Die Alternative zum Glauben

Nietzsche, Rand und Huxley: Atheistische Religionen

Die Alternative zum Glauben

Foto: Pixabay.com / morhamedufmg

Es waren einmal drei Denker. Wenn am Sonntag Gottesdienst war, blieben sie zu Hause. Sie mochten lieber ihr eigenes Ding machen, statt für Gott oder für andere Menschen da zu sein. So kam es, dass Friedrich Nietzsche, Ayn Rand und Julian Huxley aufschrieben, warum man lieber auf sie hören sollte als auf Jesus Christus.

Als Ayn Rand 1982 verstarb, war sie beinahe sämtliche ihrer persönlichen Freunde losgeworden. Sie hatten nicht allen ihrer Dogmen zugestimmt, und das konnte Rand nicht tolerieren. Zu ihrer Beerdigung kamen dennoch rund 800 Leute — Anhänger ihrer atheistischen Religion namens „Objektivismus“.

Wie Friedrich Nietzsche (1844-1900) hatte Rand eine Religion ohne Gott entwickelt. Sie bestand, ebenso wie bei Nietzsche, für sie darin, mit großem Sendungsbewusstsein das Gegenteil zu behaupten wie Jesus. Die Gesandten der Gottlosigkeit predigten den Egoismus. In jeweils ihren eigenen Ausprägungen.

1964 rief Julian Huxley eine „humanistische Evolutions-zentrierte Religion“ ins Leben. Heute vertritt vor allem die deutsche Giordano Bruno Stiftung diese Religion, und behauptet das Gegenteil wie Jesus Christus mit großem Sendungsbewusstsein. „(Evolutionäre Humanisten) haben begriffen, dass es sinnlos ist, den Eigennutz, das Grundprinzip des Lebens und damit auch die Quelle aller Kreativität, Freundschaft und Liebe, bekämpfen zu wollen.“ (Michael Schmidt-Salomon: Manifest des Evolutionären Humanismus).

Ethische Tugenden egoistisch zu begründen, war auch Ayn Rands Steckenpferd, ebenso dreht sich bei Nietzsche alles um das Ego, wenn auch spezifisch um das Ego von machtgierigen Herrenmenschen. Nietzsche hatte sich gar nicht erst die Mühe gemacht so zu tun, als wäre er altruistisch oder am Gemeinsinn interessiert. Er bedauerte nur, „zum Eigennutz sind die meisten zu dumm“ (Nietzsche, F., Nachgelassene Fragmente. Winter 1884 – 1885). Meiner Ansicht nach war Nietzsche einerseits das ehrlichste, originellste und intelligenteste Mitglied im Trio der Gottlosen. Andererseits war er ethisch betrachtet das größte Monster im Bunde.

Nietzsche, Rand und Huxley über andere Menschen

Warum muss man zum Wohle anderer leben? (…) Nur der Mystizismus hat den Moralisten erlaubt, damit durchzukommen.

Ayn Rand: “Faith and Force: The Destroyers of the Modern World”
Philosophy: Who Needs It, S. 61

Wenn dem so ist, dann müssen wir unsere eugenische Politik in etwa wie folgt planen: … Die untersten Schichten, die angeblich weniger gut ausgestattet sind, reproduzieren sich relativ zu schnell. Deshalb müssen ihnen Methoden zur Empfängnisverhütung beigebracht werden; sie dürfen keinen allzu leichten Zugang zu Hilfe oder Krankenhausbehandlung haben, damit die Aufhebung der letzten Kontrolle der natürlichen Auslese es ihnen nicht zu leicht macht, Kinder zu zeugen oder zu überleben; lange Arbeitslosigkeit sollte ein Sterilisationsgrund sein, oder zumindest eine Entlastung davon abhängig gemacht werden, dass keine weiteren Kinder zur Welt gebracht werden; usw.

Julian Huxley: The Uniqueness of Man, 1941, S. 66

„Der Schutz der Rechte (geistig schwerbehinderter Menschen) ist ein höfliches Entgegenkommen, weil sie Menschen sind, wenn auch verpfuschte.“

Ayn Rand: Ford Hall Forum, 1973 via Robert L. Campbell. The Rewriting of Ayn Rand’s Spoken Answers. In: The Journal of Ayn Rand Studies, Ausgabe 11/1, S. 92

„Ich glaube nicht, dass man geistig Zurückgebliebene in die Nähe von Kindern lassen sollte.“

Ayn Rand: Ebd. S.93.

Die Schwachen und Missratenen sollen zu Grunde gehen: erster Satz unserer Menschenliebe. Und man soll ihnen noch dazu helfen.

Friedrich Nietzsche: Der Antichrist, Kapitel 2.

Das Mitleiden steht im Gegensatz zu den tonischen Affekten, welche die Energie des Lebensgefühls erhöhn: es wirkt depressiv. Man verliert Kraft, wenn man mitleidet […] Das Mitleiden kreuzt im Ganzen Großen das Gesetz der Entwicklung, welches das Gesetz der Selektion ist. Es hält, was zum Untergange reif ist, es wehrt sich zu Gunsten der Enterbten und Verurteilten des Lebens, es gibt durch die Fülle des Missratnen aller Art, das es im Leben festhält, dem Leben selbst einen düsteren und fragwürdigen Aspekt.

Friedrich Nietzsche: Der Antichrist. Kapitel 7.

Auch wenn es sicher richtig ist, daß eine radikale eugenische Politik für viele Jahre politisch und psychologisch unmöglich sein wird, wird es für die UNESCO wichtig sein, dafür zu sorgen, daß das eugenische Problem mit der größten Sorgfalt geprüft und die Öffentlichkeit über das fragliche Thema informiert wird, damit vieles, was heute undenkbar erscheint, wenigstens wieder denkbar wird.

Julian Huxley: UNESCO: Its purpose and its philosophy. 1946.

Hat die Eugenik den Evolutionären Humanismus beeinflusst?

Vor dem Hintergrund von Huxleys Auffassungen hinterlassen solche Positionen und Äußerungen von heutigen Evolutionären Humanisten bei mir ein flaues Gefühl im Magen:

Eine Beratung mit der prinzipiellen Vorgabe, den Suizid zu vermeiden oder ihn zu fördern, wäre unzulässig.

Giordano Bruno Stiftung: Sterbehilfe: Keine Aushöhlung des Karlruher Urteils!

Selbstverständlich ist festzustellen, dass es beim Schwangerschaftsabbruch nicht um die Tötung von „Personen“, von „vollwertigen Menschen“ oder „unschuldigen Kindern“ geht, sondern zumeist um die Entfernung bewusstseinsunfähiger Blastozysten, Embryonen und Föten im Frühstadium.

Michael Schmidt-Salomon: Schwangerschaftsabbruch im liberalen Rechtsstaat

Julian Huxley war der Begründer des Evolutionären Humanismus und jeder, der dieser Weltanschauung nahesteht, sollte sich die Frage stellen, ob sein Eugenikwahn irgendwie in diese Weltanschauung eingeflossen ist und sie heute noch beeinflusst, oder nicht. Es mag ja sein, dass Huxley historisch, wie viele andere Intellektuelle seiner Zeit, der Eugenik auf den Leim gegangen war und der heutige Evolutionäre Humanismus davon nicht beeinflusst wurde. Ich wünsche mir aber eine Analyse und Distanzierung dazu.

Die Giordano-Bruno-Stiftung vertritt die Position des „Evolutionären Humanismus“, die Mitte des letzten Jahrhunderts von dem bedeutenden Evolutionsbiologen und ersten Generaldirektor der UNESCO, Julian Huxley, formuliert wurde. Im Auftrag der Stiftung wurden Huxleys Ideen u.a. im „Manifest des evolutionären Humanismus“ (2005) sowie in „Hoffnung Mensch“ (2014) wieder aufgegriffen und auf den Stand der heutigen Forschung gebracht.

Giordano Bruno Stiftung: Evolutionärer Humanismus

Der „bedeutende Evolutionsbiologe und erste Generaldirektor der UNESCO“ sah es als wichtige Aufgabe der UNESCO an, die Öffentlichkeit zur Akzeptanz seiner „radikalen eugenischen Politik“ zu bewegen. Ich würde an der Stelle der GBS klarmachen, dass zu „Huxleys Ideen“, die in den Evolutionären Humanismus einfließen, nicht die Eugenik gehört.

Und ich würde vor diesem Hintergrund noch einmal reflektieren über die Positionen zu Abtreibung und Sterbehilfe, bei der die GBS eine starke Liberalisierung befürwortet. Nun kann man Sterbehilfe auch aus liberal-menschenrechtlicher Sicht befürworten, hier geht es nur um die Entscheidung des Betroffenen und nicht um ein ungeborenes Kind. Die GBS lehnt aber sogar eine gesetzliche Wartefrist ab. Der Betroffene soll sich sehr spontan für den assistierten Freitod entscheiden können und der Staat soll ihm die Sterbehilfe sogar als Recht garantieren. Auch soll der Betroffene ergebnisoffen darüber beraten werden, also ohne, dass man ihn vom Suizid abraten würde.

Angesichts dessen, wie leicht beeinflussbar und wie schwankend unsere Meinungen und Stimmungen schon im Normalzustand sind, obendrein noch in einer Extremsituation, halte ich das für blanken Irrsinn. Und für Irrsinn eines solchen Ausmaßes, dass ich mich fragen muss, ob es hier wirklich nur darum geht, dem Patienten unnötiges Leid zu ersparen.

Das Thema Abtreibung ist kompliziert, entgegen der Darstellung von MSS, weil das ungeborene Kind auch als Embryo schon ein Mensch ist, der sich unter normalen Umständen zu einer vollwertigen Person entwickeln würde. Die selbstsichere Art, wie MSS das Thema behandelt, halte ich für zutiefst ideologisch. Die werdende Mutter soll ohne jede Hürden spontan entscheiden können, ihr Kind abzutreiben, und das soll obendrein noch von der Krankenkasse bezahlt werden (womit man kaum noch einen Anlass hätte, zu verhüten, man könnte den Beitragszahlern alles aufbürden). Ich zitiere zu dem Thema noch einmal den Philosophen Michael Huemer:

Falls Ihnen das Thema Abtreibung sehr einfach und offensichtlich erscheint, dann sind Sie wahrscheinlich ein dogmatischer Ideologe und Ihre Ideologie hält sie davon ab, diese sehr subtile, komplexe Frage zu würdigen.

Abtreibung ist ein intellektuell höchst interessantes Thema, das mit allen möglichen bedeutenden – und sehr schwierigen sowie kontroversen – Fragestellungen zusammenhängt: Fragestellungen über die persönliche Identität, Potenzialität, das Fundament von Rechten, die physische Grundlage des Bewusstseins, das Prinzip der Doppelwirkung, besondere Verpflichtungen gegenüber der Familie, negative vs. positive Rechtskonzepte und das Problem der moralischen Unsicherheit.

Michael Huemer: Abortion is Difficult

Die Absurdität der atheistischen Religionen

Die Idee, eine Weltanschauung darauf aufzubauen, das Gegenteil zu sagen wie Jesus Christus, ist vollkommen bescheuert. Nur weil man nicht an Gott glaubt, oder nicht an den christlichen Gott glaubt, muss man keine andere Ethik vertreten als Jesus Christus.

Was stimmt, ist, dass man diese Ethik nicht auf den christlichen Gott zurückführen könnte. Muss man aber auch nicht. Es gibt gute säkular-philosophische Begründungen für Menschenrechte, Menschenwürde und soziale Verantwortung. Wir können historisch nicht nur das Schlechte, sondern auch das Gute identifizieren, das aus der christlichen Ethik erwachsen ist.

Wie können wir ohne heilige Bücher und Propheten Gut und Böse unterscheiden? Ich führe die Ethik auf universelle menschliche Intuitionen zurück, siehe dazu Stanford Encyclopedia of Philosophy: Intuitionism in Ethics. So umgehe ich das Münchhausen-Trilemma. Man muss als Atheist keine willkürlichen Dogmen aufstellen. Das ist ja gerade das, was wir vermeiden möchten und daher kommt ein großer Teil der Religionskritik.

Zur Rezeption meiner Kritik am Evolutionären Humanismus

Nun habe ich meine Kritik an Evolutionären Humanismus persönlich der Hamburger Regionalgruppe der GBS in einem kurzen Vortrag und in einer langen Diskussionsrunde dargelegt. Die meisten GBSler haben sich nicht bis ins letzte Detail mit dieser Weltanschauung befasst, es ist generell meine Spezialität, alles sehr umfassend zu recherchieren und durchzudenken.

Die meisten Interessenten sehen die GBS einfach als eine säkulare Organisation an, die sich für die Trennung von Kirche und Staat und für bestimmte Bildungsanliegen einsetzt. Sie ist aber offiziell mehr als das, sie vertritt und verbreitet das Weltbild namens „Evolutionärer Humanismus“, außerdem vertritt sie spezifische politische Positionen zu Themen wie Sterbehilfe und Abtreibung.

Es gab einen berechtigten Kritikpunkt während unserer Diskussion: Ich habe nicht klar genug dargelegt, inwiefern die GBS den Sein-Sollen-Fehlschluss begeht. Hier stellt sich die Frage, warum sie so stark betont, dass wir evolviert sind, dass wir „Trockennasenaffen“ sein sollen und „die Neandertaler von morgen“, wenn das für unsere Ethik, für die Normen, nach denen wir handeln sollen, vollkommen gleichgültig ist.

Vielleicht zieht die GBS wirklich keinerlei normativen Schlüsse aus ihrer obsessiven Betonung unserer evolvierten Affenhaftigkeit, und dann greift der Sein-Sollen-Fehlschluss hier auch nicht. Dann greift aber weiterhin meine Kritik, wonach die Ethik von MSS auf einem Dogma beruht, das er sich selbst ausgedacht hat, der „Humanistischen Basis-Setzung“. Und das ist auch nicht viel besser.

Eine wirkliche Alternative zum Glauben

Nun wurde ich gefragt, was eigentlich meine eigene Weltanschauung sei. Es kann ja nicht sein, dass ich nur an den Überzeugungen anderer herumnörgle.

Meine Weltanschauung ist zunächst einmal die reine Philosophie im Gegensatz zu vermeintlichen Wissensquellen wie Mystizismus, heilige Bücher, Offenbarung und Autorität. Ich vertrete aber auch einige konkrete philosophische Positionen mit verschiedenen Graden an Sicherheit.

Dazu gehören die Objektivität der Realität, die Absolutheit der Vernunft (wir sollten immer auf die Vernunft hören), der moderate Realismus im Universalienstreit, der ethische Realismus, die A-Priori-Ethik in Form des Intuitionismus und ein liberaler Kommunitarismus in der Politik.

Nun ist es wahrscheinlich, dass den meisten Lesern die meisten dieser Begriffe nichts sagen. Aber genau das ist meine Antwort auf die Frage, wie man zu einem rationalen Weltbild gelangt, das nicht auf Dogmen angewiesen ist: durch die Philosophie. Und das heißt, man wird sich mit Philosophie befassen müssen, wenn man als Atheist oder Agnostiker ein rationales Weltbild anstrebt, das auf Dogmen und sonstigen Blödsinn (das Gegenteil sagen wie Jesus Christus) verzichtet.

(Mir ist immer noch richtig übel von den menschenverachtenden Zitaten von Nietzsche, Rand und Huxley oben. Tut mir leid, dass ihr da durchmusstet. Vielleicht sind Trigger-Warnungen doch keine so schlechte Idee).

Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Philosophie-Blog Feuerbringer.

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Kommentare

  1. userpic
    Jörn Dyck

    Eine Weltanschauung, die auf Philosophie basiert, ist mit sehr großer Wahrscheinlichkeit falsch. Hinzu kommt: Zwei oder mehrere Weltanschauungen, die auf Philosophie basieren, werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit widersprechen.

    Insofern stellt sich für mich nicht die Frage: Wer hat recht? Sondern es stellt sich die Frage: Wie einigt man sich trotzdem?

    Beim Versuch, sich trotzdem zu einigen, wird man häufig konfrontiert mit Ausführungen darüber, warum dennoch jemand recht hat. Auf Diskussionsveranstaltungen beginnt es als lässig hingeworfene Nebenbemerkung in der Begrüßung, diese wird aber von allen anderen Teilnehmern (nur vorab, versteht sich!) ausführlich beantwortet, weil man es nicht stehen lassen wollte, der Ordnung halber, ohne die Debatte verzögern zu wollen.

    Dieser Abschnitt (in der Tagesordnung angekündigt als "kurze Begrüßung durch den Vorsitzenden") kann sehr lange dauern, je nach Ausdauer der Teilnehmer einige Stunden oder Tage. Das liegt daran, dass es uns mehr oder weniger schwer fällt, beim Thema zu bleiben; und weil auch in der Philosophie nicht immer ganz klar ist, worin überhaupt das Thema besteht.

    Nach intensiven Debatten landet man gewöhnlich wieder am Ausgangspunkt — nur leicht modifiziert, nämlich, dass in zwar in der Tat jemand recht hat, die anderen es aber nicht einsehen wollen. Unbeantwortet bleibt stets die Frage, wie man sich trotzdem einigt.

    Zur gleichen Zeit spielt sich in der Gesellschaft ein unerklärliches Phänomen ab. Die meisten Deutschen wissen nicht, wer oder was die "GBS" ist und halten es entweder für das Kürzel des britischen Geheimdienstes oder für ein neuartiges Navigationssystem. Bevor auch nur 1% der Deutschen weiß, wer oder was die "GBS" ist, werden erste Siedlungen auf dem Mars errichtet sein. Das ist keine Übertreibung.

    Es relativiert die Frage, wer recht hat. Denn im Kern geht es nicht darum, wer recht hat, sondern welche Auswirkungen auf die Gesellschaft gelingen. Sicherlich trifft die GBS nicht die Meinung aller ihrer Mitglieder und Freunde; aber man muss den Karren erstmal in die Nähe der Ziellinie ziehen, bevor man sich darüber streiten sollte, welche Feinheiten in der Siegesrede verkündet werden.

    Von allen Argumenten empfinde ich persönlich als das schwächste, dass jemand recht hat und überzeugt davon ist. Die Begründung mag überzeugend sein, aber die Menschen werden trotzdem unterschiedliche Ansichten haben. Die Frage ist eher: Zu welchem Zwang bin ich berechtigt, um meine Ansichten durchzusetzen? Kann es per Demokratie entschieden werden oder gehört es zum alleinigen Privileg des Individuums? Muss der Staat neutral sein? Oder muss er einen Schutzfunktion ausüben, auch wenn das die Freiheit einschränkt? Wann ja? Wann nein?

    Die Antworten werden nicht philosophisch-präzise sein, sondern politisch-ungenau. Die Antworten werden auf einer Skala liegen, also nicht bei "ja" oder "nein", sondern die Gesellschaft wird es gewichten und dabei das Bleistück mal nach links und mal rechts verschieben. Niemand wird exakt das erreichen, was er vorgeschlagen hatte. Solche Feinheiten sind in gesellschaftlichen Prozessen einfach nicht realistisch. Ein Argument, das zunächst eine halbstündige Einleitung über "Objektivismus" und über die Schriften einer toten Dame namens "Huxley" benötigt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit kein Gehör finden. Wenn davon unser Erfolg abhängt, können wir es gleich sein lassen.

    Die Frage ist: Welche Grundüberzeugung teilen wir, und wie können wir mit dieser einen Grundüberzeugung so unaufhaltbar aufs Tor zustürmen, dass wir einen Treffer erzielen?

    Wir versuchen machmal, anstelle eines Balls einen ganzen Sack voller Tischtennisbälle vors Tor zu dribbeln — und um jede der kleinen Kugeln wird heftig gestritten. So funktioniert es nicht.

    Antworten

    1. userpic
      Rolf Schröder

      Ich habe dem trefflichen Kommentar von Herrn Jörn Dyck nichts wesentlich Neues hinzuzufügen. Dennoch möchte ich zusätzlich noch in die Runde rufen: „Die Philosophie ist tot!“ (Hawkins)
      Warum das so ist, das habe ich vor ca. zwei Jahren in einem kurzen Beitrag dargelegt, zusammengefasst könnte man sagen: „Philosophieren ja! Philosophienen nein!“

      Hier der 2-seitige Beitrag als PDF-File: „Die Philosophie ist tot!“

      Antworten

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