Gender-Studies haben an Universitäten nichts zu suchen

Am 24. November haben wir den ersten Teil eines Interviews veröffentlicht, das der Evolutionsbiologe Dr. Ulrich Kutschera ScienceFiles exklusiv gegeben hat. Heute veröffentlichen wir den zweiten Teil des Exklusivinterviews, in dem es vornehmlich um die Ideologie des Genderismus und den Kampf gegen deren Etabilerung an Universitäten geht.

Gender-Studies haben an Universitäten nichts zu suchen

Bild: imago/Chromorange

Diesen Kampf, den ScienceFiles seit 2011 führt, hat Ulrich Kutschera zunächst für nicht notwendig erachtet. Nach eigener Angabe dachte er, Spekulationen wie die einer sozialen Konstruiertheit von Geschlecht seien so absurd, dass sie sich von alleine wieder in Luft auflösten.

Wie sich gezeigt hat, ist dies nicht der Fall: Wenn sich mit absurden Spekulationen Positionen in der Wissenschaft ergaunern lassen (wie dies schon Hegel getan hat) und wenn es möglich ist, als Anhänger einer Ideologie wie dem Genderismus ein Auskommen zu erzielen, dann ist scheinbar keine Ideologie zu absurd, als dass sie nicht eine Kongregation leichtgläubiger, opportunistischer oder verwirrter Jünger schaffen könnte.

Deshalb hat Ulrich Kutschera den Kampf gegen den Genderismus aufgenommen, zunächst in Medien und Fachvorträgen und nun im Form eines Buches: Gender-Paradoxon, so der Titel des Buches, das nächste Woche beim LIT-Verlag erscheinen wird und das wir unseren Lesern zur Lektüre empfehlen.

ScienceFiles: Herr Kutschera, 440 umfasst Ihr neues Buch “Gender-Paradoxon”. 440 Seiten über Genderismus. Gibt es so viel über eine abwegige Ideologie zu sagen?

Ulrich Kutschera: Seit Jahren erhalte ich Anfragen, in welchen man sich wundert, dass es bisher kein Naturwissenschaftler gewagt hat, die jedem klar denkenden Menschen als absurd erscheinende deutsche Gender-Lehre zu kritisieren. Zunächst hatte ich dann aber meinen Schwerpunkt im Bereich “Kreationismus-Kritik“ vertieft und nur nebenbei die Thesen der Gender-Ideologinnen verfolgt. Die Spekulationen bezüglich einer “sozialen Konstruiertheit des Geschlechts” kamen mir derart absurd vor, dass ich davon ausgegangen bin, der Spuk würde sich von alleine in Luft auflösen.

Das Gegenteil war leider der Fall: Je mehr Uni-Gender-Forscherinnen vom Staat eingestellt worden sind, desto aufdringlicher beziehungsweise selbstbewusster wurden die Vertreter dieser Glaubenslehre. Nachdem dann während einer informellen Diskussion auf dem AAAS Meeting [AAAS = American Association for the Advancement of Science] in San José/Kalifornien im Februar 2015 namhafte Kollegen aus Schweden, Dänemark und den USA mit mir der Ansicht waren, man müsse diese pseudowissenschaftliche Irrlehre genauso ernst nehmen und widerlegen wie den Kreationismus, habe ich meine Aufklärungsagenda mit dem bekannten, zensierten hpd-Beitrag vom 13. April 2015 eröffnet. Es folgten zahlreiche Interviews, und neben meiner beruflichen Tätigkeit als Physiologe und Evolutionsforscher habe ich meine über Jahre hinweg gesammelten Aufzeichnungen zum Gender-Thema in Buchform gebracht.

ScienceFiles: Wie ist es Ihnen nach Ihrer öffentilchen Kritik an Genderismus und Gender-Studies ergangen?

Ulrich Kutschera: Zu meiner großen Überraschung waren 90% aller Zuschriften, von Männern wie Frauen verfasst, positiv und ermunternd. Insbesondere infolge des Spiegel-Beitrags vom 04.09.2015 sind bei mir hunderte Mails eingegangen, in denen mir gedankt worden ist – nach dem Motto: Endlich wagt es einmal ein anerkannter Wissenschaftler, diesen offensichtlichen Unfug als solchen zu benennen.

Auf der negativen Seite setzte aber wieder die mir bekannte kreationistische Schmähkritik ein: Völlig analog zur Propaganda beleidigter Schöpfungsgläubiger wurde der Rassismus-Vorwurf aus der Mottenkiste geholt. Dieses alte Kreationisten-Argument ist jedoch völlig haltlos und beeindruckt mich nicht. Bereits im Vorfeld des Erscheinens der Monographie Das Gender-Paradoxon hat der Shit-Storm gegen meine Person begonnen. Da ich mich durch eine stattliche Zahl an wissenschaftlichen Publikationen zur Physiologie und Evolution der Organismen, von den Bakterien über die Tiere bis zu den Pflanzen, ausweisen kann, werde ich diese weiteren Diffamierungen meiner Person ignorieren. Im Anhang 2 des Buchtextes zum Gender-Paradoxon habe ich ein “Kleines Sex & Gender-ABC” publiziert, und dort sind alle relevanten Begriffe, wie z. B. auch der Rassismus, definiert und an dieses Glossar halte ich mich.

ScienceFiles: Sie sind wir der Ansicht, dass Genderismus eine Ideologie ist, die keinerlei rationale Grundlagen aufweist und daher nichts an Hochschulen verloren hat. Wie bewerten Sie es, das Ideologien wie Genderismus von Hochschulen aus verbreitet werden?

Ulrich Kutschera: Als Lebenszeit-Mitglied der Alexander von Humboldt-Stiftung sind mir nicht nur die Schriften des Namensgebers sehr gut bekannt – ich kenne auch die Thesen seines berühmten Bruders Wilhelm von Humboldt. Dieser Staatsmann hat um 1800 die deutschen Universitäten als Institutionen für wissenschaftliche Forschung und akademische Lehre etabliert. Bekanntlich wurde vor dieser Zeit die wissenschaftliche Forschung an Akademien betrieben, so zum Beispiel die pflanzenphysiologischen Untersuchungen an außeruniversitären landwirtschaftlichen Anstalten.

Mit der Humboldtschen Universitätsreform wurden Lehre und Forschung zuammengefügt. Da man jedoch nur Dinge erforschen und lehren sollte, die eine rationale Basis haben, war es eigentlich bisher üblich, esoterisch-okkulte Glaubenssachen, wie zum Beispiel die Homöopathie nicht an Universitäten anzusiedeln. Das hat sich leider seit einiger Zeit geändert: Sowohl der Glaube an das vermeintliche Gedächtnis des Wassers als auch die Annahme einer sozialen Konstruiertheit des Geschlechts unter Leugnung chemischer beziehungsweise biologischer Tatsachen werden an Universitäten beforscht und an die wissbegierige Jugend weitergegeben.

ScienceFiles: Sie haben wie wir vor einiger Zeit universitäre Genderisten dazu aufgefordert, die wissenschaftliche Fundierung der Gender-Studies darzulegen. Wir haben zu diesem Zweck eine Liste mit 30 Fragen erstellt, um es den Genderisten leichter zu machen, sie damit aber dennoch, wie es scheint, überfordert. Wie ist es Ihnen ergangen?

Ulrich Kutschera: Diese Anfrage sollte eigentlich über den Humanistischen Pressedienst (hpd) erfolgen, was nicht stattgefunden hat. Stattdessen hat dann die Berliner Tageszeitung eine sechsteilige Serie mit dem Titel „Gender in der Forschung“ publiziert – ohne Gegendarstellungen. Die absurden Spekulationen der eingeladenen Vertreterinnen des deutschen Genderismus habe ich in den Kapiteln 9 und 10 zitiert und durch Sachargumente widerlegt [Kapitel 9 und 10 von Gender-Paradoxon]. Ich bin der Berliner Tageszeitung dankbar dafür, dass sie im Herbst 2015 dafür gesorgt hat, dass diese widersinnigen Genderistischen Glaubenssätze, in neuen Varianten, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.

ScienceFiles: Genderisten jammern regelmäßig, dass sie Hasskommentare erhalten. Wie bewerten Sie die bei Ihnen eingegangen negativen Reaktionen zu Ihrer Aufklärungsagenda?

Ulrich Kutschera: Hasskommentare, gegen bestimmte Personen gerichtet, sind unakzeptabel, da muss ich den Gender-Damen Recht geben. Allerdings hat die Gender-Irrlehre des Urvaters John Money inzwischen derartige Auswüchse erreicht, dass man als Naturwissenschaftler nur noch mit klar positionierten und scharf formulierten Gegenantworten auftreten kann, ansonsten wird man ignoriert oder von der Gegenseite vereinnahmt. Daher halte ich klar formulierte, durchaus polemisch vorgetragene Sachargumente für richtig und notwendig, während ad hominem-Attacken unakzeptabel sind.

Mir wurden von den wenigen öffentlichen Kritikern die bereits oben genannten Rassismus- und rechte Ideologie-Vorwürfe entgegengehalten, die ich aber, als religionsfreier, unpolitischer Nichtwähler, nicht ernst nehmen kann – auch Gender-Urvater John Money hat die Nazi-Keule geschwungen, wann immer er von Biologen angegriffen worden ist.

ScienceFiles: Wenn Sie König von Deutschland wären und Universitäten nach Belieben umgestalten könnten, welche Reformen würden Sie sofort umsetzen?

Ulrich Kutschera: Wilhelm von Humboldt war kein König von Deutschland. Er war jedoch, wie sein Bruder Alexander, ein brillanter Denker und hat erkannt, dass nur vernünftige Dinge, die eine faktische Grundlage haben, an Universitäten erforscht und gelehrt werden sollen. Die Tatsache, dass schon damals auch die Theologie dabei war, hat Humboldt genauso hinnehmen müssen, wie wir heute noch zu akzeptieren haben, dass immer neue Bibel-Interpretationen als universitäre Wissenschaft staatlich subventioniert werden. Allerdings betrachte ich die Gender-Lehre, die ich in meinem Buch zur Abgrenzung gegen die wissenschaftlich fundierte Gender Biomedizin unter dem neu geprägten Wort „Moneyismus“ zusammengefassst habe, als einen Wildwuchs der Sozialwissenschaften, dem wir durch Sachargumente entgegenwirken müssen. Insbesondere unser reformiertes Bild von Mann und Frau – das Ganzkörper-XY-/XX-Modell unserer Spezies sollte allgemein bekannt werden, da wir das Menschsein nur im Lichte der Evolution und Zweigeschlechtlichkeit verstehen können.

ScienceFiles: Lieber Herr Kutschera, wir danken Ihnen für dieses interessante Gespräch

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