Warum man niemals Wissenschaftler finden wird, die Armeen in die Schlacht führen

In der Wochenendausgabe von Parade teilt uns der Astrophysiker Neil deGrasse Tyson seine Leidenschaft für die Naturgesetze mit, und wie er „unser Denken über Wissenschaft verändern" will.

Im Folgenden spricht der beliebte Wissenschafts-Rock Star exklusiv über seine Neugierde auf das Universum als Kind, Carl Sagan und seine Erlebnisse am 11. September in Downtown Manhattan.

Warum man niemals Wissenschaftler finden wird, die Armeen in die Schlacht führen

Von Roisin Kelly gepostet am 22. Januar, 2013, 09:35 GMT

Über das Entdecken der Sterne als Kind, auf einem Familienausflug zum Hayden Planetarium: „Die Sterne tauchten auf und ich war gefangen. Wie könnte man das nicht sein? … Ihre Anwesenheit machte mich hilflos, weil dieser Nachthimmel so grenzenlos war. Manche Menschen fürchten den unendlichen Horizont des Entdeckens. Wenn du das tust, gibst du auf, du sagst, „Ich habe Angst davor. Ich will nur zurück in mein Bett und unter meine warmen Decken und zu meinen Schokoladenkeksen und meinem Glas Milch.“ So war ich nicht. Ich wollte mehr über das lernen, was ich noch nicht wusste … Meine Neugierde war groß genug, um mich intellektuell unbefriedigt zu machen. Sie war der Antrieb, der [mich] dazu brachte, mehr zu lernen."

Darüber, nicht zu versuchen, Carl Sagans Platz auszufüllen: "Das war eine wichtige Diskussion [damals]. Und ich realisierte – und ich denke, andere auch – dass ich versuchen konnte, seinen Platz auszufüllen und vielleicht damit scheitern würde; oder ich konnte stattdessen eine wirklich gute Version meiner selbst sein. Und niemand kann sagen, ich hätte darin versagt.

Der Einfluss Sagans war nicht seine Botschaft. Es waren die thematischen Grundlagen dessen, was der Kosmos war und seine Beziehung zum Beobachter. Nun bin ich in dieser Rolle des Moderators und ich bin mit euch, den Betrachtern, auf alle Arten, die ich kenne und bisher eingesetzt habe, verbunden."

Über seine Erlebnisse am 11. September in Downtown Manhattan, und warum man niemals Wissenschaftler finden wird, die Armeen in die Schlacht führen: „Ich war zuhause und sah aus dem Fenster. Ich sah, wie es geschah. Ein Flugzeug in den Nordturm, das konnte vielleicht bloß ein wirklich schlimmer Unfall sein. Doch dann schlug das zweite Flugzeug ein, und jeder kann sich ausrechnen, was das heißt. Ich sah, wie das zweite Flugzeug einschlug. Tatsächlich filmte ich das Feuer im Nordturm mit meinem Camcorder, ich benutzte mein starkes Zoom-Objektiv, um abschätzen zu können: Kippt er um? Denn ich wohne näher am Ground Zero, als die Türme hoch sind. Wenn sie an ihrer Basis in meine Richtung kippen würden, was würde ich tun? Rückblickend ist klar, dass der Turm nicht an seiner Basis in meine Richtung fallen konnte, weil er dort an der Basis nicht destabilisiert war… Und während ich zusah, wie dies passierte, wurde der Südturm getroffen, und dann sah ich den Feuerball. Mein Camcorder hat alles aufgezeichnet …“

Es war merkwürdig – ich war vielleicht der Wissenschaftler, der dem Ereignis am nächsten war. Und als ich an diesem Abend meinen Kollegen und meiner Familie eine E-Mail schickte, beschrieb ich irgendwie nur analytisch, was ich gesehen hatte. Nun, wie fühlte ich mich? Was ich weiß, ist: Wenn du eine kosmische Perspektive hast, wenn du weißt, wie groß das Universum ist und wie klein wir darin sind – wie die Erde vom Weltall aus aussieht, wie klein sie in der kosmischen Leere ist – ist es unmöglich, zu sagen: „Ich lehne deine Einstellung dermaßen ab, dass ich dich dafür umbringen werde.“ Man wird niemals Wissenschaftler finden, die Armeen in die Schlacht führen. Man findet sie einfach nicht. Ganz besonders keine Astrophysiker – wir betrachten das größte Bild, das es gibt. Wir verstehen, wie klein wir in diesem Kosmos sind. Wir verstehen, wie zerbrechlich und zeitlich begrenzt unsere Existenz hier auf der Erde ist. Wir verstehen, dass wir als Spezies größere Probleme lösen müssen, als die Frage, welchen Gott du anbetest.

Jedes Mal, wenn Wissenschaftler uneinig sind, liegt es an ungenügendem Datenmaterial. Dann können wir uns darauf einigen, welche Daten man braucht, wir bekommen die Daten und die Daten lösen das Problem. Entweder hab ich Recht, oder du hast Recht, oder wir liegen beide falsch. Und dann gehen wir weiter. Dies Art der Konfliktlösung existiert nicht in Politik oder Religion. Sie existiert bei so vielem nicht, was wir als Menschen auf dieser Erde tun, dass es beinahe tragisch ist."

Übersetzung von: Joe Wolsing

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