Warum glaubst du nicht an Gott?

Können Sie diese Frage beantworten?

Warum glaubst du nicht an Gott?

Foto: Pexels.com / cottonbro studio

Letztens wurde jemand gefragt, warum er nicht an Gott glaube und er antwortete „Warum solle denn ausgerechnet diese eine Religion die richtige sein? Alle anderen Menschengruppen denken das gleiche über ihre Religion“.

Die Frage ist berechtigt, denn gerade für den Monotheismus gilt:

1. Niemand weiß genau, was Gott ist, niemand kann es wissen oder definieren.
2. Aber wir wissen genau, was Gott ist und von uns will!

Finde den Fehler. Woher will man das wissen? Wie kann man zwei Dinge glauben, die sich logisch widersprechen?

Außerdem gilt:

1. Es gibt nur eine wahre Religion, und zufällig ist das meine (immer die desjenigen, der das behauptet).
2. Alle anderen Religionen sind falsch, auch wenn alle ihre Anhänger dasselbe behaupten wie ich.

Finde den Fehler. Woher will man das wissen? Wie kann man zwei Dinge glauben, die sich logisch widersprechen?

Zudem:

1. Wir haben die einzig wahre Offenbarung Gottes, alle anderen sind voller Fehler.
2. Aber unsere, die ist perfekt, auch wenn alle anderen darauf beharren, unsere enthalte Fehler, die sie benennen.

Finde den Fehler. Woher will man das wissen? Wie kann man zwei Dinge glauben, die sich logisch widersprechen?

1. Nur wissen den Weg zur Erlösung, auch wenn in unserer Schrift da mehrere stehen, die sich gegenseitig ausschließen.
2. Alle anderen irren sich.

Finde den Fehler. Woher will man das wissen? Wie kann man zwei Dinge glauben, die sich logisch widersprechen?

1. Es ist wahr, weil ich glaube, dass es wahr ist! Glauben ist eine Tugend!
2. Wenn jemand etwas anderes glaubt, ist es falsch, die irren sich bloß!

Wenn Glauben eine Tugend sein sollte, dann legt das den Inhalt des Glaubens nicht fest. Ist der Glauben an sich eine Tugend, oder nur der „wahre Glauben“? Man kann alles glauben, auch das Gegenteil, wenn auch nicht beides gleichzeitig. Aber woran sollte man den „wahren Glauben“ erkennen? Wenn man ihn anhand der rein subjektiven Überzeugung bewertet, dann ist es leider so, dass auch die anderen mit dem abweichenden Glauben fest überzeugt sind. Also kann das kein Grund sein.

Woran immer man auch festmachen will, dass der eigene Glauben der „wahre“ Glauben ist, es gibt andere mit teils völlig anderem Glauben, die exakt dieselben Kriterien und Argumente verwenden, um zu komplett anderen Schlussfolgerungen zu kommen. Wer da nicht bemerkt, dass da etwas nicht stimmen kann, dem ist bedauerlicherweise nicht zu helfen.

Falsch geglaubt und nichts dazugelernt, das ist das Motto der meisten Gläubigen. Und wenn ich doch meinen Glauben ändere, dann ist er heute richtig und war gestern falsch, und gestern habe ich nichts davon gemerkt, weil ich so überzeugt war. Dann weiß ich aber auch nicht, ob er heute richtig ist.

Philosophisch gesehen fehlt jedes Wahrheitskriterium, stattdessen denkt man sich Kriterien aus, die nichts mit Wahrheit zu tun haben können.

Glauben? Man kann alles glauben, und jede Form der Wahrheit muss unabhängig von dem sein, was Menschen glauben, ganz gleich wer und wie viele.

Überzeugung? Die Überzeugung ist ein schlimmerer Feind der Wahrheit als die Lüge, sagte Nietzsche. Eine starke, fixe Überzeugung beweist nur eines: Dass der Überzeugte nichts dazulernen möchte. Intelligenz ist grob definiert als die Fähigkeit, angesichts neuer Fakten und Daten seine Meinung zu ändern. Eine Überzeugung ist nur ein Indikator dafür, sturköpfig zu sein, und da versagt bei vielen ihre Intelligenz, die sie haben mögen, aber nicht anwenden wollen.

Offenbarung? Jede Offenbarung beruht auf einer Kette von Hörensagen unbestimmter Länge. Wer seine Ansicht durch das Verfahren der „stillen Post“ festlegt, könnte genauso gut auch Würfel nehmen, denn der Zufall bestimmt, was die Leute glauben.

Wunder? Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind, sagte Goethe. Jeder hat seine Wunderberichte, aber das ist kein Wunder, sondern eben nur ein Bericht meist zweifelhafter Qualität. Wunder geschehen immer nur dann, wenn gerade rein zufällig kein Skeptiker oder Wissenschaftler anwesend ist. Wenn Wunder ein Beweis für dir Richtigkeit des Glaubens wären, wieso passieren dann in widersprechenden Religionen auch Wunder über Wunder? Wenn man ein und dasselbe Kriterium für zwei sich widersprechende Ansichten anführen kann, kann das Kriterium unmöglich etwas taugen, ganz gleich, für wie überzeugend jemand es hält. Es dient dann nur dazu, fixe Überzeugungen zu festigen, und mehr nicht.

Argumente? Jede Glaubensrichtung benutzt dieselben Argumente für den eigenen Glauben. Daher kann das als Kriterium nichts taugen. Wenn man ein und dasselbe Argument für und gegen die Schuld eines Angeklagten verwenden kann, dann ist es unmöglich, damit ein Urteil zu fällen.

Wohlgefühl? Dass man sich in seinem Glauben wohlfühlt, beweist doch nur, dass der Glauben das eigene Wunschdenken bedient, und nicht mehr. Viele Dinge, die wahr sind, vermögen kein Wohlgefühl in uns auszulösen. Also gibt es keinen Zusammenhang zwischen „ich fühle mich wohl mit meinem Glauben“ und „der Glauben ist wahr“. Wir sehen schon wieder ein untaugliches Wahrheitskriterium am Werk, und müssen uns fragen, warum Gläubige von „der Wahrheit“ reden, aber offensichtlich kein taugliches Kriterium kennen, um diese Wahrheit zu etablieren.

Was immer auch Gläubige anführen, um sich selbst in Sicherheit zu wiegen, der Glauben sei wahr, kann auch für einen gegenteiligen Glauben angeführt werden und scheidet damit als Kriterium aus. Man könnte an der Menschheit verzweifeln, dass dies so wenige bemerken.

Die Vielfalt der Religionen ist ein Argument gegen jede einzelne ihrer Wahrheitsbehauptungen. Die Einfalt der Argumente verstärkt dies noch, denn das ist der Grund, warum man angesichts gleicher Argumente zu unterschiedlichen Ansichten kommen kann: die Argumente taugen für nichts.

Volker Dittmars Webseite zu Religionskritik: Leben, Glauben, Religion, Gott.

Hier geht's zum Originalartikel...

Kommentare

Neuer Kommentar

(Mögliche Formatierungen**dies** für fett; _dies_ für kursiv und [dies](http://de.richarddawkins.net) für einen Link)

Ich möchte bei Antworten zu meinen Kommentaren benachrichtigt werden.

* Eingabe erforderlich