Ein Beweis für Gottes Plan?

Moralisch auf dem gleichen Niveau

Ein Beweis für Gottes Plan?

Foto: Pixabay.com / WOKANDAPIX

Die Heilige Schrift weist darauf hin, dass sie sich moralisch auf dem gleichen Niveau wie die fortschrittlichste Technologie befindet. Ist sie also ein Beweis für Gottes Plan?

Erstens steht das nirgendwo in der Bibel. Erstaunlich, was ein paar Christen so alles aus der Bibel herauslesen, was nirgends geschrieben steht oder nicht gemeint sein kann.

Zweitens ist diese Behauptung falsch, gleich von wem sie kommt. Die fortschrittlichste Moral entsteht durch eine Emanzipation von der christlichen Moral.

Die Moral der Bibel beruht auf der Divine Command Theory (DCT, auf Deutsch: Göttliche Kommando Theorie), der Ansicht, dass eine Moral von Gott kommandiert werden kann oder sollte. Diese Theorie ist logisch falsch, wie man sehen kann: 16 Problems With Divine Command Theory.

Beispiel: Entweder, es unterliegt Gottes Willkür, was moralisch gut ist und was nicht. Wenn Gott zufällig entschieden hätte, es sei gut, kleine Kinder zum eigenen Vergnügen zu foltern und zu töten, dann wäre das moralisch gut. Wer sagt, das sei in jedem Fall moralisch schlecht (wie nahezu 100 % aller Menschen), der behauptet, dass es unabhängig von Gott moralisch schlecht ist.

Und nein, es ist kein Ausweg, zu sagen, das Gute sei eben Gottes Natur. Denn woher kommt seine Natur? Von ihm selbst kann sie nicht kommen, dann wären wir wieder bei einer willkürlichen Entscheidung. Zudem besteht die Natur eines jeden Wesens aus etwas, was nicht seiner Kontrolle unterliegt. Gott hätte demnach keine Kontrolle darüber, was gut ist und was nicht, und das moralische Gute wäre wiederum unabhängig von Gott. Außerdem hat man dann eine Tautologie: Moralisch gut = Gott. Ob ich jetzt sage, etwas sei gut, oder etwas kommt von Gott, besagt dasselbe. Man kann also Gott vollkommen aus der Moral streichen, ohne an seinen Aussagen bezüglich Moral etwas zu ändern.

Zudem wissen wir seit Kant, dass jede Handlung, um moralisch sein zu können, das autonome Subjekt voraussetzt. Wenn eine Handlung erzwungen wird, ist sie nicht moralisch. Der Kassierer einer Bank, der Bankräubern das Geld der Kunden aushändigt, begeht objektiv den Tatbestand der Unterschlagung. Wir verurteilen ihn jedoch nicht, weil er gezwungen wurde und der Schutz des Lebens über dem des Geldes steht. Da er nicht autonom handelte, kann man seine Tat nicht als moralisch schlecht bewerten.

Wenn Gott die Moral diktiert, gibt es diese Autonomie nicht. Die Menschen handeln, weil es befohlen wurde, und weil es mit Zwang belegt ist, erst recht nicht. Wer glaubt, für moralisch richtiges Handeln gibt es eine Belohnung (Paradies) und für schlechtes Handeln eine Bestrafung (Hölle), der handelt nicht moralisch, der handelt unter Zwang. Wer an einen belohnenden/bestrafenden Gott glaubt, kann nicht moralisch handeln. Das kann eigentlich nur ein Atheist, der nicht an Gott glaubt.

Wenn es einen Gott gibt, gibt es keine Moral. Man sollte, wenn man moralisch handeln möchte, nicht an Gott glauben. Das ist auch einem Christen möglich, aber für einen Atheisten leichter.

Wenn Gott einen moralischen Plan hätte, gäbe es keine Moral. Zudem scheinen Christen kein Verständnis dafür zu haben, was Moral ist: Wir empfinden als unmoralisch, was uns schadet. Was uns schadet und was nicht, können wir auch ganz ohne Gott entscheiden. Niemand braucht einen Gott, um zu entscheiden, dass es ihm schadet, wenn man ihn tötet oder bestiehlt.

Moral dient dazu, die Probleme des Zusammenlebens zu lösen. Das können die am besten entscheiden, die von den Problemen betroffen sind, und nicht irgendein außerkosmisches Alien.

Weiterhin erfolgt die Einstufung der menschlichen Moralentwicklung anhand des Models von Kohlberg.

Wikipedia:

Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung beschreibt, wie sich das moralische Urteilsvermögen in sechs Stufen entwickelt, die in drei Hauptniveaus unterteilt sind:

- Präkonventionelles Niveau: Moralische Entscheidungen basieren auf persönlichen Vorteilen und Strafen.

- Konventionelles Niveau: Moralische Urteile orientieren sich an sozialen Normen und dem Wunsch nach Zustimmung.

- Postkonventionelles Niveau: Moralische Prinzipien werden unabhängig von gesellschaftlichen Normen entwickelt und basieren auf universellen ethischen Grundsätzen. Kohlberg knüpft an die Entwicklungstheorie von Jean Piaget an und zeigt, dass moralisches Bewusstsein in einer bestimmten Reihenfolge entsteht.

Was Christen also wollen, ist, dass wir auf dem untersten Niveau der Moralentwicklung verharren — Moral als ein Regelwerk, das von einer Autorität verfügt wird. Darauf haben sich auch die Nazis in den Nürnberger Prozessen berufen. Aber man kann es niemandem durchgehen lassen, wenn er als erwachsener Mensch seine moralischen Entscheidungen von einer externen Autorität abhängig macht. Das gilt auch für Gott. Jede Moral geht den Bach runter, wenn man sie alleine von Autoritäten abhängig macht. Man kann diese falsche Ansicht von Moral den Christen leider nicht durchgehen lassen, vor allem, weil sie meinen, mit ihren schrägen Ansichten zur Moral die Moral der Gesellschaft bestimmen oder beeinflussen zu wollen. Christliche Moral hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen! Wir müssen diesen moralischen Müll endlich entsorgen.

Wenn das der Plan Gottes war, dann wäre dieser Plan mit beschissen noch viel zu positiv beschrieben. Wobei, ich muss nur aus dem Fenster sehen, um zu begreifen: Wenn das alles einem Plan unterliegt, ist das der mieseste, schlechteste Plan, den ich je gesehen habe, und den Planer sollte man zum Teufel jagen - wenn es einen Planer und einen Teufel gäbe.

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