Die christlichen Kirchen in Deutschland erzielen mehr Umsatz als die Automobilindustrie. Ihre Vertreter sitzen in Rundfunkräten und als Gottesfraktion im Bundestag. Und ihr Einfluss auf die öffentliche Meinung ist enorm. Diese Thesen vertritt der Politologe Carsten Frerk in seinem Buch "Kirchenrepublik Deutschland". Im DLF sagte er, Kirchen seien nichts anderes als Lobbyisten.
Carsten Frerk im Gespräch mit Benedikt Schulz
Benedikt Schulz: Am Wochenende ist der Weltklimagipfel in Paris zu Ende gegangen. Auch die Kirchen haben ihren Senf wieder mal zur Klimadebatte abgegeben. Aber warum eigentlich? Was haben die Kirchen mit dem CO2-Ausstoß zu tun. Eine ganze Menge findet etwa der Theologe und Sozialethiker Gerhard Kruip vor kurzem in dieser Sendung:
"Seit dem 19. Jahrhundert interessiert sich die Kirche und interessieren sich die Kirchen für soziale Fragen, die mit Gerechtigkeitsproblemen zu tun haben, und treten dafür ein, dass zum Beispiel im 19. Jahrhundert man den Rechten der Arbeiter und Arbeiterinnen gerecht wird. Und ein ähnliches Gerechtigkeitsproblem haben wir heute auch aufgrund des Klimawandels. Und wenn es um Gerechtigkeit geht, finde ich, da haben die Religionsgemeinschaften und die Kirchen etwas dazu zu sagen."
Und dass die Kirchen Gelegenheit bekommen, etwas dazu zu sagen, das liegt auch daran, weil sie von den Medien in schöner Regelmäßigkeit dazu befragt werden. Wie oft, wenn es um soziale, menschliche oder im weitesten Sinne ethische Fragen geht, der erste Reflex lautet da oft: Was sagen denn die Kirchen dazu? Carsten Frerk ist Politologe und hat sich als Autor von kirchenkritischen Büchern einen Namen gemacht. Sein aktuelles Buch heißt: "Kirchenrepublik Deutschland – Christlicher Lobbyismus. Eine Annäherung." Mit ihm will ich über den Einfluss der Kirchen auf die öffentliche Meinung und auf die Gesetzgebung in Deutschland sprechen. Ich grüße Sie.
Carsten Frerk: Guten Tag.
Schulz: Dass die Kirchen sich als Interessenvertreter zu bestimmten Fragen äußern, die auch nur ansatzweise oder entfernt ethische Dimensionen haben, das gilt irgendwie in Deutschland als selbstverständlich. Aber – vielleicht mal die Gegenfrage: Wer, wenn denn nicht die Kirchen, sollten sich gerade in politischen Debatten um Gerechtigkeitsfragen kümmern?
Frerk: Zum einem will ich mal historisch was sagen zum Eingangszitat: Was war in den Jahrhunderten seit Christi Geburt bis zum 19. Jahrhundert, als dann die Kirchen die Gerechtigkeitsfragen entdeckten? Das ist auch mal eine andere spannende Frage. Es gibt inzwischen so viele gesellschaftliche Organisationen, die sich mit Fragen von Gerechtigkeit, Verteilungsfragen und so etwas beschäftigen. Da ist die Kirche mittlerweile nur eine Stimme unter anderen – eigentlich.
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