Obwohl er mit seinem Buch „Der Gotteswahn“ mich und andere dazu inspiriert hat, sich der säkularen Bewegung anzuschließen, gibt es nun eine Debatte darüber, ob die Zeit von Richard Dawkins vorbei ist; ein wenig wie bei einem Footballstar, dessen Ruhestand näher rückt.
Seine Spielweise wird als uneffektiv und peinlich betrachtet, während man uns zu bürgerlichem Engagement und Aussöhnung mit den Gläubigen drängen möchte. Tastaturen zu Pflugscharen zu machen soll anscheinend ein neues Zeitalter der vernünftigen Vernunft einläuten.
Für mich ist Dawkins der beste Abwehrspieler des Teams – hart im Angriff. In dieser Position braucht man keine Engel am Spielfeld; es wird Momente geben, in denen der Gegner nach einer Sperre rufen wird, von einem Platzverweis ganz zu schweigen. Aber ohne sein Talent und seine Entschlossenheit, die regelmäßig auf dem Spielfeld zum Einsatz kommen, wäre das Spiel verloren.
Die Debatte zwischen Dawkins und Deepak Chopra erinnerte mich daran, warum ich tausende Meilen gereist bin, um die Richard Dawkins Stiftung für Vernunft und Wissenschaft zu unterstützen. Dawkins‘ Leidenschaft, Pseudowissenschaft nicht nur bloßzustellen, sondern auch zu erklären, wie die Wissenschaft tatsächlich funktioniert, mit wahrer Poesie auszudrücken, wie die Dinge wirklich sind, ohne sich das ausmalen zu müssen, wovon wir nicht wissen können. Es ist ganz einfach fesselnd, wenn Dawkins komplexe Themen so schön erklärt.
Ich erinnere mich an ein Radiointerview; ein ehemaliger Drogensüchtiger war zugeschalten worden, der sagte, dass sein neu gefundener christlicher Glaube ihm geholfen habe und Dawkins wolle ihm das nehmen? Richard antwortete, dass er nicht die Absicht habe, das zu tun, und wünschte ihm alles Gute. So viel zu dem gefühlslosen, verletzenden Professor, als den ihn ein Artikel im „The Guardian“ kürzlich besudeln wollte.
Twitter wird Dawkins nicht wirklich gerecht, aber sein intellektuelles Vermögen, das öffentliche Verständnis für die Wissenschaft zu fördern, vermag zusammen mit den Hilfestellungen, die er säkularen und atheistischen Organisationen bietet, viel zu bewirken. Der Vorhalt, er sei unnahbar, ist für jemanden, der sich mithilfe der sozialen Medien mit der Öffentlichkeit in Verbindung setzt, in diesem Tohuwabohu die geringste Sorge.
Für mich ist es mehr als ein Kulturkrieg, oder die Freude am Diskurs in den sozialen Medien. Menschen leiden und sterben wegen Geisteshaltungen, die als religiös verteidigt werden – oder von denen gleichzeitig behauptet wird, dass sie kulturell sind und daher respektiert werde müssen. Dies anzusprechen ist für Dawkins keine intellektuelle Übung, sondern ein moralisches Gebot. Die Frage, was irgendjemand von einem T-Shirt hält, spielt nicht in derselben Liga.
Doch das hielt Yvonne Ridley nicht davon ab, anzudeuten, dass ich das „Jesus and Mo“ T-Shirt genauso lustig finden müsste wie den antisemitischen Quenelle-Gruß – da dies, wie sie sagte, die Empathie war, die sie angesichts eines Bildes des Propheten fühlte. Religiöse Cartoon-Satire, getragen auf einer Studentenmesse, ist dasselbe wie ein inverser Nazi-Gruß an der Eisenbahnstrecke, die zu einem Konzentrationslager führt, in dem Tausende starben.
Ein T-Shirt, auf dem „Hi“ steht und eine Zeichnung zu sehen ist (was, wie nicht vergessen werden sollte, bedeutet, dass der Zeichner seine Identität aus Angst vor Vergeltungsschlägen verbirgt), ist emotional also irgendwie vergleichbar mit einer abstoßenden Geste des Faschismus, in dem Millionen Menschen starben. Bei dieser Sicht der Dinge steht Gefühl vor Vernunft.
Die Religion muss von uns allen infrage gestellt werden, im Widerspruch zu Apologeten, die Religionsfreiheit als Möglichkeit der Einschränkung von Menschenrechten interpretieren. Gefühle werden dabei vielleicht verletzt werden, aber gekränkter Stolz ist unsere geringste Sorge, wenn man das Gesamtbild betrachtet.
Taktische und strategische Überlegungen sind schön und gut, und ja, es wird die Zeit kommen, wo auf Freistöße gegen Dawkins entschieden werden wird. Doch das ist nicht das Wesen dieses Spieles und dessen, was auf dem Spiel steht. Es geht nicht darum, „Man of the Match“ zu werden, sondern auf das Unheil, das Religion hervorruft, hinzuweisen und es zu verhindern. Menschenrechte, Meinungsfreiheit, Verhütung, echter Wissenschaftsunterricht in der Schule und sogar Männer und Frauen, die Gruppenarbeiten gemeinsam erledigen. Sogar nicht-religiöse Institutionen wie Universities UK spielen bei Geschlechterseparation mit, solange dies niemand infrage stellt.
Dawkins gab mit „Der Gotteswahn“ den Startschuss für eine neue Art von Atheisten. Die nicht nur öffentlich verkünden, dass es wahrscheinlich keinen Gott gibt, sondern die auch die übernatürlichen Behauptungen in die Schranken weisen, mit denen die öffentlichen Verhaltensweisen manipuliert werden.
Der säkulare Aktivismus braucht dich – es ist an der Zeit, sich von der Ersatzbank zu erheben. Jetzt, da eine aufpolierte OUT-Kampagne angekündigt wurde, ist die Zeit gekommen, sich aufzuwärmen. Trete einem säkularen Verein bei und werde aktiv.
Ein Artikel von John Sargeant auf http://homoeconomicusnet.wordpress.com/
Übersetzung von: Daniela Bartl
Kommentare
Wer über Richard Dawkins's angebliche "Schrillheit" klagt, drückt mit jenem oder einem anderen synonymen Wort in der Tat die eigene subjektive Reaktion auf Professor Dawkins's immer deutliche Darstellung der Leere der Religion aus, und nicht irgendeine Eigenschaft der Darstellung oder des Darstellenden, der sich als Gentleman und gewissenhaften Wahrheitssuchenden eigentlich benommen hat. Ein Gläubiger, der in einer Gesellschaft erwachsen worden ist, wo die Religion außer Frage steht und automatisch geachtet wird, erfährt natürlich einen Schock, wenn diese konventionelle Achtung vor der Religion verletzt wird. Die Wahrheit ist wichtig, und Prof. Dawkins hat nur die Wahrheit gesprochen, soweit man sie durch Vernunft und Wissenschaft ermitteln kann. Wen die Wahrheit beleidigt, ähnelt dem Höhlenbewohner in Platons berühmtem Geichnis.
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Die Wahrheit wird zunächst unangenehm sein, aber später wird sie dich frei machen!
Es ist als würde die Welt aus Menschen bestehen, die davon überzeugt sind, dass die Erde flach ist. Zugleich gibt es eine Gruppe, die nicht nur davon überzeugt ist, dass sie eine Kugelgestalt hat, sondern die dies auch noch belegen kann. Weil die bisherige Vorstellung jedoch der Gewohnheit entspricht und daher auch für Sicherheit steht fällt es der "Flächner-Mehrheit" sehr schwer ihre Vorstellung aufzugeben.
Das Problem derer, die erkannt haben, dass die Welt eine Kugelgestalt hat ist der Umstand, dass die "Flächner", weil sie die Mehrheit stellen, die Regeln machen und deshalb das Reisen verbieten. Es könnte ja zum "vom Rand runter fallen" kommen. Dies erfordert von den "Kuglern" vor allem Geduld und Verständnis. Leider ist dies zuweilen sehr schwer aufzubringen, besonders wenn man ständig auf Beschränkungen stößt, die die "Flächner" produzieren.
Prof. Dawkins ist nicht primär Atheist, sondern Evolutionsbiologe. Sein Engagement im Rahmen der Bekämpfung des weit verbreiteten Aberglaubens ist eine direkte Folge seiner Hauptberuflichen Tätigkeit. Wenn man nur oft genug feststellen muss, dass die Grundlagen der Evolutionstheorie nicht einmal ansatzweise verstanden und aus diesem Unverständnis heraus dann auch noch kritisiert und abgelehnt werden, wird dieser scheinbare Nebenschauplatz von ganz alleine sehr wichtig.
Wer sich durch Prof. Dawkins provoziert fühlt, sollte sich per Videoclip einen Hitchslap abholen, dann weiß er was richtig unangenehm ist. Ich habe in diesem Rahmen nur wenige erlebt, die klar die Ansicht vertreten, Götter sind ein Produkt des Menschen (Prof. deGrasse Tyson hält sich da ja immer sehr zurück solange der Aberglaube seinem "science classroom" fern bleibt, eine meiner Ansicht nach zu einfache Lösung, Prof. Kraus hingegen hat die Angewohnheit seinem Gegenüber recht deutlich vor Augen zu halten, dass er ihn für einen verblendeten Idioten hält, was in Anbetracht der Kritikalität des Themas auch selten hilfreich ist)) und dies dabei aber ausgesucht höflich und immer auf höchstem sprachlichen Niveau vollführen. Prof. Dawkins tut jedoch genau dies!. Wenn überhaupt, dann ist die Klarheit und Stichhaltigkeit seiner Argumentation provozierend, was ja auch Sinn der Sache ist.
Sollte er selbst einmal sagen, das war genug Kampf ich lasse es sein, dann ist "seine Zeit vorbei" (der Fußabdruck den er in der Geschichte unserer Gesellschaft hinterlässt führt diese Formulierung ad absurdum!), aber solange er noch willens ist in der Öffentlichkeit für seine Sache einzustehen, wird es immer wieder Säle voller Menschen geben, die gebannt an seinen Lippen hängen und innerlich gestärkt nach Hause gehen.
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Hier ein geniales Kommentar von der Englischen Seite:
Every team needs a Nobby Stiles. That's what we sometimes say about football teams. But the truth is, when you face a goliath godzilla, as it were, you need a whole team of Nobby Stiles. Well Dawkins has empowered us mere mortals of Atheists to stand up and voice our views and tackle the pomposity of religion in the style of our own Nobby Stiles. The biggest compliment Dawkins can ever receive is the animosity with which he is held by theists. They have been accustomed to centuries of invisible Atheists. Atheists who knew their place. Atheists who were seen but not heard - well actually not seen either. For centuries they have been strutting their stuff every Sunday, and every other day actually, in their churches preaching their fantasy tales and condemning every other religion as well as the most evil heathens of all ... the Atheists ... of being damned for ever damned! They have had open access to the media and to politics. And now .. they find that us mere Atheists have the temerity, the bloody cheek to actually SPEAK ! and the outrageous gall to criticise them!! and .. lest they lose their breath completely ... it seems we are not just one in a thousand but we are MANY !! Hold moly they have no choice but to reach for a bottle hyperbole. We are now 'militant' Atheists ! We are now 'extreme' atheists ! We are now so so so rude ! OMG. To actually stand up and stand for what we (don't) believe in ! Something they have been exercising their right to do, ad nauseam, for all of these centuries ? WTF ?? We need Dawkins. Yes we do. But what we need even more is ordinary Atheists to follow his lead and not just sit back and wait for him to lead every charge. We need to stand up and say "I am Spartacus!" in our everyday lives. Not to the point of being rude or offensive, but to the point of being clear and honest and open and frank .. that no, we do not actually believe in any of this nonsense about imaginary gods. No. We don't. And we actually think people who do believe in them are silly and irrational and wrong. And if that makes us militant, extremist and offensive ... Then So Be IT !
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