu lassen), bin ich spontan als erstes auf eine völlig andere Lösung gekommen: Ich würde die Weiche nicht vollständig umstellen, so dass aller Wahrscheinlichkeit die Straßenbahn entgleist und niemand ums Leben kommt, außer ein paar Prellungen bei den Straßenbahn-Insassen. Da war ein so blitzschneller Gedanke bei mir, der mir sogar alternativlos erscheint, dass ich es in der entsprechenden Situation so gehandhabt hätte. Möglicherweise hätte ich sogar die Coolness besessen, zu warten, bis das erste Räderpaar über die Weiche ist und erst dann umgestellt, damit es die Bahn herumwirft. Blockiert und stehengeblieben wäre sie auf jeden Fall.

      Da dies durch den Test bei der Frage nicht ausgeschlossen ist, frage ich mich, ob oder warum nicht mehr Probanden auf diese Lösung gekommen sind, die zwar deutlich mehr Sachschaden, dafür aber höchstwahrscheinlich kein Menschenleben gefordert hätte.

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