Was soll „Woke“ sein ?

Mit wenigen Worten erklärt

Was soll „Woke“ sein ?

Foto: Pexels.com / Ann H

„Woke“ hieß ursprünglich, dass ein von rassistischer Diskriminierung Betroffener wach sein muss, um den alltäglichen Rassismus zu bemerken, der sich überall verbreitet hat wie eine Pest. Also eine besondere Achtsamkeit gegenüber sozialer Ungerechtigkeit.

Irgendwann wurde dann der Begriff von einer kleinen Gruppe privilegierter Weißer ausgeweitet, die damit den Umstand bezeichnen wollten, dass auch sie besonders empfindsam für Rassismus und die damit einhergehende soziale Ungerechtigkeit sein müssen. Was sich anhört wie eine gute Idee und auch so begann, wurde zu einer besonderen Form der sozialen Diskriminierung.

Beispiel:

Matt Damon, bekannter amerikanischer Schauspieler, sagte einmal, als für einen Film noch kein Regisseur gefunden war, dass er hoffe, man würde den bestmöglichen Regisseur für diese Aufgabe finden. Daraufhin wurde er von „Woken“ als rassistisch beschimpft, denn er würde somit einen schwarzen Regisseur ausschließen, denn warum sollte man keinen Schwarzen für den Posten nehmen? Und sie empörten sich auf Twitter.

Ist das rassistisch, zu sagen, man möge den „bestmöglichen“ Regisseur für den Job engagieren? Nein. Aber zu meinen, damit seien Schwarze von diesem Posten ausgeschlossen — das ist rassistisch. Warum keine Schwarzen zu den „bestmöglichen Regisseuren“ gehören ist eine Überlegung, die man nicht bei Matt Demon findet, aber bei seinen Kritikern. Die nicht einmal bemerkten, so „woke“ waren sie, dass sie ihren eigenen Rassismus auf jemanden projiziert hatten. Sie merkten es nicht einmal, als man sie darauf hinwies.

Damit und mit ähnlichen Fällen hat sich Wokeness selbst diskreditiert. Wenn man überall Rassismus sieht, und sofort vor lauter Empörung die Rassismus-Keule schwingt, weil man selbst etwas auf abwegige Weise interpretiert und so Rassismus sieht, wo ursprünglich keiner war, muss man sich nicht wundern, wenn man eine gute Idee wie „Wokeness“ in Verruf bringt, und damit den rechten Rassisten eine Steilvorlage liefert. Wobei es hier vor allem die Liberalen waren, die das bemerkten.

Kulturelle Aneignung

Die neuste Form der Wokeness hat den Begriff der „Kulturellen Aneignung“ geprägt, und das wird jetzt als neue Keule geschwungen. Wenn Musiker, aus Verehrung für afrikanische Musik, jamaikanische Rasta-Locken tragen, wird plötzlich von „Kultureller Aneignung“ geredet, d. h., dass man damit ausgebeutete Afrikaner erneut ausbeutet, weil man ja aus irgendwelchen Gründen nur als schwarzer Jamaikaner Rasta-Locken tragen und Rasta-Musik spielen darf, wie sie Bob Marley populär gemacht hat. Wobei Bob Marley übrigens einen weißen Vater und eine dunkelhäutige Mutter hatte, aber immerhin wurde er in Jamaika geboren.

Auch hier denkt man zunächst: Das geht ja gar nicht, dass man eine ausgebeutete Kultur erneut ausbeutet, indem man mit fremden Kulturgütern Geschäfte macht. Nur als Navajo darf man daher Navajo-Decken verkaufen, weil die ein indianisches Kulturgut sind. Aber wenn man genauer überlegt, treten dann die Probleme auf: Wenn ich als Weißer eine Navajo-Decke kaufe, um mich damit zu wärmen, betreibe ich dann „kulturelle Aneignung“? Was ist, wenn mein Großvater ein Navajo war, darf ich dann eine solche Decke kaufen oder verkaufen? Oder muss meine Mutter oder mein Vater Navajo gewesen sein? Was ist, wenn man Vater ein Sioux ist, aber meine Mutter eine weiße Europäerin, darf ich es dann? D. h., wenn ich einer bestimmten Rasse angehöre, darf ich bestimmte Dinge tun und andere muss ich unterlassen. Wobei auch der „Grad der Rassenzugehörigkeit“ eine Rolle spielt, eine durch und durch rassistische (und extrem realitätsfremde) Idee. Das hätten sich die Nazis nicht besser ausdenken können, und tatsächlich, sie haben es auch, sie haben daher schwarze Musik verboten wie Jazz oder Swing. Ganz schlimm war es für sie, wenn weiße Musiker Jazz oder Swing machten, oder Deutsche Swing hörten, weil man mit dem Hören der Musik Achtung gegenüber Schwarzen zeigte. Das bekam vor allem die Swing-Jugend zu spüren.

Unsere ganze Kultur beruht, wie alle Kulturen, auf dem Prinzip der „wechselseitigen kulturellen Befruchtung“. Der Gegensatz ist das, was vor allem Rechte wollen, nämlich eine kulturelle Abschottung und Verarmung. Jetzt wird diese Idee auch noch von Linken getragen - wie sich doch die Extreme manchmal berühren.

Was kommt als Nächstes? Linker Nationalismus als eine neue Form des Antinationalismus? Linker Anti-Intellektualismus als eine neue Form des Intellektualismus? Oh, sorry, letzteres haben wir schon.

Ich will ja nicht behaupten, dass man als Weißer nicht auch weißen Rassismus bemerken kann und bekämpfen sollte. Aber überall Rassismus zu sehen ist auch nicht hilfreich, sondern eher, den Betroffenen zu helfen, statt sich selbst zu einem Betroffenen zu machen und andere zu paternalisieren. Nach dem Motto: Die Schwarzen sind viel zu doof, um überall den Rassismus zu bemerken, da müssen wir ihnen unbedingt helfen, und sie sind zu schwach, um sich zu wehren. Nein, liebe Leute, das ist rassistisch. Zu helfen, wenn man um Hilfe gebeten wird, jedoch nicht.

Anmerkung: Dieser Artikel enthält Beispiele für Rassismus, und nachdem es vermutlich schon als Rassismus gilt, wenn man Beispiele für Rassismus zitiert und anprangert, kriege ich vermutlich von einigen Woken jetzt mächtig Ärger.

Volker Dittmars Webseite: Religionskritik: Leben, Glauben, Religion, Gott

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Kommentare

  1. userpic
    Andreas Edmüller

    Kurz, klar, knackig: Stimmt!

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