Die Kickstarter-Kampagne für „Richard Dawkins: Evolution“ hat am 10. März 2017 begonnen.
Ich hatte das Glück, mit beiden zusammen zu sitzen, Professor Dawkins und dem Entwickler des Spiels, Gordon Ross, um herauszufinden, was sie tun.
Das Ziel des Spiels ist bescheiden, 50000 Pfund Sterling, aber der Ehrgeiz grandios. Ich begann also mit der Frage, wie ein einzelner Mann, wenn auch mit Hilfe freier Mitarbeiter, etwas in dieser Größenordnung schaffen kann.
„Ursprünglich hatte ich ein probabilistisches Modell vor Augen, ein System etwa so, wie ich mir vorstelle, wie 'No Man’s Sky' funktioniert, prozedural. Aber in unserem Fall haben wir dann doch... wissen Sie, interessanterweise erwähnte Richard sein Buch 'Climbing Mount Improbable'. Es ergab sich, dass die Technologie, die wir nutzen, von einem Unternehmen namens 'Improbable' stammt.“
„Die Tests letzte Woche zum Beispiel, Richard würde es bestätigen, die früheren Prototypen, die wir auf dem Desktop laufen hatten, mit einer Population von etwa fünfhundert – wir landeten bei korallenartigen Wesen, fliegenden Kreaturen, allem möglichen, nur von diesem einfachen Startpunkt aus. Und sie evolvierten. So wie wir es bis jetzt machten, evolvierten sie in drei Stunden oder so. Aber jetzt haben wir eine Population von dreißigtausend, die in der 'Cloud' läuft; sie spalten sich ab, migrieren, wandern über große Distanzen, werden isoliert, all diese Dinge. Interessante Effekte zeigen sich, wenn der Populations-Maßstab größer wird.“
Eines frage ich mich – wie wird die Evolution beobachtet? Vermutlich sitzt ihr nicht herum und seht zu, wie Wesen sich paaren und graduell sich verändernden Nachwuchs aufziehen?
„Stell dir ein Massen-Online-Gemeinschaftsspiel vor. Du läufst herum als diese kleinen Roboter, die selbst tatsächlich nicht evolvieren; es ist eher, wie auf einer Safari zu sein, oder Charles Darwin, der Proben sammelt. Wenn du etwas siehst, das dir gefällt, klonst du eine Kopie davon und behältst sie in der Stasis, 'eingefroren'.“
Ok, ihr sammelt diese Dinger, oder jedenfalls Kopien davon. Klingt wie „Pokemon". Aber der nächste Schritt, den die Entwickler planen, ist die Einbeziehung der Gemeinschaft in etwas, das ein pures wissenschaftliches Unterfangen ist, aber ein faszinierendes – Kategorisierung.
„Also, du hast irgendwie eine große Sammlung und es ist an dir, ihnen Namen zu geben, sie zu beschreiben und mit der Gemeinschaft zu arbeiten, die ihre eigenen Dinge finden wird und sagen, 'weißt du was, ich denke, das hier ist eine Gruppe von Kreaturen, die diese und jene Eigenschaften teilen, aber verschieden von diesen anderen dort, die oberflächlich ähnlich sind'. Und natürlich gibt es dann Auseinandersetzungen; 'ich weiß nicht – es sieht doch so aus, als wäre da eine Grauzone zwischen diesem Typus und jenem'. Du bist also auf Safari, aber du bist auch Kurator und Sammler der Fundstücke, und dann musst du deine Meinung vertreten und helfen, innerhalb der Gemeinschaft Wissen anzusammeln.“
In gewisser Weise könnt ihr die Wesen auch „auf Bauernhöfen halten“, die Kopien, die ihr gesammelt habt, und mit ihnen eure eigenen Experimente machen oder, wie Ross es ausdrückt, „ein bisschen herumpfuschen“. Aber was mich wirklich an diesem Projekt interessiert, von Beginn an, als Ross zum ersten Mal die Idee erwähnte, ist die potenzielle didaktische Wirkung des Spiels.
„Ja, meine Zielvorstellung ist letztlich, es so vielen jungen Leuten in die Hände zu geben wie möglich“, sagt Ross. „So dass sie eine Chance haben, zu verstehen, woher sie kommen und dass sie nicht das Ergebnis irgendwelcher Zauberei sind. Wir können wirklich anfangen, einige der Geheimnisse unseres Ursprungs zu lüften, und mit diesem Verständnis können wir die Welt auf eine ganz bestimmte Weise betrachten und so alles viel klarer sehen. Auf keinen Fall behaupte ich, dass wir die Welt schon komplett verstehen, aber es ist mein ultimatives Ziel.“
„Es ist Realismus – ich will, dass Menschen verstehen, was im Universum los ist und was dort nicht los ist, dass sie versuchen, diese Art des Denkens zu lernen. Also, ja, es geht darum, den Verstand junger Menschen zu formen, und ich will unser Modell da draußen haben bei so vielen jungen Leuten wie möglich, besonders im amerikanischen Bildungssystem; ich verabscheue die Vorstellung, dass 'Intelligent Design“ durch die Hintertür zurückkommt und die Klarheit wieder vernebelt.
Ich überlege gerade... selbst in meinem eigenen Leben, als ich acht Jahre alt war... ich war nicht sicher, ob es nun einen Gott gibt oder keinen Gott, oder wie es kommt, dass wir da sind... Ich bin nur für 70 oder 80 Jahre auf diesem Planeten; für zehn Prozent dieser Zeit bin ich also in eine Richtung geführt worden, die mein Verständnis, wie die Welt tickt, vernebelte. Und das macht mich sauer, es ist eine Art Missbrauch. Kein bösartiger Missbrauch, aber...“
Seht meine Ansicht wie ihr wollt, aber es ist wichtig, im Kopf zu behalten, dass Ross hauptsächlich vom amerikanischen Bildungssystem spricht, in dem Religion eine unstrittige Rolle bei der Unterdrückung von Wissenschaft spielt. Normalerweise reden wir bei diesem Thema über Schulbücher. Was kann ein Spiel da bewegen?
„Bei einem Schulbuch hast du üblicherweise keine Gelegenheit, selbst Experimente durchzuführen“ sagt Ross, „während du bei einem Spiel deine Theorien testen und die Grenzen dessen, was sie umfassen, erweitern kannst.“
Wir alle wissen, dass es stimmt: Irgendwas in unseren Köpfen funktioniert gut und elegant, wenn wir sehen, wie sich die Dinge vor unseren Augen entwickeln. Wir sind viel eher in der Lage, Konzepte zu begreifen, die wir direkt am Werk sehen können, und Videospiele sind nichts anderes als Ansammlungen von Systemen, die diese Konzepte in ihrer Funktion zeigen. „Richard Dawkins: Evolution“ mag Activision keine schlaflosen Nächte bereiten, aber wir wollen hoffen, dass es in Alabama mehr Wirkung zeigt.
Zur Kickstarter-Kampagne für „Richard Dawkins: Evolution“ geht es hier.
Übersetzung: Harald Grundner
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