Ein erstaunliches, aber auch erschütterndes und leidvolles Buch

Dieses Buch sind die von einem Ghostwriter geschrieben Memoiren einer fast übermenschlich mutigen und heldenhaften jungen Frau, die vom IS gefangen und in die Sexsklaverei verkauft wurde.

Ein erstaunliches, aber auch erschütterndes und leidvolles Buch

Farida Khalaf (aus offensichtlichen Gründen nicht ihr richtiger Name) ist ein jesidischer Teenager aus der kurdischen Region des Nordirak. Eine Überfliegerin in Mathematik, träumte sie davon Lehrerin zu werden und gewann ein begehrtes Stipendium in Deutschland. Aber ihr Traum und ihr glückliches Familienleben wurden zerstört, als jihadistischer Abschaum ihre Heimatstadt überfiel. Die Männer der Stadt mussten sich in einer Reihe aufstellen und wurden für das Verbrechen, keine Muslime zu sein, erschossen (die Jesiden sind Monotheisten, aber ihr Gott unterscheidet sich von Allah genug, um Mord zu gerechtfertigen), und die Frauen wurden verschleppt und als Sklavinnen verkauft. Im Falle von jungen Frauen und Kindern als Sexsklaven, Jungfrauen besonders geschätzt. Auf dem Sklavenmarkt prüfen die Kunden die Handelsware, bevor in Anwesenheit der Ware über den Preis gefeilscht wird. Einer der interessierten Käufer steckte seinen Finger in Faridas Mund, wie es jemand tun würde, der ein Pferd kaufen möchte. Sie biss ihn und ich finde es schade, dass sie ihm den Finger nicht ganz abgebissen hat. In der Hoffnung den Kauf aufzuschieben, versuchten Farida und ihre gute Freundin Evin sich absichtlich so unattraktiv wie möglich zu machen, obwohl die Bedingungen, unter denen sie gefangen gehalten wurden und auf den Verkauf warteten, mehr als schrecklich waren.

Farida wurde gekauft, verkauft, wieder gekauft, von ihren „Besitzern“ wiederholt vergewaltigt, hungerte und wurde bis hin zu ernsthaften Verletzungen geschlagen. Gnädigerweise bleiben uns die Details der Vergewaltigungen erspart, aber ein entsetzliches Bild bleibt in der Erinnerung:

„Ich habe lange genug gewartet“, sagte er, „Gott ist mein Zeuge, das es so ist. Ich habe ein Recht auf dich.“

Sein langes „Warten“ ergab sich, als Farida durch einen Selbstmordversuch außer Gefecht gesetzt war, nachdem er sie gekauft hat. Sie schnitt sich die Handgelenke mit einer zerbrochenen Flasche auf, die einzige Waffe, die sie sich besorgen konnte. Sie hatte sich vor der Vergewaltigung kaum von dem massiven Blutverlust erholt.

Er rollte seine Matte aus und machte sich daran, auf die Knie zu gehen und zu beten. Ich hatte von Freunden gehört, dass insbesondere die Religiösen es gewöhnlich taten, bevor sie eine Frau nahmen, um dadurch die Vergewaltigung als eine Art der Anbetung zu feiern.

Farida versuchte verzweifelt aus dem Fenster zu springen, während er durch das Beten abgelenkt war, aber er fing sie ein.

Ich versuchte seinen Arm zu beißen. Aber es half nichts. Ich konnte nicht verhindern, was Amjed geplant hatte zu tun. Als er schließlich von mir abließ, rollte ich mich zusammen und blieb weinend im Bett.

Diese Nacht hatte Farida einen epileptischen Anfall.

Evin wurde auch gekauft und die beiden Freundinnen sahen sich danach nur noch unregelmäßig, was ihre Verzweiflung noch vergrößerte, weil sie sich gegenseitig großen Trost spendeten. Diese gegenseitig unterstützende Kameradschaft unter unsäglichen Widrigkeiten gehört zu den bewegendsten Abschnitten des Buches. Farida gab vor, nicht Arabisch zu sprechen und Evin stellte sich als ihre Schwester dar, die bei ihr bleiben müsste, um ins Kurdische zu übersetzen

Mit einer widerlichen Regelmäßigkeit erklärten die „Besitzer“ der Mädchen, dass ihr Verhalten vom Koran abgesegnet sei: ungläubige Frauen, die im Krieg gefangen genommen werden sind dein Eigentum, mit dem du machen kannst, was du willst. Offensichtlich weiß dies jeder, frage nur den nächstbesten „Gelehrten“. Und natürlich müssen ungläubige Männer getötet werden, es sei denn, sie konvertieren zum Islam. Es muss großartig sein, so viel Vertrauen in seine Religion zu haben, dass man es für nötig befindet, Menschen zu töten, die ihr nicht folgen. Ihre Entführer versuchten mehrmals die Mädchen zum Islam zu konvertieren und ließen sie den Koran auswendig lernen, um beim Versagen mit dem Stock geschlagen zu werden.

Nach einigen mutigen, aber erfolglosen Fluchtversuchen, führten Farida und Evin schließlich eine Gruppe von sechs Mädchen bei einem gefährlichen Ausbruch an. Evin hatte einen Onkel, der in Deutschland lebt, mit dem sie es schaffte, mittels eines Handys zu telefonieren, welches sie sie von ihren Wächtern stahlen. Er kontaktierte eine „Scharlachrote Siegel“-artige Untergrundbewegung, die sie für Geld in Sicherheit schmuggeln würden, wenn sie entkommen würden. Mit einem furchterregenden, waghalsigen Kunststück schafften sie es. Ein Mitglied der Fluchtgruppe war die zwölfjährige Besma (zwölf ist nicht zu jung, um vergewaltigt zu werden, abgesegnet durch die heilige Schrift). Ihr epischer, mühseliger Marsch durch vom IS besetztes Gebiet, lässt beim Leser das Herz bis zum Halse pochen. Die Gefahr, wieder gefangen zu werden, war jederzeit präsent und die Angst vor dem, was passieren würde, wenn sie wieder eingefangen werden, war unauslöschbar in ihren Gedächnis eingebrannt. Ihre Flucht wäre eines Colditz Thrillers würdig, und Farida und Evin haben sich heldenhaft verhalten , führten die jüngeren Mädchen hinaus, inklusive der kleinen Besma, die so krank vor Hunger war, dass sie um ihr Leben fürchteten. Die Odyssee endete mit einer Boot Überquerung des Euphrat, wo sie sich mit Faridas Onkel und anderen Verwandten verabredet hatten. Farida wurde später unter Tränen wieder mit ihrer Mutter zusammengeführt, die der Sklaverei auch entkommen konnte, aber durch die brutale Behandlung kaum wieder zu erkennen war. Faridas jüngerer Bruder war der einzige Überlebende, als die Männer der Stadt erschossen wurden, weil sie keine Muslime waren. Er war verwundet worden, hat aber vorgetäuscht tot zu sein, und kam so davon.

Selbst nach ihrer Flucht hing ein Schatten über Farida. In den Augen der Kultur in der sie aufgezogen wurde, wird der Umstand, dass sie vergewaltigt wurde, als Entehrung der Familie angesehen, fast so, als wenn es ihr Fehler gewesen wäre. Es wurde nur einmal laut ausgesprochen, aber sie, Evin und ihre Kameradinnen konnten es spüren. Letztlich verwirklichte sie ihre Ambitionen nach Deutschland zu gehen, wo sie nun lebt. Sie macht gute Fortschritte Deutsch zu lernen und hat ihre Hoffnungen, Mathematiklehrerin zu werden, wieder aufgegriffen. Aller Verdienst an Deutschland. Würde Britannien ihr geholfen haben? Brexit Britannien? Farages beschämendes Britannien? Ich hasse es zu sagen, aber ich denke, ich weiß die Antwort.

Was für eine tapfere junge Frau, was für ein leuchtendes Beispiel für uns verwöhnte Flegel, die sich über unsere Erste Welt Probleme grämen. Lest das Buch, obwohl ich davor warnen muss, dass es im hohen Maße erschütternd ist. Aber ebenso erhebend. Unvergesslich.

Übersetzung: Jörg Elbe

Das Buch erschien im englischsprachigen Raum im Juli 2016. Die deutsche Ausgabe wurde im Januar 2016 veröffentlicht.

Andrea C. Hoffmann, Farida Khalaf:
Das Mädchen, das den IS besiegte: Faridas Geschichte
256 Seiten, Verlag: Bastei Lübbe (Lübbe Ehrenwirth) (25. Januar 2016)

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