Sehr geehrte Förderer der Vernunft und Wissenschaft!
Nachdem Richard Dawkins vor allem als Spezialist für die Evolutionstheorie bekannt ist, hoffe ich, hier eine Antwort oder zumindest plausible Erklärungsversuche für eine Frage zu finden, auf die mich Erich v. Däniken (ach du Schreck!) gebracht hat. Es geht um Folgendes:
Jede höhere Lebensform hat eine typische Anzahl von Chromosomenpaaren. Beim Menschen sind es 23, bei anderen Primaten 24.
Nun ist eine unterschiedliche Anzahl von Chromosomen gemeinhin ein Hindernis bei der Fortpflanzung. Wenn ein Mensch durch eine Genmutation mehr oder weniger Chromosomen hat als 46, dann ist er nicht nur möglicherweise behindert (z.B. Trisomie 23), sondern auch ganz sicher gar nicht oder kaum fortpflanzungsfähig.
Bei Pferden und Eseln ist die unterschiedliche Chromosomenzahl zwar kein Hindernis, sich erfolgreich zu paaren, aber die entstehenden Maulesel bzw. Maultiere sind ihrerseits unfruchtbar. Nach meinem Wissensstand eben wegen der unterschiedlichen Chromosomenzahl, die dann bei den Maultieren einen ungeraden diploiden Chromosomensatz ergibt.
Ein Vergleich der Chromosomensätze bei Mensch und Schimpanse hat gezeigt, dass das zweite Chromosomenpaar des Menschen eine Verwachsung des zweiten und dritten Chromosomenpaars des Schimpansen ist. Das ist zwar sehr spannend und in mancher Hinsicht erhellend, beantwortet aber noch nicht völlig die Frage, wie es mit der Fortpflanzungsfähigkeit der ersten Menschen mit der neuen Chromosomenzahl ausgesehen hat. Irgendwann müssen sich ja ein Vorfahre mit Chromosomenzahl 24 (ich nenne ihn "A") und ein Vorfahre mit Chromosomenzahl 23 (ich nenne ihn "B") erfolgreich gepaart haben.
Haben die die Chromosomen 2 und 3 von "A" das zusammengewachsene Chromosom 2 von "B" gefunden und erkannt? Dann hätte längere Zeit eine Population mit gemischter Chromosomenzahl existieren können. So ein Fall ist meines Wissens gegenwärtig nicht bekannt.
War das Erbgut von "B" so dominant, dass es den Nachkommen allesamt die neue Chromosomenzahl aufgezwungen hat? Dann wäre es das wohl auch heute noch und ein Hybrid von Mensch und Schimpanse wäre möglich. Ist es aber, soweit ich weiß, nicht.
Sind die Chromosomenpaare 2 und 3 "allmählich" zusammengewachsen? Ein allmähliches Zusammenwachsen kann ich mir rein geometrisch nicht recht vorstellen.
Haben Zwillinge, die naturgemäß beide die neue Chromosomenzahl besaßen, eine neue Population gegründet? Bei Herdentieren, wie es Primaten sind, wäre es doch höchst unwahrscheinlich, dass sich lauter "B"s zusammenfinden - es sei denn, das zusammengewachsene Chromosom hätte auch eine deutliche Änderung des Aussehens oder Geruchs bewirkt.
Wenn wir schon dabei sind: Eine Änderung der Chromosomenzahl muss in der Evulotion etwas fast Alltägliches sein. Die Zahlen rangieren bei Tieren von 8 bis 100, bei Pflanzen noch weiter. Es muss einen Mechanismus geben, der die Fortpflanzungsbarriere, die sonst bei unterschiedlichen Zahlen existiert, aufhebt.
Warum mir diese Frage so brennt: In Richards Dawkins´ sehr überzeugendem Buch "Geschichten vom Ursprung des Lebens" hat er höchst anschaulich die kleinen Schritte der Evolution dargelegt, die schließlich doch zu unterschiedlichen Arten führen. Eine Änderung der Chromosomenzahl in kleinen Schritten erscheint mir aber rein mathematisch unmöglich.
Mit der bitte um erhellende Beiträge
Der Pfarrer
Kommentare
S.g. Gerhard!
Danke für Ihren Kommentar!
V.a. das Beispiel von Wild- und Hausschwein ist überzeugend und widerlegt Däniken endgültig. Ich habe es schnell im Internet gecheckt und dort erfahren, dass durch Rückkreuzungen bei den Wildschweinen in Deutschland die Chromosomenzahl von 36 und 38 variiert. WIE die Meiose bei ungeraden Chromosomenzahlen funktioniert, interessiert mich dann zugegebenermaßen nicht mehr so sehr. Sie funktioniert jedenfalls, das weiß ich jetzt und meine Ratlosigkeit ist beseitigt.
Die "höheren Lebensformen" sind als Ausdruck unpassend, gebe ich zu. In diesem Fall waren alle geschlechtlich fortpflanzenden Lebensformen gemeint. Gerade vor Ameisen habe ich seit der Lektüre von Hölldobler/Wilsons Standardwerk allergrößten Respekt. Nur nicht in meiner Küche ;-)
Nochmals Danke und einen schönen Abend!
Pfarrer Schönecker
Antworten
Zuerst einmal könntest du den Begriff "höhere Lebensform" streichen. Eine Rangordnung, die sich hauptsächlich über die Gehirngröße und die Ähnlichkeit zum Homo sapiens sapiens als vermeindliche Krone der Schöpfung definiert ist zumeist wenig hilfreich. Manche meinen z.B. auch, dass die Termiten und die Ameisen die am höchsten entwickelten Lebensformen sind...
Fusionierte oder zerbrochene Chromosomen sind keine Seltenheit und so lange keine oder nur wenige Gene verloren gegangen sind auch nicht weiter schlimm. Tiere, die solche eine Mutation tragen können sich auch durchaus mit Tieren fortpflanzen, die diese Mutation nicht tragen. Doch ist meist die Gefahr größer, dass es bei dem betroffenen Chromosomenpaas zu Trisomien oder Monosomien kommt. Dadurch wird der durchschnittliche Fortpflanzungserfolg reduziert, was dazu führt, dass die allermeisten dieser Mutatioen wieder verschwinden. Doch in seltenen Fällen kann es z.B. durch Gendrift (eine kleine Gruppe wird durch neue geographische Hindernisse, Umweltkatastrophen, Klimaänderungen, Zufall usw von der Hauptpopulation getrennt, und hat Zufällig eine höhere anzahl einer sonst seltenen Mutation im Genom) und einen großen Zufall dazu kommen, dass plötzlich eine Population entsteht in der die Träger der neuen Mutation in der Mehrheit sind. Dadurch ist dann plötzlich die alte Variante im Nachteil bei der Anzahl der Monosomien und Trisomien und wird über die kommenden Generationen nach und nach seltener bis sie in dieser Population ausgestorben ist. Und schon hast du eine Population einer Art, die eine von anderen Populationen der selben Art abweichende Chromosomenzahl besitzt. So etwas findest du z.B. bei vielen Mäusearten (auch in Deutschland), (Wild-)Pferden und bei Schweinen. Dabei können sich diese zu meist problemlos fortpflanzen. Z.B. können sich Hausschwein und Wildschwein problemlos Kreuzen, obwohl sie unterschiedliche Chromosomenzahlen besitzen und die Nachkommen mit ungerade Chromosomenzahlen sind auch problemlos fortpflanzungsfähig.
Erst, wenn in den getrennten Populationen zusätzlich genügend "normale" Mutationen aufgetreten sind wird eine Spätere Kreuzung erschwert oder verhindert (stelle dir einfach mal vor was passiert, wenn in einem einzigen Individuum die Gene für das große Menschliche Gehirn auf die Gene für den kleinen Schimpansenkopf trifft. Und das ist nur einer von sehr vielen Abweichungen im Bauplan der beiden Spezies).
Es ist immer wieder erstaunlich, wie instabil die DNS bzw das Erbgut ist und noch erstaunlicher, dass das Leben daraus auch enorme Vorteile zieht.
Antworten
Sehr geehrter Herr Dantrimont!
Herzlichen Dank für Ihre schnelle und kompetente Antwort!
Wenn ich Sie richtig verstanden habe (was sicher nicht auf jedes Detail, aber hoffentlich auf die Grundzüge Ihrer Antwort zutrifft), dann wäre die unterschiedliche Chromosomenzahl einfach kein so großes Fortpflanzungshemmnis, wie ich dachte.
Zunächst: Dass es andere, viel bedeutendere genetische Hindernisse bei der Fortpflanzung gibt als die Chromosomenzahl, ist mir schon klar.
Der Grund, warum ich ich davon ausging, dass ein Lebewesen mit Chromosomenzahl 23 sich nicht mit einem Lebenwesen mit einer anderen Chromosomenzahl fortpflanzen kann, war dieser: Jede Tier- und Pflanzenart hat nur EINE typische Chromosomenzahl. Das ist zugegebenermaßen kein zwingender Beweis sondern bestenfalls ein Indiz.
Was die Maultiere betrifft: Laut Wikipedia haben Pferde 64 Chromosomen (32 Paare), Esel nur 62 (31 Paare). Maulesel haben dann 63 Chromosomen. Das macht "eine haploide Geschlechtszellenbildung unmöglich" (Zitat Wikipedia, Artikel "Maulesel"). Im selben Artikel wird aber darauf hingewiesen, dass gelegentlich fruchtbare Stuten vorkommen. Heißt das, dass Fortpflanzung auch ohne haploide Geschlechtszellenbildung möglich ist? Der Regelfall ist es sicher nicht. Im Wikipedia-Artikel über Meiose habe ich darüber jedenfalls nichts gefunden.
Oder hatten unsere Vorfahren, wenn sich "46er" und "48er" vermischt haben, NICHT als Ergebnis 47 Chromosomen, sondern nur 46? Das wird sich jetzt wohl kaum mehr herausfinden lassen.
Danke jedenfalls auch für die Links. Derzeit ist mein PC stumm, hoffentlich kann ich mich bald belehren lassen.
Ich nehme als Fazit mit, dass erstens unterschiedliche Chromosomenzahlen kein Ausschließungsgrund für nachhaltige Fortpflanzung sind und dass zweitens die Evolution eine zähe und erfindungsreiche Dame ist, die auch überraschende Wege findet, Hindernisse zu überwinden.
Noch kurz zu Erich von Däniken: Was ich an ihm mag: Er stellt Fragen, die die Wissenschaft noch nicht gestellt hat, und er macht sie einem breiten Publikum bekannt. Manche dieser Fragen sind sogar gut. Was ich an ihm nicht mag: seine Antworten.
Danke noch einmal, Sie haben mit weitergeholfen!
Mit freundlichen Grüßen, Pfarrer Schönecker
Antworten
Hallo Pfarrer,
Däniken ist natürlich immer mit Vorsicht zu genießen, denn
er ist ja bekanntlich ein auf der Erde gelandeter Außerirdischer.
Oder ich habe jetzt etwas mißverstanden? ;-)
Aber gut, seine Fragen müssen deshalb ja nicht automatisch
dumm sein. Also schauen wir uns die Frage mal an. Ich muß
gleich vorweg schicken, daß ich kein Biologe bin, der die Fragen
vermutlich besser beantworten könnte. Aber immerhin bin ich
an Biologie interessiert, insb. an Evolution und sogar an den
Möglichkeiten außerirdischen Lebens, über die ich gelegentlich
auch Vorträge halte.
Mich verbindet nämlich durchaus mit Däniken die Vorstellung,
daß es Außerirdische gibt. Nur denke ich halt, daß die ihrem
Namen gerecht werden und noch nicht hier waren.
Zur Frage:
Der wesentliche Grund, daß verschiedene Spezies nicht (mehr)
miteinander fortpflanzungsfähig sind, liegt bereits innerhalb der
jeweiligen Chromosomen, nicht erst in ihrer Anzahl.
Sie selbst gehen ja in Ihrem Text - so wie ich - davon aus, daß
Schimpansen und Gorillas beide 24 verschiedene Chromosomen
(jeweils doppelt) haben und dennoch können sie sich nicht
miteinander paaren.
Bei denen kann also die Zahl der Chromosomen schon mal nicht
der Grund für die mangelnde Fortpflanzungsfähigkeit sein.
So vermute ich zumindest auch, daß zwischen Pferd und Esel kein
Unterschied in der Chromosomenzahl liegt. Ich kann mich jetzt
aber auch irren - die Frage ist mir aber zu unwichtig, um jetzt extra
nachzuschauen. Schauen Sie doch mal in der Wikipedia nach, zu
der ich unten auch noch einen Link posten will.
Auf den Chromosomen liegen unglaublich riesige Mengen von Genen
und wenn diese nicht zueinander passen, dann gibt es eben Probleme.
Wie es zu diesen Problemen kommen kann, hat aus meiner Sicht der
Journalist Peter Hadfield aka potholer54 in einem seiner vielen tollen
Clips zu den Themen Evolution und Klimawandel sehr schön erläutert.
Und zwar in seinem Clip über "Ringspezies". Siehe Link:
http://www.youtube.com/watch?v=Pb6Z6NVmLt8
(leider nur auf Englisch, geht aber nur ca. 4 Minuten)
Wenn Sie keine Probleme mit Englisch haben, möchte ich Ihnen seine
Serie "Our Origins Made Easy" wärmstens ans Herz legen, die einen
hervorragenden Einstieg in die Physik und die Biologie unserer
Entstehung bietet, wie sie die moderne Wissenschaft sieht.
http://www.youtube.com/watch?v=wg1fs6vp9Ok&list=PL82yk73N8eoX8RpvQfjdupAKFWKjtMhTe
=
Zurück zu unserem Thema. Wir waren bei Ringspezies, haben also schon
einen Punkt erreicht, wo es Probleme gibt, selbst wenn der doppelte
Chromosomensatz eine gerade Anzahl hat.
Umgekehrt sehe ich kein prinzipielles Hindernis in einer ungeraden Zahl
der doppelten Chromosomen, solange diese noch in dem enthaltenen Code
zusammen wirken können, also in diesem Sinne "passen" sprich eines
davon lediglich eine "Festgekuppelte" Version zweier normaler Chromosomen
ist.
Man kann sich das wie die sogenannte "Doppeltraktion" bei Straßenbahnen
vorstellen, die aus verkehrstechnischen Überlegungen oft fest zusammen
gekuppelt werden. Für die Fahrgäste macht dies kaum einen Unterschied
gegenüber zwei Einzelbahnen, die dicht hintereinander fahren.
Hier muß man unterscheiden zwischen dem Wirken der Chromosomen
während(!) des normalen Lebens einer Zelle - wo das ohnehin kein Problem ist -
und der Meiose, der Teilung des Zellkerns, die schon an sich ein etwas kniffliger
Vorgang und nicht leicht zu verstehen ist, selbst schon ohne "unkonventionelle"
Doppeltraktions-chromosomen (wie ich 2/3 hier mal nennen möchte).
Darum erkläre ich die gar nicht selbst, sondern verlinke zur Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Meiose
Dort auf der Seite gibt es noch jede Menge weiterführender Links zu
Stunden voller komplizierten Lesestoffes. Evtl. reicht ja aber auch ein
kurzes Überfliegen der direkt verlinkten Seite um einfach einen Eindruck
von der Komplexität des Lebens zu bekommen.
Denkbar wäre für mich als Nichtbiologe, daß es während der Phase einer
ungeraden Chromosomenzahl Probleme mit dem "Crossing-over" gab bei
dem betroffenen Chromosom.
http://de.wikipedia.org/wiki/Crossing-over
Gut möglich, daß das während einer Übergangsphase komplett ausgefallen
ist - Evolution funktioniert auch ohne Crossing-over, auch wenn es für die
Weiterentwicklung einer Spezies wohl der wichtigste Mutationsfaktor ist.
Denkbar wäre auch, daß es nach wie vor Crossing-Over gab, das aber bei
nicht passender Chromosomenzahl gelegentlich noch schief ging, was dann
natürlich ein evolutionärer Nachteil gewesen wäre, wenn es z. B. die
Geburtenrate von Lebendgeburten um 3% (Beispiel) gesenkt hätte.
Darin sehe ich jetzt den einzigen Klärungsbedarf aus meiner Sicht im Falle
der Geschichte der Menschheit betreff der geänderten Chromosomenzahl.
Nach der Evolutionstheorie kann so ein Nachteil nicht auf Dauer bestanden
haben, sonst hätte sich das nicht durchgesetzt. Entweder gab es weniger
Probleme beim Chrossing-Over als ich als Laie sie mir vorstelle, oder es fiel
für mehrere Generationen bei diesem Chromosom komplett aus, oder es gab
durch die neue Chromosomenverschmelzung mehr Vorteile als die Nachteile
des Chrossing-Over zunichte machen konnten.
Oder es ging eben so schnell, daß eine Hand voll Generationen eine leicht
verminderte Geburtenrate von Lebendgeburten kein Problem war - die Kinder-
sterblichkeit in der Natur ist ja ohnehin recht hoch.
Dadurch kann es sein, daß selbst bei einer erheblich höheren Kindersterblichkeit
von vielleicht 50% über Normal dennoch ein evolutionärer Vorteil sich durchsetzen
kann, wenn er eben noch höher ist, beispielsweise weil die überlebenden
Nachkommen von Hirschen eine doppelt große Chance auf einen Harem haben.
Dafür könnten im Einzelfall ja bereits schon 5% stärkere Muskeln und 5%
längere Geweihe ausreichen. Da würden 50% mehr Risiken, bereits als
Kind zu sterben, deutlich ausgeglichen.
Bei Bäumen läuft das ja z. B. so ähnlich: Da der höchste Baum den anderen das
Sonnenlicht wegnehmen kann, lohnt sich keine "Fairness", sondern jeder muß
versuchen, so schnell wie möglich so hoch wie möglich zu wachsen. Mit der
Folge, daß alle Bäume an der Grenze liegen und durch Stürme umbrechen
können. Würden alle sich nur um 10% weniger auf das Höhenwachstum
konzentrieren, sondern mehr auf noch stabiliere Stämme, wäre keiner dem
Sturm ausgeliefert. Evolution kann solche für die ganze Spezies schädlichen
Konkurrenzen leicht erklären - Schöpfung kann es nicht. Wäre ich jedenfalls
ein Schöpfer, würde ich den Bäumen eine "Gewerkschaftliche Tarifregelung"
verordnen. ;-)
=
Zurück zum Menschen:
Abgesehen von der Meiose sehe ich jedenfalls überhaupt keine Probleme
mit einem ungeradzahligen Chromosomensatz, denn man kann diese Situation
auch nicht mit der Trisomie 21 vergleichen. Bei dieser wirken ja immerhin letztlich
3-fache Sätze von Genen, während es bei unserem Beispiel ja nach wie vor jedes
Gen nur doppelt gibt (mit der bekannten Ausnahme XY, siehe unten).
Nur liegen manche Versionen der Gene halt in Doppeltraktion, manche
separat. Ihrer Wirkung tut das keinen Abbruch.
Wenn die Funktionen, die sonst auf zwei kleinen Chromosomen liegen,
stattdessen auf einem großen liegen, dann sollte das kein ernsthaftes
Hindernis darstellen, solange die Zusammenarbeit sonst klappt.
Hierzu kann ich zumindest ein naheliegendes Beispiel nennen: Bei uns
Männern gibt es ja kein doppeltes X-Chromosom, sondern eines wurde
durch ein deutlich kleineres y-Chromosom ersetzt, quasi ein "verkrüppeltes"
X-Chromosom.
Frauen haben also ihr X-Chromosom doppelt, Männer nur einfach und dennoch
funktioniert bei beiden alles, was das X-Chromosom codiert - da gibt es keine
Probleme wegen zu viel oder zu wenig Genkopien.
Nur einen Nachteil bringt uns Männern diese Sache: Wir haben für das X-Chromosom
als einziges kein "Backup". So können Männer z. B. die "Bluterkrankheit" bekommen,
wenn das verbliebene X-Chromosom (das wir immer von der Mutter haben) einen
entsprechenden Defekt aufweist.
Die praktiche Konsequenz ist, daß Bluterkrankheit IMMER von den Müttern
vererbt wird, aber IMMER nur die Söhne diese Krankheit auch bekommen.
(Theoretisch wäre wohl auch eine bluterkranke Frau denkbar, aber in der
Praxis dürfte das noch seltener auftreten).
Hat eine Frau nämlich ein X-Chromosom mit den Krankheits-Genen, so wird
dessen Fehlfunktion durch das andere X-Chromosom vollständig ausgeglichen.
(Theoretisch ist es etwas komplizierter, aber ich will es hier einfach halten).
Ihre Überlegung, Chromosomen 2 und 3 der "alten" Spezies A hätten das
bereits zusammen gewachsene Chromosom 2 der Spezies B "finden"
müssen, übersieht, daß diese Chromosomen sich ja gar nicht zu finden
brauchen, denn sie wachsen ja nicht zusammen (Außer während der
Meiose, s. o.).
Sie wirken nur parallel in unserem Zellkern. Es kann also einige Dutzend
Generationen lang tatsächlich eine Art "Hybriden" gegeben haben mit einer
ungeraden Chromosomenzahl, denen man aber von außen vermutlich kaum
einen Unterschied angesehen hat, wenn überhaupt.
Nach wenigen Jahrthunderten kann sich das allerdings durch Selektion geändert
haben, so daß danach der Übergang von 23 auf 24 Chromosomenpaare abgeschlossen
war. Die Paarung von Zwillingen, wie von Ihnen überlegt, war hierfür nicht nötig.
Eine solche Population mit gemischter Chromosomenzahl braucht derzeit
gar nicht bekannt zu sein, weil solche Übrgänge vergleichsweise schnell
gehen und die Chromosomenzahl ändert sich ja auch eher selten bei Spezies.
Was für mich dieses Thema dann aber auch erst wieder interessant macht:
Interessant immerhin, daß dies bei der Entstehung der Menschen passiert
ist. Es war vielleicht in einigen Punkten mit entscheidend für menschliche
Besonderheiten - aber hier müßte ein Biologe antworten. Ich würde aber
vermuten, daß es hier noch einiges zu erforschen gibt und noch nicht allzu
viel bekannt ist.
Insb. würde ich gerne wissen, ob die ganz entscheidenden menschlichen
Unterschiede zum Schimpansen, z. B. seine Sprachfähigkeiten, evtl, mit
diesen Chromosomen zusammen hängen. Dies könnte dann jedenfalls so
einiges erklären! Wenn nicht, ists aber natürlich auch kein Gegenbeweis.
Ein Hybrid zwischen Mensch und Schimpanse ist aus den bereits oben
genannten Gründen nicht möglich, wäre es auch bei gleicher Chromosomen-
zahl nicht, wie es ja auch zwischen Schimpanse und Gorilla nicht möglich
ist. Ich betone dies hier nur noch mal, weil sie eine solche Überlegung
(von Däniken oder von Ihnen) geschrieben haben.
Eine Änderung der Chromosomenzahl ist nicht etwas alltägliches, wie von Ihnen
vermutet. Angesichts von geschätzten 50 000 000 Spezies allein unter den Tieren
ist die Variation zwischen 8 und 100 Chromosomen ja vergleichsweise gering.
Durchaus denkbar, daß so eine Änderung nur bei jeder 1000sten Spezies überhaupt
jemals auftritt und dann auch nur während 1000 Jahren, während während weiterer
10 Millionen Jahren bei eben dieser Spezies keine Änderung eintritt.
Es wäre also ein ganz seltener Glücksfall, wenn die Biologie so was feststellen
könnte. Erwarten würde ich so was nicht.
Von einer Fortpflanzungsbarriere bezüglich der Anzahl der Chromosomen ist mir
nichts bekannt. Die würde ja beim mehrfach genannten Beispiel Schimpanse-Gorilla
auch nichts bringen. Andere Fortpflanzungsbarrieren gibt es aber durchaus und da
können auch mal Spezies mit unterschiedlichen Chromosomenzahlen betroffen sein.
Das ist dann aber wohl eher zufällig.
mit freundlichen Grüßen,
Günter Dantrimont
Antworten
Hallo,
gab es denn irgendwann in der Vergangenheit wissenschaftliche Experimente, in denen beobachtet und nachgewiesen werden konnte, wie ein Nachkomme mit veränderter Chromosomenzahl überlebte und sich sogar weitervermehrte?
Falls ja, gibt es dafür genaue Quellen oder Artikel?
Danke für Antworten!
MfG,
Kerstin
Antworten
Hallo Kerstin,
habe ein Buch vorliegen, in dem auf Seite 179 über die Euploidie:
Chromosomensätze etwas zu lesen ist. In der untern Hälfe dieser
Seite steht etwas über "Sture Chromosomen" und ein Beispiel zu einem Maultier, welches Deiner Frage sehr nahe kommt.
Buchtitel: "Genetik kompakt FÜR DUMMIES"mTara Rodden Robinson
ISBN 978-3-527-71034-8 oder in jeder Städtischen Leihbibliothek
Grüsse, Cornelius
Antworten
In der Zeitschrift Lichtfokus, Herbst 2017 Nr. 59, fand ich auf Seite 7 den Hinweis von KRYON, dass unser 24. Chromosomenpaar auf eine multidimensionale Art verborgen liege und die plejadische Schicht in uns sei. 2 x 26'000 Jahre, also über 50'000 Jahre seien wir schon daran, dieses Rätsel zu bearbeiten.
Mit freundlichen Grüssen,
Richard Thomas
Antworten
Diese äußerst interessante Frage betrifft ja nicht nur Homo sapiens, sondern sämtliche Arten.
Antworten
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