Umbenennung von KORSO in „Zentralrat der Konfessionsfreien“
Als konfessionsloser Christ störe ich mich an der Vereinnahmung durch den umbenannten „Koordinationsrat säkularer Organisationen“. Neuerdings* heißt er „Zentralrat der Konfessionsfreien“ - und beansprucht mit diesem Namen einerseits mehr politischen Einfluss und sicherlich auch eine Äquivalenz zu anderen Institutionen gleicher Bezeichnung - beispielsweise jener in Österreich. Nicht nur die personelle Besetzung, sondern auch die Mitgliedsorganisationen machen deutlich, dass es sich in erster Linie um einen Zusammenschluss von atheistischen und laizistischen Verbänden handelt, weniger um Konfessionslose im eigenen Sinn - die im allgemeinen Sprachverständnis als der Kirche ferne Personen, aber nicht zwingend religiös bekenntnisfreie Menschen verstanden werden. Das offenbar bewusste Ansinnen, mit der Betitelung der „Konfessionsfreien“ eine weit über das säkulare Spektrum hinausgehende Menge anzusprechen und damit letztlich den Anschein zu erwecken, deutlich mehr Bürger zu vertreten als in Wahrheit möglich, irritiert und lässt vermuten, wonach man sich größer machen will, als man tatsächlich ist. Denn zweifelsohne begehren die Atheisten in Deutschland einen besseren Stand, als sie ihn momentan haben.
Wunschgedanken nach mehr Einfluss und Mitsprache
Nachdem ich über mehrere Jahre auch der Bewegung des Evolutionären Humanismus angehörte, weiß ich um den dortigen Wunschgedanken nach mehr Einfluss und Mitsprache in politischen und gesellschaftlichen Fragen. Allerdings belügt sich die Dachorganisation bewusst selbst, wenn sie davon träumt, schon bald mit Katholiken und Protestanten zahlenmäßig auf einer Stufe zu stehen. Denn: Nicht jeder Mensch, der die Kirche verlässt, kann automatisch zum säkularen Spektrum gezählt werden. Im Gegenteil: Man muss davon ausgehen, dass dem Weggang aus einer Konfession vorrangig nichtreligiöse Gründe wie die Kirchensteuer, die Missbrauchsfälle oder eine persönliche Zerrüttung zugrunde liegen. Insofern bleiben die meisten Menschen, die die Kirche verlassen, gläubig – und zumeist auch den wesentlichen Überzeugungen des Christentums treu. Offiziell sind sie mit ihrem Ausscheiden aus ihrer Religionsgemeinschaft aber „konfessionsfrei“. Ich empfinde es als übergriffig, wenn diese Personen vom neuen Zentralrat zu okkupieren versucht werden. Immerhin wird der fälschliche Eindruck erweckt, wonach Konfessionsfreie zwangsläufig als laizistisch, atheistisch oder zumindest evolutionär-humanistisch geprägt seien. Diese Verzerrung dient allein der Besserstellung dieser Institution in der öffentlichen Wahrnehmung, spiegelt aber keinesfalls die Realitäten wider. Ich möchte als konfessionsloser Christ nicht dazu zweckentfremdet werden, die Zahl der Säkularen künstlich nach oben zu treiben. Insofern widerspreche ich ausdrücklich und verwahre mich dagegen, vom selbsternannten Zentralrat repräsentiert zu werden.
*Umbenennung auf einer außerordentlichen Ratsversammlung des Koordinierungsrats säkularer Organisationen (KORSO) am Sonntag, 19. September 2021.
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