Stress, Streit und jetzt Leute, die meine Stadt Hamburg abbrennen.
Das mag eine lahme Ausrede sein, warum wieder so viel Zeit seit meinem letzten Blogeintrag vergangen ist, aber immerhin ist es eine Ausrede. Allerdings gilt es als schlechter Stil, so zu tun, als wäre man von Verrückten umringt und hätte selbst keine Fehler. Darum räume ich erst einmal ein, dass ich auch meine Fehler habe.
Und nun mehr über: Verrückte, die meine Stadt abfackeln und Verrückte, die deren Taten relativieren.
Sirenen. Den ganzen Tag Sirenen. Sirenen, Polizeihubschrauber, gewalttätige Mobs, brennende Autos und eingeworfene Scheiben. Ich muss sagen, das stand nicht in der Broschüre, bevor ich nach Hamburg gezogen bin.
Zunächst einmal eine klare Ansage zu den G20-Ausschreitungen: Ich stehe eindeutig auf der Seite der Polizei, die hier unter Einsatz ihres Lebens – wortwörtlich – gegen linksextreme Antifa-Banden auf den Straßen gekämpft hat. Nach letztem Stand wurden dabei 476 Polizeibeamte verletzt. Es gab 186 Festnahmen und 225 Ingewahrnahmen. Wie viele „Demonstranten“ genau verletzt wurden, ist noch unklar, aber es waren offenbar deutlich weniger.
Die neuen Faschisten
Etwas Gutes ist immerhin dabei herausgekommen: Die Linksextremisten haben ihre Liebe zum Konsum entdeckt. Sie klauten iPhones, plünderten einen Lebensmittelladen sowie eine Drogerie. Ihre gesamte Ausstattung, von Kleidung bis Schildern und Waffen, wurde von kapitalistischen Unternehmen hergestellt. Es war eine Liebeserklärung.
Abgesehen von ihrer Liebe zum Kapitalismus vertraten die linken Anarchisten vom Schwarzen Block aber keine klare Position. Sie demonstrierten gegen offene Grenzen durch die Globalisierung und zugleich für offene Grenzen für Einwanderer, die unseren Wohlfahrtsstaat in Anspruch nehmen möchten. Sie organisierten Antiglobalisierungs-Proteste gegen den Antiglobalisierungs-Präsidenten Donald Trump. Sie setzten sich gegen Rassismus ein und „entglasten“ das Geschäft einer schwarzen Ladenbesitzerin.
Sie errichteten brennende Straßenblockaden für die antikapitalistische Revolution und machten dabei Selfies von ihrem Hipster-Bart mit ihrem iPhone. Sie standen auf für die Armen und Schwachen und setzten den Einsatzwagen von einem Pflegedienst in Brand. Sie sorgen sich um die Zukunft des Landes, um die Kinder, und warfen die Scheiben ein bei einer Praxis für Kinderpsychiatrie. Die Antifaschisten begannen eine Revolution für die kleinen Leute, indem sie die Autos der kleinen Leute abfackelten.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich dieselbe Musik höre wie der Schwarze Block: Punk Rock. Vielleicht kann ich den Anarchos also einen kleinen Schritt entgegenkommen, indem ich den Schwarzen Block mit einem Vers aus einem Song der linksextremen Band Wizo ehre: „Du bist so doof wie Scheiße, du bist so blöd wie Brot.“
Wie ticken die Linksextremen?
Wer sich für eine Analyse des Weltbilds der linksradikalen „Welcome to Hell“-Demonstranten interessiert, findet sie im Blog des Religionswissenschaftlers Michael Blume. Wir hatten unsere kleinen Streitigkeiten (ich nannte Blume zeitweise meinen „Erz-Nemesis“), aber er hat schon Recht, dass es sich beim linksradikal-utopistischen Weltbild um eine verweltlichte Variante des religiösen Fundamentalismus handelt: „Wenn sich die – oft berechtigte – Unzufriedenheit mit den Zuständen dieser Welt nicht überzeitlich-religiös auflösen lässt, wenn sich alle utopischen Hoffnungen in dieser säkularen Zeit erfüllen (oder scheitern) müssen – dann liegt der Traum von entfesselter Gewalt nahe, schein-legitimiert durch eine mythologische Hoffnung auf ein apokalyptisches Paradies nach der großen Zerstörung.“
Linksradikale Nihilisten wollen die freie Gesellschaft zerstören in der vagen Hoffnung, dass dabei eine kaum definierbare utopische Gesellschaft herauskommt. Das ist religiöser Fanatismus pur, nur ohne Gott und Paradies.
Man braucht keinen Gott, um diesen Fanatismus zu vermeiden, sondern man muss die utopischen Hoffnungen aufgeben. Wir leben in einer fehlerhaften Welt voller Unzulänglichkeiten. Nicht nur Konservative, sondern generell erwachsene Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie das akzeptieren und so viel Gutes aus dem Leben machen, wie es eben möglich ist, ohne das Unmögliche erzwingen zu wollen. Das hat mit Gott oder Nicht-Gott letztlich nichts zu tun, sondern ist einfach die Akzeptanz des metaphysisch Gegebenen und Unveränderlichen.
Sympathie aus Teilen der Bevölkerung
Der Großteil der Hamburger Bevölkerung dürfte wohl gegen die Gewalt und gegen die Ideologie der linken Anarchos sein (nein, ich bin mir tatsächlich nicht sicher). Einige meiner Mitbürger und ich selbst mussten allerdings auch die Erfahrung machen, dass es in Teilen des Bürgertums Relativierungen und sogar Sympathien gegenüber den linksextremen Kriminellen gibt. Cincinnatus beobachtete und filmte etwa normale Passanten, die Steine auf Polizeiautos warfen. Er berichtete: „Der Linksradikalismus ist bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen“, „Wohlstandskinder beschimpfen und bewerfen Polizisten und filmen sich dabei mit ihren iPhones…“, „Ältere Männer stellen sich mit ihren Fahrrädern auf Kreuzungen den Einsatzfahrzeugen in den Weg…“, „Frauen lassen sich hysterisch von verlegenden Polizeigruppen abdrängen…“.
Hamburg ist eine nachhaltig links-grüne Stadt. Die Dominanz von SPD und Grünen ist in verschiedenen Wahlen seit Ewigkeiten stark ausgeprägt. Dem Ruf nach soll Hamburg hingegen „liberal“ sein, was die Stadt zunächst auch attraktiv für mich erscheinen ließ, und die Einwohner halten sich offenbar selbst für liberal. Doch stets, wenn ich irgendwo eine wirtschaftsliberale politische Äußerung machte oder gar etwas sagte, das Konservative auch sagen könnten, wurde ich entweder „höflich“ ignoriert oder mit Gift und Galle rhetorisch zu Boden geprügelt.
Ein solches Maß an blindem ideologischen Eifer, ein so irrationaler utopistischer Glaube an irgendeine vage ökosozialistische Zukunft ist mir noch nie untergekommen, wie man sie hier ungewöhnlich häufig antrifft – physisch zu erkennen an den unzähligen Bioläden. Kein Wunder also, dass ich mir Relativierungen der organisierten linksextremen Verbrecher habe anhören dürfen (nach dem Motto: sind doch nur Jugendliche) und gar Sympathien, weil die Polizei ja für ihren Machtmissbrauch und ihr unangemessenes Vorgehen gegen harmlose Bürger bekannt sei.
Polizei schlimmer als der Schwarze Block?
Ich habe tatsächlich kaum persönliche Erfahrungen mit der Hamburger Polizei vorzuweisen, aber soweit ich das sehe, versucht die Hamburger Polizei nicht, die freie Gesellschaft zu zerstören, um eine totalitäre Herrschaft zu errichten. Das spricht also schon einmal für sie im Vergleich zum Schwarzen Block. Auch scheint die Polizei in der Regel doch eher Verbrechen zu bekämpfen als zu begehen. Aber das sind wohl subtile Unterschiede.
Ich weiß aus meiner Heimatstadt Würzburg in Bayern beziehungsweise Franken, wie es ist, jedes zweite Wochenende grundlos von der Polizei durchsucht zu werden, nur weil ich in der Nähe der falschen Metal-Disko mit ein paar schwarz gekleideten Gestalten herumhing (die Verantwortlichen wurden nach zahlreichen Bürgerbeschwerden wegen ähnlicher Fälle diszipliniert). Von daher weiß ich auch, dass die Übereifrigkeit und der gelegentliche Machtmissbrauch mancher Polizeikräfte in absolut keinem Verhältnis stehen zu den Gewalttaten der Anarchos, die es auf die Zerstörung der freiheitlichen Grundordnung abgesehen haben. Es gibt keinerlei moralische Rechtfertigung für eine Relativierung oder eine Sympathie gegenüber den Gewalttätern.
Was tun?
Die Kriminalbehörde des US-Bundesstaats New Jersey hat die Antifa nun als Terrorgruppe eingestuft. Das muss in Deutschland auch geschehen. Statt gewalttätige Linksextreme zu fördern und zu finanzieren, weil sie ja brav gegen den Faschismus einzutreten behaupten, muss der Staat sie entschlossen bekämpfen. Und die Relativierer und Sympathisanten müssen dringend mal bei einem Philosophen ihr Weltbild überprüfen lassen. Die Linksextremen könnten derweil ihre eigene utopische Stadt gründen, sie nach Belieben abbrennen und den Rest von uns in Ruhe lassen.
Kommentare
Ihre Feststellung: Ein solches Maß an blindem ideologischen Eifer, ein so irrationaler utopistischer Glaube an irgendeine vage ökosozialistische Zukunft ist mir noch nie untergekommen, wie man sie hier ungewöhnlich häufig antrifft – physisch zu erkennen an den unzähligen Bioläden. Den Zusammenhang den Sie hier herstellen halte ich für genauso gefährlich und verdummend wie die Haltung der Randalierer.
Wie können Sie das Bedürfniss sich gesund zu ernähren mit blinden ideologischen Eifer gleichsetzen. Das ist demagogisch. Sie kuscheln sich ziemlich schamlos an eine Ideologie an, die sich einen Scheißdreck um die wirklichen Probleme der Menschheit scherrt. Es geht nicht um das Erzwingen des Unmöglichen, sondern um das positive Bemühen die Unzulänglichkeiten dieser Welt zu verringern, das geht natürlich nur mit viel Arbeit im positiven Sinn und nicht mit Randale oder Blogbeiträgen, wie dem Ihren. Ein Teil Ihrer Äußerungen zeugt von einer Haltung wie sie verwöhnte Wohlstandskinder haben. Da hilft es auch nicht das Sie sich mit Ihrem Musikgeschmack, anbiedern, als wenn Sie aufgeschlossen wären. Als neunundsechzig Jahre alter Rocker kann ich da nur sagen, was hörst Du denn für einen Scheiß, Alter?
Antworten
@Räbiger: Besten Dank für Ihren Kommentar. Ich bin froh, dass es auch nach Hamburg noch humane Menschen gibt, die trotz blinder Zerstörungswut noch relativieren können.
Die depperte Forderung, Antifa-Gruppen als Terroristen einzustufen, zeigt höchstens die ideologische (amerkanische) Prägung von Hr. Müller: Alles was mir nicht passt, ist terroristisch, und wenn es dann Terroristen sind, darf man so ziemlich alles machen.
Zur Erinnerung: Die Richter eines Rechtsstaat relativieren IMMER. Und das ist gut so.
Antworten
Neuer Kommentar