Weltuntergangs-phantasien: und ihre Funktion in der europäischen Geschichte
Der Historiker Peter Dinzelbacher spürt den Endzeitphantasien von der Antike bis in die Gegenwart nach. Im ersten Teil des Buches gibt er einen Einblick in die Vorstellungswelten der Untergangspropheten. Er zeigt, daß die Angst vor der Weltkatastrophe bereits vor der jüdisch-christlichen Apokalyptik existierte, folgt den Motiven durch das christliche Mittelalter in die Neuzeit und ordnet moderne, ökologisch begründete Schreckensszenarien in diese Tradition ein.
Im zweiten Teil erfolgt eine mentalitätsgeschichtliche Analyse. Dinzelbacher fragt nach den Beweggründen derer, die den Weltuntergang vorhersagten oder predigten, untersucht die dahinter stehenden Ängste, Wünsche und Phantasien. Und er stellt eine Frage von zentraler Wichtigkeit: Warum und zu wessen Vorteil wurden die apokalyptischen Szenarien verbreitet?
Generell sind zwei Typen von Weltuntergangserwartungen zu beobachten: Einerseits die auf rationaler Kalkulation beruhende, wo kosmologisches Wissen und Spekulieren dazu führt, ein baldiges Ende der Welt zu konstruieren. Andererseits die auf spontanem Erleben basierenden Erwartungen, wo aufgrund von religiösen Inspirationen, Träumen und Visionen an das nahe bevorstehende Ende geglaubt wird. Beide Komplexe werden von Ängsten genährt und lassen sich dadurch gut zur Manipulation autoritätsgläubiger Menschen funktionalisieren.
Das zeigt sich nicht nur bei den apokalyptischen Sekten, sondern auch in der Drohung mit dem Jüngsten Gericht, die in der Vormoderne zur Lehre gehörte, die alle Kirchen in Wort und Bild verbreiteten. Jedesmal war die Steigerung der Machtstellung der Untergangspropheten ihr Ziel, wozu die Phantasie von der Auserwählung ihrer Anhänger besonders nützlich wirkte.
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