Kreationismus, eine Alternative zur Evolutionstheorie

Wissenschaft und Religion dürfen nicht miteinander vermischt werden. Leider ist ihre Trennung oft mangelhaft - auch in Österreich

Kreationismus, eine Alternative zur Evolutionstheorie

Dürfen Wissenschaftler an Gott glauben? Selbstverständlich - warum denn auch nicht? Viele der größten Forscher der Vergangenheit waren gläubig und viele der heutigen Wissenschaftler sind es ebenfalls. Nur eines darf man nicht machen: Wissenschaft und Glauben vermischen. Denn beides passt einfach nicht zusammen. Und es ist auch gar nicht überheblich oder arrogant das zu behaupten.

Es sind einfach zwei völlig unterschiedliche Arten, die Welt zu betrachten. Das sagen ja auch schon die Bezeichnungen. In der Wissenschaft geht es ums "Wissen" und gerade eben nicht darum, irgendwas ohne Beleg zu glauben. Die wissenschaftliche Methode in ihrer Idealform ist extra dafür da, objektive Erkenntnisse über die Welt zu erhalten. Erkenntnisse, die man dann mögen kann oder nicht - aber an die man auf keinen Fall "glauben" muss.

In der Religion dagegen ist es oft ein Zeichen besonders großer Hingabe, wenn man Dinge glaubt, ohne dass hier objektive Belege existieren. Wissenschaft und Glaube passen nicht zusammen und wenn sie zusammen gezwungen werden ist es kein Wunder, wenn es dabei zu Konflikten kommt.

Maßstab für die Allgemeinheit

Das klassische Beispiel dafür findet man in der Biologie. Spätestens seit Charles Darwin und Alfred Wallace im 19. Jahrhundert die grundlegenden Mechanismen der Evolution erkannt hatten, war klar, dass die biblische Schöpfungsgeschichte eben nur eine Geschichte ist. Eine von vielen Geschichten, die sich die Menschen seit Jahrtausenden über die Entstehung der Welt und ihrer Geschöpfe erzählen, die aber deswegen noch lange nicht real sein muss. Heute ist die Evolution als fundamentale biologische Theorie so gut bestätigt wie kaum eine andere wissenschaftliche Erkenntnis. Trotzdem beharren manche Gläubige weiterhin darauf, dass ihre eigene Schöpfungsgeschichte die einzige wahre Realität sei.

Und das wäre ja auch alles nicht weiter tragisch, wenn nicht auch versucht würde, diese private Realität zum Maßstab für die Allgemeinheit zu erheben. Genau das passiert aber, wenn fundamentalistische Christen zum Beispiel fordern, im Schulunterricht die biblische Schöpfungsgeschichte als gleichwertige Alternative zur Evolution zu unterrichten. Unter dem Motto "Teach the controversy" wird vorgegeben, die Kinder doch selbst entscheiden zu lassen.

Schöpfungsmythen noch und nöcher

Als einziger Gegenvorschlag zur wissenschaftlichen Evolution wird von den Fundamentalisten dann aber doch immer nur die Bibel zugelassen. Dabei herrscht wahrlich kein Mangel an Schöpfungsmythen, die man mit der gleichen Begründung ebenfalls als "Alternativen" zur Evolutionstheorie präsentieren könnte. Da wäre zum Beispiel die altägyptische Kosmogonie von Heliopolis, laut der der Lichtgott Atum sich zuerst selbst erschuf und dann per Masturbation die Luft- und Feuergötter Shu und Tefnut hervorbrachte.

Oder die germanische Mythologie, laut der die ganze Welt und ihre Lebewesen aus dem geschlachteten Körper des Riesen Ymir gebildet wurden (die Wolken am Himmel sind übrigens die Reste seines Gehirns und die Erde auf der wir heute leben wurde seltsamerweise aus seinen Augenbrauen erschaffen). Sehr anschaulich ist auch der Schöpfungsmythos der zentralafrikanischen Kuba-Föderation: Der Riese Mbombo erbrach demnach zuerst Sonne, Mond und Sterne und danach die Vorfahren aller Tiere und Menschen.

Kein Platz im naturwissenschaftlichen Unterricht

Es fällt leicht, diese speziellen Mythologien ins Lächerliche zu ziehen. Aber sie sind genau so gut - oder besser gesagt genau so schlecht - durch objektive Fakten belegt wie die biblische Schöpfungsgeschichte des Christentums. Es sind Geschichten, die viele verschiedene Zwecke erfüllt haben und immer noch erfüllen - aber definitiv nicht die Realität beschreiben. Und wenn man Schülerinnern und Schülern keine kotzenden Riesen und masturbierenden Götter als "Alternative" zur wissenschaftlichen Evolution präsentieren will, dann sollte das auch für den Schöpfungsmythos der Christen gelten. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob er sich als "Intelligent Design" tarnt und einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben versucht.

Religion und die Geschichten, die sich unsere Vorfahren über die Entstehung der Welt und ihrer Lebewesen ausgedacht haben, sollen durchaus ihren Platz im Lehrplan der Schulen haben. Aber es handelt sich dabei eben nicht um Wissenschaft und sie haben daher auch nichts im naturwissenschaftlichen Unterricht zu suchen.

Mangelhafte Trennung

In Österreich ist die Lage vielleicht auf den ersten Blick nicht ganz so dramatisch wie in den USA, wo die Kreationisten massive (und leider oft auch erfolgreiche) Lobbyarbeit für die Verbreitung ihre Lehre in den Schulen leisten. In Louisiana sollten Kinder beispielsweise bei einer "naturwissenschaftlichen" Prüfungsfrage, folgenden Satz vervollständigen: "Ist es nicht großartig, was ___ erschaffen hat!".

Aber auch hierzulande ist die Trennung zwischen Religion und Wissenschaft nicht so weit fortgeschritten, wie man es sich als rationaler Mensch wünschen würde. In einer Studie aus dem Jahr 2010 haben der Biologe Erich Eder, der Psychologe Andreas Hergovich und ihre Kollegen über 2.000 Schülerinnen und Schüler in weiterführenden Schulen in Wien nach ihren Vorstellungen zu Kreationismus und Intelligent Design befragt. Der kreationistischen Aussage "Gott hat das Leben auf der Erde und alle Arten so erschaffen, wie es in der Bibel steht" stimmten immerhin 28 Prozent zu und nur 53 Prozent lehnten sie ab.

Bei der Aussage "Das Leben auf der Erde wurde von einem höheren Wesen erschaffen und hat seitdem einen langen Entwicklungsprozess durchlaufen, der von diesem höheren Wesen gesteuert wird", die die Grundthese des "Intelligent Design" zusammenfasst, war die Zustimmung mit 34 Prozent noch höher und hier waren diejenigen, die sie ablehnten, mit 42 Prozent sogar in der Minderheit.

Privatsache Religion

Die Ursachen für die Verbreitung dieser unwissenschaftlichen Einstellungen bei den Schülerinnern und Schülern sehen Eder und seine Kollegen übrigens vorrangig bei der Beeinflussung durch die Eltern der Jugendlichen. Die Religion hat in Österreich glücklicherweise noch keinen Eingang in den Lehrplan des Biologieunterrichts gefunden. Eder und seine Mitarbeiter merken aber auch an, dass die fundamentale Bedeutung der Evolution durchaus noch besser vermittelt werden könnte.

Wissenschaft und Religion vertragen sich nicht. Und das bedeutet nicht, dass das eine "besser" wäre als das andere. Sondern nur, dass man das eine nicht mit dem anderen verwechseln darf. Wissenschaft ist Wissenschaft und soll entsprechend vermittelt werden. Und Religion sollte Privatsache sein, auch und vor allem in den Schulen. Aber dort hängen meistens immer noch die Kreuze der Christen - denn wie sagte der ehemalige Vizekanzler Josef Pröll: "Wenn der Staat religiöse Symbole verbannt, ist er nicht neutral, sondern nimmt Partei für den Atheismus."

Und wenn der fehlende Anblick von Kreuzen schon als atheistische Propaganda interpretiert wird, dann fehlt nicht mehr viel, um im Sinne der "Religionsfreiheit" auch Kreationismus in den Biologieunterricht zu reklamieren...

(Mit freundlicher Genehmigung des Standard.at)

Hier geht's zum Originalartikel...

Kommentare

  1. userpic
    Bernd Kammermeier

    Lieber Florian Freistetter,

    ich verstehe ja den Ansatz, den Religiösen auch einen "Freiraum" zu gönnen, innerhalb dessen sie ihren Spleen ausleben können.

    Zitat: >In der Religion dagegen ist es oft ein Zeichen besonders großer Hingabe, wenn man Dinge glaubt, ohne dass hier objektive Belege existieren. Wissenschaft und Glaube passen nicht zusammen und wenn sie zusammen gezwungen werden ist es kein Wunder, wenn es dabei zu Konflikten kommt.<

    Dann ist der Konflikt allerdings unvermeidbar, denn jeder ernsthaft Gläubige (siehe viele der Kommentare beim Standard) wird seine Sicht der Dinge der wissenschaftlichen Sichtweise gegenüber für überlegen halten. Er sieht seine Art zu glauben nicht als paralleluniverselles glauben in einer empirischen Welt an, sondern als "wissen" der einzigen Wahrheit. Gott existiert für diese Menschen real und die, die nichts von ihm wissen oder ihn sogar leugnen, haben halt noch keine Gotteserfahrung gemacht. Deshalb muss sich Wissenschaft irren.

    Deshalb halte ich es für schwierig, um nicht zu sagen für unmöglich, dort zwei Welten anzunehmen, die schadlos koexistieren können. Entweder es gibt einen Schöpfer (und nur dann macht Religion in ihrem Kern einen Sinn) oder es gibt ihn nicht und Astronomen, Physiker oder Biologen haben Recht, wenn sie uns die Welt empirisch erklären. Beides zusammen geht sich nicht aus, wie der Österreicher sagen würde.

    Der Zwang des Zusammengehens entsteht allein aus dem Faktum, dass sowohl Gläubige als auch Wissenschaftler oder Naturalisten die gleiche Welt und das gleiche Universum beschreiben. Es gibt im Universum entweder 1.000 Sterne oder 70 Trillionen, die Erde ist entweder eine Scheibe oder rund, die Sonne kreist entweder um die Erde oder die Erde um die Sonne, die Lebenswelt ist entweder durch Evolution oder durch einen Schöpfungsakt entstanden, der Mensch ist entweder das Abbild eines Nachfahren außerirdischer Affen (Kreuzbein!!!) oder aus der Linie der Primaten entstanden. Diese Liste ließe sich beliebig erweitern und jedesmal kommen wir zum Zwang, die eine oder andere Version auszuschließen oder als Theorie zu akzeptieren.

    Selbst wenn man die Methode der Falsifizierung und Verifizierung für untauglich hält, um die Welt der Religion glaubhafter zu machen oder zu begreifen, bleibt weiterhin das Kernproblem, dass Religion über den Zirkelschluss der Gotteswörtlichkeit der Bibel immer noch steift und fest behaupten MUSS, dass Gott alles erschaffen hat. Maßstab für Beurteilungen können hier keine weichgespülten Aussagen "liberaler" Gläubiger (die eher philosophisch angehaucht sind) sein, denn diese haben sich ja vom "wahren" Glauben bis an die Grenze der Ketzerei entfernt. Ein liberaler Deutscher im Dritten Reich taugt auch nicht, um anhand seiner Gedanken und Aussagen die Gefährlichkeit des Nationalsozialismus zu überprüfen.

    Das heißt nicht, dass ich nicht jedem seinen Sleen ließe, nur muss man das weder mit Respekt honorieren noch als eine Art akzeptables "Paralleluniversum" ansehen. Gerade die heute erkannte Inkompatibilität der beiden Weltbilder (transzendent und empirisch) und deren permanentes Überlagern (durch Nutzung des identischen Universums als Beleg und Gegenstand ihrer Weltbilder) zwingt dazu, Glauben in aller Deutlichkeit als realitätsfern und falsch zu bezeichnen.

    Das ist es nämlich: Religion kann die Welt nicht erklären, weil die Welt erwiesenermaßen anders ist. Eine andere Welt, in der die Prämissen der Religion Gültigkeit haben, ist uns bis heute unbekannt und muss bis zum Beweis des Gegenteils als nichtexistent angesehen werden. Deshalb ist Religion falsch! Die von Liberalen abgeleiteten Weiterungen, wie Barmherzigkeit und Hilfe für Bedürftige können auch ohne Religion gelebt werden. Ich muss also nicht einmal auf die negativen Wirkungen von Religion eingehen, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass Religion an die Wirklichkerit nicht angepasst werden kann, weil sie sich selbst für die Wirklichkeit hält, an die sich die Naturalisten anzupassen hätten. Das geht sich nicht aus...

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