Manche Theologen und manche religiösen Naturwissenschaftler schreiben oder sprechen in letzter Zeit immer wieder gerne von der ergänzenden Gemeinsamkeit zwischen Wissenschaft und Religion. Zumeist sind sie dabei der Meinung, dass die Naturwissenschaft lediglich die Vorgänge in der Natur abbildet, diese also möglichst genau beschreibt und falsifiziert, während die Religionen sich in Erklärungen üben, warum das Universum überhaupt existiert und dabei den Menschen hervorgebracht hat.
Insofern wird in diesem Zusammenhang gerne postuliert, dass Wissenschaft und Religion weniger von Konkurrenz als vielmehr von Kooperation geprägt sei. Denn die Naturwissenschaften können bspw. keine Erklärung dafür leisten, warum die bestehenden Naturgesetze überhaupt existieren. Das übernehmen die Religionen mit dem postulierten Wirken eines ewigen Erschaffers des Universums und dessen Plan für das biologische Leben – mit uns Menschen als “Krone der Schöpfung”.
Eine ähnliche Ansicht vertritt auch immer wieder der medienwirksame und “vom Scheitel bis zur Sohle” protestantische Wissenschaftler Harald Lesch, den ich hier lediglich stellvertretend als Beispiel anführe. Die Frage nach dem Widerspruch zwischen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und Religiosität beantwortet Lesch gerne mit dem Satz: “Mein Freund, Sie haben keine Ahnung von Wissenschaft.” Damit scheint er verdeutlichen zu wollen, dass die angeblich ergänzende Gemeinsamkeit von Wissenschaft und Religion eine selbstverständliche Angelegenheit sei und sich bspw. im Verhalten der Elemente widerspiegelt (siehe hierzu:alpha-Centauri – Was ist die Beryllium-Barriere?). Andere wiederum schlussfolgern gar eine zwingende Kombination von Religion und Wissenschaft.
Nun ist die Aussage, dass die Naturwissenschaften nicht nach dem “Warum” fragen bzw. gar nicht nach dem Sinn der Existenz suchen eigentlich ziemlicher Unsinn, der sich aber erst bei genauerem Hinsehen als solcher entpuppt.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Entdeckung der quantenphysikalischen Zustände durch Max Planck. Zu seiner Zeit war die klassische Physik trotz vieler ungelöster Rätsel scheinbar am Ende. Plancks Physiklehrer riet ihm gar von einem Physikstudium ab. Dieser war der Ansicht, es gäbe nichts neues mehr zu entdecken. Doch Planck ließ sich davon nicht abhalten und forschte schließlich am später genannten planckschen Strahler, einer idealisierten thermischen Strahlungsquelle, auch schwarzer Körper genannt. Das Phänomen, nach dem Planck forschte und ihn schließlich schon fast aus einer Verzweiflung heraus das gequantelte Licht postulieren ließ, war die Tatsache, dass erhitzte Körper trotz steigender Energiezufuhr nicht unsichtbar werden. Beispielsweise emittiert ein erhitzter Stahlblock mit steigender Temperatur immer mehr Strahlung, zuerst in Form von Wärme bis hin zur Aussendung von Licht, welches wir als Glühen wahrnehmen. Nimmt die Temperatur weiter zu, verschiebt sich dabei das Frequenzspektrum des abgegebenen Lichts zunehmend in den höherfrequenten Bereich und wird demzufolge bläulich-weiß. Nach den Regeln der klassischen Physik hätte nun nach einer weiteren Erhöhung der Energiezufuhr die Strahlung in den für uns nicht sichtbaren Bereich der ultravioletten Strahlung übergehen müssen. Der Stahl wäre demzufolge für das menschliche Auge unsichtbar geworden.
Nicht nur Planck stellte sich die Frage, warum dies nicht der Fall ist und löste das Rätsel nach fünfjähriger gescheiterter Forschung auf der klassisch-physikalischen Ebene durch die Einführung des nach ihm benannten plankschen Wirkungsquantums. Mit seiner weitreichenden Erkenntnis, dass das Licht wie gleichmäßig tropfendes Wasser in Paketen, also “gequantelt” ausgesendet wird, legte er den Grundstein für die Quantenphysik.
Damit wird deutlich, dass die Wissenschaft sich keineswegs mit den vorgefundenen Gesetzmäßigkeiten abfindet, sondern stets auch den Grund dafür zu erforschen bereit ist, warum etwas so ist wie es ist. Niemand der an der Erforschung des UV-Phänomens beteiligten Wissenschaftler bis hin zu Max Planck hätte sich je mit einem vermeintlich unerklärlichen “Naturgesetz” abgefunden, dessen Grund wir in eine überirdische Instanz hätten legen müssen.
Hier wird umso mehr deutlich, dass die wiederholt postulierte Beschränkung der Naturwissenschaften durch Theologen und religiösen Naturwissenschaftlern auf die reine Beschreibung der Natur nichts weiter ist als eine völlig falsche Aussage, vielleicht sogar ein ziemlich übler religiöser Trick. Wenn nämlich weder Max Planck noch sonst jemand bis zum heutigen Tage die Quantenphysik entdeckt hätte, dann könnte statt der im Artikel beschriebenen Aussage des Biomathematikers Martin Nowak: “Dass die Schwerkraft einen Apfel zu Boden fallen lässt, ist unbestritten – warum es sie gibt, könne aber kein Physiker erklären“(Quelle) auch ohne weiteres stehen: “Dass Stahl nicht unsichtbar wird, ist unbestritten – warum er jedoch nicht unsichtbar wird, könne aber kein Physiker erklären“.
Mit solchen trickreichen Aussagen postulieren Theologen und religiöse Naturwissenschaftler gemeinsam zwar nicht offen, aber durchaus unterschwellig einen allmächtigen Verursacher und somit letztendlich immer wieder aufs Neue kreationistischen Blödsinn. Hier wird das hilflose Festhalten an einer religiösen Instanz im bisher erkenntnisleeren Feld gleich dem typischen Lückengott deutlich, nämlich der Lückenfüller für die eigene Unwissenheit und die fehlende wissenschaftliche Weitsicht. Gott wird nach wie vor überall dort vermutet, wo die Naturwissenschaften noch keine Erkenntnisse haben. Die Religionen und ihre Vertreter haben nichts gelernt und halten weiterhin krampfhaft an dem Lückenfüller-Schema fest.
Zudem scheinen einige der studierten religiösen Naturwissenschaftler überhaupt kein Vertrauen in die zukünftige Erkenntnisfähigkeit der eigenen Naturwissenschaften zu besitzen. Wer sagt denn eigentlich, dass niemals entdeckt werden wird, warum die Gravitation existiert? Und wer mag behaupten, dass es den Astrophysikern niemals gelingen wird, den Grund für die Existenz des Universums zu erforschen?
Wissenschaftliches Forschen war und ist auch immer ein Suchen nach den Ursachen der eigenen Existenz. Doch während Religionen gleich ein ganzes (göttliches) Weltbild ins Blaue hinein postulieren, begnügen sich die Naturwissenschaften mit den Weg der kleinen, aber durch gesicherte Erkenntnisse gekennzeichneten Schritte. Dieser Vorgang endet nicht bei den derzeitigen Unerklärlichkeiten bestimmter Gesetzmäßigkeiten im Universum. Genauso wie Max Planck sich erst von der klassisch-physikalischen Denkweise lösen musste, um das Rätsel für einen bestimmten Vorgang befriedigend lösen zu können, müssen Naturwissenschaftler zukünftig vielleicht auch neue Wege beschreiten, um den Grund, das “Warum” für die Existenz der Naturgesetze zu finden. Und es ist dabei überhaupt nicht abwegig, über eine Weltformel zu spekulieren, in der das Universum sich aus sich selbst heraus erklärt.
Je mehr die Naturwissenschaften erforscht haben, je weiter mussten sich die Religionen aus dem vermeintlichen Erklärungsspektrum zurückziehen. Das ist keine Kooperation, das ist schlichtweg pure Verdrängung. Und es ist absehbar, dass diese Entwicklung immer weiter fortschreitet. Auch aus diesem Grund ist eine gewünschte Kooperation zwischen Religion und Wissenschaften völliger Quatsch, denn sie haben sich nie ergänzt, und sie werden sich nie ergänzen. Der Platz, den einst Religionen belegten und nun von den Wissenschaften vereinnahmt wurde, ist für alle Zeiten verloren, und der letzte Rest wird auch verloren gehen. Seien wir doch ehrlich: die Religionen werden zukünftig vermehrt nur noch fortbestehen können durch Menschen, die sich den wissenschaftlichen Erkenntnissen zumindest in Teilen verweigern werden. Denn spätestens dann, wenn die Naturwissenschaft erklären kann, wie und warum das Universum entstanden ist, wird es kaum noch einen Grund geben, an überirdische Instanzen zu glauben.
Persönlich würde ich es – rein spekulativ – ziemlich witzig finden, wenn die Wissenschaft am Ende gar beweisen könnte, dass das Universum durch zufällige Fluktuationen aus dem Nichts entstanden ist. Dann wäre die Religion völlig überflüssig, denn für ein Nichts braucht es nicht einmal einen Erschaffer.
Kommentare
Nachdem ich mir eine große Zahl von Sendungen mit Harald Lesch angesehen habe, muss ich hier doch eine Lanze für ihn brechen. Auch wenn er sich selbst als gläubig bezeichnet und diese sehr eigenartigen Unterhaltungen mit seinem Priesterfreund führt, so ist er doch ein Vertreter der wissenschaftlichen Methode und lässt in diesem Rahmen nichts darauf kommen. Er ist sicherlich nicht der einzige Wissenschaftler, der ein Problem damit hat, dass Wissenschaft bestimmte Letztfragen nicht beantworten kann. Prof. deGrasse Tyson hat einmal sehr sinnig angemerkt, dass die Zahl der Theisten unter Wissenschaftlern stets geringer ist als unter Nicht-Wissenschaftlern und unter der wissenschaftlichen Elite immer kleiner wird, aber - und das ist hier von großer Bedetung - niemals ganz auf Null zurück geht.
Die Vorstellung, dass wir eine neuronale Disposition für religiöses Denken und empfinden haben könnten ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Schließlich ist unser Nervensystem inklusive des Gehirns sehr, sehr alt und musste über den allergrößten Teil dieser Zeit praktisch ohne jede echte wissenschaftliche Erkenntnis auskommen und dennoch seine Funktion als Simulator zur Extrapolation möglicher Zukunftsszenarien (vor allem der nahen Zukunft) erfüllen, ohne dabei über die eigene Unfähigkeit in einem infiniten Regress "hängen zu bleiben". Die Einführung einer übernatürlichen Entität, die die Geschicke des Seins lenkt und das Festhalten an dieser, kann unter diesen Bedingungen geradezu als genialer Trick angesehen werden.
Außerdem muss praktisch jeder, der ehrlich in sich hineinhorcht zugeben, dass auch er oder sie am Ende Bereiche hat, die als irrational zu bezeichnen sind. So spreche ich beispielsweise mit meinem Motorrad, wenn ich entweder besonders zufrieden damit bin, oder mich ganz besonders darüber ärgere. Erheiternd finde ich es wenn ich meine Überlegungen zum Thema Lotto verfolge (eine besonders bizarre Eigenschaft des Menschen - sich selbst beim Überlegen beobachten zu können). Ich lehne es ab Lotto zu spielen, da ich mir bewusst bin, dass die mathematischen Grundlagen diesen Finanziellen Einsatz praktisch ad absurdum führen. Zugleich ertappe ich mich dabei, mir zu überlegen trotzdem zu spielen (wer könnte nicht eine zusätzliche finanzielle Quelle gebrauchen?) und dann zu dem Schluss komme, dass meine Haltung gegenüber dem Lotteriebetrieb meine Chancen zu gewinnen nochmals verringern. Das ist Blödsinn in der dritten Potenz und dennoch schleichen sich solche Gedanken in meinen Kopf. Ich will damit nur deutlich machen, dass wir alle solche kleinen Klabautermänner in uns tragen ...
Prof. deGrasse Tyson wird auch immer wieder vorgeworfen, dass er sich nicht ausdrücklich genug dazu bekennt, Atheist zu sein (es gibt da schöne Debatten an denen sowohl er, als auch der Namensgeber der hiesigen Website teilnehmen). Aber er hat sicherlich Recht damit, dass es nicht hilfreich ist, Menschen, die partout an einen Schöpfer glauben wollen, als dumm oder sonst etwas in der Art zu beschimpfen, weil sie dies bestimmt nicht dazu bringt, ihre Position zu überdenken, sondern in eine für den Menschen ebenfalls typische Abwehrhaltung zu gehen.
Ich glaube kaum, dass ein Harald Lesch in einem Diskurs mit einem young-earth-creationist aus purer Seelenverwandschaft mit dem religiös motivierten Erkenntnisverweigerer davon absehen würde, ihn oder sie auf den Fehler in der Grundannahme aufmerksam zu machen. Insofern tut er der Wissenschaft sehr wohl einen Dienst, sie mit Sendungen wie Alpha Centauri aus ihrem Elfenbeinturm zu holen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Prof. Dawkins hatte schließlich diese Aufgabe auch als er die Charles Simonyi Professur of the Public Understanding of Science an der Oxford University inne hatte.
Abschließend möchte ich noch anmerken, dass es aus meiner persönlichen Perspektive auch keine Kooperation von Religion und Wissenschaft geben kann, weil die Grundprinzipien völlig entgegengesetzt sind.
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Früher habe ich Harald Lesch gerne geschaut. Als ich ihn dann zum ersten Mal mit einem Theologen habe reden hören, war mir klar, daß er nur unter dem Deckmantel der Wissenschaft christlich missionieren will.
Zu behaupten, er wisse nichts von der Wissenschaft, wäre jetzt zu viel des Guten. Es reicht es so auszudrücken: er sieht sein beachtliches Wissen leider nur durch die rosarote Dogmabrille des (Aber-)Glaubens, die seine Neugier auf das Universum an einer einindoktrinierten Wand abprallen lässt.
Das schlimme an solchen verblendeten Menschen, ist die Gefahr, die sie durch ihre Öffentlichkeitsarbeit darstellen. Bestenfalls verwirren sie nur die Laien, schlimmstenfalls stecken sie sie mit dem Geistesvirus namens Religion an.
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Antwort auf #3 von UweLehnert:
> Denn auch Nichtgläubige und Atheisten haben keine einfachen, wenn überhaupt, Antworten auf die Frage nach dem letzten Urgrund allen Seins.
Interessanter Kommentar. An der oben zitierten Stelle muss ich allerdings kurz unterbrechen, denn:
Gott als Antwort auf das (noch) Unbekannte zu postulieren, ist zwar das einfachste, das man sich vorstellen kann, aber es ist nicht die einfachste Antwort auf die Frage nach dem Ursprung allen Seins. Ganz im Gegenteil: es ist IMMER die komplizierteste Antwort, egal sogar auf was. Denn Gott als Antwort würde stets nur zur endlosen Regression führen (wer erschuf bitte Gott?).
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Nichts gegen Harald Lesch, der Mann hat sicherlich erhebliche didaktische Fähigkeiten.
Aber ich mag es nicht, wenn Naturwissenschaftler zu bescheiden sind und bestimmte Bereiche passiv der Religion überlassen.
Die Religion wird immer darauf bestehen, dass das Göttliche im Transzendenten liegt, jenseits unserer Welt.
Wenn es in Zukunft überhaupt noch eine Religion geben kann und soll, die mit den Naturwissenschaften und ihrem Weltbild in Einklang steht, so muss der jenseitige Gott in die Welt zurückgeholt werden, in eben die irdische Welt, die von den Naturwissenschaftlern erforscht wird und nicht von Jenseitsgläubigen, die das Irdische letztlich verachten und auf einen transzendenten Gott verweisen. Naturwissenschaftler müssen die alte Religion ablegen, Tradition oder persönliche Lebensgeschichte hin oder her, sie müssen zu Priestern einer neuen Religion werden, wenn sich wirklich etwas ändern soll.
Antwort auf #12 von Joe Wolsing:
> Es ist aber offensichtlich schon so, dass Naturwissenschaften Fragen nicht beantworten können, die Menschen beschäftigen, seit wir Geschichte fest halten. Viele Menschen können nicht über ihren Schatten springen und das einfach beiseite legen. Das hat nichts mit ihrer Intelligenz oder etwas ähnliche...
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Es ist aber offensichtlich schon so, dass Naturwissenschaften Fragen nicht beantworten können, die Menschen beschäftigen, seit wir Geschichte fest halten. Viele Menschen können nicht über ihren Schatten springen und das einfach beiseite legen. Das hat nichts mit ihrer Intelligenz oder etwas ähnlichem zu tun. An dieser Stelle entsteht auch das Problem des Diskurses, zwischen Menschen die so strukturiert sind und Menschen, die sich von diesem Denken gelöst haben, oder ihre Gefühlswelt (spielt sich ja auch im Hirn ab!) umstrukturiert haben. Spätestens wenn man in diesem Bereich mit jemanden einen Konflikt hat, dem man nahe steht, lernt man, dass es nicht genügt Recht zu haben. Wer die eigene Mutter,den eigenen Vater oder den Lebensabschnittspartner zum Weinen bringt, legt, wenn er kein Unmensch ist, einen kleinen Gang ein. Und da verzeih ich Lesch eben, dass in seiner Brust zwei Herzen schlagen. Er bringt den wissenschaftlichen Inhalt auf alle Fälle sehr unterhaltsam an das Publikum - und wer einen Physiklehrer hatte, wie der, unter dem ich gelitten habe, der weiß was das wert ist!
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Jeder in der Öffentlichkeit stehende Naturwissenschaftler, Harald Lesch wurde als Beispiel genannt, der von zwei getrennten Gebieten redet, der Wissenschaft und der Religion, der gar von jeweils eigenen Zuständigkeitsbereichen und Kompetenzen spricht, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er damit nicht nur konservative Religionsvertreter in ihrer Haltung bestärkt, sondern auch religiöse Fundamentalisten und Kreationisten.
Der Fortschritt der Naturwissenschaften kollidiert eben auch oft, sogar in der Regel, mit den vermeintlichen Kompetenzbereichen der Religion. Es kann somit per se schon nicht um einen Dialog gleichberechtigter Partner mit ihren je eigenen Komptenzen gehen.
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Antwort auf #9 von Middendorf:
> Wenn es um Grundprinzipien geht, geht es eben um Philosophie und nicht um die Naturwissenschaften oder die Religion. Weder die Naturwissenschaften noch die Religion können ihre Grundprinzipien mit eigenen Mitteln reflektieren.
> Der Anspruch, dass die Religion einen eigenen Zuständigkeitsbereich hat (...
Das Problem hierbei ist die Frage ob Grundprinzipien der Naturwissenschaft philosophisch gesetzt werden können. Philosophie bleibt die Setzung von Prinzipien auf Basis menschlicher Konzepte. Gravitation ist zwar ein Wort (also auch ein menschliches Konstrukt) welches aber ein außerhalb des Menschen gelegenes Phänomen umschreibt, das es auch ohne unsere Beobachtung gibt. Die Arbeitsweisen der Naturwissenschaften unterliegen selbstredend Gedankenkonstrukten die philosophisch genannt werden können, orientieren sich aber weniger an der inneren Welt des Menschen, als es Philosophie im eigentlichen Sinne tut. Ihr Maßstab ist die uns umgebende erfahrbare Welt und ihre funktionalen Strukturen.
Religion ist meinem Verständnis nach überhaupt nicht philosophisch. Sie lehnt jegliche Aspekte ab, die Erkenntnisgewinn transparent und damit übertragbar machen. Den Anschein übertragbar und kommunizierbar zu sein erweckt sie zwar, tatsächlich geschieht dies jedoch über im Kindesalter bereits vorgenommene Indoktrination auf der Basis von Ängsten und scheinbar sinnvollen Fragestellungen.
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Wenn es um Grundprinzipien geht, geht es eben um Philosophie und nicht um die Naturwissenschaften oder die Religion. Weder die Naturwissenschaften noch die Religion können ihre Grundprinzipien mit eigenen Mitteln reflektieren.
Der Anspruch, dass die Religion einen eigenen Zuständigkeitsbereich hat (wobei ich mich frage, was das eigentlich sein soll, außer etwas von ihr selbst willkürlich Gesetztes), kommt regelmäßig von den Religionsvertretern selbst. Als ob sie ängstlich selbst gesetzte Zuständigkeiten verteidigen wollen.
Antwort auf #6 von Joe Wolsing:
> Nachdem ich mir eine große Zahl von Sendungen mit Harald Lesch angesehen habe, muss ich hier doch eine Lanze für ihn brechen. Auch wenn er sich selbst als gläubig bezeichnet und diese sehr eigenartigen Unterhaltungen mit seinem Priesterfreund führt, so ist er doch ein Vertreter der wissenschaftliche...
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Antwort auf #7 von Nesselsetzer:
> Als erstes möchte ich darauf hinweisen, dass ich den von mir ob seiner fachlichen und erklärenden Fähigkeiten sehr geschätzten Prof. Harald Lesch lediglich als Beispiel für einen religiös-wissenschaftlichen Widerspruch angeführt habe. Lesch hat Religion und Wissenschaft trotz der verlinkten alpha-ce...
Bezogen auf die Warum Frage: ich denke in der Religion ist die Warum-Frage immer eine Frage nach einem Verursacher, während in der Wissenschaft ein verursachendes Prinzip gesucht wird. Auch wenn die Wissenschaft bestimmte Fragen eventuell niemals beantworten kann (da es kurz nach dem Urknall noch keine Strahlung gegeben hat, sind Messungen in diesem Bereich praktisch unmöglich etc.) wird sie sich nicht damit zufrieden geben, eine Scheinlösung wie die einer Schöpferentität anzuerkennen. Dieser fundamentale Unterschied ist es, den ich am Ende meiner Antwort dafür anführe, weshalb es zwischen diesen Bereichen keine echte Kooperation geben kann. Es erstaunt mich schon, wenn jemand wie Lesch beides unter einen Hut bringt, da sich für mich Religion mit der Anerkennung des Evidenz-basierten Weltbildes erledigt hat, aber es gibt diese Menschen nun einmal ...
Die religiös motivierte Warum Frage ist eine Sinnfrage. Es wird dabei jedoch nicht in Betracht gezogen, dass Sinn ein menschliches Konzept ist, ersonnen mit dem menschlichen Verstand und eventuell auf bestimmte Dinge, wie die Frage warum es ein Universum gibt (im Gegensatz des wissenschaftlichen Ansatzes, der eher fragt auf Basis welcher Ausgangssituation, oder welcher Grundbedingung das Universum in Existenz getreten ist) nicht nur keine Antwort gibt, sonder schon die Frage selbst völlig fehl am Platz ist. Dawkins hat in seinem Buch "Unweaving the Rainbow" darauf hingewiesen, dass nur weil ein Satz grammatikalisch richtig ist, er inhaltlich noch lange nicht sinnvoll sein muss ...
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Als erstes möchte ich darauf hinweisen, dass ich den von mir ob seiner fachlichen und erklärenden Fähigkeiten sehr geschätzten Prof. Harald Lesch lediglich als Beispiel für einen religiös-wissenschaftlichen Widerspruch angeführt habe. Lesch hat Religion und Wissenschaft trotz der verlinkten alpha-centauri-Folge stets sauber getrennt. Berührungspunkte finden sich im Prinzip nur in den enstprechenden Sendungen wie Talkshows oder den bereits in einem anderen Kommentar erwähnten Diskussionrunden mit dem Priester. Da Lesch sich offen zu seinem Glauben bekennt und öffentlich darüber äußert, wird er deshalb auch immer wieder gerne von mir als Beispiel des gläubigen Wissenschaftlers angeführt. Damit möchte ich ihn jedoch auf keinen Fall auf irgend einer Art und Weise diskreditieren. Lesch leistet nicht nur mit der medialen Vermittlung komplexer wissenschaftlicher Zusammenhänge äußerst wertvolle Bildungsarbeit.Auch kann ich ihm auf keinen Fall eine Missionierung in seinen wissenschaftlichen Sendungen unterstellen.
Zudem steht es für mich ausser Frage, dass verschiedene Denkmodelle nebeneinander in einer Person vereint bestehen können, ohne miteinander zu kollidieren. Insofern können auch Rationalisten völlig irrational ihren Rechner beschimpfen, mit Motorrädern sprechen oder als Wissenschaftler tiefgläubig sein. Erst wenn die Bereiche nicht mehr sauber getrennt werden verfallen Aussagen in die Unglaubwürdigkeit. Ich hatte dies hier schon einmal beschrieben: http://de.richarddawkins.net/foundation_articles/2013/11/30/ontologische-alters-ngste?category=Religion#
Als letztes möchte ich kurz auf die Aussage von Middendorf eingehen: "Im strengen Sinne geht es in den Naturwissenschaften, wenn es um ihre Grenzen geht, beispielsweise in der Kosmologie, nicht um Warum-Fragen.". Man mag das philosophisch unterschiedlich betrachten können, allerdings bin ich durchaus der Ansicht, dass die Suche nach einer Ursache immer eine Suche nach dem "Warum" ist. Letztendlich wird sich nämlich niemand damit zufrieden geben, wenn die Wissenschaft das gesamte Universum zwar beschreiben könnte, aber immer noch nicht wüsste, warum die Naturgesetze so sind wie sie sind. Insofern sehe ich in dem Beispiel der Entdeckung der Quantenphysik ein schönes Beispiel für die Suche nach dem "Warum". Erst dann, wenn wir uns absolut sicher sind, dass wir nicht mehr weiter "dahinter" schauen können, werden wir hilflos zur Philosophie schauen und um Erklärung bitten. Aber ich glaube nicht, dass es jemals dazu kommen wird...
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Die Religionen haben hier keine Zuständigkeit, wenn es um die Lücken der Naturwissenschaften, Physik oder Kosmologie geht, wenn, dann die Philosophie und insbesondere die Naturphilosophie.
Naturwissenschaftler tauschen sich mit Philosophen aus, die oft von ihrer Ausbildung her zusätzlich selbst Naturwissenschaftler sind, nicht mit Vertretern traditioneller Religionen, wenn sie das tun, sind sie meist selbst traditionell religiös angehaucht und fühlen sich verpflichtet. Vielleicht sind sie von Haus aus auch so indoktriniert, dass sie sich trotz ihrer naturwissenschaftlichen Ausbildung - bis zum Professor - dieser Indoktrinierung nicht entziehen können.
Eins zur Klarstellung: Im strengen Sinne geht es in den Naturwissenschaften, wenn es um ihre Grenzen geht, beispielsweise in der Kosmologie, nicht um Warum-Fragen. Diese fallen in den Zuständigkeitsbereich der Philosophie. Die Frage, warum es überhaupt etwas gibt, ist keine naturwissenschaftliche Frage, sondern eine philosophische Frage. Sie wird nicht in den Naturwissenschaften diskutiert, sondern in der Philosophie.
Es gibt einen Dialog zwischen Naturwissenschaftlern und Philosophen, das reicht eigentlich, wir brauchen nicht noch die Vertreter der "Weltreligionen", es gibt keinen Zuständigkeitsbereich, den letztere gepachtet haben.
Wenn sich etwas ändern soll und dies viele Menschen betreffen soll, es also bei einem elitären Dialog zwischen Naturwissenschaftlern und Philosophen nicht bleiben soll, muss man in der Tat überlegen, ob Naturwissenschaftler und Philosophen nicht in verantwortungsvoller Weise auf Basis eben der Naturwissenschaften und einer an ihnen orientierten Philosophie eine Religion erschaffen sollten, die sich massenhaft auswirken kann und so attraktiv ist, dass sie irgendwann die alten Religionen eliminiert.
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Der hier erwähnte Astrophysiker und Philosoph Professor Harald Lesch ist ein Beispiel für eine mir höchst zweifelhaft erscheinende Harmonie von Naturwissenschaft und Religion. Jeder, der ihn einmal erlebt hat, wie er lediglich mit Tafel und Kreide, oft nur mit Sprache und Gestik, den Urknall erklärt, ist zunächst fasziniert von seinen didaktischen Fähigkeiten. Er kann erklären und begeistern und uns innerhalb kurzer Zeit eine Vorstellung von der überwältigenden Pracht des Kosmos und der Eleganz der in ihm waltenden Naturgesetze vermitteln. Die Selbstorganisation der Natur kann er uns in beispielhaft verständlicher Einfachheit vor Augen führen, und zwar ohne jeden Rückgriff auf göttliches Wirken.
Andererseits sagt er – wie oben schon erwähnt – , »ich bin vom Scheitel bis zur Sohle Protestant«. Ein Bekenntnis, das aufhorchen und für einen Moment einem Wissenschaftler seines Formats respektvoll Beachtung schenken lässt. Aber man fragt sich sofort, wie zwei so gegensätzliche Konzepte unterschiedlichster Natur zusammenpassen: eine in sich geschlossene, keine übernatürliche Kräfte benötigende Beschreibung des Naturgeschehens einerseits und ein Glauben an einen mit Wundern ins Weltgeschehen eingreifenden Gott andererseits, an dessen Dreieinigkeit mit Heiligem Geist und Gottessohn Jesus, an Erbsünde und Opfertod zwecks Erlösung der Menschheit.
Dass er an eine Macht glaubt, die hinter allen Dingen stehe, könnte ich noch hinnehmen. Denn auch Nichtgläubige und Atheisten haben keine einfachen, wenn überhaupt, Antworten auf die Frage nach dem letzten Urgrund allen Seins. Aber die Künstlichkeit und logische Brüchigkeit des christlichen Glaubens an einen allmächtigen Gott, der die Menschheit erschaffen haben soll, die ihm aber so bösartig und sündig geriet, dass sie der Erlösung durch ein göttlich veranlasstes Menschenopfer bedürfe, ist – für mich – von einer solchen Vorsintflutlichkeit des Denkens, dass ich mich frage, wie zwei so verschiedene Konzepte und vor allem Denkweisen ohne intellektuelle Bedrängnisse in einem Kopf nebeneinander bestehen können. Kommen doch in diesem Gegensatz von naturwissenschaftlicher Eleganz und legendenhafter Einfalt etwa 4000 Jahre Kulturgeschichte zum Ausdruck.
Ist es frühkindliche Indoktrination, von der er sich nicht befreien kann, ist es der Preis für eine ihm sonst nicht mögliche mediale Entfaltungsmöglichkeit und öffentliche Anerkennung, ist es ein bewusstes Akzeptieren von Gegensätzlichkeiten, weil keines der beiden Weltbilder für sich allein ihm eine Antwort auf das »Wie funktioniert die Welt« und »Warum gibt es die Welt« darstellt? Dennoch: Die Durchdachtheit, innere Stimmigkeit und Erklärungskraft unseres heutigen naturwissenschaftlichen Weltbildes und die Einfalt und Archaik des christlichen Glaubens lassen sich meines Erachtens intellektuell redlich nicht miteinander vereinbaren. Ein solches zweigeteiltes Weltbild kann nur hingenommen werden, wenn Einheitlichkeit, Stimmigkeit, Plausibilität, Eleganz als Kriterien keine Bedeutung beigemessen wird. Solches Denken stellt für mich eine Flucht aus der Realität in eine mystische Welt von Wunsch und Phantasie dar. (www.uwelehnert.de)
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Ein sehr guter Artikel.
Natürlich ist das Universum aus dem Nichts entstanden. Selbst wenn es einen dinglichen Vorläufer hatte, aus dem es durch Mutation entstanden ist, und selbst wenn wir die Kette ewig - nicht unendlich - lang in die Vergangenheit zurückdenken, wird irgendwann der Punkt sein, vor dem wirklich nichts war. Aber Physiker vermuten ja inzwischen, dass nichts instabiler ist, wie das Nichts.
Doch das nur am Rande.
Die Religion hat dieses "Nebeneinander" zwischen Religion und Wissenschaft nur erfunden, um noch ernstgenommen zu werden. Anfangs bestand Religion (auch) in Welterklärungsmodellen, die durchaus stichhaltig waren - für die Zeit, in der sie entstanden. Bewusst gelogen hat da niemand. Tragisch wurde das Ganze erst, als man den Quark des "Schöpfers" dazu mixte, um die verschiedenen Kosmogonien plausiblen zu gestalten. Jetzt gab es eine moralische Instanz und der hatte man zu dienen - wer weiß, welche Macht diese Instanz besaß?
Als die Wissenschaft empirisch wurde, wurde sie von den Reli8gionen bekämpft, da sie ihre Heiligen Bücher, die "Worte" Gottes als falsch entlarvte. Als die Wissenschaft schließlich den Sieg davon getragen hatten - den Sieg in einem Kampf, den ihr die Religionen aufgezwungen hatten - da gesellte sich die Religion plötzlich und sanftmütig lächelnd als "Bruder" zur Wissenschaft, hoffte in dessen Strahlkraft ein wenig Energie abzapfen zu können.
Dabei macht sich Religion immer kleiner in ihrem Wirklichkeitsanspruch, fragt sich nicht und kann es auch nicht, woher denn die Menschen der Bronzezeit all die (falschen) Weltmodelle herbekamen. Würde sich Religion diese Frage ernsthaft stellen, müsste sie zu der Erkenntnis kommen, dass - selbst wenn es einen Schöpfer gäbe - dieser niemals mit irgendeinem Menschen in Kontakt stand, genauso wenig, wie George Adamski jemals Besucher der Venus getroffen hat. Hier wie dort wurden falsche (aber zum Zeitpunkt ihrer Entstehung plausible) Weltmodelle vorgestellt, angeblich durch höhere Mächte mitgeteilt, hier wie dort dienten sie dazu, Macht zu gewinnen, Ansehen, hier wie dort wurden sie durch wissenschaftlichen Fortschritt entlarvt. Doch Adamski ist tot; die Kirche glaubt zu leben.
Das, ehrlich gesagt, ist aber ihr einziger GLAUBE, der Bestand hat.
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Der Text in Ihrem letzten Abschnitt ... "Persönlich würde ich es – rein spekulativ – ziemlich witzig finden, wenn die Wissenschaft am Ende gar beweisen könnte, dass das Universum durch zufällige Fluktuationen aus dem Nichts entstanden ist. Dann wäre die Religion völlig überflüssig, denn für ein Nichts braucht es nicht einmal einen Erschaffer...."
Dieses Nichts muss hinterfragt werden. Ein Nichts, aus dem durch zufällige Fluktuationen das Universum entsteht, bedarf einer unvorstellbaren Schöpferkraft. Warum schreien Sie bei dieser Idee nicht auf vor Bewunderung vor diesem Nichts? Wenn ich an ein solches Nichts denke, ergreift mich Ehrfurcht.
An Ihre Worte angelehnt: Ich würde es - rein spekulativ - ziemlich witzig finden, wenn in einer Zukunft die Existenz eines Schöpfers als selbstverständlich gesehen würde.
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