Ein Brief von Richard

Richard Dawkins schreibt uns ein paar Zeilen über sein derzeitiges Wohlbefinden.

Ein Brief von Richard

Zwischen den Besuchen bei den Physio- und Ergotherapeuten (gut für die Glieder, Finger und die dazu gehörigen Hirnareale), lausche ich Bach (beruhigend und gut für den Blutdruck), und dem Hörbuch von Steven Pinkers vortrefflichen „How the mind works“ (gut für den Verstand), ein Buch, welches die seltsamerweise weit verbreiteten Vorurteile gegen die Evolutionspsychologie für immer vertreiben sollte. Ich schaue außerdem die DVD „Life Story“ von David Attenborough. Welch ein Held, ebenso wie sein unerschrockener und fast schon übermenschlich geduldiger Kameramann.

Es ist schwer Grönlands Weißwangengänschen die Auszeichnung „Held“ vorzuenthalten, die sich selbst, nur vier Tage nach dem Ausschlüpfen, von den haushohen Klippen, auf denen ihre Eltern ihr Nest eingerichtet haben, zum Schutz vor Räubern in die Tiefe stürzen. Der Preis für diese Sicherheit besteht darin, dass die Gänschen, wenn sie dem Verhungern entkommen wollen, lange bevor sie fliegen können, sich selbst auf der Suche nach Seegras in die Leere schleudern, von der Klippe ins Geröll hinunterstürzen, wo sie kopfüber taumelnd, fast bewusstlos, auf den Weg nach unten hin und her geworfen und von jedem Stein getroffen werden.

Der Instinkt, welcher die winzigen Jungtiere hinunterfallen lässt, ist was Steve Pinker als Module des Verstands bezeichnen würde. Es ist in die Gehirne durch das nichtzufällige Überleben der Gene der Vorfahren eingebaut. Jeder der Vorfahren, zahllose Generationen zurückreichend, befand sich unter der Minderheit der Elite, die aufgrund der gleichen  Taufe durch den Abgrund überlebten. Jedes Gänschen, das vor dem Sprung kniff, verhungerte. Viele die es wagten, sind gewaltsam umgekommen. Aber es überlebten genug, damit die Gene das wagemutige Modul des Verstands fördern konnten, weshalb die heutigen den Sprung machen.

In der gleichen Attenborough Episode waren auch Springmäuse: Nagetiere, die interessanterweise und eigenständig die Kangeroo Laufart entwickelt haben. Sie jagen in der Nacht, indem sie mit ihren gigantischen Ohren, proportional die größten im Tierreich, nach Beute lauschen. Die gefühlslose „grausame Natur“ „egoistische Gen“ Botschaft, derer sich Steve Pinker so erfrischend gewahr ist, tönt aus jedem Kapitel des vortrefflichen Drehbuchs von Attenborough heraus. Zum Beispiel ist die größte Gefahr für das Buckelwalkalb, dass Männchen sich gewalttätig und konkurrierend mit der Mutter paaren wollen: warum sollte es sie kümmern, da es unwahrscheinlich ist, dass irgendeiner von ihnen der Vater ist?

Ich muss hier aufhören: das Tippen ist wirklich anstrengend, aber die Therapeuten haben mir gesagt, dass ich es üben soll, egal wie schwer es ist. Entschuldigung dafür, wenn es sich nicht so flüssig lesen lässt, wie es sein sollte. Vielleicht bin ich morgen besser. Vielen, vielen Dank für all die wunderbaren und freundlichen Botschaften der Unterstützung und Ermutigung.

Richard

17. Februar 2016

Übersetzung: Jörg Elbe

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