Durch die politisch Linken im Berliner Senat
Bekanntlich beabsichtigt der politische Islam, die gesamte Gesellschaft nach den Vorgaben und Regeln des Islam und der Scharia zu formieren. Auch der sogenannte legalistische, unsere Gesetze streng einhaltende Islam verfolgt das Ziel der korangerechten Gestaltung der Gesellschaft und des Alltags der Menschen. Beide Formen des politischen Islam berufen sich bei ihren diesbezüglichen Aktivitäten auf die Religionsfreiheit, wie sie in unserer Verfassung garantiert wird. Allerdings nehmen sie diese in aggressiver Weise weit über die Grenzen, die das Grundgesetz in Artikel 4 formuliert, in Anspruch. Dort heißt es relativ allgemein gehalten in den beiden ersten Sätzen: Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
Nun ist es keiner Religion oder Weltanschauung verwehrt, für ihre Religion und ihre gesellschaftlichen Werte zu werben. Eine Grenze wird allerdings dann überschritten, wenn die Propagierung des eigenen Glaubens in bewusster Konfrontation gegenüber Anders- oder Nichtgläubigen erfolgt und mit psychischem Druck insbesondere gegenüber Schulkindern ausgeübt wird. Das ist schon seit Jahren in Schulen mit einem relevanten Anteil an muslimischen Schülern zu beobachten. Der frühere Panorama-Moderator Joachim Wagner hat das schon vor Jahren in seinem Buch »Die Macht der Moschee – Scheitert die Integration am Islam?« anhand vieler Beispiele aufgezeigt (1). Die Grenzen der Religionsfreiheit werden mit Sicherheit auch dann überschritten, wenn religiöse Aktivitäten zu Konsequenzen führen, die im Widerspruch zu unserer Verfassung stehen.
Konflikte mit türkischen und arabischstämmigen Jugendlichen gibt es schon lange. Die Berliner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hatte Mitte 2010 eine Konferenz veranstaltet, die sich mit Konflikten zwischen muslimischen und deutschen Schülern befasste und im Ergebnis die »muslimische Intoleranz« und »Deutschenfeindlichkeit« verurteilte. Auf einer im Oktober 2010 folgenden Konferenz machte sie eine Kehrtwendung und sprach plötzlich von »antimuslimischem Rassismus« und lehnte den Begriff »Deutschenfeindlichkeit« ab. Diese letzte Sichtweise setzte sich nach und nach auch auf Seiten des Berliner Senats durch und kennzeichnet heute sein Verhalten, zumindest in seiner Mehrheit.
Aktuelle Vorkommnisse dieser Art werden von mehreren Berlin-Neuköllner Schulen berichtet. Schüler muslimischen Glaubens, instrumentalisiert von Imamen ihrer Moschee, bevormunden und mobben andere muslimische Schüler, wenn sie vermeintlich gegen Regeln und Gebote des Koran verstoßen. Tonangebende strenggläubige muslimische Schüler maßregeln dann regelmäßig andere muslimische Schüler und Schülerinnen, wenn diese Gebote des Koran nicht genau beachten. Es handelt sich dabei etwa um das Einhalten der Vorschriften des Ramadans, wonach beispielsweise selbst Wassertrinken zwecks Durststillens bei hochsommerlicher Hitze nicht erlaubt ist. Es geht um das Tragen des Kopftuches schon von ganz jungen Mädchen oder um das tägliche Schulbrot und Mittagessen, das den Regeln strenggläubiger Muslime entsprechen soll. Das Einhalten solcher Gebote führt auch dazu, dass muslimische Schüler etwa sich weigern, im Ethikunterricht eine Kirche oder Synagoge zu besuchen oder nehmen bewusst nicht am Sexualkundeunterricht teil. Muslimische Schülerinnen boykottieren Schwimmunterricht und Klassenfahrten. Auch das Fernbleiben vom Unterricht während der Gebetszeiten gehört zu jenen Verhaltensweisen, die dazu dienen sollen, sich bewusst von den Nicht-Muslimen abzuheben (2).
Wer von den muslimischen Schülern den Regeln des Koran nicht folgt, wird von dominierenden Mitschülern beschimpft und unislamischen Verhaltens bezichtigt. Insbesondere säkular eingestellten Schülern mit muslimischem Hintergrund wird das Missachten der eingeforderten Regeln vorgeworfen. Muslimische Schülerinnen wiederum zeigen oft ein betontes Desinteresse an schulischen Leistungen, da sie ihre zukünftige Rolle muslimischer Kultur entsprechend nur als Hausfrau und Mutter vieler Kinder sehen. Eine weitere Forderung von Eltern und der weit überwiegenden Zahl der Moscheevereine verlangt, dass während des Fastenmonats keine Klassenarbeiten geschrieben werden. Das Bezirksamt Berlin-Neukölln dagegen betont in einem Leitfaden, dass in diesem Fall schulische Belange Vorrang hätten.
Dem Argument, dass es sich hier um Auseinandersetzungen nur zwischen muslimisch Gläubigen handele und insofern eine Art innere Angelegenheit unter Muslimen sei, ist strikt zu widersprechen: Zum einen hat die Schule einen Lehrauftrag, der sich an alle Schüler gleichermaßen richtet, unabhängig von jeder Weltanschauung. Zum anderen hat die Schule religiös und weltanschaulich neutral zu sein, Themen und Vorschriften der oben beispielhaft genannten Art gehören grundsätzlich nicht in den Unterricht und Schulalltag. Berlin hatte schon im Jahr 2005 dazu ein generelles Neutralitätsgesetz erlassen. Darin heißt es, dass Beschäftigte des Landes Berlin, somit auch Lehrer, zu weltanschaulich-religiöser Neutralität verpflichtet seien. »Deshalb müssen sich Beschäftigte des Landes Berlin in den Bereichen, in denen die Bürgerin oder der Bürger in besonderer Weise dem staatlichen Einfluss unterworfen ist, in ihrem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis zurückhalten.« Unter anderem ist darin festgelegt, dass Lehrkräfte an öffentlichen Schulen keine »auffallenden religiös oder weltanschaulich geprägten Kleidungstücke tragen« dürfen (3).
Dabei geht es, obwohl im Gesetzestext nur von »Kleidungsstücken« gesprochen wird, ganz wesentlich um das Kopftuch muslimischer Frauen. Es ist inzwischen längst zum Symbol eines Kulturkampfes geworden, mit vielfältigen Auswirkungen sowohl juristischer wie gesellschaftspolitischer Art bis hin zu täglichen Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Leben. Die Sachlage hat sich zudem durch eine Klage einer muslimischen Lehramtsbewerberin verkompliziert. Sie klagte gegen das Verbot des Tragens des Kopftuchs im Unterricht und bekam vom Bundesarbeitsgericht Recht. Sie erhielt eine Entschädigung wegen erlittener Diskriminierung. Inzwischen ist das Bundesverfassungsgericht mit der verfassungsrechtlichen Frage befasst, wieweit das Berliner Neutralitätsgesetz in der vorliegenden Form mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Einem Teil der GRÜNEN, der SPD und der LINKEN hier in Berlin ist das Neutralitätsgesetz ohnehin ein Dorn im Auge. Der frühere Senator für Justiz, Dirk Behrendt, wollte das Neutralitätsgesetz an entscheidender Stelle ändern und das Kopftuch in der Schule erlauben (4). Mir stellt sich die Frage, welchem der Senatoren des letzten und des jetzigen Senats das Prinzip der Säkularität, das ein Wesensmerkmal unserer Gesellschaftsordnung darstellen sollte, noch von Bedeutung ist.
Festzustellen ist jedenfalls, dass die sogenannte »konfrontative Religionsbekundung« für erhebliche Unruhe in bestimmten Berliner Schulen, im Berliner Senat und in Teilen der Öffentlichkeit sorgt. Mit »konfrontativer Religionsbekundung ist die betonte, um nicht zu sagen: aggressive Aufforderung von muslimischen Schülern an muslimische Mitschüler und auch muslimische Lehrerinnen gemeint, auch in der Schule sich streng an die Regeln und Gebote des Koran, gegebenenfalls auch der Scharia, zu halten. Michael Hammerbacher, tätig als Bildungsreferent, spricht von »demokratiegefährdender und freiheitseinschränkender Alltagskultur« und hat zu diesem Zweck den »Verein für Demokratie und Vielfalt in Schule und beruflicher Bildung« (DeVi) gegründet (5). Im letzten Jahr hat Hammerbacher im Auftrag des Bundesfamilienministeriums zehn Neuköllner Schulen untersuchen lassen, von denen neun von gravierenden Formen »konfrontativer Religionsbekundung berichteten. Die Vermutung liegt nahe, dass in der Klasse dominierende muslimische Schüler das reproduzieren, was sie von strenggläubigen Eltern zuhause hören und ihnen vor allem in den Moscheen vermittelt wird. Das Ziel der Erziehung gläubiger Elternhäuser und agitierender Moscheen ist der strenggläubige Muslim und die ebenso gläubige Muslimin.
Der Versuch, zur weiteren Untersuchung der aktuellen Vorgänge an den Neuköllner Schulen und gegebenenfalls auch an anderen Berliner Schulen finanzielle Unterstützung zu erhalten, wurde vom Senat abgelehnt. Begriffe wie »konfrontative Religionsbekundung« oder »religiöses Mobbing« gelten dem Senat als der Versuch, Muslime zu diskriminieren. Stattdessen möchte man eher Organisationen fördern, die Kritik an den Aktivitäten des politischen Islam als »antimuslimisch« oder »rassistisch« kennzeichnen. Die oppositionelle Berliner CDU dagegen setzt sich für die Finanzierung einer Anlaufstelle »Konfrontative Religionsbekundung« ein.
Zur Aktivität der CDU sollte allerdings angemerkt werden, dass die der CDU sehr verbundene Kirche über die Jahrhunderte ihre Vormachtstellung ausgenutzt hat und diese heute in Form zum Beispiel des kirchlichen Arbeitsrechts und vieler weiterer Privilegien noch immer in Anspruch nimmt. Auch hat die CDU durch ihre ungesteuerte Migrationspolitik wesentlichen Anteil an der jetzigen Situation an den Schulen und betrachtet nach wie vor den Islam als befreundete Religion. Seitens der Kirchen gibt es keinerlei Kritik an den Aktivitäten islamischer Organisationen. Im Gegenteil – Bischof Bedford-Strohm und Kardinal Marx haben durch Ablegen ihrer Kreuze beim Besuch der Al-Aksa-Moschee und der Klagemauer anlässlich ihres Israel-Aufenthalts im Jahre 2016 ihre Ergebenheit auch gegenüber dem Islam sichtbar gemacht. Sie haben damit in besonders auffälliger Weise ihre Verbundenheit mit diesen beiden Religionen dokumentiert. Insofern überzeugt das Eintreten der CDU für die Finanzierung einer Anlaufstelle nicht unbedingt, ihr Engagement ist wohl eher aufgrund der Oppositionsrolle der CDU zustande gekommen. Der stellvertretende Bezirksbürgermeister Falko Liecke, CDU, das sei betont, arbeitet eng mit dem Bezirksbürgermeister Martin Hikel, SPD, zusammen. Liecke ist zudem auch ein Befürworter des Neutralitätsgesetzes.
Man stelle sich vor, ein säkular oder atheistisch eingestellter Lehrer erscheint im Unterricht mit einem T-Shirt im Unterricht, auf dem steht: »Ich bin Atheist – und das ist gut so« oder »Gott und Götter sind nur Erfindungen der Menschen«. Als Begründung gäbe er an, dass Muslime für ihre Religion mit geradezu aggressiven Methoden agitierten, aber Kritik daran halte der Senat für antimuslimisch. Er nähme sich daher das Recht heraus, auch für seine Weltanschauung zu werben. Er allerdings bediene sich dazu lediglich einer Aussage, die man ignorieren könne. Man darf nach aller bisheriger Erfahrung sicher sein, dass eine solche Aktion als absolut nicht hinnehmbar bezeichnet würde und sofort unter Hinweis auf das Neutralitätsgesetz dem Lehrer verboten würde.
Bemerkenswert ist, dass die jetzige Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse seinerzeit als Leiterin der Grundschule in der Köllnischen Heide im November 2020 einen offenen Brief an die damalige Bildungssenatorin Sandra Scheeres unterschrieb. In diesem wies sie auf die unterrichtlichen Probleme mit religiös agitierenden muslimischen Schülern hin und bat dringend um Unterstützung. Als heutige Bildungssenatorin beschwichtigt sie, hält den Begriff »konfrontative Religionsbekundung« für wissenschaftlich fragwürdig und wie die übrigen Senatsmitglieder die Thematisierung des Problems für »antimuslimisch«. Offenbar musste sie sich der Linie des Senats beugen, diese Problematik als antimuslimischen Reflex abzutun und zu ignorieren. Es ist seit Jahren die Politik der maßgebenden Kräfte in der Berliner SPD, GRÜNEN und LINKEN, Fehlverhalten von Muslimen zu verharmlosen oder einfach zu ignorieren. Eine übliche Reaktion in diesem Zusammenhang stellt der Hinweis dar, dass man »den Rechten keine Munition für ihre Islamophobie liefern« dürfe.
Michael Hammerbacher versucht im Einvernehmen mit dem mutigen Bezirksbürgermeister, Martin Hikel (SPD), den Konflikt bewusst in die Öffentlichkeit zu tragen, um auf die Gefährlichkeit dieser schon lange stattfindenden Entwicklung aufmerksam zu machen. Martin Hikel wollte deshalb eine »Anlaufstelle Konfrontative Religionsbekundung« einrichten, um bedrängten Lehrern eine Hilfestellung anzubieten. Auch die Integrationsbeauftragte von Neukölln, Güner Balci, unterstützte ihn in diesem Vorhaben. Der jetzige rot-grün-rote Berliner Senat verwarf das Ansinnen mit dem Argument, dass es »stigmatisierend« wirke. Auch ein informelles Bündnis von circa 120 Wissenschaftlern und Politikern lehnt das Vorhaben ab, den Vorwürfen nachzugehen und kritisiert ebenfalls die geplante Anlauf- und Dokumentationsstelle. Es drohe – »entgegen dem erklärten Ziel, zum Schulfrieden beizutragen« – vielmehr Konflikte zu verschärfen (6). Sehr bemerkenswert ist die Position, die die nonkonformistische Integrationsbeauftragte Güner Balci, einnimmt. Sie arbeitet eng mit dem Bezirksbürgermeister Martin Hikel zusammen und teilt die Ansicht des Berliner Senats nicht, dass die Beschäftigung mit der Thematik der konfrontativen Religionsbekundung lediglich von antimuslimischen Vorurteilen und antimuslimischen Rassismus getragen sei. Sie wendet sich eindeutig gegen die Aktivitäten der orthodoxen Religiösen und sieht darin ein desintegrierendes Verhalten (7).
Dem außenstehenden Betrachter stellt sich die Frage, wie sich die absolut kontroversen Sichten auf diese Problematik erklären.
Der politische Islam hat eine weitere Etappe im Kampf um die Etablierung der Gebote des Koran in unserer offenen und freien Gesellschaft erreicht
Vor etwa zwanzig Jahren fielen junge Muslime allenfalls durch machohaftes Auftreten auf, mit denen sie den Mädchen imponieren wollten. Mädchen trugen ganz selten ein Kopftuch und kein muslimischer Schüler oder Schülerin fastete während des Ramadans. Das änderte sich, als die Amerikaner und ihre Verbündeten als Reaktion auf die Zerstörung der beiden Tower in New York in Afghanistan nach den Verantwortlichen dieses Terroranschlags suchten. Ihr jahrzehntelanger Kampf gegen die Taliban in Afghanistan wurde von der muslimischen Welt auch als Angriff auf sie und ihre Religion verstanden und führte zu neuem Selbstbewusstsein dieser Religion. In der Folge davon verübten die Muslime aus Rache Attentate gegen Islamkritiker, forderten für sich auch Rechte ein und verwiesen dabei auf die Privilegien, die im Westen den beiden anderen großen Religionen gewährt werden.
Vertreter des politisch ambitionierten Islam, organisiert in den muslimischen Verbänden, wie zum Beispiel DITIB, ZMD (Zentralrat der Muslime in Deutschland) oder etwa Milli Görüs, und tätig in den örtlichen Moscheevereinen, ziehen im Hintergrund die Fäden und veranlassen jene Aktivitäten, mittels derer der Islam als bestimmendes religiöses Regelwerk den Alltag prägen soll. In der aktuellen Diskussion geht es um Schule und Unterricht, wobei die Gebote des Islam und das, was religiöse Tradition gebiete, zu beachten seien. So verlangte ein muslimischer Schüler in seiner Schule, dass ihm ein Gebetsraum für seine täglichen Gebete zur Verfügung gestellt werden sollte. Zunehmend weigerten sich muslimische Mädchen am Schwimmunterricht teilzunehmen, mitunter verlangten sie nach eigenen Umkleidekabinen und eigene Schwimmzeiten. Eltern verboten ihren Töchtern die Teilnahme an Klassenfahrten mit der Begründung, dass sie durch männliche Schüler sexuell belästigt werden könnten. Aufklärungs- beziehungsweise Sexualkundeunterricht wird für muslimische Schüler als ungeeignet betrachtet und abgelehnt. Aufsehen erregte auch ein Vorfall, bei dem ein muslimischer Vater, der zu einem Gespräch mit der Klassenlehrerin gebeten wurde, sich weigerte, ihr als Frau die Hand zu geben. Als die Lehrerin sein Verhalten öffentlich machte, wurde ihr Fremdenfeindlichkeit vorgeworfen.
Fälle der genannten Art zeigen beispielhaft, wie versucht wird, eine religiös geprägte Kultur in das deutsche Schulwesen einzuführen. Zunächst wird muslimisches Verhalten zwar nur von den muslimischen Schülern und Schülerinnen verlangt. Beispiele aus Frankreich, Großbritannien oder etwa Schweden aber zeigen, sobald es die Mehrheitsverhältnisse in der Klasse zulassen, wird erwartet, dass sich die nicht-muslimischen Schüler anzupassen haben. Falls diese das ablehnen, verlassen sie meist diese Schule. Die Folge davon ist, dass nach und nach rein muslimisch zusammengesetzte Klassen entstehen. In diesem Zusammenhang ganz nebenbei gefragt: Wie sollen solche Klassen noch einen Beitrag zur Integration in die aufnehmende Gesellschaft leisten? Offenbar wird diese in vielen Fällen gar nicht mehr angestrebt, weder muslimischer- noch staatlicherseits, wie Beispiele aus Frankreich und Großbritannien zeigen.
Die oben angeführten Fälle sind exemplarisch zu verstehen. Im konkreten Fall mögen sich die Vorkommnisse in unterschiedlicher Ausprägung abspielen, insofern sind Verallgemeinerungen problematisch. Fest steht dennoch, dass dahinter der systematische Versuch muslimischer Kreise steht, über die Schule erzieherischen Einfluss auf Kinder und Jugendliche zu nehmen. Ziel ist die Entwicklung und Gestaltung eines von den Regeln des Koran, der Scharia und der mitgebrachten Tradition diktierten gesellschaftlichen Lebens.
Zunächst geht es den Vertretern des politischen Islam nur um die muslimischen Schüler und Schülerinnen. Sie fungieren gewissermaßen als Keimzellen einer Entwicklung, die dann übergreift auf Geschwister und Familie, auf Freunde und das allgemeine Freizeitverhalten. Zu beobachten dabei ist, dass bei intensiver religiöser Beeinflussung manche Schüler die Schule wechseln. Deren Eltern verlassen oft auch den Bezirk, weil sie eine solche religiöse Bevormundung als Belästigung oder gar als Bedrohung empfinden. Das Verlassen der Schule oder des Bezirks kommt den Akteuren des politischen Islam allerdings entgegen, entstehen auf diese Weise doch die angestrebten religiösen Mehrheitsverhältnisse. Sie bilden die Grundlage einer weiter fortschreitenden gesellschaftlichen Entwicklung, die mit den sogenannten Parallelgesellschaften beginnt, bestehend überwiegend, wenn nicht ausschließlich aus muslimischen Migranten. Frankreich und Großbritannien haben längst gezeigt, wie auf diese Weise zunächst religiös-kulturelle Enklaven entstehen. Aus Enklaven werden Stadtbezirke und irgendwann ganze Regionen. Die Religionsfreiheit, die derzeit wie selbstverständlich von den Muslimen in Anspruch genommen wird, findet allerdings dann ihr jähes Ende, wenn es die Mehrheitsverhältnisse zulassen, oder, wie weltweit zu beobachten ist, der Islam auch die politische Macht übernommen hat.
Unserer offenen und liberalen Gesellschaft stellt sich die Frage, ob Bürger mit einer religiösen Grundeinstellung, die andere Religionen und Weltanschauungen ablehnen und bekämpfen, zu akzeptieren sind. Toleranz gegenüber Andersdenkenden, Andersgläubigen und zum Beispiel von Natur aus anders sexuell geprägten Menschen stellt ein wesentliches Prinzip unserer Gesellschaftsordnung dar. Aber auch das Verständnis von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten wie Meinungsfreiheit, Selbstbestimmung oder Gleichberechtigung der Geschlechter, wie westliche Verfassungen diese definieren, harmonieren nicht mit einer im Mittelalter stehen gebliebenen Religion. Um es noch deutlicher zu formulieren: Die Vorstellungen des politischen Islam, der die gesamte Gesellschaft unter das Diktat von Koran und Scharia zu zwingen beabsichtigt, verstößt gegen elementare Grundsätze westlich orientierter Gesellschaftssysteme.
Ein überzeugter Anhänger des orthodoxen Islam kann somit kein bekennender Vertreter unseres Gesellschaftssystems sein. Wer das nicht sieht, ist politisch naiv. Wer das jedoch erkennt und dieser so verstandenen Religion nicht entschlossen entgegentritt oder sie aus falsch verstandener Religionsfreiheit gewähren lässt oder gar unterstützt, lässt es zu, dass die Axt an die Grundlagen unserer offenen und liberalen Gesellschaft gelegt wird. Falsch verstandene Religionsfreiheit liegt dann vor, wenn einer Religion nicht widersprochen wird, deren Ziel es letztlich ist, eben diese Religionsfreiheit abzuschaffen.
Beschränkt sich eine Religion auf die spirituelle Komponente und verzichtet auf jede Form der Formierung der Gesellschaft, akzeptiert sie also zum Beispiel die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland, hat sie ihren Platz auch in einer Gesellschaft wie der unseren. Erwähnt werden soll daher auch, dass es grundgesetzkonforme Varianten des Islam gibt, die zu Recht die Religionsfreiheit nach unserer Verfassung in Anspruch nehmen dürfen. Zwei bedeutende Formen eines nicht-orthodoxen, gewissermaßen aufgeklärten Islam sind einmal die Interpretation des Koran durch die Aleviten und andererseits die in der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee vertretene, liberal oder reformiert zu nennenden Auffassungen dieser Glaubenslehre.
Die Aleviten leiten aus dem Koran keine Handlungsanweisungen ab. Aleviten erkennen das Grundgesetz vollinhaltlich an und gelten überwiegend als integriert. In Deutschland leben mehr als eine halbe Million Aleviten. In der von Seyran Ates und Abdel-Hakim Ourghi gegründeten Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin beten Männer und Frauen zusammen, Frauen mit und ohne Kopftuch. Es kommen dort Schiiten, Sunniten und Aleviten zusammen, auch Juden und Christen sind willkommen. Bezeichnend ist der Hass, der der Gründerin von Seiten der orthodoxen Vertreter des Islam entgegenschlägt. Sie steht daher unter ständigem Polizeischutz. Ist es nicht ein Skandal ohnegleichen, dass eine Vielzahl von Politikern, Autoren, Religionskritikern nur unter Polizeischutz leben können, weil ihnen von Vertretern einer eingewanderten Religion nach dem Leben getrachtet wird?
Ich habe es auch schon an anderer Stelle gesagt und will es hier wiederholen: Ausdrücklich gewürdigt werden muss das politische und gesellschaftliche Engagement jener Menschen aus muslimischen Ländern, die Deutschland zu ihrer Heimat erklärt haben und aufgrund ihrer Erfahrungen in ihren Herkunftsländern zu den entschiedensten Verfechtern einer offenen und freien Gesellschaft zählen. Ich denke etwa an die Männer und Frauen Hamed Abdel-Samad, Ahmad Mansour, Necla Kelek, Ralph Ghadban, die Politikerinnen und Politiker Lale Akgün (SPD) und Ali Ertan Toprak (CDU), die Autoren und politisch Aktiven wie Bassam Tibi, Mina Ahadi, Ayaan Hirsi Ali, Rana Ahmad oder den Filmemacher Imad Karim. Ganz bewusst zähle ich auch gläubige Muslime wie die Imamin Seyran Ates oder die Professoren Hakim-Abdel Ourghi (Pädagogische Hochschule Freiburg) und etwa Mouhanad Khorchide (Universität Münster) dazu, die einen Islam vertreten, der nicht diesen gesamtgesellschaftlichen Anspruch erhebt.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle feststellen: Der in Deutschland durch seine verschiedenen Organisationen tonangebende politische beziehungsweise orthodoxe Islam dagegen ist eine rückständige und repressive Weltanschauung mit gesamtgesellschaftspolitischer und damit verfassungswidriger Zielsetzung. Es kommt deshalb einer Täuschung der Öffentlichkeit gleich, wenn Bundespräsident Steinmeier oder Innenministerin Faeser den Rechtsextremismus als die größte innenpolitische Gefahr bezeichnen, ohne den geringsten Hinweis auf die vom Umfang deutlich gefährlicheren Aktivitäten, die von dem politisch motivierten, teilweise gewalttätigen Islam ausgehen. Frau Faeser stützt sich in ihrer Behauptung auf Recherchen des Verfassungsschutzes, der allerdings vor allem Propagandadelikte wie Hakenkreuzschmierereien und Flugblätter mit rechtsextremen Inhalten auflistet. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe befasst sich mit deutlich staatsgefährdenderen Delikten und zählt für 2021 (Stand Oktober 2021) 210 Ermittlungsverfahren auf gegen mutmaßliche Dschihadisten, 10 gegen linksextreme Straftäter und 5 Verfahren wegen Rechtsterrorismus (8).
Wie die Innenministerin, die sich fast täglich als resolute Kämpferin gegen den Rechtsextremismus inszeniert, erklären kann, dass dieser die größte Gefahr darstellt, bleibt wohl ihr Geheimnis. Erst in diesen Tagen hat Frau Faeser unter dem Druck der Zahlen zum ersten Mal einräumen müssen, dass es einen erheblichen muslimischen Antisemitismus gibt. Diese bisher ignorierte Tatsache und die damit verbundene Irreführung der Bevölkerung ist wohl nur zu erklären durch die Absicht, von der Gefährdung durch den politischen und extremistischen Islam abzulenken (mehr und Quellen dazu weiter unten!). Offenbar soll sich in der Bevölkerung keinesfalls die Auffassung verbreiten, dass die Migration aus den muslimischen Ländern, anders als einst vollmundig verkündet wurde, erhebliche Nachteile und Gefährdungen gebracht haben könnte. Die Bilanz fiele noch deutlich negativer aus, wenn nicht Beispiele tatsächlicher gesellschaftlicher Bereicherung durch die oben aufgeführten Persönlichkeiten von Muslimen und Ex-Muslimen dagegenstünden. Sie sind eindrucksvolle Verteidiger unserer Gesellschaftsordnung, oft überzeugender und nachdrücklicher in ihrem Engagement als das vieler unserer regierenden Politiker.
Wodurch lässt sich die Verharmlosung des politischen Islam durch unsere regierenden Politiker erklären? Verspricht man sich zahlreiche Wählerstimmen aus dieser Klientel? Ist es Naivität und die Hoffnung, dass es sich um vorübergehende Erscheinungen handelt, die sich von allein auflösen werden, sobald die Integration auch der orthodoxen Muslime gelungen ist? Ist es bewusste Schönfärberei, weil man nicht wahrhaben will, dass die Migration aus den muslimischen Ländern mehr Probleme geschaffen hat als Vorteile, die man sich einst versprach? So erhoffte man sich seinerzeit die dringend gesuchten Fachkräfte und damit die notwendigen Einzahlungen in die Rentenkasse. Beides erwies sich bekanntlich hinsichtlich der Zuwanderer aus den muslimischen Ländern weitgehend als Illusion.
Ein aktuelles Beispiel nicht von Schönfärberei, sondern schon von Vertuschung religiös-kulturell bedingter Kriminalität, zeigt der Mord an einer Afghanin, Mutter von sechs Kindern, durch ihren afghanischen Lebenspartner, von dem sie sich trennen wollte. Ende April 2022 wurde sie in Berlin auf offener Straße durch einen Messerstich in den Bauch und einen Schnitt durch die Kehle getötet. Die Tat erfolgte aus dem Hinterhalt und war nachweislich geplant, also Mord. Der Täter aber sitzt lediglich wegen Totschlags in Untersuchungshaft. Hier ist offenbar wieder einmal eine schwere kriminelle Tat mit einem Kulturbonus versehen worden und in ihrer Schwere »herabgestuft« worden. Offenbar soll der Eindruck erweckt werden, dass es sich um eine im Affekt begangene Tat handelt, da Muslime bei »Beleidigungen« nun mal besonders empfindlich reagierten. Tatsächlich war es kaltblütig ausgeführter Mord. Bei guter Führung hat er gute Aussichten, in wenigen Jahren wieder ein freier Mann zu sein.
Neben Naivität, Verharmlosen und Vertuschen kann es auch politische Absicht sein, die sich hinter der Haltung des Verharmlosens und Wegsehens verbirgt. Ein Blick in den Koalitionsvertrag der jetzigen Regierung fördert Überraschendes und Erhellendes zutage. Im Abschnitt »Migration, Teilhabe und Staatsangehörigkeitsrecht« ist sehr viel von Teilhabe die Rede. Bei der Lektüre des Abschnitts »Integration, Migration, Flucht« wird gleich zu Beginn von einem Paradigmenwechsel gesprochen. Zwischen den Zeilen wird deutlich, was damit gemeint ist: Der entscheidende Wechsel in der jetzt angestrebten Migrationspolitik besteht darin, dass nicht mehr die Integration in die deutsche Kultur und Gesellschaft angestrebt wird, sondern von Teilhabe die Rede ist. Das heißt, es sollen sich zwei als gleichwertig betrachtete Kulturen begegnen und sich arrangieren. Es wird nicht mehr wie früher von Fordern und Fördern gesprochen. Die Aufnahmegesellschaft (!) hat sich soweit anzupassen, dass eine Begegnung gewissermaßen auf Augenhöhe stattfindet (9).
Dieser fundamentale Wechsel in der Migrationspolitik wird zwar wörtlich so nicht formuliert, ergibt sich aber als Ergebnis und Konsequenz der detailreichen Ausführungen im Abschnitt »Integration, Migration, Flucht«. Kein Wort übrigens zu den gravierenden kulturellen und gesellschaftspolitischen Unterschieden, die auf eine orthodox und mittelalterlich interpretierte Religion zurückgehen. Die damit zusammenhängenden, täglich zu beobachtenden Probleme und Auseinandersetzungen finden keinerlei Berücksichtigung in den ansonsten sehr wortreichen Ausführungen. Stattdessen wird vor Rassismus gewarnt, als ob jede Form von Kritik, selbst sachliche und begründete nur als diskriminierend gewertet werden darf. Es ist von »gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« die Rede, die angeblich vor allem vom Rechtsextremismus ausgehe. Dass repräsentative Umfragen des Allensbach-Instituts tatsächlich das Gegenteil belegen können, kümmert die Autoren dieser Texte nicht. Fasst man ein wesentliches Ergebnis zusammen, besagt die Studie, dass etwa 22 Prozent der deutschen Bürger antisemitische Auffassungen vertreten, dagegen knapp 46 Prozent Muslime eine solche negative Einstellung zu den Juden äußern, also mehr als doppelt so viele (10). Damit wird objektiv bestätigt, was aufmerksamen Beobachtern längst bekannt ist, die regierenden Politiker und die meisten Medien bisher nicht wahrhaben wollen. Es ist einfach, aber eben irreführend, den Antisemitismus pauschal und ausschließlich den »Rechten« zuzuordnen.
Innenministerin Faeser täuscht die Öffentlichkeit offenbar ganz bewusst, wenn sie geradezu mantrahaft den »rechten Extremismus und Antisemitismus« quasi als einzige extremistische Gefahr beschwört. Ihr eigenes Ministerium gab soeben die neuesten Zahlen zur Entwicklung der politisch motivierten Kriminalität bekannt. Auch diese Zahlen widersprechen eindeutig ihrer tendenziösen Sicht. Tatsächlich sind die schweren Straftaten wie Körperverletzungen, Brandstiftungen, Sprengstoffdelikte oder etwa Landfriedensbruch mehrheitlich den politisch linksextrem orientierten Tätern zuzuordnen. Rechtsextrem orientierte Täter sind keineswegs als harmlos einzuschätzen, auch sie begehen schwere Straftaten, fallen aber der Häufigkeit nach besonders bei den sogenannten Propagandadelikten auf, wie Verbreiten rechtsextremistischer Auffassungen oder Verwenden verbotener Kennzeichen (11).
Was die Allensbach-Umfrage und die PMK-Statistik des Innenministeriums nicht erfassen, das ist der Antisemitismus in den Schulen. Dort ist er allerdings schon lange virulent. »Du Jude« ist wohl das häufigste Schimpfwort in deutschen Klassenzimmern und Schulhöfen. Zwar haben laut Allensbach-Studie etwas mehr als ein Fünftel der Deutschen ebenfalls eine antisemitische Grundeinstellung, von den Muslimen allerdings ist es fast die Hälfte. Aber auch Schulkinder bleiben nicht unbeeinflusst, wenn zum Beispiel auf den jährlich stattfindenden Al-Quds- und Palästina-Demonstrationen antijüdische Parolen gerufen, ohne dass das bisher ernsthafte Konsequenzen für die Beteiligten hatte. Erst dieses Jahr sind sie in Berlin verboten worden. Vor allem aber sind es wohl die Eltern der muslimischen Schulkinder, die den muslimischen Antisemitismus mitgebracht haben, über das heimatliche Fernsehen diesen nach wie vor täglich auffrischen und als Feindbilder weitergeben. Von dem mittelalterlichen Frauenbild und der Ächtung von männlicher Homosexualität ganz zu schweigen.
Aktuell sind rechtsextremistische Ansichten in Sicherheits- und Polizeikreisen bekannt geworden. Was auffällt, ist, dass kaum nach den Gründen solcher Phänomene gefragt wird. Diese nur mit nationalistischem und rassistischem Denken zu erklären, ist etwas zu vordergründig, weil bloß tautologisch. So als wollte man Armut mit geringem Einkommen erklären. Und dass das beharrliche Ignorieren des muslimischen Antisemitismus »rechte Kreise« ermuntert haben könnte, sich ebenso ungeahndet zu äußern, auf diese Idee scheint man auch nicht kommen zu wollen. Auch hinsichtlich der Gründe des Aufkommens der AfD ist man über Beschimpfen und Verächtlichmachen auch kaum hinausgekommen. Bekanntlich muss man die Gründe für ein Problem kennen, um dieses nachhaltig bekämpfen zu können.
Einer näheren Betrachtung wert ist die Rubrik »PMK - religiöse Ideologie« in obiger Statistik des Innenministeriums. Was hier neutralisierend mit »religiöse Ideologie« bezeichnet wird, ist ganz offenkundig nur muslimisch gesinnten Tätern zuzuordnen, denn Christen, Juden oder etwa Buddhisten sind sicher nicht gemeint. Und die letzte Rubrik »nicht zuzuordnen« enthält mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls eine relevante Anzahl ebenfalls muslimisch-religiös motivierter Straftaten. Die bisher bekannt gewordene »Großzügigkeit« bei der politischen Zuordnung dieser Straftaten stützt diese Vermutung. Bekanntlich werden ungeklärte Fälle gern der Kategorie »rechts« zugeschlagen, eine Vorgehensweise, die sehr ins Belieben der jeweils mit der Erfassung betrauten Stellen fällt.
Mein Vertrauen in diese Art der Statistik-Erstellung hält sich folglich auch in Grenzen. Denn auffällig ist, dass sogenannte »islamistische« Straftaten überhaupt nicht erwähnt werden. Das ist umso merkwürdiger, als die Bundesanwaltschaft in den letzten Jahren jeweils zwischen 200 und 300 Verfahren gegen Dschihadisten angestrengt hat (siehe Anmerkung 8!). Die Erklärung des Innenministeriums dürfte die übliche, nur der Ablenkung dienende Unwahrheit sein, dass »das nichts mit dem Islam zu tun habe«. Selbst wenn diese Taten nichts mit dem Islam zu tun hätten, wären es die Sicherheit unseres Landes schwer gefährdende Gewalttaten und gehörten in obige Statistik.
Wie ist das Verhältnis des Berliner Senats und unserer jetzigen Bundesregierung zur offenen und liberalen Gesellschaft einzuschätzen?
Das Verhalten der Mehrheit des Berliner Senats zugunsten der Akteure des politischen Islam, die Aussagen des Ampel-Koalitionsvertrags mit der erkennbaren Abkehr von der bisherigen Integrationspolitik, die eine bewusste Aufwertung des politischen Islam darstellt, und die Desinformationspolitik der Innenministerin, die ebenfalls offenbar bewusst von der Gefahr des politischen Islam ablenken will, lassen mich zu der Feststellung kommen, dass Idee und Konzept der offenen und liberalen Gesellschaft für führende Vertreter der uns Regierenden ihre richtungsweisende Rolle verloren haben.
Die offenkundig angestrebte multikulturelle Gesellschaft bei gleichzeitiger Akzeptanz der Aktivitäten und Ziele des politischen Islam widersprechen den Prinzipien unseres Gesellschaftsmodells und werden es einer Ideologie ausliefern, die keine dieser Werte bereit ist anzuerkennen. Die Folgen werden ein Anwachsen rechtsorientierter bis rechtsextremer Ansichten und Aktivitäten sein, gleichzeitig werden die Aktivitäten des sich gesellschaftspolitisch verstehenden Islam kämpferischer und selbstbewusster werden. Die Werte unseres derzeitigen Gesellschaftssystems werden dann von zwei Seiten angegriffen werden, zumindest von grün- und linkspolitischer Seite ist für mich kein explizites Eintreten für unser derzeitiges Gesellschaftsmodell erkennbar. Gesellschaftliche Destabilisierung und bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen werden dann zunehmend die politische Situation kennzeichnen.
Ich sehe zurzeit nur zwei säkulare Organisationen, die sich dem Ansinnen des politischen Islam bewusst entgegenstellen: Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) und der Zentralrat der Konfessionsfreien (ZdK).
Schlagwortartig sei daran erinnert, was wesentliche Merkmale unserer offenen und liberalen Gesellschaft sind?
- Säkularität: Gemeint ist die Trennung der Machtbefugnisse von Staat und Religion, was die Trennung staatlicher und religiöser Institutionen bedeutet. Der Staat hat weltanschaulich neutral zu sein. Die Weltanschauung ist Privatsache des einzelnen Bürgers; es gehört zu seiner persönlichen Freiheit, religiöse Gesetze zu befolgen oder für sich abzulehnen.
- Rechtsstaatlichkeit: Es existiert eine Verfassung und darauf aufbauend ein allgemein verbindliches Rechtssystem, das die sozialen Beziehungen der Bürger untereinander verbindlich regelt. Auch staatliches Handeln ist an Recht und Gesetz gebunden. Alle Bürger sind vor dem Gesetz gleich. Richter sind unabhängig von Weisungen und nur dem Gesetz verpflichtet. Das Gewaltmonopol liegt allein beim Staat.
- Demokratie: Ein politisches System, in dem die Regierung vom Volk bestimmt wird. Jeder Bürger hat eine Stimme, alle Stimmen zählen gleich. Die Vertreter des Volkes werden in freien und geheimen Wahlen gewählt. Der Gedanke der Mitbestimmung und Teilhabe an Einfluss und Macht durchzieht alle gesellschaftlichen Ebenen. Grundvoraussetzung ist ein hohes Maß an Freiheit, für unterschiedliche politische Auffassungen einzutreten.
- Menschenrechte: Es sind universelle und unveräußerliche Rechte, die jedem Menschen gleichermaßen zustehen. Sie dienen der freien Entfaltung jedes Bürgers und machen ihn zum Individuum gegenüber dem Staat. Beispiele sind etwa Meinungsfreiheit, Selbstbestimmung, Recht auf körperliche Unversehrtheit, Religionsfreiheit, rechtliche Gleichheit der Geschlechter, Informationsfreiheit. Grundrechte können in Widerspruch zueinander geraten. So kann zum Beispiel die Gleichberechtigung der Geschlechter mit der Religionsfreiheit kollidieren. Die Gleichberechtigung stellt ein höheres Rechtsgut dar und hat daher meines Erachtens den höheren Stellenwert einzunehmen.
Ich ziehe unser Gesellschaftsmodell einer Gesellschaftsordnung vor, die wesentlich noch von einer mittelalterlichen Religion bestimmt wird, die in der Voraufklärung stehen geblieben ist und deren Mitglieder sich oft noch mehr ihrem Stamm als ihrem jeweiligen Land verpflichtet fühlen. Wenn wir nicht bereit sind, unser Gesellschaftsmodell offensiv – nicht aggressiv! – im politischen Alltag und in der schulischen Bildung zu verteidigen, und wenn wir weiterhin eine Zuwanderung aus muslimischen Ländern zulassen, ohne uns zu vergewissern, dass unser Gesellschaftsmodell in seinen Grundzügen akzeptiert wird, dann wird die offene und freie Gesellschaft nur ein kurzes geschichtliches Zwischenspiel gewesen sein.
Es ist nicht die zahlenmäßige Stärke einer Bewegung, die ausschlaggebend für deren Erfolg ist. Es sind die Entschlossenheit, die Aggressivität, die Skrupellosigkeit im Einsatz der Mittel, die die Gegner einer freien und aufgeklärten Gesellschaft zeigen. Wenn die Mehrheit der deutschen und europäischen Bürger weiterhin die Naivität und Gleichgültigkeit einer saturierten Gesellschaft zeigt und unsere Regierenden dem Gegner in den essentiellen Punkten unserer Ordnung so wie geplant »entgegenkommen«, werden wir verlieren.
Ich vertrete hier betont die Auffassung, dass die offene, liberale, auch soziale und (durchaus bedingt!) tolerante Gesellschaft eine Weiterentwicklung darstellt im Sinne größerer Freiheit, Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und Entfaltungsmöglichkeit des einzelnen Bürgers in einer Gemeinschaft. Sie bietet diese als gesellschaftlichen Fortschritt zu bezeichnenden Merkmale beziehungsweise Rechte in wesentlich größerem Maße als eine Gesellschaft zum Beispiel, die noch von Stammesdenken und einer für alle verbindliche Religion geprägt ist. Europa und Nordamerika, keine anderen Regionen dieser Welt, haben trotz aller Rückschläge und immer noch bestehender erheblicher Defizite die Idee der Demokratie, den Gedanken der persönlichen Freiheit und Selbstbestimmung, die rechtliche Gleichheit der Menschen, die schrittweise Befreiung von der Vorherrschaft des Religiösen und die individuellen Menschenrechte erkämpft und zu Rechten entwickelt, die jedem Menschen zustehen. Unsere Pflicht ist es, dieses Erbe zu bewahren und zu verteidigen.
Ich kann nicht erkennen, dass der jetzige Berliner Senat in seiner Mehrheit die Werte unserer offenen und liberalen Gesellschaft so würdigt, dass er sie erkennbar einer religiös bestimmten Gesellschaftsordnung vorzieht. Ich sehe vielmehr, dass er es zulässt, dass unsere Gesellschaftsordnung von einer mittelalterlichen Religion unterwandert wird. Ich beantworte daher die Frage Unterstützung des politischen Islam? zu vorliegendem Beitrag, ob die politisch Linken im Berliner Senat die Aktivitäten des politischen Islam unterstützen, mit einem klaren »Ja«. Ebenso wenig kann ich die Wertschätzung unseres Gesellschaftsmodells bei den tonangebenden Kräften der jetzigen Regierung sehen, insbesondere aufgrund der Ausführungen des Ampel-Koalitionsvertrags zu Migration und Teilhabe.
Der politische Islam nimmt längst folgenreichen Einfluss auf die deutsche Politik. Der aus Ankara gesteuerte Verein DITIB, der Zentralrat der Muslime in Deutschland unter seinem schillernden Vorsitzenden Aiman Mazyek oder die engen Verbindungen des Islamischen Zentrums Hamburg zum Mullah-Regime im Iran mögen beispielhaft stehen für eine Vielzahl an muslimischen Organisationen, die finanziell von Deutschland gefördert werden oder durch Verträge mit deutschen Stellen Einfluss nehmen auf politische Entscheidungen.
Ob man sich in ein paar Jahren eingestehen wird, dass man sich hinsichtlich der Absichten und der Gefährlichkeit des politischen und legalistischen Islam ebenso geirrt hat wie derzeit bei dem russischen Machthaber Putin und seiner von ihm befehligten Institutionen?
Anmerkungen
(1) Joachim Wagner: Die Macht der Moschee – Scheitert die Integration am Islam? Herder Verlag, 2018, 352 S. (Siehe hier insbesondere die Kapitel »Integrationsagentur und Konfliktfeld: Schule« und »Religion hat Vorrang: die eingeschränkte Anerkennung von Demokratie und Rechtsstaat«. Joachim Wagner kommt insgesamt zu einer sehr pessimistischen Einschätzung hinsichtlich des Erfolgs der Integration muslimischer Zuwanderer. Der Fernsehjournalist Joachim Wagner war zeitweise Leiter und Moderator des Magazins Panorama.) / Thomas Thiel: Der Prophet im Klassenzimmer. FAZ-NET, 05.11.2020 (Bezahlschranke)
(2) Frederik Schindler: Minderheit hat den Anspruch, Mädchen zu kontrollieren. Welt, 23.12.2021
Alexander Fröhlich, Frank Bachner, Susanne Vieth-Entus: Wie Berlin um den Umgang mit religiösem Mobbing ringt. Eine Untersuchung aus Neukölln liefert neue Hinweise zur Problematik – und verursacht eine Menge Streit. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick. Tagesspiegel, 30./31.01 2022, (Bezahlschranke)
(3) Gesetzestext des Neutralitätsgesetzes von Berlin
(4) Alexander Fröhlich: Justizsenator Behrendt will Kopftuch für Lehrerinnen erlauben. Tagesspiegel, 05.01.2021
5) Unser Trägerverein, der DEVI e.V.
(6) Frank Bachner: Wissenschaftler kritisieren geplante Berliner Stelle für „konfrontative Religionsbekundung“. Tagesspiegel, 24.01.2022
(7) Andrea Seibel: Die Frau mit der Neukölln-Utopie. Welt, 19.07.2021, (Ein Portrait von Güner Balci)
(8) Jonas Hermann, Oliver Maksan: Kommt die größte Gefahr für die deutsche Demokratie wirklich von rechts? Neue Zürcher Zeitung, Online-Ausgabe, 31.12.2021
Tagesschau: Generalbundesanwalt - Mehr als 600 Verfahren in Karlsruhe, 07.10.2021
(9) Koalitionsvertrag 2021 – 2025: Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Hier ab Seite 93 »Migration, Teilhabe und Staatsangehörigkeitsrecht« und ab Seite 110 »Integration, Migration, Flucht«
(10) Christoph Strack: In der Mitte und an den Rändern: Antisemitismus in Deutschland. Deutsche Welle, 10.05.2022
Eric Matt: Neue Allensbach-Studie - Antisemitismus in Deutschland weitverbreitet. Tagesspiegel, 10.05.2022
(11) Bundesministerium des Innern: Straftaten nach Deliktsbereichen 2020 und 2021
Hinweis:
Einen sehr ausführlichen Bericht zu Entwicklung und Stand der Problematik der Konfrontativen Religionsbekundung hat der der Politologe Carsten Frerk angefertigt: Konfrontative Religionsbekundung - fowid, 03-02.2022
Univ.-Prof. Dr. Uwe Lehnert ist emeritierter Professor für Bildungsinformatik und Bildungsorganisation, der an der Freien Universität Berlin im Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie tätig war.
Bekannt geworden ist er vor allem durch sein Buch „Warum ich kein Christ sein will“. Im Oktober 2018 erschien die 7., vollst. überarb. Auflage, Hardcover, 490 S. im Tectum-Verlag Baden-Baden (innerhalb der Nomos Verlagsgesellschaft).
Kommentare
Ein Hinweis in eigener Sache:
Die Redaktion der Richard-Dawkins-Foundation hat mich offenbar längere Zeit nicht mehr zu Gesicht bekommen. Das hier verwendete Bild von mir stammt aus den 1990er (!) Jahren. Ich will mich jedoch nicht mit “jungen Federn “schmücken. Einen realistischeren Eindruck von mir erhält man durch einen Blick auf meine Facebook-Seite.
Uwe Lehnert
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Die Jüdische Allgemeine schreibt heute am 26. Mai 2022 in einer Überschrift:
»Programme gegen Islamismus müssen ins Demokratiefördergesetz« – Die Bundesregierung will bis Jahresende einen Entwurf für ein Demokratiefördergesetz vorlegen.
Weiter heißt es in diesem Beitrag: „Es sei . . . irritierend, dass der Islamismus in einem Diskussionspapier zu dem von der Ampel-Koalition geplanten Demokratiefördergesetz nicht explizit als Problemfeld genannt werde. In dem Papier aus dem Februar heißt es wörtlich: »Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus sind ebenso ein Angriff auf unser gesellschaftliches Miteinander wie Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Antifeminismus, Queerfeindlichkeit und weitere Ideologien der Ungleichwertigkeit sowie Diskriminierungen.«“
Meine Anmerkung dazu: Die im Niedergang befindlichen Religionen wollen einerseits zusammenhalten, um ihrem langsamen Absterben entgegenzuwirken. Aber übersehen geflissentlich, dass sie im Islam keine Verbündeten haben. Innenministerin Faeser dagegen will offenbar ihre Freunde auf dem linken Spektrum schützen. Dabei ist es nachweislich unwahr, dass die größere Gefahr vom Rechtsextremismus ausgeht. Die Aktivitäten im linksextremen und islamistischen Bereich sind anhand der jüngsten Statistiken ihres eigenen (!) Ministeriums und der der Bundesanwaltschaft bedeutend umfangreicher und massiver.
(Siehe oben in meinem Beitrag die zitierten und kommentierten Quellen! Siehe auch den Beitrag von Sascha Lobo im Spiegel vom 7.7.21: "Verstörende Gleichgültigkeit. Von der linksbürgerlichen Islamismustoleranz"!)
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