Pro und Kontra. Eine Übersicht.
1. Einleitung
Die Anzahl der Kirchenaustritte in Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. [1] Die Gründe für den Mitgliederschwund bei den Großkirchen sind vielfältig und keineswegs alle, die aus der Kirche austreten, kehren jeglicher Religion den Rücken zu. Viele suchen ihr Heil in alternativen, nicht-institutionalisierten Formen des Christentums, oder in fernöstlichen Religionen. Natürlich haben Vertreter der christlichen Lehre, die innerkirchliche Reformen fordern, in solchen Zeiten absolute Hochkonjunktur. Die Menschen sollten ihren liberalen Zeitgeist auch innerhalb der Kirche ausleben, Pfarrer Homosexuelle ehelichen und auch selbst heiraten dürfen. Die eigentlich grundlegende, und philosophisch relevante Frage bleibt von solcher Kritik aber freilich völlig unberührt. Sie lautet: Gibt es ausreichend rationale Gründe, an die Existenz Gottes zu glauben? Diese Frage wird in der öffentlichen Diskussion sehr stiefmütterlich behandelt, auch, da der Glaube an Gott als ein Ergebnis individueller Erfahrungen, Entscheidungen oder Prägungen angesehen wird, der sich nicht selten jeder rationalen Erörterung entziehen soll. Diese Auffassung ist jedoch unwahr. Der Glaube an Gott kann sehr wohl rational begründet sein, nämlich dann, wenn er durch gute Sachargumente gestützt wird. Tatsächlich waren Philosophen und Theologen in der abendländischen Geschichte immer wieder bemüht, derartige Argumente hervorzubringen, wobei einige mittlerweile sicherlich als überholt gelten müssen, andere für viele Menschen aber auch nach wie vor eine große Überzeugungskraft besitzen. In dieser Hausarbeit werde ich zunächst die immer noch diskutierten Argumente für und daraufhin gängige Argumente gegen die Rationalität der Gottesannahme untersuchen. Meine zugrundeliegende These lautet hierbei, dass der Glaube an Gott nicht rational ist.
1.1. Begriffsbestimmung
Jede Erörterung von Argumenten in Bezug auf die Plausibilität der Gottesannahme muss zunächst klären, was das Wort „Gott„ überhaupt bedeuten soll. Denn man kann sich ganz generell nicht sinnvollerweise Gedanken über die Existenz irgendeiner Entität machen, ohne sich nicht zunächst eine Vorstellung davon gemacht zu haben, wodurch diese Entität charakterisiert ist. Das heißt aber nicht, dass in dieser Definition des Begriffs bereits sämtliche Eigenschaften eingehen müssen, die der Entität zugeschrieben werden, es heißt aber, dass in ihr einige charakteristische Eigenschaften eingehen müssen, also einige Eigenschaften, ohne die man die Entität nicht als das, was sie im Unterschied zu anderen Entitäten ist, identifizieren kann. Wie wollen wir in diesem Sinn das Wort „Gott“ definieren? Diese Frage ist deshalb knifflig, weil sich zu den verschiedensten Zeiten in den verschiedensten Orten unzählige Auffassungen und Definitionen des Gottesbegriffs herausentwickelt haben. Für die alten Griechen waren die Götter zum Beispiel Wesen wie wir, für die Animisten und Pantheisten ist der Gottesbegriff gleichbedeutend mit dem Naturbegriff und einige Menschen im 21. Jahrhundert sehen in dem Begriff „Gott“ nicht mehr als ein Ausdruck ihrer Ehrfurcht vor dem Universum. Ungeachtet dieser enormen semantischen Spannweite, möchte ich einzig von jenem Gottesbegriff ausgehen, der in der Schnittmenge der großen monotheistischen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam) liegt. Denn dieser abrahamitische Gottesbegriff bestimmt nicht nur unsere gesellschaftliche Vorstellung von Gott, er steht auch im Zentrum der Diskussion um Gott in der abendländischen Philosophie. Dieser Aufsatz wird die Argumente abendländischer Philosophen wie Thomas von Aquin, Anselm von Canterbury oder Gottfried Wilhelm Leibniz untersuchen wird, es ist deshalb nur folgerichtig, auch den von diesen Philosophen intendierten, abrahamitischen Gottesbegriff zu Grunde zu legen. Dieser Gottesbegriff ist schließlich charakterisiert als das (1) einzige, (2) ewige, (3) personale, (4) körperlose, (5) uneingeschränkt vollkommene Wesen, (6) das diese Welt erschaffen hat (7) sowie erhält und lenkt. [2] Fortan werden Argumente vorgestellt, die die Existenz eines Wesens nachzuweisen versuchen, das eine oder ein paar dieser Eigenschaften in sich vereint, und in diesem Wesen Gott sehen werden. So möchte der kausale Gottesbeweis beispielsweise ein Wesen beweisen, das (6) die Welt erschaffen hat. Und der teleologische Gottesbeweis möchte die Existenz eines Wesens belegen, das (7) die Weltgeschicke lenkt. Strenggenommen müsste ein Gottesbeweis aber beweisen, dass ein Wesen existiert, das alle Eigenschaften (1) bis (7) aufweist, um die Existenz des abrahamitischen Gottes zu beweisen. Dies aber versucht allein der ontologische Gottesbeweis, und das auch nur, insofern angenommen wird, dass die Eigenschaft, uneingeschränkt vollkommen zu sein (5), bereits alle anderen Eigenschaften impliziert.
2. Gottesbeweise
Falls die Existenz Gottes bewiesen werden kann, so ist die Rationalität der Gottesannahme perfekt begründet. Deshalb sollte eine Untersuchung ob der Rationalität der Gottesannahme auch mit einer Untersuchung der populärsten Gottesbeweise beginnen. Wenn auch nur einer dieser Gottesbeweis überzeugen kann, würde sich jede weitere Untersuchung erübrigen.
2.1. Der kausale Gottesbeweis
Der kausale Gottesbeweis möchte die Existenz Gottes unter Rekurs auf das Kausalitätsprinzip beweisen:
(P1) Das Kausalitätsprinzip ist universell, d.h. alles hat eine Ursache.
(P2) Es ist nicht sinnvoll, einen infiniten Regress an Ursachen anzunehmen.
(C1) Folglich muss es eine erste Ursache gegeben haben, die selber keine Ursache besaß.
(C2) Diese erste Ursache ist Gott.
In Kurzform besagt der kausale Gottesbeweis: Weil die Verursachung des Universums kontingent war, muss sie von etwas abstammen, das notwendig ist, dieses etwas ist Gott Obwohl dieser Gottesbeweis in Diskussionen um Gott sehr häufig ins Feld geführt wird, und intuitiv auch sehr plausibel erscheint, ist er sowohl formal als auch inhaltlich falsch. Und zwar aus den folgenden Gründen:
(1) Die Prämisse (P1) ist unbegründet. Wir beobachten eine endliche Anzahl von Ereigniskorrelationen und deuten diese als Ursache-Wirkungszusammenhänge. Aber nur, weil B auf A folgt, muss A nicht auch die Ursache von B sein. Die Annahme einer Ursache A ist deshalb philosophisch schwierig, weil sich nie mit letzter Gewissheit sagen lässt, dass ein Ereignis A ein anderes Ereignis B auch tatsächlich kausal bewirkt bzw. verursacht und nicht nur räumlich und zeitlich nahe bei ihm auftritt. Des Weiteren handelt es sich bei der Prämisse (P1) höchstwahrscheinlich um einen unzulässigen Induktionsschluss, da von der Beobachtung von endlich vielen (augenscheinlichen) Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen nicht so einfach geschlussfolgert werden kann, dass das Kausalitätsprinzip immer und überall gültig sei. Auch auf Basis von einer Billion getätigten Ursache-Wirkung-Beobachtungen, lassen sich keine allgemeinen Gesetze formulieren, denn die eine Billlionunderste Beobachtung könnte diesem Gesetz bereits widersprechen.
Zweitens handelt es sich bei (P1) möglicherweise nicht nur um einen Induktions-, sondern auch um einen Kategorienfehler. Wir nehmen oft an, dass, wenn alle Elemente einer Menge eine bestimmte Eigenschaft haben, diese Eigenschaft dann auch für die Menge insgesamt gilt. Wenn alle Dinge im Universum eine Ursache haben, dann, so die implizite Überzeugung hinter (P1), muss auch die Gesamtheit aller Dinge - also das Universum selbst - eine Ursache gehabt haben. Wir extrapolieren den Begriff der Ursache, der sich (im makroskopischen Größenbereich) innerhalb des Universums bewährt hat, nun urplötzlich auf das Universum als Gesamtsystem. Dabei können wir nicht wissen, ob der Ursachebegriff in Bezug auf das Universum überhaupt einen Sinn macht, und die Quantenmechanik lehrt uns, dass das klassisch deterministische Ursache-Wirkungs-Schema auf anderen Größenskalen verschwinden und anderen (probabilistisch-statistischen) Schemata weichen kann. Außerdem wissen wir aus vielen anderen Bereichen, dass Begriffe (etwa „Fellfarbe“) auf Teilkomponenten eines Systems (etwa „Wildkatze“) sinnvoll angewendet werden können, gleichzeitig aber in Bezug auf das System als solches keinen Sinn machen („die Fellfarbe der biologischen Art Wildkatze“).
In der Physik wurden und werden gegenwärtig mehrere Modelle diskutiert, in denen das Universum nie eine erste Ursache hatte. Das Standardmodell der Kosmologie geht zwar noch von einem Urknall („Big Bang„) aus, der das Universum verursacht haben soll, andere Modelle sehen das jedoch anders. So resultierte das heutige Universum nach dem Big-Bounce Modell aus einem früheren, kollabierten („Big Crunch“) Vorgängeruniversum und expandiert und anschließend kontrahiert nun so lange, bis auch es selbst wieder in sich zusammenfällt und ein neues Universum gebärt. Die Annahme, dass irgendwann mal etwas aus dem Nichts entstanden ist, muss hier nicht getroffen werden und erscheint nicht weniger unplausibel, als die eines immerwährenden Kosmos.
Drittens widerspricht die Annahme des universellen Kausalitätsprinzips (P1) auch noch der des oft christlich-theologischen eingefärbten Libertarismus, nach dem der menschliche Wille frei und der Determinismus unwahr ist. Wer also das universalistische Kausalitätsprinzip heranzieht, um ein abrahamitisches Gottes- und Weltbild begründen zu wollen, verfängt sich in einem Widerspruch, da er einerseits die Universalität des Kausalitätsprinzips (P1), andererseits aber auch die Freiheit des menschlichen Willens (Libertarismus) behauptet.
(2) (P2) Folglich ist auch (P2) unbegründet. Wenn (P1) wahr sein sollte, also alles eine Ursache besitzt, folgt daraus geradezu zwingend, dass es einen unendlichen Regress an Ursachen geben muss. Hier begegnet uns, wenn auch in verschleierter Form, das Problem der Letztbegründung. Jede mögliche Ursache U1 lässt sich theoretisch erneut hinterfragen: Was ist die Ursache für U1? Wenn dann U2 als Ursache für U1 ausgemacht ist, lässt sich weiterfragen: Was ist die Ursache für U2? Warum ist U3? usw. Laut Hans Albert existieren nur drei Wege, auf denen diesem Problem begegnet werden kann: (a.) Zirkelschluss: U1 und U2 verursachen sich an irgendeiner Stelle gegenseitig. (b.) infiniter Regress: Für jede Ursache UX wird eine weitere Ursache gesucht. (c.) Dogmasetzung: Eine Ursache U wird als „gottgegeben“ hingenommen und nicht weiter hinterfragt.
Keine dieser drei Optionen ist wirklich intellektuell befriedigend. Gerade deshalb gibt es aber auch keinen Grund, eine von ihnen von vornerein rigoros auszuschließen, wie es bei (P2) mit (b) der Fall ist.
(3) Die Conclusio (C1) widerspricht der Prämisse (P1). Wenn es eine erste Ursache gegeben hat, die nicht selbst verursacht war (C1), dann kann nicht gleichzeitig wahr sein, dass alles eine Ursache hat (P1). Entweder, alles hat eine Ursache (P1 ist wahr), dann verschiebt die Annahme eines Schöpfergottes das Problem aber nur um eine Stelle nach hinten und es muss gefragt werden, was Gott verursacht wurde, oder aber, es gab eine erste Ursache, die selbst keine Ursache besaß. In diesem Fall ist die durch viele Messungen (z.B. Hintergrundstrahlung) und Theorien gestützte Big-Bang-Theorie viel geeigneter, um als erste Ursache zu fungieren, als ein empirisch und auch sonst wie nicht-nachweisbarer Schöpfergott.
(4) Die Conclusio (C1) widerspricht der Prämisse (P2), insofern eine Entität ewig existieren muss, um nicht verursacht wurden zu sein. Diese Annahme liegt nahe und wird zusätzlich auch durch (P1) gestützt. Wenn Gott aber selbst ewig existieren müsste, um nicht verursacht wurden zu sein (C1), so entspräche seine Existenz einem unendlichen Regress von Ursache-Wirkungsbeziehungen (Widerspruch zu P2). Dagegen könnte nun eingewendet werden, dass das Kausalitätsprinzip (Ursache-Wirkung) auf Gott nicht angewendet werden kann, damit aber bricht dann auch der gesamte kausale Gottesbeweis in sich zusammen, denn wenn das Kausalitätsprinzip nicht auf Gott angewendet werden kann, dann wäre auch kein Kausalitätsschluss auf Gott als die erste Ursache von Allem möglich. Zusätzlich wäre hiermit auch erneut wieder (P1) verletzt.
(5) Die Prämisse (P1) widerspricht der Prämisse (P2). Wenn alles eine Ursache besitzt (P1), so muss man bei einem infiniten Regress landen (Widerspruch zu P2). Da also schon die beiden Prämissen des Argumentes widersprüchlich sind, ist das gesamte Argument entkräftet, denn aus widersprüchlichen Prämissen lassen sich bekanntlich beliebige Schlüsse ziehen.
(6) Die Conclusio (C1) widerspricht der Prämisse (P1). Entweder alles hat eine Ursache (P1), oder es gibt eine erste Ursache, die selber keine Ursache besaß (C1). Diesen Widerspruch hatten wir bereits bei Punkt (3). Theisten versuchen ihn aufzuheben, indem sie behaupten, alles bedarf einer Ursache, nur natürlich nicht der Herrgott selbst. Dann aber ist das Argument tautologisch, denn so umformuliert behauptet es: (P1'): „Alles hat eine Ursache, außer Gott“. In diesem Fall hat man Gott als unverursachte Ursache bereits in der Prämisse enthalten, das bedeutet, man setzt voraus, was man beweisen will. Das Argument besagt so modifiziert folglich nicht mehr als: „Wenn Gott als unverursachte Ursache existiert, dann existiert Gott als unverursachte Ursache."
(7) Die Conclusio (C2) folgt weder aus (P1), (P2), noch aus (C1). Selbst wenn es eine erste Ursache gegeben haben muss, folgt daraus noch nicht, dass diese erste Ursache Gott gewesen sein muss. Das Argument macht es in keinem Punkt zwingend, oder auch nur plausibel, dass Gott und nicht irgendeine andere Entität, wie der Urknall, oder das fliegende Spaghettimonster [3], die Ursache von Allem gewesen ist. Selbst wenn man also der gesamten Argumentation bis einschließlich (C1) folgt, muss (C2), also der letztendliche Beweis für die Existenz Gottes, also immer noch ad-hoc angenommen werden! Somit ist der gesamte kausale Gottesbeweis nutzlos.
(8) Doch gehen wir tatsächlich einmal davon aus, das Argument könnte soweit inhaltlich und formal überzeugen. Was wäre dann? Dann müsste es immer noch, wie jedes logische Argument, die Gültigkeit der Logik voraussetzen, um Gott beweisen zu können. Ohne rudimentäre logische Gesetze (im folgenden Beispiel: ohne den Satz vom Widerspruch) könnte es zum Beispiel sehr wohl sein, dass alles eine Ursache braucht, es aber trotzdem keine Ursache für alles gibt. Wenn mit Gott als Erstursache aber erst alles entstanden ist, was ja gerade bewiesen werden soll, dann muss es auch eine Zeit gegeben haben, in der Gott existierte, die logischen Gesetze aber noch nicht erschaffen waren. Dann aber stürzt der kausale Gottesbeweis komplett in sich zusammen, da er logische Gesetzmäßigkeiten auf einen Zeitpunkt extrapoliert, zu dem diese noch gar nicht galten. Aber auch. wenn die Logik als nicht-gottgeschaffen angenommen wird, relativiert dies den Kausalen Gottesbeweis, da es dann zumindest eines gibt, das nicht von Gott verursacht wurde, und schon ewig war, nämlich die logischen Gesetze selbst. Wie man es dreht und wendet, kann der kausale Gottesbeweis also auch in anderen Ausformulierungen prinzipiell nicht Gott als Verursacher von Allem, beweisen.
(9) Es ist zudem zweifelhaft, dass der Gebrauch des Wortes „Ursache“ in Bezug auf einen Schöpfergott (C2) überhaupt Sinn macht. Dem schottischen Philosophen David Hume zufolge müssen folgende, sowohl notwendige als auch (zusammen) hinreichende, Bedingungen erfüllt sein, um eine Ursache-Wirkung-Beziehung einordnen zu können: (1) Die Ursache liegt zeitlich (unmittelbar) vor der Wirkung. (2) Die Ursache liegt räumlich (unmittelbar) neben der Wirkung. Wenn aber Gott das Raumzeitkontinuum erst erschaffen hat, und selbst außerhalb von Raum und Zeit existiert, wie kann er dann als Ursache des Universums zeitlich vor, oder räumlich neben diesem gewesen sein? Eine weitere, bewährte Voraussetzung ist jene: (3) Dem Auftreten der Ursache folgt immer auch das Vorkommnis der Wirkung. Diese Voraussetzung kann nicht nachgewiesen werden, da die Erschaffung des Universums ein einmaliger Vorgang war. Somit ist keine der drei Bedingungen erfüllt, es würde aber bereits auslangen, wenn nur eine von ihnen nicht gegeben wäre, um Gott als in der klassischen Wortbedeutung „Ursache“ des Universums ausschließen zu können. Natürlich könnte Gott auch in einem anderen, metaphysischeren Sinne die Ursache für das Universum gewesen sein, dann vermengt das Argument aber zwei Ursachebegriffe, insofern (P1) sich vermutlich auf gewöhnlich-irdische Ursachen bezieht.
2.2. Der teleologische Gottesbeweis
(P1) Das Universum weißt (a) eine lokal lebensfreundliche Ordnung und /oder (b) eine gewisse Zweckhaftigkeit auf.
einen (P2) Alle geordneten und / oder zweckhaften Entitäten besitzen einen intelligenten Designer.
(C1) Folglich muss es einen intelligenten Designer geben, der dasUniversum konzipiert hat.
(C2) Dieser Designer ist Gott.
(1) (P1a) ist eine triviale Beobachtung. Ein lebensfreundliches Umfeld ist nichts Besonderes, sondern vielmehr zwingend für jedes Lebewesen immer gegeben. Jedes Lebewesen muss notwendig immer eine für ihn lebensfreundliche Ordnung vorfinden, denn wäre dies nicht der Fall, könnte es nicht existieren (anthropisches Prinzip). Dass wir Menschen uns in einem Umfeld vorfinden, das exakt auf uns abgestimmt zu sein scheint, mag verwundern, ist aber eigentlich selbstverständlich, wenn man bedenkt, dass wir uns in evolutionärer Anpassung an dieses Umfeld heraus entwickelt haben. Wenn sich komplett andere Lebensformen in Anpassung an eine komplett andere Umwelt entwickelt haben, würden sie sich wahrscheinlich genauso wundern, weshalb ihre Umwelt so lebensfreundlich für sie ausfällt. Außerdem folgt zum Beispiel aus der Stringtheorie die Existenz von unvorstellbaren 10^500 Multiversen, wobei 10^380 dieser Universen eine kosmologische Konstante aufweisen sollen, die sich von der in unserem Universum nicht signifikant unterscheidet. [4] Dass in einigen dieser Universen in einigen Raumzeitabschnitten die Naturkonstanten und weitere Parameter nun so ausfallen, dass sich eine Form von Leben entwickeln kann [5], ist vielleicht gar nicht so unwahrscheinlich, eventuell ist es sogar ein sehr häufiges Ereignis und bedarf zur Erklärung absolut keinen „Designer“.
(2) (P1b) ist unwahr. Laut dem hiesigem und vernünftigem, naturalistischem Weltbild verfolgt das Universum keinen Zweck. Ein Grund, weshalb viele Menschen trotzdem in ihm eine Art Zweckmäßigkeit zu erkennen glauben, ist seine scheinbare Feinabstimmung für unsere Form des Lebens (siehe hier Punkt (1)). Ein schwächerer Umstand, der uns auch an die Zweckmäßigkeit des Universums glauben lässt, ist sicherlich auch die Verwendung von intentionalen Begriffen zur Naturbeschreibung. So lesen wir in populärwissenschaftlichen Büchern häufig, dass die Blüte der Biene ihren Nektar, oder, dass die Erde uns Menschen ein lebensfreundliches Umfeld „anbiete“. Die Blüte oder die Erde vollführen aber nicht wirklich eine bewusste oder zweckgerichtete Handlung, die Verwendung des Verbs „anbieten“ ist hier nichts weiter als ein rhetorisches, leicht irreführendes Stilmittel.
(3) Das Argument beweist nicht die Existenz eines ersten Designers. Denn wenn (P2) wahr ist, dann braucht der Designer des Universums, respektive Gott, ebenfalls einen Designer, da er ja selber eine zweckhafte und wahrscheinlich auch geordnete Entität darstellt. Der Designer von Gott muss dann wiederum designt wurden sein usw. usf.,- wir landen wieder beim Problem der „Letztbegründung“. Falls ein Anhänger des Intelligent Design nun einwendet, dass Gott selbst keinen Designer bräuchte, gesteht er auch ein, dass (P1) unwahr ist. Also bräuchte es für geordnete, zweckhafte Entitäten keinen Designer mehr, der gesamte Gottesbeweis wäre somit obsolet. Letztendlich steht der ID-Anhänger vor folgendem Dilemma: (A) Entweder er behauptet, dass (P2) wahr ist, dann richtet sich das Argument aber auch gegen Gott, anstatt ihn zu beweisen! (B) Oder er nimmt an, dass geordnete Entitäten keinen Designer brauchen, dann ist Gott aber ebenfalls nicht bewiesen, denn dann braucht es ihn nicht mehr, um die Ordnung des Universums zu erklären, dann tut es das durch eine unzählbare Anzahl von empirischen Daten gestützte Standardmodell der Kosmologischen Evolution aber mindestens genauso gut!
(4) Der teleologische Gottesbeweis ist zirkelschlüssig, das heißt, setzt voraus, was er beweisen möchte. Nämlich, dass erkannt werden kann, dass das Universum von einem Designer, aka Gott, konzipiert wurde. Dies wird bei der sogenannten Uhrmacheranalogie besonders gut ersichtlich: Man stelle sich vor, man flaniere an einem Strand entlang und entdecke dort eine Uhr. Selbstverständlich würde man annehmen, dass diese durch einen Uhrmacher und nicht durch natürliche, unbewusste Prozesse erschaffen wurde. Dann sollten wir erst aber doch recht annehmen, so der Clou des Argumentes, dass das Universum erschaffen wurde, da dieses offenkundig noch viel komplexer ist als die schnöde Uhr. Diese Argumentation hat viele Schwächen, eine davon ist besonders eklatant: Wenn wir ihr folgen, dann ist nicht nur die Uhr, sondern auch der Strand und das komplette Universum designt wurden. Wie aber soll der Beobachter die Uhr oder das Universum als hergestellt dekuvrieren, wenn alle seine Referenzobjekte ebenfalls hergestellt wurden? Und selbst dann, wenn wir ein Nicht-hergestelltes und vergleichbares Referenzobjekt für die Uhr annehmen würden, was dem Clou des Argumentes widerspräche, ginge die Analogie immer noch nicht auf: Was entspricht in der Uhrmacher-Analogie dann dem nicht-hergestellten „Rest der Welt“, wenn die Uhr bereits das gesamte, künstliche Universum darstellen soll? Wohlgemerkt muss dieses Etwas große Überschneidungen mit einem Universum besitzen, der Analogie nach sollte man es mit unserem Universum (der Uhr) vergleichen (können) und aus diesem Vergleich den Schluss ziehen können, dass das eine erschaffen wurde und das andere nicht. Nur: Mit wie vielen Universen haben die Anhänger des Intelligent Design das Universum verglichen, um den Schluss auf ein Design ziehen zu können? Sie können einen solchen Schluss nur dann ziehen, wenn sie das Universum mit einem natürlich entstandenen Universum verglichen und die hinreichenden Charakteristika für erschaffene Universen ausgemacht hätten. Da all dies gegenwärtig unmöglich ist, muss die Uhrmacher-Analogie versagen.
(5) Der Schluss von einem intelligenten Design auf ein intelligentes Wesen ist unzulässig. Es sei: (A) Es existiert ein intelligenter, schöpfender Uhrmacher; (B) Es existieren Uhren. Offenkundig ist folgender Sachverhalt wahr: A à B - wenn ein intelligenter Uhrmacher existiert, der Uhren herstellt, dann existieren Uhren. Das Argument zieht jedoch den umgekehrten Schluss, zunächst wird die Existenz eines Uhrmechanismus konstatiert, und dadurch dann auf einen intelligenten, schöpfenden Uhrmacher geschlossen. Dieser Umkehrschluss ist jedoch alles andere als unproblematisch. Nur, weil es Uhren bzw. den Kosmos gibt, muss es deshalb nicht auch einen intelligenten Uhrmacher bzw. den ganz konkreten, christlichen Gott geben. Es könnten auch genauso gut natürliche (Naturgesetze) oder zwar supranaturalistische, aber unintelligente Kräfte (Pantheismus) sein, die unsere Welt lenken.
(6) Tatsächlich behaupten einige Theisten, Gott lenke die Welt durch die Naturgesetze. Diese Annahme hat den positiven Nebeneffekt, dass mit ihr die Existenz von „Designfehlern“ nicht mehr ganz so schwer zu erklären sind, da Gott nun eben durch unperfekte (evolutionäre) Mechanismen und nicht mehr direkt auf die Welt einwirkt. Doch so kann alles erklärt werden, ein Gott, der durch innersystemische Gesetze wirkt, kann zur Erklärung jedes beliebigen Systems herangezogen werden. Und eine Hypothese, die durch nichts falsifizierbar ist, ist auch nicht ernst zu nehmen.
2.3. Der ontologische Gottesbeweis
Der ontologische Gottesbeweis tritt in vielen Gewändern auf. Die bekannteste Formulierung stammt vom Philosophen Anselm von Canterbury. Dieser hatte vorausgesetzt, dass selbst ein Tor den Ausdruck „ein Wesen, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann“ versteht. Aus diesem bloßen Begriff eines „größtes Wesens“ schlussfolgerte Anselm die Existenz Gottes:
(P1) Der Mensch hat den Glauben an ein größtes Wesen, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann.
(P2) Eine Entität, das nicht nur im Denken der Menschen, sondern auch in Wirklichkeit existiert, ist größer, als eine bloß gedachte Entität.
(C1) Also existiert das Wesen, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann.
(C2) Und dieses Wesen ist der christliche Gott.
Es existieren verschiedene Ausformulierungen des ontologischen Gottesbeweises, alle sind bestrebt, die Existenz Gottes a priori (rein aus dem Denken heraus), und ohne Hinzunahme der Empirie, zu beweisen. Die Adjektive „groß“ und „vollkommen“ werden dabei häufig bedeutungsgleich verwendet. Bei Anselms Version existiert das gedachte vollkommene Wesen, beziehungsweise Gott, mit Notwendigkeit, da Vollkommenheit notwendigerweise auch immer Existenz impliziert. Dieses Argument ist unter anderem deshalb in die Geistesgeschichte eingegangen, da viele intuitiv merken, dass mit ihm etwas nicht stimmt, zunächst aber gar nicht sagen können, worin genau die Fehler liegen.
(1) Der Mönch Gaunilo von Marmoutiers, ein Zeitgenosse Anselms, aber fand ein denkbar einfaches Gegenargument: Wäre Anselms Beweis korrekt, so könnten wir auf dieselbe Weise auch die Existenz einer Insel beweisen, die wir als im höchsten Maße vollkommen definieren, schließlich müsste gemäß (P2) die tatsächliche Existenz ein wesentliches Element ihrer absoluten Vollkommenheit sein. Dieser Schluss zeigt auf, dass, wenn die zweite Prämisse wahr wäre, wir mit ihr jede gedachte, definierte oder geglaubte vollkommene Entität als auch realiter existent beweisen könnten. Die Annahme der Existenz aller nur erdenklichen vollkommenen Entitäten ist nicht nur intuitiv abwegig, sondern verstößt auch gegen Ockhams bewährtes Sparsamkeitsprinzip [6]. Deshalb sollte sie, zusammen mit der (P2), zurückgewiesen werden.
(2) Einen Gegenstand zu definieren, heißt, ihm diejenigen Prädikate zuzuführen, die der Gegenstand zu erfüllen hat. Die Existenz selbst ist jedoch kein Prädikat, sondern vielmehr ein Prädikat von Prädikaten, sprich: eine Eigenschaft von Eigenschaften. Deshalb können wir aus einer Definition, auch aus der Definition Gottes, nur lernen, welche Eigenschaften das Definierte besitzen muss, falls es existiert, nicht aber, dass es existiert. Existenz gehört nicht zum Wesen einer Sache und muss unabhängig davon empirisch eruiert werden. Oder, um es noch einmal anders auszudrücken: Wenn eine definierte Entität in der Realität vorgefunden wird, ergibt sich seine Existenz aus seiner Definition, sie ist aber nicht umgekehrt Teil der Definition. In Bezug auf ein vollkommen gedachtes Wesen bedeutet dies, dass wir uns Selbiges zwar als vollkommen vorstellen können, daraus aber in keiner Weise folgt, dass in der Realität auch tatsächlich etwas existiert, das dieser Vorstellung entspricht.
(3) Der ontologische Gottesbeweis spricht aber nicht nur nicht für die Existenz des christlichen Gottes, er spricht gewissermaßen sogar gegen sie! Mehr noch: Wenn der ontologische Gottesbeweis seinem Anspruch gerecht werden würde, so würde er die Nicht-Existenz des christlichen Gottes als höchstes aller Wesen beweisen. Dafür gilt es zunächst Folgendes zu erkennen: Ich kann mir problemlos ein Wesen vorstellen, das größer ist als der christliche Gott, dafür muss ich mir nur ein Wesen vorstellen, das qua definitionem zweimal so vollkommen ist wie der christliche Gott. Ich kann mir auch plastischer vorstellen, dass ein Duplikat zum christlichen Gott existiert, das aber am siebten Schöpfungstag nicht ruhen musste, oder, seinen Sohn zu Sündenvergebung nicht opfern musste und in diesem Sinne allmächtiger und damit schlussendlich vollkommener ist als der christliche Gott. Egal, ob der christliche Gott nun existiert oder nicht, er ist nicht mehr das vollkommenste aller Wesen, da das neue größte aller gedachter Wesen nach (P2) auch tatsächlich existieren muss und den christlichen Gott in seiner Vollkommenheit übersteigt. Folglich hätte Anselm mit seinem Argument, selbst wenn es denn bis einschließlich (C1) überzeugen könnte, das Gegenteil des von ihm Intendierten (nämlich C2) bewiesen, nämlich die Nicht-Existenz des christlichen Gottes als höchstes aller Wesen!
2.4. Pascal´s Wette
Der Philosoph und Mathematiker Blaise Pascal findet ein außergewöhnliches Argument für die Nützlichkeit des Glaubens an Gott, das sich in folgender Tabelle zusammenfassen lässt:
A1: Gott existiert |
A2: Gott existiert nicht |
|
B1: Glaube an Gott |
+∞ (Himmel) |
0 |
B2: Kein Glaube an Gott |
-∞ (Hölle) |
0 |
Ausformuliert lautet „Pascals Wette“:
(P1) Entweder, man entscheidet sich für einen Glauben an Gott (B1), oder dagegen (B2).
(P2) Entweder Gott existiert (A1), oder Gott existiert nicht (A2).
(P3) Falls (A1) und (B1), kommt man in den ewigen Himmel, das bedeutet einen unendlichen Vorteil gegenüber (A1) und (B2).
(P4) Falls (A1) und (B2), landet man in der ewigen Hölle, das bedeutet einen
unendlichen Nachteil gegenüber (A1) und (B1).
(P5) Wenn aber (A2), so verliert man nichts, irrelevant ob (B1) oder (B2).
(K) Aus (P1) bis (P5) folgt: Der Glaube an Gott kann nicht von Nachteil sein und ist bestenfalls von unendlich großem Vorteil, er ist deshalb die pragmatisch gesehen beste Option.
Offensichtlich verlässt Pascal hier das, von uns bisher untersuchte, Territorium der rationalen Beweisführung, denn er liefert kein Argument für oder gegen die Existenz Gottes! Stattdessen wählt er einen pragmatischen Ansatz und argumentiert für die individuelle Rationalität des Glaubens an die Existenz Gottes. Aus den folgenden Gründen kann jedoch auch sein Argument nicht überzeugen:
(1) (P1) ist unwahr. Pascal geht hier davon aus, dass man sich aufgrund pragmatischer Abwägungen für oder gegen einen Glauben entscheiden könnte, doch ein Glaube ist keine Willensentscheidung. Selbst mit all meiner Willenskraft kann ich beispielsweise nicht glauben, dass es den Weihnachtsmann gibt, da mir allzu gute Gründe gegen seine Existenz bekannt sind. Ähnlich geht es vielen Menschen mit Gott, sie können nicht an seine Existenz glauben, selbst wenn sie es wöllten. Der von Theisten an dieser Stelle oft angebrachte Einwand, diese Menschen sollten ihre rationalen Gründe und Argumente erstmal hintenanstellen und mehr auf ihre „Gefühle“ hören, dann könnten sie schon glauben, was sie wollen, löst das Problem auch nicht. Denn es ist weder mit dem Verstand noch mit dem Gefühl möglich, an zwei einander widersprechende Dinge gleichzeitig zu glauben. Wenn Sie die Aussage hören: „Diese Kugel hier ist gleichzeitig vollkommen weiß und vollkommen schwarz“, und sie wollen das von ganzem Herzen glauben - dann geht das trotzdem nicht! Sie können an Wunder glauben, aber nicht an Widersprüchliches. Ähnlich wie die schwarzweiße Kugel wird auch der von Pascal ins Visier genommene christliche Gott bereits in sich widersprüchlich charakterisiert. So soll er zum einen allwissend sein, das heißt auch, er weiß, dass zum zukünftigen Zeitpunkt t das Ereignis x eintreten wird. Zum anderen soll der christliche Gott auch allmächtig sein, wonach er verhindern können müsste, dass zum zukünftigen Zeitpunkt t das Ereignis x eintreten wird. Die dem christlichen Gott gleichermaßen zugeschriebenen Eigenschaften Allwissenheit und Allmacht widersprechen sich also. Wer das einmal verinnerlicht und durchdacht hat, kann nicht einfach an den christlichen Gott glauben, weder rational, noch gefühlt, er kann sich ihn nicht einmal vorstellen, selbst wenn er das möchte. Denn der Mensch kann nicht glauben, was er will.
(2) (P2) ist unwahr. Die Prämisse (P2) und somit die Wette wären nur dann gültig, wenn es - wie Pascal annahm - entweder den katholischen Gott gäbe oder eben nicht. Natürlich kann es aber auch ganz andere Götter geben, etwa Odin oder Allah. Da man theoretisch unendlich viele Gottesbilder zur Auswahl hat, ist die Wahrscheinlichkeit, den Richtigen zu erwischen, sogar unendlich gering.
(3) Also sind auch (P3) und (P4) unwahr. Wenn potentiell unendlich viele Götter vorstellbar sind, hat man auch unendlich viele Möglichkeiten, um falsch zu liegen. Wer sich von Pascals Wette überzeugen lässt und an den christlichen Gott glaubt, könnte am jüngsten Tag böse überrascht werden, wenn er plötzlich vor den Toren Odins steht. Vielleicht selektiert der wahrhaft existente Gott auch nach ganz anderen Kriterien als Glaube und Unglaube. Der Philosoph John Leslie Mackie hielt es beispielsweise für möglich, dass ein göttliches Wesen einem Atheisten beim jüngsten Gericht wohlgesinnter sein könnte, als einem Menschen, der einzig und allein aufgrund der von Pascal vorgebrachten Argumente an ihn geglaubt haben. Es scheint zumindest intuitiv naheliegend, dass ein vollkommenes Wesen andere Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Neugier oder Toleranz höher gewichtet als den meist auf zufälligen Umständen wie den Geburtsort und frühkindliche Indoktrination beruhenden und nichts über den Charakter einer Person aussagenden Glauben. Wer weiß, vielleicht nimmt Gott es den Menschen ja sogar übel, wenn sie sich nur aufgrund von egoistischen Nützlichkeitsabwägungen und nicht aus Überzeugung seine Anhänger genannt haben? Unendlich viele solche Szenarien scheinen möglich, und (P3) und (P4) somit alles andere als notwendig zu sein.
Wie aber sollte man sich angesichts dieser unendlichen Anzahl von Möglichkeiten aus pragmatischer Sicht verhalten? Eine Gegenwette zu Pascals Wette könnte wie folgt aussehen:
Es ist auf jeden Fall angebracht, nicht aus Eigeninteresse an Gott zu glauben, und stets zu versuchen, aus dieser Welt einen besseren Ort zu machen. Wenn es keinen Gott gibt, so hat man nichts verloren und wird von den Menschen stets in guter Erinnerung behalten werden. Und wenn es einen guten Gott geben sollte, so wird er den Menschen nach seinen Taten beurteilen und nicht danach, ob er zufällig an ihn geglaubt hast oder nicht. Auch in diesem Fall ist es sinnvoll, ein gutes Leben zu führen. Gegen einen bösen Gott kann sich keiner wappnen.
(4) Die letzte Prämisse (P5) unterschlägt etwaige Opportunitätskosten im Diesseits. Je nachdem, wie der Glaube an Gott bereits mein irdisches Leben beeinflusst, verliere oder gewinne ich durch diesen einiges. Verlangt mein Glaube beispielsweise von mir, dass ich fünfmal am Tag bete, ich in der Zeit lieber Fußball spielen würde, verliere ich durch meinen Glauben an Lebensqualität. Und zwar unabhängig davon, ob Gott oder nicht.
3. Offenbarungen Gottes
Bis hierher waren wir bemüht, Argumente zu untersuchen, die ihren Ausgang in objektive Aussagen über die Welt nehmen und über die Vernunft die Existenz Gottes zu beweisen versuchen. Wenn das Universum als verursacht, geordnet, zielgerichtet, und wenn Gott als vollkommen charakterisiert wird, so sind das objektive Behauptungen und der kausale, teleologische oder ontologische Gottesbeweis versuchen aus ihnen die Existenz Gottes abzuleiten. Diese Argumente hätten die Rationalität der Gottesannahme perfekt begründen können, haben aber allesamt nicht gefruchtet. Es gibt noch eine andere, wenngleich schwächere Art von Argumenten für die Rationalität der Gottesannahme. Die Offenbarungsargumente versuchen die Existenz Gottes zwar nicht objektiv zu beweisen, sie wollen aber aufzuzeigen, dass Gott sich bei bestimmten Gelegenheiten ganz unmittelbar einzelnen Menschen offenbart und sich so jeder Mensch subjektiv von seiner Existenz überzeugen kann. Die Wege, auf denen sich Gott uns offenbaren soll, sind recht verschieden, mit den zwei wichtigsten wollen wir uns in den folgenden beiden Abschnitten beschäftigen.
3.1. Wunder
Ein Wunder (A) steht im Widerspruch zu den Naturgesetzen und (B) lässt sich deshalb als ein unmittelbares Eingreifen Gottes in das Weltgeschehen verstehen.
Wie lässt sich gegen die Glaubhaftigkeit von Wunderbehauptungen argumentieren? Einige fundamentale Naturalisten leugnen ja schon bereits, dass es ein Ereignis (A), das im Widerspruch zu den Naturgesetzen steht, überhaupt geben kann. Wenn wir etwas beobachten, dass augenscheinlich im Widerspruch zu einem Naturgesetz steht, dann hat entweder etwas mit unserer Beobachtung nicht gestimmt, oder das vermeintliche Naturgesetz wurde falsifiziert und muss durch ein neues, besseres ersetzt werden. Es gibt in diesem Denkrahmen jedoch keine Möglichkeit, in der eine Beobachtung auf ein „Wunder“ oder einen „Gott“ hinweisen könnte. Er hat deshalb bei näherer Betrachtung auch wenig für sich. Denn er schließt, indem er den Naturalismus als Dogma setzt, Wunder a priori aus. Es tut einer rationalen Erörterung aber prinzipiell nie gut, von vornerein irgendetwas auszuschließen, deshalb ist es auch nicht sinnvoll, Naturgesetzte so zu verstehen, dass sie einfach nur den Ablauf der Natur beschreiben, denn dann würden wir Wunder nicht erkennen, selbst wenn sie vor unserer Nase passieren würden. Vielmehr sollten wir ein Naturgesetz so verstehen, dass es den Ablauf der Natur beschreibt, insofern kein supranaturaler Eingriff in die Natur erfolgt. Auf diese Weise ist die Existenz von Wundern nicht von vorneherein ausgeschlossen und kann deshalb nun auch vernünftig überprüft werden.
Ganz im Einklang mit dieser Definition argumentierte auch David Hume gegen die Annahme von Wundern. Hume wischte Wunderbehauptungen nicht als nur noch nicht verstandene Naturgesetze beiseite, sondern behauptete, dass diese vor dem Hintergrund wahrscheinlichkeitstheoretischer Überlegungen ihre Glaubwürdigkeit verlieren würden.
Zu Beginn seiner Argumentationsführung fragt er, wieso wir annehmen, dass ein bezeugtes Ereignis, das im Widerspruch zu den Naturgesetzen steht, überhaupt stattgefunden hat. Wenn es für ein Wunder keine glaubwürdigen Quellen gibt, so ist das Wunderargument für die Existenz Gottes damit erledigt, ohne dass es noch weiterer Überlegungen bedarf. Wann aber wäre es generell vernünftig, dem Bericht eines Mannes über ein von ihm wahrgenommenes Wunder Glauben zu schenken? Dies ist nach Hume nur dann der Fall, wenn der Mann weder sich selbst getäuscht hat, noch seine Mitmenschen täuschen möchte. (P1) Je rigoroser diese beiden Täuschungsfälle ausgeschlossen werden können, desto eher sind wir bereit, das bezeugte Ereignis tatsächlich für ein Wunder zu halten. (P2) Des Weiteren dürfte es jedem einleuchten, dass, umso unwahrscheinlicher das bezeugte Ereignis ist, desto glaubwürdiger auch der Zeuge sein muss, damit wir seinen Bericht als wahr akzeptieren. Daraus folgt nun, dass einem Augenzeugenbericht nur dann Glauben geschenkt werden sollte, wenn die Unglaubwürdigkeit des Zeugen noch unwahrscheinlicher ist als die Realität des berichteten Ereignisses. Da ein Wunder nun aber ein extrem unwahrscheinliches Ereignis ist, ist sein Vorkommen in der Realität zwar nicht prinzipiell unmöglich, der Zeuge muss aber schon enorm glaubwürdig sein, so dass eine Täuschung von seiner Seite noch unwahrscheinlicher ist als das Wunder selbst.
„Kein Zeugnis reicht aus, ein Wunder zu bestätigen, außer das Zeugnis ist von der Art, dass seine Unrichtigkeit ein größeres Wunder wäre als das Ereignis, das das Zeugnis bestätigen soll […] Ich wäge das eine Wunder gegen das andere ab und entscheide mich am Ende stets gegen das größere Wunder.“ David Hume [7]
3.2. Persönliche Offenbarungen
Unter einer „persönlichen Offenbarung Gottes„ soll eine Erfahrung mit Gott verstanden werden, die nicht gegen Naturgesetze verstößt und deshalb auch nicht als „Wunder“ ausgegeben wird. Unter diese Kategorie fallen unter anderem religiöse Nahtoderfahrungen, (Tag)Träume von Gott, Gebete, asketische Gotteserfahrungen, sowie ganz gewöhnliche Gotteserfahrungen, von denen Menschen gelegentlich berichten. Diese Offenbarungen verstoßen nicht zwangsläufig gegen Naturgesetze und könnten in diesem Sinne als wahrscheinlicher als ein Wunder angesehen werden. Trotzdem stellt sich die Frage, inwiefern Offenbarungserlebnisse – so glaubwürdig sie als subjektive Erfahrung für ein Individuum sich auch anfühlen mögen – hinreichende Evidenz für ihre bzw. Gottes objektive Realität darstellen. Aus den Kognitionswissenschaft und der Psychologie sind unzählige Sinnestäuschungen, tückische Denkfehler und kognitive Verzerrungen bekannt, die es wahrscheinlicher erscheinen lassen, dass sich das Individuum getäuscht hat, als dass es wirklich eine Gottesoffenbarung hatte. Zu dem gesellt sich der Umstand, dass sich der allmächtige Gott nach allgemeiner christlicher Auffassung allen Menschen offenbaren möchte. Wenn es jedoch einen Gott geben sollte, der allmächtig ist und der sich allen Menschen kenntlich machen möchte, so würden ihn zwangsläufig alle kennen. Da sich aber offensichtlich nicht derselbe Gott allen Menschen offenbart hat, es vielmehr unzählige Gottesvorstellungen und eine wachsende Anzahl an Atheisten weltweit gibt, ist der Verweis auf individuelle Offenbarungen kein Argument für, sondern viel mehr gegen die Existenz des christlichen Gottes. Und dieses Argument wird umso stärker, wenn man bedenkt, dass es auch dann noch gültig ist, wenn man die Ansicht vertritt, dass Gott nicht rational bewiesen, sondern nur durch persönliche Offenbarungen erfahren werden könnte. Wenn es tatsächlich einen solchen Gott gäbe, der sich allen Menschen, die ihn suchen, offenbaren möchte, dann würden alle Menschen denselben Gott finden. Dass aber Iraner auf ihrer Gottessuche meistens Allah, Inder Brahma und Israelis Jahwe finden, ist eines der stärksten Argumente gegen einen allmächtigen Gott, der sich allen Suchenden gleichermaßen offenbaren möchte.
4. Argumente gegen die Existenz Gottes
Bis hierhin wurde aufgezeigt, dass es nicht rational ist, an Gott zu glauben, da es keine rationalen Argumente für seine Existenz gibt. Hierbei muss klargestellt werden, dass das epistemische Soll somit erfüllt ist: Die Beweislast bei einer Argumentation liegt immer beim Behauptenden, das heißt, derjenige, der die Existenz von X behauptet, und nicht derjenige, der die Existenz von X bezweifelt oder bestreitet, steht in der Pflicht, Argumente für seine Position anzubringen. Indem die gängigsten Argumente für die Existenz Gottes entkräftet wurden, wurde die Pflicht also bereits getan, der schwache Atheismus, also der Nicht-Glaube an Gott, wurde begründet, beziehungsweise, der Deismus, der Glaube an die Rationalität des Gottesglaubens, wurde abgewehrt. Der Glaube an Gott ist nicht-rational, dies lässt sich schon konstatieren. Aber ist er auch irrational? Dies wäre dann der Fall, wenn es nicht nur keine Argumente für, sondern auch gute Argumente gegen die Existenz Gottes gäbe. Dass dies tatsächlich der Fall und der Glaube an Gott damit sogar irrational ist, weil ihm gute rationale Argumente entgegenstehen, soll in den folgenden Abschnitten aufgezeigt werden. Dabei wird explizit ein neuer, argumentativer Standpunkt betreten: Während bisher die Ableitbarkeit Gottes aus der Welt (anhand der Kritik an den Gottesbewiesen und Offenbarungslehren) bestritten wurde, wird von nun an gegen die bloße Vereinbarkeit der Existenz Gottes mit der Welt argumentiert. Wenn dies überzeugend gelingen sollte, wäre nun zusätzlich auch noch der starke Atheismus, der an die Nicht-Existenz Gottes glaubt, begründet. Der Theist, der die entgegensetzte Position einnimmt und die Existenz Gottes behauptet, steckt derweil in einer noch größeren Bredouille, als das bisher den Anschein hatte. Denn er hat jetzt auch noch mit den Kontraargumenten zu kämpfen und muss die Ableitbarkeit der Existenz (eines allgütigen und allmächtigen) Gottes aus einer von Übel, unerfüllten Gebeten usw. zersetzten Welt aufzeigen. Dies ist, wie wir gleich sehen werden, schier unmöglich.
4.1. Die Theodizee
Das Theodizeeproblem besteht darin, dass der Gott der Christen eigentlich die Omnipotenz (Allmacht) und den Willen (Allgüte) besitzen müsste, um das Leid in der Welt zu verhindern, es aber offensichtlich trotzdem Leid in der Welt gibt. Es lässt sich nach meinem Dafürhalten am besten wie folgt formalisieren:
(P1) Gott ist das summum bonum, das höchste Gut, das heißt insbesondere:
(P1a) Gott ist allgütig, das heißt, er möchte das Bestmögliche realisieren.
(P1b) Gott ist allmächtig, das heißt, er kann alles realisieren, was er möchte.
(P1c) Gott ist allwissend, das heißt auch, er weiß, was das Bestmögliche ist es realisiert werden kann.
(K) Gott hat das Bestmögliche realisiert, das heißt insbesondere, er hat die bestmögliche Welt realisiert.
Jedoch:
(B): Es gibt Leid in der Welt.
Das Theodizeeproblem besteht nun darin, dass augenscheinlich nicht gleichzeitig die Konklusion (K) und der Beobachtungssatz (B) [8] behauptet werden können, ohne sich in einen Widerspruch zu verstricken. Diverse Theodizeen („Rechtfertigungsversuche Gottes“) versuchen diesen Widerspruch aufzuheben. Dies geschieht entweder, indem eine Theodizee den Wahrheitsgehalt mindestens einer der Prämissen oder des Beobachtungssatzes (B) relativiert oder negiert (inhaltlicher Aufhebungsversuch), oder indem sie bestreitet, dass (K) aus den Prämissen hervorgeht oder sich mit (B) widerspricht (formaler Aufhebungsversuch).
Ein Beispiel für letzteres ist die Theodizee der menschlichen Willensfreiheit. Sie ist die in der gegenwärtigen Diskussion populärste und bestreitet einen Widerspruch zwischen (K) und (B). Dabei wird wie folgt argumentiert:
(A1) Es gibt deshalb Leid in der Welt, weil Gott uns Menschen einen freien Willen gegeben hat.
(A2) Dies tat er deshalb, weil eine Welt mit freiem Willen besser ist als eine ohne und weil er die bestmögliche aller Welten erschaffen hat.
(A3) Dabei schließt Willensfreiheit notwendigerweise mit ein, dass sich ihre Träger auch für Handlungen entscheiden können, die Leid in die Welt bringen.
(C) Deshalb widerspricht die Realität von Leid (B) nicht der vorherigen Konklusion (K), nach der unsere Welt die beste aller möglichen Welten sei.
Die Theodizee wird hiermit gewissermaßen zu einer Anthropodizee umformuliert, sprich, statt Gott wird der Mensch in Ansehung irdischen Leids nach einer Rechtfertigung gefragt. Diese Theodizee gehört sicher zu den stärksten, nichtsdestotrotz liegen die Gegenargumente auf der Hand:
(I) In der Annahme (A1) stecken drei weitere, implizite (Fehl-)Annahmen. Die erste besteht darin, dass alles Leid der Welt durch menschliche Willensfreiheit erklärt werden könnte. Dabei entspringen definitiv nicht alle Leiden menschliche Willensentscheidungen, als Beispiel seien hier Naturkatastrophen, Seuchen und natürliche Tode genannt, all dies sind Leidquellen, die es auch dann noch geben würde, wenn alle Menschen mit ihrem freien Willen immer und bestmöglich handeln würden. Diese Art von „natürlichem“ Leid steckt unabhängig von freien menschlichen Willensentscheidungen in der Welt, ich nenne sie deshalb „menschenunumgängliches Leid I“. Diese Art von Leid dürfte es eigentlich nicht geben, wenn das Argument der Willensfreiheit wahr wäre und Gott tatsächlich nur dort Leid zulassen würde, wo dies aufgrund unseres freien Willens notwendig erforderlich ist. Folglich muss sich Gott zumindest für das Vorhandensein derartiger Leiden rechtfertigen, wodurch klar wird, dass die Theodizeefrage durch den Rekurs auf die menschliche Willensfreiheit zumindest nicht in Gänze geklärt werden kann.
(2) Die zweite implizite Fehlannahme in (A1) äußert sich darin, dass das Weltleid einzig deshalb real sein soll, weil wir uns für Handlungen entscheiden können, die Leid in die Welt setzen. Im Umkehrschluss müsste dies doch heißen, dass es alternativ zu jeder leidverursachten Handlungsoption mindestens eine zweite geben muss, die kein Leid verursacht. Aber das ist nicht wahr. Menschen stehen vielerorts vor Situationen, die der im Trolley-Problem [9] ähnelt und in denen sie sich nur zwischen leidverursachenden Handlungen entscheiden können. Einige Inuits haben beispielsweise selbst heute noch nur die Möglichkeiten, Tiere zu töten und zu essen, was Leid verursacht, oder selbst zu verhungern, was ebenfalls Leid in die Welt bringt. Die Welt ist hier so konzipiert, dass sie, selbst wenn das Universum vollständig determiniert und die Willensfreiheit nur eine Illusion sein sollte, eine der beiden nur möglichen Fälle eintreten und zwangsläufig Leid nach sich ziehen muss („fressen oder gefressen werden“). Diese Art von Leid, die aus einem Mangel an Alternativen resultiert, wird nenne ich „menschenunumgängliches Leid II“. Wenn jemand für dieses Leid verantwortlich zu machen ist, dann Gott, denn er hat die Welt so erschaffen, dass sie Handlungssituationen enthält, die, egal wie unsere Entscheidung ausfällt, Leid erzeugen müssen.
(3) Noch eine dritte Annahme ist in (A1) auffindbar, die mindestens strittig ist. Es handelt sich um die Vorstellung, dass der Mensch tatsächlich mit einem freien Willen ausgestattet ist. Diese ist jedoch nicht empirisch verifiziert, wohlmöglich kann sie das aus prinzipiellen Gründen auch nie sein, sicher aber muss sie ad-hoc getroffen werden, damit das Willensfreiheitsargument überhaupt funktioniert.
(4) Die These der menschlichen Willensfreiheit ist aber nicht nur im philosophischen Diskurs, sondern auch explizit im Rahmen des christlichen Welt- und Gottesbildes, in dem dieses Argument getätigt wird, disputabel. Und zwar ausfolgenden Gründen:
(4a) Gemäß (P1c) ist Gott allwissend, folglich weiß er auch, dass ich zum zukünftigen Zeitpunkt t die Handlung X vollführen werde. Wenn Gott aber schon wissen kann, dass ich X vollführen werde, so werde ich mich nicht für Y entscheiden können und kann folglich keinen freien Willen besitzen. Falls es mir aber freisteht zwischen den Handlungsoptionen X und Y zu wählen, so kann nicht wissbar sein, welche Entscheidung ich treffen werde und der allwissende Gott des Christentums nicht existent sein. Verfolgen wir diesen Gedanken weiter, so wird klar, dass die Annahme (A1) als selbstwidersprüchlich zurückgewiesen werden muss, denn sie behauptet gleichzeitig die Existenz des christlichen (allwissendenden) Gottes und die der menschlichen Willensfreiheit.
(4b) Außerdem sind dem christlichen Weltbild Elemente inhärent, die die menschliche Willensfreiheit zumindest graduell schmälern. Erstens auf theologischer Ebene: Bei sündhaftem Verhalten droht uns der christliche Gott mit der Hölle, einem Ort voll ewigem Leid und Pein. Unsere Freiheit, uns angesichts der Höllendrohung gegen Gottes Moraldiktat zu entscheiden, gleicht dem einer Person, der man eine Pistole an die Schläfe hält und sagt: „Du kannst dich frei für oder gegen ein bestimmtes Verhalten entscheiden, aber wenn du dich dafür entscheidest, knall ich dich ab!“ Und zweitens auf irdischer Ebene: Gott hat uns Menschen mit Instinkten, Verhaltensdispositionen und Trieben erschaffen, die uns alle in unserer freien Willensausübung behindern. Besonders perfide sind solche Fälle: Gott erschafft Menschen mit pädophilen und sadistischen Neigungen und bestraft sie dann für die Auslebung jener sündhaften Dispositionen und Zwänge, die er zuvor selbst in ihnen angelegt hatte. Gott lässt Menschen also sehnlichst A wollen und sagt in all seiner Boshaftigkeit, sie sollten aber B machen. Er muss in seiner Allwissenheit auch von vornerein gewusst haben, wohin das jeweils führen wird und hat trotzdem Menschen erschaffen, von denen er genau wusste, dass sie auf Erden großes Leid verursachen und danach dafür unendlich lange leiden müssen werden. Dies alles widerspricht der Vorstellung eines allgütigen Gottes (P4c) zutiefst.
(4c) Drittens und letztens widerspricht die Annahme, Gott wolle nicht in die menschliche Willensfreiheit eingreifen (und deshalb gäbe es Leid), auch den biblischen Erzählungen, nach denen Gott Kriege entschieden, Wunder vollbracht, Menschen zu Salzsäulen erstarren lassen und Kinder umgebracht haben soll. Möchte man der Bibel Glauben schenken, greift Gott also sehr wohl und teilweise äußerst grausam in die menschliche Willensfreiheit ein.
(5) Auch die Annahme (A3) ist fragwürdig – und sie widerspricht (P1b)! Wenn Gott allmächtig ist, so muss er per definitionem auch die Macht besitzen, irdisches Leid zu verhindern, ohne dabei in unseren freien Willen einzugreifen. Besäße er diese Macht nicht, so wäre er offensichtlich auch nicht zu allem mächtig bzw. nicht allmächtig. Wenn (P1b) wahr und Gott allmächtig ist, so muss er eine Welt mit menschlicher Willensfreiheit und ohne Leid erschaffen können. Nimmt man zusätzlich auch noch an, (P1a) sei wahr, so würde der durch Allmacht und Allgüte charakterisierte Gott eine solche Welt nicht nur potentiell erschaffen können, sondern dies mit logischer Notwendigkeit auch tun! Folglich wird das Willensfreiheitsargument seinem Selbstanspruch nicht gerecht, die zentrale Kontradiktion zwischen (C) und (B) aufzulösen bzw. es schafft einen neuen Widerspruch zwischen (P2b) und (A3).
(6) Doch ignorieren wir diesen Widerspruch aus (5) für einen Moment und nehmen an, Gott sei es tatsächlich unmöglich, eine Welt zu erschaffen, in der Willensfreiheit und gleichzeitig weniger oder kein Leid herrschen. In diesem Fall kann es entweder keinen leidlosen Himmel geben, in den christliche Menschen nach ihrem Tod einziehen, oder sie sind im Himmel alle nur willensfreiheitslose Maschinen!
(7) Siebtens muss (A2) inhaltlich hinterfragt werden. Ist eine Welt mit Willensfreiheit und Leid tatsächlich besser als eine ohne die beiden? Der Utilitarismus, eine einflussreiche moralphilosophische Schule, sieht im Erzeugen von Glück und im Unterbinden von Leid (negativer Utilitarismus) die höchsten Ziele menschlichen Handelns. Und nicht etwa in der Freiheit dieser Handlungen. Wenn wir der utilitaristischen Priorisierung folgen, wäre selbst dann, wenn Gott keine Welt mit Willensfreiheit und gleichzeitig ohne Leid erschaffen kann, eine Welt ohne Willensfreiheit, dafür aber mit maximalen Glück und minimalem Leid, der unsrigen zu bevorzugen. Es stellt sich dann die Frage, warum uns Gott bei nicht zugunsten einer leidlosen Welt ohne Willensfreiheit erschaffen hat.
4.2. Die Eigenschaften Gottes
Die Theodizee legt ihr Augenmerk auf den Widerspruch zwischen der Charakterisierung Gottes und der Realität von Leid. Dabei sprechen die empirisch ergründbare Beschaffenheit der Welt und die hypothetische Charakterisierung Gottes bereits auch schon unabhängig voneinander gegen die Existenz Gottes. Die hypothetische Charakterisierung Gottes spricht gegen dessen Existenz, weil sie, wenn man sie zu Ende denkt, zu etlichen Widersprüchen führt:
(1) Allmacht: Entweder, Gott kann einen Stein erschaffen, der so schwer ist, dass er ihn selbst nicht heben kann, oder er kann dies nicht. In beiden Fällen ist er nicht (aktual-)allmächtig.
(2) Allwissenheit: Entweder Gott ist allwissend, das heißt, er weiß, dass eindeutig X in Zukunft geschehen wird, oder Gott ist allmächtig, das heißt, er kann verhindern, dass X in Zukunft geschehen wird und stattdessen Y bewerkstelligen. Gott kann aber nicht sowohl allwissend, als auch allmächtig sein.
(3) Vollkommenheit: Entweder Gott weiß, wie es sich anfühlt, sündigen zu wollen, oder er weiß es nicht. In beiden nur möglichen Fällen scheint es unangemessen zu sein, ihn vollkommen zu nennen. Wenn Gott nicht weiß, wie es ist, sündigen zu wollen, so ist er offenbar nicht allwissend und folglich auch nicht vollkommen. Wenn Gott aber weiß, wie es ist, sündigen (etwa ein Kind vergewaltigen) zu wollen, so würden wir ihn genauso wenig als „vollkommen“ bezeichnen.
(4) Freiheit: Noch verzwickter wird das vorangegangene Problem (3), wenn man die Gott ebenfalls zugeschriebene Eigenschaft der uneingeschränkten Freiheit [10] hinzunimmt. Vollkommene Freiheit bedeutet, dass Gott sich immer sowohl für das Gute als auch für das Böse entscheiden kann. Aber das müsste bedeuten, dass Gott, da er sich in Freiheit, und nicht notwendigerweise für das Gute entscheidet, auch böse Antriebe in sich haben muss. Denn ein Wesen, das keine bösen Antriebe kennt, muss notwendigerweise seinem Wesen nach gut handeln. Wenn Gott aber in seiner uneingeschränkten Freiheit auch uneingeschränkt viele böse Antriebe kennen muss, wie könnten wir ihn dann vollkommen nennen? Es lässt sich sogar noch einen draufsetzen: Wenn das Gegenteil der Fall ist und Gott nicht anders kann, als sich für das Gute zu entscheiden, dann kann er genauso wenig vollkommen sein, da ein Wesen, das der Versuchung böser Antriebe wiedersteht und sich frei für das Gute entscheidet, üblicherweise als vollkommener gilt als eines, das nur gut handelt, weil es nicht anders kann. Die Eigenschaft der Vollkommenheit stellt uns folglich vor ein Dilemma: Wenn Gott notwendigerweise gut handelt, ist er eigentlich gar nicht besonders gut, weil er gegenüber diesen Taten machtlos ist und keine bösen Antriebe überwinden muss. Außerdem könnte er dann auf keinen Fall allmächtig (1) sein. Ist Gott aber nur kontingent-gut, ist es mindestens ebenso problematisch, ihn als vollkommen gut zu bezeichnen, da es dann auch böse Antriebe in ihm geben muss. Überdies verträgt sich dieser Fall nicht mit der Allgüte Gottes: Gott wird zwar vollkommen genannt, dieses makellose Attribut scheint aber weder auf ihn zutreffen zu wollen, wenn er nicht anders kann, als gut zu handeln, und demnach nicht allmächtig ist, noch, wenn er auch böse Antriebe hat, und somit zweifellos nicht allgütig sein kann. Die Eigenschaften Vollkommenheit, Allmacht und Allgüte widersprechen somit einander ebenfalls vielfach. [11]
4.3. Die Eigenschaften der Welt
Ein weiteres starkes Argument gegen die Existenz Gottes liegt in dem Umstand, dass die Welt genau so beschaffen ist und das Weltgefüge exakt so abläuft, wie es anzunehmen wäre, wenn man davon ausgeht, dass Gott nicht existiert. Hierfür soll nur ein kleines Beispiel genannt werden: Gebete besitzen keinerlei empirische Wirkung [12]. Wenn Christen anstatt Gott einen Stein anbeten würden, würden ihre Gebete genauso häufig „erhört“ werden, wie wenn sie zu ihrem Gott beten. Außerdem gehen immer nur solche Gebete vermeintlich in Erfüllung, für die kein übernatürliches Eingreifen erforderlich ist und für die es auch natürliche Erklärungen gibt. Wenn Gott jedoch existieren sollte, dann wäre anzunehmen, dass sich Gebete zumindest über den Erwartungswert hinaus erfüllen und zwar auch dann, wenn sie ein übernatürliches Eingreifen erfordern sollten.
5. Fazit
Wir haben gesehen, dass der Glaube an Gott nicht nur nicht-rational (es gibt keine rationalen Gründe für ihn), sondern sogar irrational (es gibt rationale Gründe gegen ihn) ist. Warum aber hängen trotzdem so viele Menschen einem Gottesglauben nach? Nun, das liegt zumeist eben an nicht-rationalen Gründen, wie der Angst vor der eigenen Vergänglichkeit, existentiellen Krisen, oder dem Wunsch nach Sinn und Bedeutung. Wir müssen uns an dieser Stelle klarmachen, was „Glaube“ in diesem Sinne bedeutet: Das Annehmen von Überzeugungen, ohne rationale Rechtfertigung. So gesehen ist Glaube das exakte Pendant zum Wissen, also zu rational gerechtfertigten Vermutungen. Er, der religiöse Glaube, ist dann ebenfalls intellektuell unredlich, denn er beinhaltet eine starke Überzeugung, in der Regel mindestens so stark wie die von echtem Wissen, bei fehlender rationaler Rechtfertigung. Auf einen Nenner heruntergebrochen bedeutet der so verstandene Glaube an Gott, man gibt vor, etwas zu wissen, was man nicht weiß. Dies – das Kernstück [13] religiösen Glaubens – erscheint mir selbstbetrügerisch.
6. Fußnoten
[1] https://fowid.de/meldung/kirchenaustritte-und-aufnahmen-1953-2004
[2] Vgl. z.B. Mackie, John Leslie: Das Wunder des Theismus (Stuttgart 1985), S. 9ff. Oder Swinburne, Richard: Die Existenz Gottes (Stuttgart 1987), S. 16.ff.
[3] Das „fliegende Spaghettimonster“ ist eine Parodie auf herkömmliche Gottesvorstellungen.
[4] Dieter Lüst: Quantenfische (dtv 2014), S. 320-327
[5] Es ist nicht einmal zwingend, dass diese Lebensform wie wir auf Kohlenstoff basieren muss. In der Astrobiologie hat sich der polemische Begriff des Kohlenstoffchauvinismus etabliert, dieser findet Verwendung, wenn bei der Suche nach extraterrestrischem Leben allein die Möglichkeit der Entstehung von außerirdischem Leben nur auf Kohlenstoffbasis diskutiert wird.
[6] Das Sparsamkeitsprizip besagt, dass bei einer Reihe von Erklärungen für ein und denselben Sachverhalt die einfachste Erklärung zu bevorzugen sei und eine Theorie dann genau einfach ist, wenn sie möglichst wenige Variablen und Hypothesen enthält.
[7] David Hume, An Inquiry concerning Human Understanding
[8] (Empirische) Beobachtungssätze, beziehungsweise Protokollsätze, sind in der wissenschaftstheoretischen Schule des logischen Empirismus Aussagen, über deren Gültigkeit durch sinnliche Beobachtung eine intersubjektive Übereinkunft erzielt werden kann. Vgl. Rudolf Carnap: Über Protokollsätze.
[9] Das Trolley-Problem ist ein klassisches und eingängiges Beispiel für ein ethisches Dilemma, bei dem durch jede der beiden allein möglichen Handlungsoptionen getötet und damit Leid verursacht wird. Vgl. Philippa Foot: The Problem of Abortion and the Doctrine of the Double Effect.
[10] Die theistische Behauptung, dass Gott vollkommen frei ist, lässt sich ganz einfach widerlegen: Da jede Beschaffenheit, jedes Motiv und jede Eigenart einer vollkommenen Freiheit Abbruch tut, muss ein Wesen mit vollkommener Freiheit vollkommen unbeschaffen sein. Ein vollkommen freier Gott ist also ein nicht-existenter Gott. Und ein existenter Gott ist zwangsläufig nicht vollkommen frei!
[11] Vgl. Gerhard Streminger: Gottes Güte und die Übel der Welt (Tübingen 1992), S. 331-333
[12] Richard Dawkins: Der Gotteswahn (Ullstein 2016), S. 89f.
[13] Religionen enthalten darüber hinaus ein breiteres Spektrum an Inhalten, zum Beispiel kulturelle und identitätsstiftende Merkmale, Werturteile, ethische Regeln, Rituale, soziale Funktionen. Im Kern basieren sie jedoch auf einem Behauptungskatalog über die Realität. Würden diese irrationalen Behauptungen weggelassen, bliebe von den Religionen nichts Substantielles übrig.
Kommentare
Was ist das für ein Roman?
Herr Heinle, dürfte ich fragen was Sie sind ?
(Ich bin Naturwissenschaftler u.a. im Bereich Religionswissenschaft, - weitere Fragen dürfen gerne an mich gestellt werden)
Nun zur Themenfrage
meine Antwort:
Gibt es Verstandesgründe für das Tragen einer Beinprothese?
=> ja gibt es! wenn einem das Bein fehlt (wenn man einen Mangel hat)
So ist es auch mit Gott.
(01.10.2019)
Antworten
wenn man einen Mangel an Gott hat, gibt es einen Verstandesgrund, an ihn zu glauben?
Oder wenn man einen Mangel an Verstand hat?
Beim ersteren kann per se kein Mangel existieren, weil es keinen Gott gibt.
Beim zweiteren hülfe evtl Weiterbildung, und wenn's hart auf hart bekommt, eine psychologische Betreuung.
Antworten
@ Dieter Machmeier
Könnten sie ihren Verstandesgrund bitte etwas näher erläutern, denn ich habe offensichtlich Probleme damit ihn zu verstehen. Vielen Dank im Vorraus.
>>>Hallo Herr Machmeier,
ich versuch es zu erklären:
Gott = gibt es nicht (= Einbildung der Gläubigen) = Religion
= ein Ersatz für etwas fehlendes [Vergleich: Beinprothese]
Die Leute wollen ihre Wissenslücke auffüllen (= insoweit verständlich)
aber leider mit ihrer Fantasie, was unverständlich ist.
Natur = alles = unser Schöpfer
= eine Naturwissenschaft
= das Richtige, Tatsache [das richtige Bein]
noch Fragen?
(05.10.2019)
Hallo Herr G.
Sie beantworten die Themenfrage also wie folgt:
"Gibt es Verstandesgründe für das Tragen einer Beinprothese?
=> ja gibt es! wenn einem das Bein fehlt (wenn man einen Mangel hat)
So ist es auch mit Gott."
Ok, dann übertragen wir diese Aussage einmal auf Gott:
Gibt es Verstandesgründe für das Tragen einer Gottprothese?
=> ja gibt es! wenn einem der Gott fehlt (wenn man einen Mangel hat)
Oder meinen sie, wenn man einen Mangel hat, wie z.B. ein fehlendes Bein, dann braucht man einen allgütigen Gott, der das Bein wieder nachwachsen lässt?
Könnten sie ihren Verstandesgrund bitte etwas näher erläutern, denn ich habe offensichtlich Probleme damit ihn zu verstehen. Vielen Dank im Vorraus.
Antworten
@ Siegfried G.:
Zitat: „Nun zur Themenfrage
meine Antwort:
Gibt es Verstandesgründe für das Tragen einer Beinprothese?
=> ja gibt es! wenn einem das Bein fehlt (wenn man einen Mangel hat)
So ist es auch mit Gott.“
Ihre Antwort auf den Fragesatz als Titel des Artikels halte ich für nicht besonders intelligent.
Jemand, der ein Bein verloren hat, weiß natürlich, wie sich der Zustand angefühlt hat, über zwei Beine zu verfügen. Und ebenso natürlich ist es, dass ihn der neue Zustand, nur noch über ein Bein zu verfügen, gar nicht gefällt, und er es sich daher wünscht, wieder auf zwei Beinen stehen zu können, so dass er deswegen froh ist, wenn man ihn mit einer Beinprothese ausstattet. Die Beinprothese gleicht den Verlust eines Beines (Mangel) nur sehr rudimentär wieder aus. Das fehlende Bein und die Beinprothese führen dem Mitmensch ständig vor Augen und lassen es ihn ständig fühlen, dass er mit einem „Mangel“ leben muss.
Ein Mitmensch aber, in dessen Hirn nicht der „Glaubensgegenstand“ der „Glaubens-Infizierten“ spukt, kennt ja somit auch nicht das Gefühl, wenn sein Hirn auf solche Art und Weise infiziert wäre. Daher wird ihm wohl kaum der Gedanke kommen, dass ihm etwas fehlt. Etwas, was der Mensch nie besessen hat, kann ihm logischerweise auch nie fehlen.
Allerdings kann es sich ein Mitmensch selbst einreden oder sich einreden lassen, dass er von einem Mangel betroffen ist, wenn nicht auch in seinem Hirn der „Glaubensgegenstand“ der „Glaubens-Infizierten“ spukt. Die christlich-monokratischen Parteien (Amtskirchen) haben keine Hemmungen zu versuchen, bei möglichst vielen Menschen den Eindruck zu erzeugen, dass sie von einem Mangel betroffen sind, wenn nicht auch in ihren Hirnen der Gegenstand ihrer religiösen Geschäftsidee spukt, denn solche Versuche dienen ihrem „Geschäftsinteresse“.
In unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft reden die Kleriker der Amtskirchen den Menschen weiterhin viel Unsinn ein. Mit ihrer sirenenhaft-pastoralen „Wortmusik” lullen sie ihre Opfer ein und umgarnen sie.
Die Kleriker der Amtskirchen versuchen in den Köpfen ihrer oft devot-servilen Opfer eine imaginäre Welt des Realitätsersatzes zu erzeugen und aufrecht zu erhalten. In dieser Scheinwelt soll sich das Glücksbedürfnis ihrer Opfer, wie es christlich-monokratisch verstanden wird, und wie es ihnen, den Opfern, in der Erfahrungswirklichkeit unter den bestehenden sozialen Verhältnissen und der politisch-rechtlichen Ordnung zu oft versagt bleibt, erfüllen.
03. 10. 2019, 19,50 Uhr.
Gruß von
Klarsicht(ig)
Antworten
Gutes Beispiel. Fehlt es an rationalem Denkvermögen, trägt man also die Fantasie Gott. Gott ist also ein Prothese mit der man Wissenslücken stopft und Logikfehler ausgleicht.
Antworten
@ Hard Frost
Oder wenn man einen Mangel an Verstand hat?
>>> Ja an Verstand, an Wissen Denkvermögen.....
Beim ersteren kann per se kein Mangel existieren, weil es keinen Gott gibt.
>>> ja
Beim zweiteren hülfe evtl Weiterbildung, und wenn's hart auf hart bekommt, eine psychologische Betreuung.
>>> Ja Bildung in Naturwissenschaft, primär im Fach: Lebenskunde
Das haben wir aber in Deutschland nicht, -darum haben wir auch eine Bildungslücke!
Ein Psychologe nützt in dem Fall eher nichts.
(05.10.2019)
Antworten
Lieber Herr G.
Ich finde Ihre Antwort treffend.
Allerdings dürfte es für die meisten erklärten Atheisten schwierig sein, einen solchen (spirituellen) Mangel zuzugeben oder sich dessen auch nur bewusst zu werden. Provokativ ausgedrückt müsste sie hierfür ihren geistige Narzissmus überwinden.
Mit meinen bescheidenen theologischen Kenntnissen (ich bin römisch-katholischer Christ) meine ich, in allen Religionen einen gemeinsamen Kern zu sehen, welchen ich gerne als "Uroffenbarung" verstehen würde. Diese Uroffenbarung steht an der Stelle unseres verstandesmässigen, diskursiven Begreifens und wird genau deshalb von Atheisten nicht akzeptiert. Wie sehen Sie dies?
(2.10.2019, 22.10 Uhr)
Antworten
Ein ehemaliger Pfarrer bewertet die amtskirchliche „Geschäftsidee Gott" als gebrauchsuntauglich.
Durch das Festhalten an der amtskirchlichen „Geschäftsidee Gott" stellen sich die Kleriker und deren Glaubensgefolgschaft kontinuierlich ein partielles, intellektuelles und humanistisches Armutszeugnis aus !
Nachfolgender Text ist zitiert:
„ ,Im unendlichen Raum zahllose leuchtende Kugeln, um jede von welchen etwan ein Dutzend kleinerer, beleuchteter sich wälzt, die inwendig heiß, mit erstarrter kalter Rinde überzogen sind, auf der ein Schimmelüberzug lebende und erkennende Wesen erzeugt hat: - dies ist die empirische Wahrheit, das Reale, die Welt. Jedoch ist es für ein denkendes Wesen eine mißliche Lage, auf einer jener zahllosen im gränzenlosen Raum frei schwebenden Kugeln zu stehn, ohne zu wissen woher noch wohin, und nur Eines zu seyn von unzählbaren ähnlichen Wesen, die sich drängen, treiben, quälen, rastlos und schnell entstehend und vergehend, in anfangs- und endloser Zeit: dabei nichts Beharrliches, als allein die Materie und die Wiederkehr der selben, verschiedenen, organischen Formen, mittels gewisser Wege und Kanäle, die nun einmal dasind. Alles was empirische Wissenschaft lehren kann, ist nur die genauere Beschaffenheit und Regel dieser Hergänge.' Mit diesen Worten begann im Jahre 1842 Arthur Schopenhauer den 2. Band seines philosophischen Hauptwerkes: Die Welt als Wille und Vorstellung (Werke, III, 3-4).
Niemals zuvor in der abendländischen Geistesgeschichte hat jemand die scheinbare Sinnlosigkeit der menschlichen Existenz inmitten der seelenlosen Mechanik des Kosmos sich so schonungslos eingestanden wie der deutsche Denker am Anfang des 19. Jahrhunderts. Isaac Newtons Physik und der erkenntnistheoretische Idealismus Immanuel Kants fanden durch ihn ihre Synthese und ihre Auflösung. Der Mensch mag das Getriebe, nach dem die Welt sich selbst aufführt, noch so genau analysieren, er mag die Vielfalt der Erscheinungen noch so präzise nach den Gesetzen seines eigenen Denkens zu ordnen versuchen, - er wird bei allen Erklärungen doch niemals dem Eindruck der radikalen Zufälligkeit, der unentrinnbaren Endlichkeit und vor allem: der entsetzlichen Widersprüchlichkeit seines Daseins mit dem Ideal der Vernunft standhalten können. Wenn dieser Welt, das stand Arthur Schopenhauer fest, eine Macht zugrunde liegt, die sich verstehen läßt, dann kann es nicht ein Gott sein, der beim Anblick dieser Welt als seiner ,Schöpfung' nach biblischen Urteil noch selbstzufrieden ausruft: ,Und siehe, es war alles sehr gut' (Gen I, 31) ! Ein solcher Gott müßte denn ein Zyniker und ein übler Possenreißer sein, angesichts des ungeheueren Maßes an Leid und Qual, die den hilflosen Kreaturen auferlegt werden. ,Alles sehr gut'... - in welch einem wirklichkeitsfernen ,Himmel' schwebt ein solcher ,Gott' ? Und was wohl finge er an, dieser ,Gute', mit dem ,Drängen', ,Treiben' und ,Quälen' seiner ,Geschöpfe' ? Wollen sie's denn ? Haben sie etwa Lust an all dem Grausigen, Gräßlichen ?
O ja, man muß nur beobachten, mit welch einer ,Funktionslust', mit welch einem Überschuß an Jagdinstinkt ein sonst harmloses Hauskätzchen eine Maus wie einen Spielball zwischen seinen Pfoten hin und her treibt, und man begreift etwas von dem Abgründigen, das in der gesamten Schöpfung liegt. ,Die Welt', meinte Albert Schweitzer, ,ist das grausige Schauspiel der Selbstentzweiung des Willens zum Leben. Ein Dasein setzt sich auf Kosten des anderen durch, eines zerstört das andere. Ein Wille zum Leben ist nur wollend gegen den andern, nicht wissend von ihm', ,in einer Welt ..., in der Schöpferwille zugleich als Zerstörungswille und Zerstörungswille zugleich als Schöpferwille waltet' (Kultur und Ethik, 334). Was aber ist das für ein ,Schöpfer', dessen ,Walten' Gewalt ist, statt wohlberechneter Weisheit ?
Seit Jahrhunderten scheitert der christliche Glaube an dieser Frage. Er muß daran scheitern, weil das vermittelte Gottesbild in sich selbst widersprüchlich ist. Voltaires Candide (5. Kap., 294-297) bereits ironisiert und karikierte vor 200 Jahren die Lehre des großen G. W. Leibniz, Gott habe in seiner Güte, Weisheit und Macht nur die beste aller möglichen Welten schaffen können (Die Theodizee, 1.Teil, Nr. 8, S. 101; Nr. 200, S. 256), - eben deswegen auch sei das Erdbeben in Lissabon ausgebrochen, weil ,alles dies ... so am besten' sei, und selbst ,Sündenfall und Erbfluch', notwendigerweise zu der besten aller Welten' gehören. Wer heilt den metaphysischen Schmerz, der den Menschen überkommt sobald er, mit dem Gottesbild der Bibel im Herzen, der Wirklichkeit der Welt sehend gegenübertritt ?
[...]
Lehrt nicht das Christentum bis in die Gegenwart, daß Gott in seiner Allmacht alles zu tun vermöge, was er wolle ? Und lehrt es nicht desgleichen, daß Gott der Allbarmherzige, der Gütige von grundauf sei ? Wie aber reimt zu solchen Attributen sich seine komplette Tatenlosigkeit in Anbetracht des namenlosen Leids der Welt ? Ein Gott, der alles kann und doch nichts tut, verdient, wenn er so viel des Unheils tatenlos mitanschaut, wohl nicht für gütig gehalten zu werden; oder umgekehrt: wäre er gütig, doch könnte selbst er es nicht hindern, so wäre er wohl nicht allmächtig; - beide Eigenschaften vereinbaren sich nicht miteinander, solange die Welt so ist, wie sie ist: ein Jammertal. Beide Eigenschaften, die Allmacht ebenso wie die Güte, gehören indessen laut christlicher Theologie unabdingbar dem Göttlichen zu. Also bleibt kein anderer Schluß: es ist die Welt selber, die den christlichen Gott als ihren Schöpfer widerlegt. Oder anders gesagt: Der moralische Anspruch, der sich in der christlichen Idee der Gottheit verkörpert, wird von der Wirklichkeit selbst ad absurdum geführt.
Der Gedanke selbst ist nicht neu, - schon Epikur in seinen Fragmenten formulierte, daß es bei Gott keine Affekte, weder Furcht noch Freude, weder Trauer noch Erbarmen, geben könne, folglich auch keine ,Vorsehung' für diese Welt; auch kein Denken und kein Wahrnehmen (134); doch hob er sich die Frage noch auf, ob es sie dann überhaupt gibt - die Götter ?
Den letzten großen ,Rettungsversuch' der traditionellen jüdisch-christlichen ,Gottesidee' unternahm im 18. Jahrhundert der soeben erwähnte G. W. Leibniz: Gott, meinte er, habe die ,Übel' der Welt in Kauf nehmen müssen, um des höheren Gutes willen, das die Harmonie des Gesamtzusammenhangs auszeichne: ,in der großen Ordnung', zitierte er den heiligen Bernhard, ,herrscht stellenweise auch etwas Unordnung, und diese kleine Unordnung bedeutet für das Ganze nur Schein; sie ist sogar nur scheinbar im Hinblick auf die Glückseligkeit der diesen Weg der Ordnung Beschreitenden' (Theodizee, Nr. 243, S. 288); Mißgeburten, tektonische Verschiebungen der Erdrinde - all das also sind nur ,Unordnungen', denen wir ,unsern Reichtum und unsere Bequemlichkeit schulden' (Nr. 245, S. 289), - all das sind, würden wir heute sagen, nur ,chaotische' Schwankungen, die notwendig sind, um den Bau des Kosmos in seiner ganzen Weisheit und Schönheit zu errichten.
Der Gedanke, den Leibniz in diesen Worten äußerte, war naturphilosophisch genial richtig [...] doch ,stimmt' er auch theologisch ? Leistet er religiös, was er soll ?
Das gerade nicht ! Von einem Gott, der so vorgestellt wird, wie die jüdisch-christliche Glaubenswelt ihn bis heute gelehrt hat, erwartet man Besseres, Menschlicheres als ,Unordnungen', die in jedem Einzelfall ein ungeheueres Meer von Leiden bedeuten.
Den entscheidenden moralischen Einwand gegen die gesamte Konstruktion von den ,Übeln', die zur Harmonie des Ganzen nun einmal unerläßlich seien, hat der Dichter F. M. Dostojewski in seinem großen Roman Die Brüder Karamasow formuliert, - offenbar nicht zufällig ein Russe, erscheint doch die Geistesgeschichte Rußlands im 19. Jahrhundert im Rückblick wie ein einziger konsequenter Gang in den Atheismus aufgrund des Übermaßes an Leid im Schatten eines Gottes, der weihrauchumwölkt auf seinem himmlischen Thron zu sitzen scheint, indem er die Auflösung aller Rätsel auf Erden für eine andere, überirdische Welt, die da dereinst uns verheißen ist, vertagt. Ein Mensch, der leidet, kann nicht auf eine Antwort in beliebig ferner Zukunft warten, und am allerwenigsten will er die Dauerauskunft aller ,Theologen' an der Seite schon des biblischen Hiob wiederholt finden: es trügen die Menschen selber die Schuld an ihren Qualen; die Pein, die sie erduldeten, Krankheit und Tod, sinnloses Unheil und bedrückende Zufälle aller Art - das eben sei die Art, wie die Gottheit ihre Sünden auf Erden schon strafe. Der Einwand, ja, der Gegenbeweis Iwan Karamasows zu derlei Ansichten besteht bei Dostojewski bezeichnenderweise nicht nur in einer naturphilosopihischen Reflexion, sein unwiderlegliches Argument ist moralischer Art: die Unschuld der Kinder ! Sie zumindest leiden immer zu Unrecht.
[...] ,Wenn alle leiden müssen, um durch Leiden ewige Harmonie zu erkaufen, was haben dann die Kinder damit zu schaffen' (1. Teil, 5. Buch, 4. Kap.: Die Auflehnung, I, 303-304).
Es ist für einen Menschen von der Sensibilität und Intelligenz eines Iwan Karamasow nicht länger mehr eine mögliche Auskunft, die Frevler, insbesondere diejenigen, die der Mißhandlung von Kindern für schuldig befunden, würden bestraft, die Unschuldigen würden gerächt, es gebe die Hölle usw. Denn nicht nur, daß viele Übel die Unschuldigen ganz unabhängig von menschlichem Handeln durch die blinde Mechanik der Natur treffen, - zu Recht fragt Iwan seinen Mönchsbruder Aljoscha: ,Wozu soll nur mir denn ihr (sc. der Bösewichter) Gerächtwerden, wozu soll mir die Hölle für ihre (sc. der Kinder) Peiniger dienen ? Wie kann da die Hölle wiedergutmachen, wenn jene schon zu Tode gequält werden ? Und was ist denn das auch für eine Harmonie, wenn es eine Hölle gibt ? Ich will verzeihen und umarmen, ich will gar nicht, daß noch weiter gelitten werde. Und wenn die Leiden der Kinder nötig waren, um jene Leidenssumme zu erfüllen, die unumgänglich ist, um die Wahrheit zu erkaufen, so behaupte ich schon im voraus, daß die ganze Wahrheit dann gar nicht wert ist eines solchen Kaufpreises ! ...Ich ...will gar keine (sc.solche) Harmonie, aus Liebe zur Menschheit will ich sie nicht. Ich will lieber verharren bei ungesühnten Leiden )! ...Ja, und überhaupt hat man die Harmonie viel zu hoch bewertet, es ist überhaupt nicht unseren Vermögensverhältnissen angemessen, so viel für das Eintrittsbillett zu ihr zu zahlen. Deshalb beeile ich mich auch, mein Eintrittsbillett zurückzugeben. Und wenn ich auch nur eben ein anständiger Mensch bin, so bin ich sogar verpflichtet, es so rasch wie möglich zurückzugeben. Das tue ich denn auch. Nicht daß ich Gott meine Anerkennung verweigere, ich gebe ,Ihm' nur in aller Ehrerbietung mein Eintrittsbillett zurück' (305).
Aljoscha bezeichnet diese Worte [...] als ,Auflehnung'; doch Iwan entgegnet ,vielsagend' seinem Bruder: ,Auflehnung ? Ich hätte von dir nicht ein solches Wort gewünscht ... kann man denn leben im Aufruhr ohne Gott ? Ich aber will ja leben. Sage mir selber offen und ehrlich, ich rufe dich - antworte: Stelle dir einmal vor, du selber leitetest den Aufbau des Menschheitsschicksals in der Absicht, schließlich alle Menschen zu beglücken, ihnen allen endlich Frieden und Ruhe zu geben; die unbedingte und unausweichliche Vorbedingung zur Erreichung dieses Zieles wäre aber - so stelle dir einmal vor -, daß du wenn auch nur ein einziges, winziges Geschöpfchen quälen müßtest ..., um auf seinen ungesühnten Tränen diesen Bau aufzurichten, würdest du unter diesen Bedingungen einverstanden sein, der Bauherr dieses Baues zu sein ?' (305-306).
[...] Wie Dostojewskis Iwan, so verweist auch Camus auf das Leiden der Kinder: wenn sie, wie in dem Roman Die Pest (4. Kap., 121-123) geschildert, wimmernd, unter Fieberschauern sich windend, vor den Augen des Arztes Doktor Rieux an der Seuche verenden, widerlegt sich dann die ganze ,prophetische' Logik der Bibel mit ihrem primitiven Schema von Lohn und Strafe aus den Händen eines gerechten, rächenden Gottes nicht wie von selbst ? Und selbst wenn sie zuträfe und die ungeheuerliche, wahrhaft alttestamentliche Predigt von Pater Paneloux in Die Pest (2. Kap., 52-56) träfe zu; Gott hätte mit der verheerenden Seuche ,nur' seinen Racheengel geschickt, um die sündigen Menschen zu strafen und die Guten von den Bösen mit dem Speer der Vergeltung zu sondern, - was denn hätte mit dieser bizarren, mitleidlos grausamen Strenge jenes biblischen Wüterichs von Sodom und Gomorrha die Qual auch nur eines einzigen schuldlos leidenden Kindes zu tun ? Welch eine theologische Monströsität: Kinder ,schuldig' zu sprechen der ,Sünde' ,Adams' ,am Anfang" wegen !
[...] selbst wenn sich zeigen ließe, daß Seuchen wie Pest und Cholera nun einmal für den Erhalt der Harmonie der Welt notwendig wären - Gott, nehmen wir an, hätte sie zum Beispiel einfach deswegen zulassen müssen, um die Menschen auf Erden ,kurz' zu halten und ihre Zahl, nach dem bedauerlichen Wegfall aller anderen natürlichen Feinde, mittels hochwirksamer Bakterien in überschaubare Grenzen einzuschließen -, was für eine ,Harmonie' wäre das dann, die zu ihrer Herstellung sich derart unmenschlicher Mittel bediente ? Ja, und selbst wenn eine solche ,Harmonie' tatsächlich zustande käme, so würde sich doch nur um so mehr zeigen, daß ein fühlender, denkender Mensch mit ihr durchaus nicht zu leben vermöchte, ja, daß der Anstand es ihm förmlich verbieten müßte, am Jüngsten Tag in das Hosianna der um solchen Kaufpreis Erlösten miteinzustimmen.
Es ist nicht nur , daß die Leibnizsche Auskunft von der ,prästabilierten Harmonie' der besten aller möglichen Welten sich als zunehmend unmöglich erweist, es steht seit Schopenhauer, seit Dostojewski inzwischen so, daß selbst eine solche Harmonie sich nicht verträgt mit dem Mitleid des Menschen; eine ,rationale' Ethik mag sich auf die ,Gesetze' des ,Güterabwägens' (der ,Epikie'), des sorgfältigen Taxierens von Kosten und Nutzen in der Menschheitsgeschichte gründen, - das Kantsche Prinzip aus der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (2. Abschnitt, Werke VII, 61-63), daß der Mensch niemals als Mittel, stets als Zweck an sich zu betrachten sei, verträgt sich nicht mit derartigen harmonisierenden Kalkulationen im Dienste der Weltenharmonie, und schon gar nicht verträgt sich damit das Gefühl der Sittlichkeit, wenn es als Mitleid sich dem Leid des Einzelnen zuwendet. Angesichts dieser Welt richten die besten Gefühle und Gedanken im Menschen sich gegen den ,Demiurgen', der sie gemacht hat, ...
,Ich sitze', erzählte dieser Tage ein junger Medizinstudent, ,am Bett einer Frau mit chronischer Nephritis; sie hat drei Kinder, das älteste kommt eben erst in die Schule, der Mann ist beruflich viel unterwegs, ein Arzneimittelvertreter; seine Frau wird sterben, das wußten wir schon lange, denn es gibt kein Mittel gegen ihre Krankheit; aber jetzt dabeizusitzen und zu sehen, wie sie stirbt, friedlich beinahe, ihre Stirn ganz feucht, sie liegt da wie schlafend, die Haut gelblich-bleich, eine schöne Frau, höchstens dreißig, mit schwarzen Haaren und einem fein geschwungenen Mund, - ihre dunklen, sanften Augen werden sich nie mehr öffnen, ihre Hände werden ihre Kinder nie mehr streicheln, alles, was da liegt, wird in wenigen Stunden in Verwesung übergehen, ja, wir werden sogar bald schon die Lebenden vor diesem Etwas schützen müssen, das sie noch ist, ...das mitzuerleben - und es ist doch nur ein Beispiel, so geht es Tag um Tag -, das ist unglaublich ! Ich bin sehr religiös erzogen worden; ich habe versucht, wie meine Mutter es mich gelehrt hat, an einen Gott zu glauben, der es gut mit uns meint. Doch jeder Mensch, der so stirbt wie diese Frau, widerlegt diesen Gott. Ich kann mir nicht helfen: mit Viren, Bakterien, organischen Defekten, genetischen Schäden, funktionalen Störungen oder was sonst, da kenn' ich mich aus; aber die Vorstellung, da säße ein Gott, und er schaute sich's an, und er täte rein gar nichts, - das geht zu weit. Jeden Arzt auf der Station würde man verhaften, wenn er helfen könnte und unterließe es. Ich hätte große Lust, diesen Gott, wenn es ihn gibt, schon jetzt, ganz sicher am Jüngsten Tag, wegen unterlassener Hilfeleistung in X-Fällen hochnotpeinlich zu verhören und zu verklagen.'
Da existiert aus kindlicher Erinnerung noch die Vorstellung eines Gottes, doch nur als das Gegenüber eines zynisch anmutenden Spotts, ist es doch die jüdisch-christliche Gottesidee selbst, die allzu zynisch der Menschlichkeit spottet.
[...]
Die Welt, wie sie ist, läßt sich nicht begreifen, indem man die mythische Chiffre des Alten Persiens ins Metaphysische erhebt: es sei da ein guter Gott, Ahura Mazda, dessen Werke nur leider durch das Wirken eines bösen Geistes, Ahriman, der sich des Menschen bemächtigte, in Unordnung geraten seien; was wir ,Unordnung' nennen, ist in der Natur viel zu ,schöpferisch' um nicht selbst ,Ordnung' zu sein - ebenfalls ein Gedanke, den wir später noch eingehend würdigen müssen, wenn wir erst sehen, wie die höchsten Erzeugnisse der Evolution, bildlich gesprochen, sich ,des Teufels Küche' verdanken ! Das Problem, so viel jetzt schon, ist nicht das vermeintliche Drama von dem bösen Teufel und dem lieben Gott, der wirkliche ,Skandal' ist diese Welt in Anbetracht der jüdisch-christlichen Idee des Göttlichen.
[...]
Ist nicht jede religiöse Handlung - alles Hoffen, alles Beten - inmitten dieser widersprüchlichen Welt selber widersprüchlich ? Wofür danken, wenn das Wohl der einen Kreatur sich nur erkauft durch die Qual einer anderen ? Wem danken, wenn Glück oder Unglück so unverdient, jenseits aller Maßstäbe von Tugend und Laster, die Menschen treffen wie die Lose einer gut, doch blind gemischten Tombola ? Wozu beten, wenn die ,Erhörung' des einen Gebetes identisch ist mit der Nichterhörung eines anderen ebenso wohlbegründeten Flehens ?
[...]
Die klassische ,christliche' Antwort auf Erschütterungen dieser Art besteht in dem Hinweis auf das Zitat aus dem Römerbrief ..., ,die ganze Schöpfung' seufze ,bis zu diesem Augenblick mit uns' und ängstige sich und warte darauf, ,daß die Kinder Gottes offenbar werden' (Röm 8,19.22). Da soll das Leid der Welt ,erklärt' werden mit dem Mythos vom ,Sündenfall" Adams, so als sei es immer noch möglich, den Menschen in den Mittelpunkt der Schicksalsbestimmung des Universums zu stellen, so als sei es immer noch möglich, die Gesetze der Natur als ein Malheur der ,Willensfreiheit" des Menschen zu betrachten, so als sei es immer noch möglich, die ganze Natur, gleich, ob schuldig, ob unschuldig, um den ,Abfall' und ,Aufstieg' des Menschen herumkreisen zu lassen ...
[...]
Der Hauptfehler der jüdisch-christlichen Schöpfungsvorstellung liegt ... darin, daß sie von der Erschaffung des Menschen (ja, der ganzen Welt) redet, ohne die wirkliche Herkunft des Menschen (sowie den Werdegang des Kosmos insgesamt) auch nur annähernd zur Kenntnis zu nehmen. Sie setzt einen ,Gott' voraus, der nichts ist als ein menschliches Ideal, von der Weltwirklichkeit ebenso isoliert wie das Menschenbild, das sich mit diesem ,Schöpfergott' legitimiert.
[...]
Die Zeit ... geht zu Ende, daß sich die Theologen damit begnügen mochten, beim Sprechen von der ,Welt' nichts weiter zu tun, als mit feierlicher Miene den biblischen Schöpfungsmythos zu rezitieren. Ab sofort heißt es, Antwort zu geben, das heißt als erstes, die eigenen Fragestellungen an dem zu messen, was man vom Menschen heutigentags zu wissen vermag. Erst dann mag man fragen nach ,Gott' und die Frage zu beantworten suchen, wie die Idee eines Gottes überhaupt jemals in unsere Köpfe zu gelangen vermochte.
[...]
Fragen wir also als erstes nach dem Bild vom Menschen: Wie ist er geworden ? Wer sind wir selber ? Welche Kräfte haben uns hervorgebracht ?
[...]
Bis in die jüngste Gegenwart hat vor allem die römische Kirche den ,Darwinismus' dogmatisch bekämpft, bedeutete er doch die letzte große Erschütterung des Narzißmus des jüdisch-christlichen Menschenbildes: die Krone der Schöpfung, der Mensch, sollte nicht unmittelbar aus den Händen Gottes hervorgegangen sein ? Das Buch des Paläontologen und Visionärs Teilhard De Chardin Der Mensch im Kosmos zum Beispiel wurde nach altbewährter Manier schon vor der Drucklegung verboten - in jesuitischem Gehorsam willigte der Autor gleich darein, daß alle seine Schriften zu Lebzeiten unveröffentlicht blieben. Statt dessen veröffentlichte die Päpstliche Bibelkommission unter PIUS XII.1948 eine Erklärung an den Erzbischof von Paris, Kardinal Suhard, in welcher dieser auf französisch und lateinisch belehrt wurde, daß man die Historizität der ersten elf Kapitel der Genesis weder verneinen ‚noch einfach bejahen könne‘, sie gehörten keiner modernen literarischen Gattung an, und wer sage, sie seien ‚nicht historisch‘, der lege das Verständnis nahe, sie seien ohne historische Bedeutung, ‚wo sie doch in einfachen und bildhaften Worten, die der Fassungskraft weniger gebildeter Menschen entsprechen, die fundamentalen Heilswahrheiten wiedergeben und auch in volkstümlicher Weise den Ursprung der Menschen und des auserwählten Volkes beschreiben' (DS 3864).
Schon daß hier die Entstehung der Menschheit und die Entstehung eines einzelnen Volkes vor ca. 3500 Jahren in einem Atemzug genannte werden, dokumentiert die komplette Ahnungslosigkeit der päpstlichen ,Glaubens'behörde bezüglich der wahren Dimensionen der Fragestellung.
Doch so ging es weiter ! Am 12. August 1950, in der Enzyklika Humani generis, gab Pius XII. der Menschheit zu wissen, die menschliche Vernunft erlaube ,die wahre und sichere Erkenntnis eines einzigen personalen Gottes, der die Welt in seiner Vorsehung behüte und leite' (DS 3875); die Enzyklika wandte sich im weiteren gegen solche, die die personale Existenz von Engeln bestreiten (DS 3891), und gelangte schließlich zu der Einsicht, daß die Christgläubigen nicht jene Meinung annehmen könnten, nach welcher in der ,Sündenfallerzählung' das Wort ,Adam' eine gewisse Vielheit von Ureltern bezeichne' - derlei Ansichten seien mit der Lehre der Kirche von der ,Ursünde' unvereinbar, diese ,Sünde' sei von einem begangen und dann auf alle übergegangen. [...] da nun die römische Kirche, wie jedermann weiß, in ihrem Lehramt nicht irren kann, legt in ununterbrochener Tradition über vierzig Jahre danach noch einmal Papst Johannes Paul II. in unseren Tagen den endgültigen Beweis dafür vor, daß die Kirche die ,bildlichen Aussagen' der Bibel, die der Fassungskraft der Wenigergebildeten so sehr entgegenkommen, immer noch richtig verstanden hat: Im Weltkatechismus von 1992 erklärte er (Nr. 390), daß die Geschichte vom ,Sündenfall' (Gen 3,1-7) zwar eine bildhafte Sprache verwende, ,aber ein ursprüngliches Ereignis bestätigt, eine Tatsache, die am Beginn der Menschheitsgeschichte stattgefunden hat'. Ja, er ließ die Ratlosen auch nicht im Unklaren, wie alles geschah: es kam durch den Sündenfall der Engel (Nr. 391-395) ! Die, in Teufel verwandelt, verführten den ersten Menschen zur Sünde des ,Ungehorsams`(Nr. 397), und so kam der Tod zu den Menschen, so geriet die Schöpfung selbst (Röm 8, 20 !) unter die Knechtschaft der Verderbnis (Nr. 400); erst seit diesem Tag muß der Mensch sterben. Daran zu zweifeln ist nach päpstlicher Weisung weder möglich noch erlaubt, denn, so sagt er, ,die Schrift und die Tradition der Kirche betonen unablässig die Gegenwart und die Universalität der Sünde in der Geschichte des Menschen' (Nr. 401). Da gibt es nicht einmal ein Nachdenken darüber, daß die gesamte Vorstellung von dem ,Luzifer', dem ,Lichtbringer', der von dem (Sonnen)Gott gestürzt wird (vgl. Jes 14,12-15), eine kanaanäische Mythe vom Morgenstern aufgreift (vgl. H. Giese: Die Religionen Altsyriens,in: Religionen der Menschheit, 10, 2, Stuttgart 1970, 116 ff.), die vermutlich noch in der griechischen Sage von Phaethon fortlebt. Ohne Reflexion ist der Mythos Dogma, weil die Kirche es so will.
Es kann nicht verwundern, daß dieselbe Kirche auch über die Folgen der ,persönlichen Sünde', die ,Adam und Eva begingen', sich wohlunterrichtet zeigt: die menschliche Natur wurde ihrer ursprünglichen Heiligkeit und Rechtfertigung beraubt; - beide konnte erst Christus durch seinen Opfertod und, nicht zu vergessen, durch die Gnadenmittel der Kirche, wiederherstellen (404)...
Es ist schwer vermeidbar, eine ,Glaubens'zentrale, die in solcher Weise die Meinung von 900 Millionen Menschen auf Erden manipuliert, nicht auf dem geistigen Niveau einer Sekte befindlich zu erkennen; die gelindeste Feststellung dazu muß lauten, daß in der ,Theologie' dieser ,Kirche', ganz abgesehen von dem fundamentalistischen Umgang mit der Bibel, die fundamentalen Einsichten der Naturwissenschaften, wie sie inzwischen jedes Kind bezüglich der Abstammung des Menschen in der Schule gelehrt bekommt, schlicht keine Rolle spielen, und das seit Jahrhunderten nicht. Isaac Asimov (Die exakten Geheimnisse unserer Welt, 256) erzählt noch davon, daß ,James Ussher, irischer Erzbischof des 17. Jahrhunderts, ... bei dem Versuch, die Erschaffung des Menschen möglichst genau zu datieren', zu dem Ergebnis gelangte, ,daß dieses Ereignis sich im Jahre 4004 vor Christus zugetragen habe'. Der geistigen Einstellung nach hat sich dieses Weltbild in der katholischen Kirche bis heute offenbar nicht verändert. Die Geschichte von ,Adam' zu Abraham, die neun Kapitel der Genesis mit ihren Mythen vom ,Sündenfall', ,Brudermord', der ,Sintflut' und dem ,Turmbau', das ist nach wie vor alles, was diese ,Theologie' an der Herkunft des Menschen wichtig und interessant findet. - ,Bildhafte Geschichten' können sehr tiefsinnig sein, doch nur wenn man sie nicht dazu benutzt, die ganze Menschheit auf dem Niveau von ,Wenigergebildeten' zu halten.
Näher betrachtet sind es gleich drei Tatsachen , mit denen das römische ,Lehramt' an dieser Stelle nicht zurecht kommt.
Da ist als erstes die Idee einer ,Evolution' selber bereits. Wenn sie zutrifft, stürzt nicht allein der Mensch von seinem königlichen Thron an der ,Spitze' der ,Schöpfung', es wanken die Throne aller Mächtigen insgesamt. Im ganzen 19. Jahrhundert (und, wie man sieht, auch noch im 20. Jahrhundert) wurde (und wird) die Evolutionslehre von allen restaurativ-monarchischen Kräften Europas leidenschaftlich bekämpft, und man versteht wohl, warum: Wenn wirklich die wichtigsten, großartigsten und schönsten Erscheinungen der Natur sich ohne einen erkennbaren Planer noch Plan, ohne Lenker noch Lenkung gestaltet haben und immer wieder gestalten, so steht die Idee eines Gottes überhaupt in Frage, vor allem aber, es steht, schlimmer wohl noch für gewisse Kreise, damit die Möglichkeit einer altorientalisch-monarchischen ,Stellvertretung' dieses Gottes auf Erden als unannehmbar dar. Die ,Vernunft in der Geschichte' (G. W. Hegel) kommt, in evolutiver Betrachtung, nicht länger mehr durch das Diktat von Kaisern und Kardinälen, Fürsten und Päpsten, Aufsehern und Episkopen (,Bischöfen') zustande - sie vollzieht sich am besten ungestört, ,wie von selbst', ,von unten her'. ,In deinem Fingernagel steckt mehr Verstand als in deinem Kopf', meinte schon F. Nietzsche; doch wenn die Natur ihre kostbarsten Erzeugnisse wie das menschliche Gehirn hervorbringt, ohne daß es einen Kopf' gibt, der sie lenkt, dann bedarf es auch keines ,Hauptmannes', der die Menschen wie seine Untertanen kommandieren müßte. Die Evolutionstheorie selbst vereinbart sich mit keiner Art hochherrschaftlichen Denkens. Im gewissen Sinne ist sie gesellschaftlich revolutionär.
Und ein zweites: Die Maßstäbe stimmen nicht ! Die biblischen Zeitmaße sind auf geradezu groteske Weise verkehrt ! Und zwar nicht etwa der allgemeinen Unwissenheit jener Zeit wegen, sondern weil der Kampf des hebräischen Jahwe gegen die Götter der Völker zu einer frontalen Ablehnung der ,heidnischen' Mythen führte. Die religiösen Überlieferungen der Ägypter zum Beispiel rechneten mit vielen Jahrmillionen der Dauer des Kosmos, und zwar schon Jahrtausende vor der Entstehung der Bibel; es kommt einer unglaublichen Reduktion gleich, wenn die biblischen Traditionen sogar die Dauer dessen, was wir heute ,Geschichte' nennen, die Zeitspanne vom Beginn des Neolithikums bis heute, auf ein paar fantastische Genealogien zusammenstreichen; von den Dimensionen der ,Vorzeit', der Prähistorie im eigentlichen Sinne, hat die Bibel schlicht keine Ahnung. Und ebenso, was die Vorstellung vom ,Ende' der Geschichte angeht. [...]
Schon rein zeitlich konzipiert die Bibel die Welt allein auf den Menschen hin; für sie ist die ganze Erde nichts als die Bühne seines Auftritts, und selbst von der menschlichen Geschichte interessiert sie sich einzig für den Mythos der besonderen Erwählung eines einzigen, des eigenen Volkes. Wer von der babylonischen Kultur beispielsweise nur so viel versteht, verstehen will, wie die Geschichte vom Turmbau zu Babel mit ihrer grotesken Mißdeutung der mesopotamischen Tempeltürme (Gen 11,1-9), dessen Stärke liegt sicher nicht in der Objektivität der Weltdeutung, der möchte radikal subjektzentriert die Hoffnung des eigenen Volkes auf Weltbedeutung legitimieren.
Beides scheint dabei zusammenzugehören: Wenn Gott die ganze Welt eigentlich nur geschaffen hat für den Menschen und wenn er all die Menschen eigentlich nur zum Applaus für seine Machtdemonstration in der Geschichte eines einzelnen kleinen Volkes bestellt hat, dann kann die Welt in Raum und Zeit in der Tat wohl nicht allzu große Maße aufweisen. Man braucht nicht gerade eine Arche Noah, wenn man nur ein paar Mäuse mit an Bord nehmen will, und eine Welt von den Ausmaßen, wie sie alle antiken Völker, das jüdische ausgenommen, bereits ahnten, ist einfach zu riesig für die Winzigkeit just des Projektes, das die Bibel ihrem Schöpfer zuschreibt und zutraut.
Das Christentum aber hat die Enge der biblischen Perspektive von Raum und Zeit mit vielfachen theologischen Argumenten einfach beibehalten und verfestigt. Das geozentrische Weltbild des ägyptischen Ptolemäus, nicht die ,kopernikanische' Sicht des griechischen Aristarch von Samos wurde von den christlichen ,Theologien' übernommen und verteidigt. Noch im 13. Jahrhundert erklärte Thomas von Aquin, daß die Welt einen zeitlichen Anfang gehabt haben müsse, spreche doch die Bibel selbst von dem ,Anfang', in dem Gott die Welt erschaffen habe (Gen 1,1).
Erst vor diesem Hintergrund versteht man den tödlichen Haß der römischen Kirche gegen einen so großen religiösen Erneuerer wie Giordano Bruno mit seinem Konzept von der Unendlichkeit des Kosmos in Raum und Zeit. Doch es half alles nichts. Schritt für Schritt erweiterte vor allem die Geologie des 18. und 19. Jahrhunderts, dann aber auch die Biologie und schließlich im 20. Jahrhundert die Physik und Astronomie die Vorstellungen von der Größe des Raumes und der Zeit, vor deren Hintergrund sich das Drama des Menschen abspielt, und Schritt für Schritt mußten die Naturwissenschaften dabei die Lehren des Christentums widerlegen und den Einfluß der Kirchen zurückdrängen. Zu spät, daß immerhin doch in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts schließlich auch die römische Kirche die Verurteilung Galileis widerrief und, nach einer Meldung aus dem Jahre 1996 (!), sogar kundtat, auch Papst Johannes Paul II. habe gegen die Evolutionslehre nunmehr keine Einwende mehr. Der Widersprüche sind nur allzu viele.
Akzeptiert man die evolutive Sicht der Welt, so kann der Mensch nicht länger mehr als Zentrum und Ziel aller kosmischen Veranstaltungen betrachtet werden; so kann es nicht die ,Sünde' ,Adams' gewesen sein, die uns die ,Übel' der Welt beschert hat; so kann mithin auch von einer ,Erlösung' der ,Welt' durch Jesus ,Christus' ehrlicherweise keine Rede mehr sein; so muß man vielmehr alle Aussagen über die ,Welt' prinzipiell und strikt zurückbeziehen allein auf die Menschenwelt - man muß sie lösen von allen naturphilosophischen und metaphysischen Spekulationen, und man muß zugeben, daß, außerhalb der unmittelbaren existentiellen, religiösen Fragestellungen im engeren Sinne, die Sicht der Bibel nicht einmal auf den Menschen einigermaßen ,richtig' ausgelegt ist.
Was aber bleibt dann übrig von der ,Sünde' des Menschen, vom ,Bösen' im Menschen aufgrund eines ,Sündenfalls' der englischen Heerscharen im Himmel, wenn wir so deutlich sehen, an welch einem Anfang der Menschwerdung die Spezies des Homo sapiens bei ihrem Hervorgang aus der Tierreihe nach 2-3 Millionen Jahren ihrer Entwicklung heute erst steht ? [...] die feierlich verkündeten Kirchendogmen ...verlieren in ihrer fundamentalistischen Äußerlichkeit jeglichen Sinn, ja, sie geben sich selber inzwischen der Lächerlichkeit preis.
Noch Pius XII. verkündete etwa in jener denkwürdigen Enzyklika Humani generis, daß man den Lehren Darwins vielleicht insoweit folgen könne, als Gott den Menschen (laut Gen 2,7) ja nicht aus ,nichts', sondern aus schon vorhandener Materie, aus dem ,Staub der Erde', ,gemacht' habe; die körperliche Herkunft des Menschen, wolle das sagen, meinte der Papst, könne also sehr wohl aus schon vorhandenen Lebensformen erfolgt sein, wofern nur an dem Glauben festgehalten werde, daß die Seele des Menschen je für sich unmittelbar von Gott im Akte der Zeugung eines Menschen seinem Körper eingepflanzt werde.
[...]
So ...wird ...klar, worum es dem römischen Lehramt zum dritten geht: Es soll im Menschen der ,Geist' als Vernunftprinzip nicht in Zusammenhang mit ,tierischen' Antrieben gebracht werden ! Nach kirchlicher Auffassung besitzt der Mensch seinen Verstand wesentlich zu dem Zweck, daß er seinen Willen zur Herrschaft über seine Gefühle und ,niederen' Triebbedürfnisse einsetzt; und diese Vorstellung freilich fiele dahin, wenn man annehmen müßte, daß sich das ,Beste' am Menschen, der Intellekt, aus den Instinkten von Tieren könnte entwickelt haben. Der ganze Stolz des Menschen, seine moralische Freiheit und Autonomie, geriete ins Wanken, träfe das zu ! Weder ließe sich den Menschen dann noch von seiten der Oberen so einfach befehlen, was sie zu wollen hätten, noch könnten die Menschen sich selber so einfach in Dienst nehmen, wie sie es wollten oder doch sollten. Der Kampf der römischen Kirche gegen die Tiefenpsychologie mit der Entdeckung des Unbewußten findet hier seine Begründung.
In allen drei Punkten geht es, wie man sieht, im Grunde um ein und dasselbe: um das Ende des Versuchs, das Geschehen des Lebens, die Stellung des Menschen zur Welt, die Stellung des Menschen zu sich selber nach dem jüdisch-christlichen Model einer ,Herrschaftsausübung' zu erklären. Weder biologisch noch kosmologisch noch psychologisch - an keiner Stelle trifft diese Modell zu. Die Kirche selbst aber verlöre den Herrschaftsanspruch über ihre ,Gläubigen', wollte sie dieser Tatsache geständig sein. Und doch läßt sich dieses Geständnis nicht länger aufschieben.
[...]
In summa; Gott ,herrscht' nicht über die Erde, wenn diese evolutiv sich entfaltet; der Mensch ,herrscht' nicht über die Welt, die in solchen Dimensionen ihn überragt; ja, der Mensch ,herrscht' nicht einmal über sich selbst, wenn er als ein Tier, das gerade eben zu sprechen und zu denken beginnt, allererst dabei ist, die Augen des Geistes aufzuschlagen und zu sehen, in welch einer Welt er sich befindet und wie es um ihn und mit ihm bestellt ist."
03. 10. 2019, 16,35 Uhr.
Quelle: Das Buch „Der sechste Tage", 2. Auflage 1998, S. 33, 34, 36-44, 54-63, von Dr. Eugen Drewermann.
Antworten
Hallo Herr Locher,
sie scheinen da Ursache mit Wirkung zu verwechseln, wenn sie meinen, dass Atheisten etwas nicht akzeptieren können, weil sie Atheisten sind. Aber für mich selbst gesprochen, bin ich Atheist, weil ich Argumente für den Glauben an einen Gott nicht akzeptieren kann, weil ich alle (mir bekannten) bisher immer für schlecht befunden habe. Sobald mir jemand ein gutes Argument für "Gott" liefert, bin ich kein Atheist mehr. Es ist jedenfalls nicht so, dass ich gerne Atheist bin, nur weil ich die Vorstellung von einem "Gott" nicht mag.
Nun zu ihrem Argument:
Sie meinen, alle Religionen hätten einen gemeinsamen Kern - die Uroffenbarung.
Und diese Uroffenbarung stehe an der Stelle von verstandesmäßigem, diskursivem Begreifen.
Und Atheisten können das nicht akzeptieren, weil sie nicht bereit sind den Diskurs aufzugeben und ihren Verstand abzuschalten?
Darf ich das als Kompliment ansehen?
Antworten
Hallo Herr Machmeier
Meine Erfahrungen haben mir gezeigt, dass die meisten Atheisten derart überzeugt von der Nichtexistenz Gottes sind, dass ihr Sensorium für Spiritualität und für einen allfälligen spirituellen Mangel blockiert zu sein scheint. Vermutlich, weil sie sich in eine "gottesfeindliche" Denkweise hineingesteigert haben. Fast bin ich versucht, diesbezüglich an Autosuggestion oder Indoktrination atheistischer Eltern zu denken. In diesem Sinne ist es nicht verwunderlich, dass alle Argumente für Gott nicht für gut genug befunden werden.
Ja, ich weiss, dieselbe Argumentation ist auch gegen Gottesgläubige anwendbar. Tatsächlich kenne ich einige fundamental Gläubige, welche jede noch so leise und wohlbegründete Kritik an Religion und Kirche vehement abwehren.
Mein "Argument", welches Sie in Ihrem zweiten Abschnitt zitieren, ist nicht als Argument gedacht, sondern als eine Frage im Kontext des Artikels, zumal sich Herr G. als Naturwissenschaftler u.a. im Bereich Religionswissenschaft zu erkennen gegeben hat. Anstelle des Diskurses eine Offenbarung zu akzeptieren, muss nicht heissen, den Verstand auszuschalten.
Hallo Herr Locher,
tatsächlich besteht bei mir nicht nur ein Mangel an Spiritualität, sondern ich halte den Begriff für eine Worthülse ohne echte Bedeutung. Die Definitionen, die ich bisher gehört oder gelesen habe, beinhalteten nur weitere bedeutungslose Worthülsen oder waren banale Sätze wie: "Spiritualät ist, wenn man den Sternenhimmel betrachtet und Demut angesichts der Unendlichkeit des Universums empfindet."
Möchten sie versuchen es mir zu erklären?
Das mit der "Spiritualität"... für mich wirkt das so ähnlich wie "Sünde".
Es wird erklärt, daß du eine "Sünde" begangen hast, zB irgendwas böses gedacht, und dann wird dir die Erlösung verkauft. Und was böses denken, tut ja jeder mal zwischendurch zum Spaß.
Und Spiritualität? Jeder will sie haben, denn sowas nicht zu haben, ist irgendwie unmenschlich, kalt und emotionslos, daher hilf ihr auf die Sprünge mit diesen Kristallsteinen, Meditations-CDs, Bücher von Eckart Tolle....
moment mal, wollen wir doch mal die Kirche im Dorf lassen, wie es so schön heißt.
Ich als Atheist habe also einen spirituellen Mangel?
Ich kann das nur nicht zugeben aus "geistigem Narzissmus" heraus?
Auf die Beinprothesen-Analogie umgesetzt hieße das, als Atheist hat man nur ein Bein,
man gibt es aber nicht zu und merkt auch nichts davon, weil man ja als Atheist irgendwie überheblich gegenüber seinen Beinen sei?
Ich soll mir also quasi das Bein, das ich ja sowiese nicht habe, abhacken, damit ich mir eine Prothese anschaffen kann? Schön blöd müßte ich sein...
Eher umgekehrt wird n Schuh draus: Falls jemand einen "spirituellen Mangel" verspürt und diesen Mangel mit einem Gottesglauben beheben will, oder meinetwegen auch mit Tarot-Karten, dann ist er quasi der "Nicht-Behinderte"? Aber er kann den Mangel ja auch so hinnehmen und weiterhin durchs Leben hinken.
Das mit der Offenbarung wird doch oben im Text unter Punkt 3.2 behandelt. Da hilft es auch nicht weiter, daß es sich urplötzlich um eine "Uroffenbarung" handeln soll. Was ist denn der Unterschied zu einer handelsgewöhnlichen Offenbarung?
Abgesehen davon stellt der Text die Frage, ob der Gottesglaube rational begründbar wäre, was er am Ende der Untersuchung ablehnt. Über irrationale Gründe läßt er sich nicht weiter aus. Aber Ihre Antworten beweisen doch genau das: Es gibt nur irrationale Gründe, an einen Gott zu glauben. Warum Sie aber sich selbst einen Persilschein für Rationalität Ihres Glaubens ausstellen wollen, dem Atheisten dagegen nicht, das sollten Sie vielleicht mal deutlicher erklären. Liegt es evtl an Ihrem "geistigen Narzissmus"? Aber an der Stelle kommen wir ja nicht weiter, ohne diesen "Narzissmus" genau definieren und diagnostizieren zu können. Warum begeben Sie dann auf dieses Eis?
Fragen über Fragen, aber ich meine, Sie werden das wie üblich nicht beantworten (können)....
Antworten
Ihr Zitat: "Ich als Atheist habe also einen spirituellen Mangel?"
Nein, muss nicht, sondern kann sein. (Gerade bei Ihnen kann ich mir gut vorstellen, dass kein spiritueller Mangel besteht.) Sofern ein Atheist davon betroffen ist, wird er den Mangel überspielen. Die Verknüpfung mit dem Beinprothesen-Beispiel ist überdies ein völlig unpassender Murks.
Ich bin der Meinung, dass es durchaus rationale Gründe gibt, an Gott zu glauben. Darüber gibt es Bücher und davon sprechen hochkarätige Naturwissenschaftler. Aber ich erspare mir, Ihnen Titel und Namen zu nennen - weshalb werden Sie sich sicherlich denken können.
ah ok, ich hatte das "die meisten erklärten Atheisten" so verstanden, daß Sie Atheisten immer für "erklärt" halten, und die meisten davon könnten sich nicht wieder von ihrer "Lüge", wenn man so will, lösen.
Ich glaube allerdings nicht, daß Atheisten sich selber zu welchen "erklären", weil es gerade so en vogue ist.
Dann müßten Sie ja als erstes beweisen, daß es einen rationalen Grund geben kann, einen irrationalen Grund als "korrekt" zu betrachten. Tatsächlich mag es das geben, aber einem Gott könnten Sie damit trotzdem nicht zu einer Existenz verhelfen.
Nein, kann ich mir nicht denken. Vermutlich meinen Sie wieder Deepak Chopra oder William Lane Craig...
"erklärten Atheisten schwierig sein, einen solchen (spirituellen) Mangel zuzugeben"
Wie affektiert und arrogant muss man eigentlich sein, um eine solche völlig aus der Luft gegriffen Behauptung loszulassen?
Antworten
Hallo Herr Höllriegl
...etwa so affektiert und arrogant wie ich!
Ist bloss ein Verdacht meinerseits aus Beobachtungen in Diskussionen und Manifesten. Allerdings möchte ich meine Aussage nicht als Behauptung verstanden haben, sondern als Mutmassung, was ich mit dem Konjunktiv "dürfte" anzeigen wollte. Es will mir scheinen, dass ich damit einen wunden Punkt getroffen habe - das schliesse ich beispielsweise aus Ihrer wütenden Reaktion.
Hallo Herr Locher,
da ich nicht direkt antworten kann, hoffe ich, dass diese Antwort hier ankommt. Allerdings mache ich mir Sorgen, dass die Antwort auch korrekt verstanden wird, da die letzten zwei Komentare zuvor dies nicht bestätigen konnten.
Also so dermaßen falsche Rückschlüsse ziehen ist eine Kunst für sich, das muss man schon sagen. Weder liegt bei mir (und allen anderen Atheisten, die ich kenne) ein Mangel an Spiritualität vor den ich irgendwie zu kompensieren versuche, noch bin ich wütend (eher erstaunt) noch wurde ein wunder Punkt getroffen. Es wurde lediglich eine nicht haltbare, aus reinem Wunschdenken und Realitätsverfremdung entstandene Behauptung formuliert und zurückgewiesen. Sollte man ja von der Gottesthese ausreichend kennen.
-) Nein, Atheisten haben keinen Mangel. Es ist ja auch kein Mangel nicht daran festzuhalten, 2+3 sei 7, oder?
-) Ihre Mutmaßung ist ein klarer Irrtum, der ihrem Wunschdenken entspringt. Vielleicht können sie sich nicht vorstellen wie es ist zu leben ohne dem inneren Zwang an ein irgendwie geartetes, allmächtiges und was weiß ich wie noch zusammengereimtes Fantasiewesen zu glauben, ohne dass sich dies irgendwie negativ auf Wohlbefinden und Lebensalltag auswirkt. Atheisten fehlt es in diesem Punkt nicht an etwas, außer sie werten die Unkenntnis über die Bücher zu Harry Potter als Mangel. Das wäre aber eine gewaltige Begriffsverzerrung. Aber auch dabei sind Gläubige führend. Worte wie "Zufall", "Information" oder "Energie" z. B. sind häufig genutzte aber völlig missverstandene Begriffe in Diskussionen mit Gläubigen. Mit einer solchen Ontologie gelangt man freilich zu den absurdesten Rückschlüssen. Aber dies nur eine Anermkung zu meinen Erfarungen aus Diskussionen. Bin etwas vom Thema abgekommen.
-) Einen Wunden punkt können sie in diesem Fall nicht treffen, da es hier keinen gibt.
Wenn Menschen mit einem festgefahrenen Weltbild ala "so muss es sein sonst stehe ich blöd da" sich die Welt schönreden, dann passiert genau das was sie hier zeigen. Sie kommen zu Schüssen die an Absurdität beinahe der Absurdität der Gottesthese gleichkommen. Wobei diese in ihren Fehlschlüssen und haltlosen Behauptungen nicht mehr zu toppen ist.
Gott ist das Irrationalste über das hinaus man sich nichts Irrationaleres mehr vorstellen kann.
@ Meinrad Locher
Allerdings dürfte es für die meisten erklärten Atheisten schwierig sein, einen solchen (spirituellen) Mangel zuzugeben oder sich dessen auch nur bewusst zu werden. Provokativ ausgedrückt müsste sie hierfür ihren geistige Narzissmus überwinden.
>>> ? ich verstehe nicht ganz wessen Mangel ist hier gemeint, ich sehe bei MIR keinen Mangel?! (ich bin Atheist)
Mit meinen bescheidenen theologischen Kenntnissen (ich bin römisch-katholischer Christ) meine ich, in allen Religionen einen gemeinsamen Kern zu sehen, welchen ich gerne als "Uroffenbarung" verstehen würde. Diese Uroffenbarung steht an der Stelle unseres verstandesmässigen, diskursiven Begreifens und wird genau deshalb von Atheisten nicht akzeptiert. Wie sehen Sie dies?
>>> Ja diesen gemeinsamen Kern, könnte ich nicht leugnen.
Nur ist dieser Kern der Religionen, aus: Wahrheit & Lüge
Ich akzeptiere so einen Kern auch nicht. Ich habe leider noch nicht richtig verstanden, was Sie an einer atheistischen Haltung nicht akzeptieren ?
ich möchte an dieser Stelle noch auf ein anderes Forum verweisen:
http://beschwerdeliste.xobor.de/f7-Forum-Wissen-contra-Glauben.html
hat ein besseres Schreibprogramm, die Struktur ist übersichtlicher.....
man kann ein Benutzerprofil anlegen (das ist hilfreich bei einer Diskussion, weil man sehen kann mit was für einer Person man es eigentlich zu tun hat) - Gruß S.G.
(05.10.2019)
Antworten
Lieber Herr G.
Wie schon in meiner Antwort an Hard Frost erläutert, behaupte ich nicht, dass Atheisten per se einen spirituellen Mangel haben müssen. Sie können einen solchen Mangel verspüren, würden ihn aber vermutlich kraft ihrer Überzeugung verdrängen.
Spirituelle Fragen sind für mich u.a.:
Wie kann ich Gott erkennen, erfahren und wo kann ich ihn finden?
Was geschieht nach dem Tod, insbesondere mit unserer Seele?
Weshalb hat uns Gott einen Freien Willen zugestanden?
Zweck und Grund der Schöpfung; unsere "Aufgabe" als Teil der Schöpfung?
An einer atheistischen Haltung kann ich fast jedes ernstgemeinte Argument verstehen, tolerieren und meistens nachvollziehen. Akzeptieren kann ich allerdings die Kardinalaussagen nicht, es gebe keinen Gott, kein Leben nach dem Tod und keinen Freien Willen.
Zur Klarstellung: Es geht mir nicht darum, irgendwelche Zweifler zu bekehren, sondern ich möchte die Argumente und Sichtweisen einer atheistischen Weltanschauung quasi "aus erster Hand" erfahren. Hierfür muss ich natürlich hin und wieder auch meine Sichtweise erläutern und begründen, was dann leider immer wieder als Bekehrungsversuch gedeutet wird.
Zitat von: Meinrad Locher
"Spirituelle Fragen sind für mich u.a.:
Wie kann ich Gott erkennen, erfahren und wo kann ich ihn finden?
Was geschieht nach dem Tod, insbesondere mit unserer Seele?
Weshalb hat uns Gott einen Freien Willen zugestanden?
Zweck und Grund der Schöpfung; unsere "Aufgabe" als Teil der Schöpfung?"
>>> Und was ist die Antwort der Spiritualität darauf ?
(ich persönlich halte von Spiritualität u.ä. eher nichts
Ich würde die Fragen naturwissenschaftlich beantworten)
"Akzeptieren kann ich allerdings die Kardinalaussagen nicht, es gebe keinen Gott .."
>>> Das ist doch gerade das was einen Atheisten doch ausmacht!
06.10.2019
Bibel-Zitat Lk 10,21:
Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen.
Antworten
Soll ich auch was aus Herr der Ringe bringen? Oder Harry Potter? Fraglich ist, was irgend ein Zitat aus einem alten Mythenbuch zur Diskussion um die ganzen Annahmefehler zur Gottesthese bringen oder aufzeigen soll.
Antworten
Das Zitat von Jesus passt einfach so gut zum Artikel.
Aber bitte von mir aus können sie auch zitieren was das zeug hält...
Vieleicht ist ihre Annahme die Gottesthese sein ein Annahmefehler auch ein Annahmefehler.
@Losian:
Das könnte sein. Aber ... wäre es nicht möglich, daß.. die Annahme, die Gottesthese sei ein Annahmefehler, sei ein Annahmefehler ein Annahmefehler ist?
Zitat: "Möchten sie versuchen es mir zu erklären?" (Spiritualität)
Hallo Herr Machmeier
Ich meine, Wikipedia macht dies ganz gut:
"Spiritualität (von lateinisch spiritus ,Geist, Hauch‘ bzw. spiro ,ich atme‘ – wie altgriechisch ψύχω bzw. ψυχή, siehe Psyche) bedeutet im weitesten Sinne „Geistigkeit“ und bezeichnet eine auf Geistiges aller Art oder im engeren Sinn auf Geistliches in spezifisch religiösem Sinn ausgerichtete Haltung.
Spiritualität im spezifisch religiösen Sinn steht für die Vorstellung einer geistigen Verbindung zum Transzendenten, dem Jenseits oder der Unendlichkeit. Während Religiosität die Ehrfurcht vor der Ordnung und Vielfalt in der Welt und die Empfindung einer transzendenten Wirklichkeit meint, beinhaltet (religiöse) Spiritualität zusätzlich die bewusste Hinwendung und aktive Praktizierung einer als richtig angesehenen Religion oder Weltanschauung."
Wenn allerdings Begriffe wie "Transzendenz", "Jenseits" oder "Unendlichkeit" für Sie bloss leere Worthülsen sind, habe ich Ihnen damit wohl weitere Angriffspunkte geliefert. Aber genau dies wollten Sie mir Ihrer Erklärungsfrage ja auch erreichen, nicht wahr?
Antworten
Hallo Herr Locher,
ich wollte gar nichts erreichen. Meine Frage war ehrlich und ernst gemeint.
Sie haben aber völlig richtig erahnt, dass ich auch mit der Definition von Wikipedia meine Probleme habe. Wobei Wikipedia sich seine Artikel nicht aus den Fingern zieht, sondern sich auf Quellen bezieht, und dabei keinen zwingenden Wahrheitsanspruch verfolgt was die Existenz der benannten Dinge angeht. Deutlich wird das beim Wiki-Artikel zu "Gott", bei dem ein breites Spektrum von Ansichten berücksichtig wird, ohne dass Wikipedia eine Aussage darüber trifft, ob es "Gott" oder "Götter" gibt.
Die weiteren Begriffe, die im Wiki-Artikel zur Erklärung herangezogen werden, die ich für Worthülsen halte, lauten: "Transzendenz" und "Geistliches". Ich gehe zwar nicht davon aus, dass es ein "Jenseits" gibt, aber bei diesem Begriff handelt es sich weniger um eine Worthülse, insofern man sich zumindest ungefähr vorstellen kann, was damit gemeint ist. "Unendllichkeit" ist bereits durch den Begriff selbst ziemlich klar definiert = "kein Ende".
In der Tat haben sie mir damit weitere Angriffspunkte geliefert; was sie mir aber kaum zum Vorwurf machen können.
Viel Interessanter hätte ich es gefunden, hätten sie ihre eigene Definition geliefert.
Antworten
Auch hier zeigt Herr Locher wieder seine unglaubliche Fähigkeit zum falschen Schluss. :-)
Hallo Herr Höllriegl
Ja, ich verstanden und werde mich sicherlich selbstkritisch mit meiner Mutmassung auseinandersetzen. Sie müssen also Ihre Aussage nicht dauernd wiederholen. ;-)
Antworten
Hallo Herr Machmeier
Zitat: "ich wollte gar nichts erreichen. Meine Frage war ehrlich und ernst gemeint."
Dann bitte ich um Verzeihung für meine Argwohn...
Zitat: "Viel Interessanter hätte ich es gefunden, hätten sie ihre eigene Definition geliefert."
...und um eine zweite Chance:
Spiritualität ist für mich die Hinwendung zu (neutral ausgedrückt:) einer höheren oder höchsten geistlichen Instanz, welche ich in der äusseren Welt sowie in meinem Innersten zu orten versuche - beispielsweise mit Meditation - und daraus Kraft, Zuversicht und Gelassenheit schöpfe für das tägliche Leben.
Atheisten würden diese Instanz wahrscheinlich "Natur", "Evolution" oder "Kosmos" nennen; Christen nennen sie generell "Gott" und speziell innerhalb des Dreifaltigkeitsdogmas "Heiliger Geist".
Anders ausgedrückt ist Spiritualität die Erfahrungs- und Erlebnisdimension des Glaubens.
Die Betrachtung des Sternenhimmels oder romantischer Landschaften gehört für mich nicht zur Spiritualität, sondern vorab zur Wissenschaft, auch wenn solche Anblicke spirituelle Gedanken auslösen mögen.
Antworten
Hallo Herr Locher,
wie ich bereits in meinem vorherigen Kommentar angemerkt habe, halte ich den Begriff des "Geistlichen" für eine Worthülse. Sie hatten sich neutral ausdrücken wollen, aber was soll an "einer höheren oder höchsten geistlichen Instanz" bitte neutral sein? Sie hätten auch einfach von "Gott" reden können, wobei ihnen wahrscheinlich bewusst war, dass das ebenfalls nur ein Wischiwaschi-Begriff sein kann, denn wenn sie von "Gott" reden, meinen sie sicherlich etwas anderes als irgendein anderer zufällig gefragter Gottgläubiger.
Also diesen "Gott" versuchen sie, beispielsweise durch Meditation (was auch immer das sein soll), in der äußeren Welt sowie in ihrem Innersten zu verorten. Ich kann schwer eine Aussage über ihr Innerstes treffen, aber wenn es um die äußere Welt geht, meine ich, dass sie da offensichtlich nicht so genau hingucken, wenn sie da den "Höchsten" erkennen wollen. Denn wo genau wollen sie dort ihren "dreifaltigen Gott" verorten? Im Knochenkrebs von Neugeborenen? In einer Vaginalentzündung einer achtjährigen Prostituierten? In einem Hundehaufen auf dem Gehweg? In Donald Trumps Frisur und dem, was sich darunter als sein Innerstes verbirgt?
Wie können sie daraus Zuversicht und Gelassenheit für das tägliche Leben ziehen?
"Anders ausgedrückt ist Spiritualität die Erfahrungs- und Erlebnisdimension des Glaubens."
Es wird sie jetzt vielleicht überraschen, aber bereits im Begriff des "Glaubens" glaube ich eine Worthülse zu erkennen. Der "Glaube" an einen Gott ist etwas anderes als eine rational begründete Annahme. Ein intellektuell redlicher Mensch kann unmöglich an etwas glauben, er kann nur sagen: "Vielleicht gibt es ja sowas wie einen "Gott". Ich weiß es aber nicht."
Als Humanist stehe ich für das Recht auf Religionsfreiheit ein. Ich will, dass sie glauben dürfen sollen, was auch immer sie glauben wollen. Sobald sie es aber wagen öffentlich zu behaupten, ihr Glaube sei rational begründet, dann nehme ich mir das Recht heraus zu widersprechen.
Antworten
Herr Machmeier,
ich danke Ihnen für Ihr Statement.
Habe für mich wichtige Entdeckungen in der Denkweise von Atheisten gemacht.
Antworten
"Habe für mich wichtige Entdeckungen in der Denkweise von Atheisten gemacht."
Und was soll irgendjemand mit dieser Information anfangen? Warum so geheimnisvoll?
Antworten
"Und was soll irgendjemand mit dieser Information anfangen?"
Soll heissen, dass ich nicht weiter über die Spiritualität diskutieren möchte. Unsere Ansichten sind einfach zu verschieden. Die meisten der für mich sehr gehaltvollen Begriffe, sind für Sie offenbar lediglich bedeutungslose Worthülsen, was einer weiterführenden Diskussion die Relevanz entzieht. Das meine ich nüchtern und nicht etwa verärgert.
Es existiert keine prinzipielle "Denkweise von Atheisten". Atheisten kriegen sich genauso in die Haare wie andere Leute auch. Wegen allen möglichen Themen. Aber "das unter den Teppich kehren", das gibt's halt seltener.
Antworten
"Soll heissen, dass ich nicht weiter über die Spiritualität diskutieren möchte. Unsere Ansichten sind einfach zu verschieden. Die meisten der für mich sehr gehaltvollen Begriffe, sind für Sie offenbar lediglich bedeutungslose Worthülsen, was einer weiterführenden Diskussion die Relevanz entzieht. Das meine ich nüchtern und nicht etwa verärgert."
Ich kann ihnen erklären, warum sie nicht mehr weiter über "Spiritualität" diskutieren möchten. Sie fürchten, dass ihnen der Begriff dabei verloren geht.
Sie hatten zuerst eine Definition von Wikipedia zitiert, weil das am einfachsten für sie war. Sie konnten eine sinnvoll klingende Begriffsbeschreibung liefern, ohne selbst übermäßig über die Sache nachdenken zu müssen. Das ist genau das, was sie vermeiden müssen, wenn sie an ihrer "Spiritualität" festhalten wollen: Intensives darüber nachdenken.
Und genau dieses intensive Nachdenken wäre Vorraussetzung für eine weitere Diskussion. Also bleibt ihnen nichts weiter übrig, als die Diskussion abzubrechen. Nicht dass sie nicht intensiv darüber nachdenken könnten; sie haben nur Angst davor.
Das selbe würde auch mit ihrer Religiösität passieren, würden sie nur mal intensiv darüber nachdenken - ihr würde die Luft ausgehen. Ihr gesamtes Glaubensgebilde baut sich aus Begriffen auf, die sich bei genauerer Betrachtung als Worthülsen entlarven. Im Zentrum steht die Worthülse "Gott". Wollen sie "Gott" definieren, müssen sie auf weitere Worthülsen zurückgreifen, damit ihnen selbst nicht auffällt, wie bedeutungslos der Begriff ist. Hilfreich für diese Verschleierung von Bedeutungslosigkeit sind spezielle Begriffe, die nur in der Welt der Theologie existieren. Da wäre zum Beispiel der Begriff der "Dreifaltigkeit", den sie selbst in einem ihrer Kommentare eingestreut hatten. Was das genau sein soll, kann niemand erklären. Und genau daraus erhält dieser Begriff seine Daseinsberechtigung und ist, seit seiner Erfindung vor ungefähr 1500 Jahren, nicht einfach in Vergessenheit geraten.
Glaubensdogmen bilden ein scheinbar dichtes und gehaltvolles Netzwerk aus Begriffen und Beschreibungen, die nur dazu da sind, sich gegenseitig zu untermauern. Der Kleber, mit dem diese Luftblase zusammen gehalten wird, ist die Vermeidung des Nachdenkens.
Die Denkweise der Atheisten ist das intensive Nachdenken. Oder richtiger formuliert: Intensives Nachdenken führt unweigerlich zum Atheismus.
Antworten
Sie befinden sich auf dem Holzweg.
Gläubige üben sich genauso in "intensivem Nachdenken"! Oder meinen Sie, Philosophen wie Thomas von Aquin, Augustinus, Origenes oder Theologen wie Karl Rahner, Martin Luther, Hans Küng oder Wissenschaftler wie Max Planck, Louis Pasteur, Georges Lemaître, Galileo Galilei, Albert Einstein hätten nicht mindestens ebenso intensiv nachgedacht wie Sie oder andere Atheisten?
In Ihrem ersten Absatz gleiten Sie ab in die Überheblichkeit; Sie wollen mir dummen Tropf erklären, was ich wirklich fühle und welches meine tatsächlichen Absichten seien... Das intensive Nachdenken, die intensive Auseinandersetzung mit Glaubenskritik, die intensive Prüfung meiner Überzeugung bringt mich immer noch tiefer in den Glauben. Ich respektiere naturwissenschaftliche Forschung und Erkenntnisse ebenso wie Sie - wie könnte ich nicht? -, setze aber über die (wissenschaftlich ungeklärten) existentiellen und ontologischen Fragen Gott.
Es ist für mich einfach nicht möglich, ohne die von Ihnen als ungültig bezeichneten "Worthülsen" über Spiritualität zu diskutieren. Ich unterstelle Ihnen, dass Sie sogar damit taktieren, um einen (zweifelhaften) Sieg für sich zu reklamieren. Dass die von Ihnen angesprochenen speziellen Begriffe "nur in der Theologie vorkommen" ist eine Binsenwahrheit und hat mit "Verschleierung" nichts zu tun.
In ihrer Denkweise akzeptieren Atheisten offenbar bloss Fakten, welche sie auch beweisen und mit ihrer Erkenntnisfähigkeit nachvollziehen können. Das gipfelt in der Quintessenz, dass die Welt so beschaffen ist, wie wir sie beweisen und erkennen können. Punktum. Eine andere Dimension - jene des Glaubens und der Spiritualität - wird infolgedessen abgelehnt und im eigenen Denken ausgeblendet. Ich möchte mein Denken nicht auf diese Weise kastrieren.
"Intensives Nachdenken führt unweigerlich zum Atheismus."
Werner Heisenberg war hier ziemlich andere Meinung:
"Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch; aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott."
Antworten
Was Heisenberg in diesem Zitat mit "Gott" gemeint hat, können wir schlecht wissen. Ich vermute aber stark, dass er nicht an die leibhaftige Himmelfahrt der Jungfrau Maria geglaubt hat. Jedenfalls ist Heisenberg tot und kann hier nicht mitdiskutieren. Also sollten wir beide es unterlassen über seinen Glauben und die Intensivität seines Nachdenkens zu spekulieren.
An keiner Stelle hatte ich sie als "dummen Tropf" bezeichnet. Hier unterstellen sie mir irgendwelche Absichten. Auch taktiere ich nicht, um einen Sieg reklamieren zu können.
Sie müssen aber zugeben, dass ihre beiden vorherigen Kommentare schleierhaft formuliert sind und Grund zur Spekulation bieten. Sie hatten nur angekündigt nicht mehr weiter über "Spiritualität" diskutieren zu wollen und hatten das auf die "Denkweise der Atheisten" zurück geführt. Die reine Implikation, mit der "Denkweise der Atheisten" könne etwas nicht stimmen, ist kein Argument. Vor allem, wenn nicht ausgeführt wird, was da nicht stimmen soll.
Jetzt meinen sie, "in ihrer Denkweise akzeptieren Atheisten offenbar bloss Fakten, welche sie auch beweisen und mit ihrer Erkenntnisfähigkeit nachvollziehen können", so als ob das eine schlechte Sache sei. Wenn ich etwas nicht weiß, dann weiß ich es nicht. Das ist ganz klar und einfach. Sie hingegen meinen, das sei eine Kastration des Denkens und setze(n) aber über die (wissenschaftlich ungeklärten) existentiellen und ontologischen Fragen Gott. Was soll das bedeuten?
Ist "Gott" ein Lückenbüßer, der nach Belieben als Antwort auf unbeantwortete Fragen eingesetzt wird, um, nachdem die Fragen eventuell doch auf wissenschaftliche Weise beantwortet wurden, wieder herausgenommen zu werden? Was anderes betreiben sie damit, als es wie die Menschen von vor Jahrtausenden taten, wenn sie meinten, dass der Donnergott den Donner mache?
Auch wenn es noch zahlreiche Wissenlücken gibt, in die sie ihren "Gott" einsetzen wollen können, sind es eben doch die Fakten, die zumindest gegen einen umsichtigen und liebevollen "Gott" sprechen. Das Theodizee-Problem können sie unmöglich lösen, wenn sie nicht an einen bösartigen oder zumindest gleichgültigen "Gott" glauben wollen. Ich brauche nur einmal am Tag die Schlagzeilen der Nachrichten zu überfliegen, um jedes Mal festzustellen, dass es den lieben Heiland nicht gibt.
Das Einsetzen von "Gott" als Platzhalter erfordert weder intensives noch sonst ein Nachdenken. Im Gegenteil: Sobald sie eine Frage mit "Gott" beantwortet haben, erübrigt sich weiters Nachfragen. Es ist nur eine Ausflucht. Und wenn meinen, man könne mit diesem simplen Trick die menschliche Erkenntnisfähigkeit erweitern, dann sind es, der sich auf dem Holzweg befindet. Nicht umsonst hat die christliche Kirche über die Jahrhunderte ihrer Herrschaft jeden wissenschaftlichen Fortschritt behindert oder unterdrückt und unliebsame antike Schriften verbrannt.
Antworten
"An keiner Stelle hatte ich sie als "dummen Tropf" bezeichnet."
Ja, das stimmt genausowenig, wie ich weder befürchte, den Begriff "Spiritualität" zu verlieren noch Angst habe, intensiv darüber nachzudenken!
Ebensowenig habe ich behauptet, die atheistische Denkweise sei eine "schlechte Sache" oder habe ich implizieren wollen, mit dieser Denkweise "könne etwas nicht stimmen", sondern habe versucht, auf Ihre Frage hin meine Beobachtung aufzuzeigen. Mir fehlt in der atheistischen Denkweise eben der spirituelle (!!) Ansatz. (Ich gebe zu, "kastriert" war ein etwas forscher Kraftausdruck...)
Ich will Gott nicht in jede Wissenslücke setzen: Mit existentiellen und ontologischen (Ontolologie: Lehre vom Seienden) Problemen meine ich beispielsweise die generelle Frage, weshalb unsere Welt überhaupt existiert. Mit fortschreitender Forschung wird das naturwissenschaftliche Wissen in laufend kleinere Einheiten aufgetrennt, welche bestenfalls erklärt werden können aber ihrerseits wiederum in neue Lücken und Rätsel abzweigen.
"Nicht umsonst hat die christliche Kirche über die Jahrhunderte ihrer Herrschaft jeden wissenschaftlichen Fortschritt behindert oder unterdrückt und unliebsame antike Schriften verbrannt."
Das ist jetzt schon etwas negativ überhöht und verallgemeinert. ;-)
Wussten Sie, dass über Jahrhunderte hin die christlichen Klöster die einzigen verlässlichen Aufbewahrungsorte für die damalige naturwissenschaftliche Wissenssammlung waren? Und dass in vielen Klöstern sogar wissenschaftliche Studien betrieben wurden?
Ein katholischer Theologieprofessor reagierte auf mein Buch »Warum ich kein Christ sein will«, das er im Sommer 2015 zufällig in »seiner« theologischen Buchhandlung entdeckte, bemerkenswert aufgeschlossen und in Teilen sogar zustimmend, gestand mir aber, dass die sogenannte Gottesfrage für ihn eine »offene Baustelle« sei und dass sie das für ihn wohl »bis ans Lebensende auch bleiben« würde.
Als erklärter Atheist überrascht über die Würdigung meiner verschriftlichten Gedanken zu Gott und der Welt aus dem Munde eines studierten und verbeamteten Gottesdieners ging ich auf die von ihm »offene Baustelle« genannte Problematik gern ein. Ich verwies in meinen Überlegungen zunächst auf die üblicherweise von Gläubigen gelieferte Argumentation:
Alles habe eine Ursache, auch die Welt als Ganzes muss eine Ursache haben. Als Schöpfer wird von Gläubigen Gott als Ursache genannt. Die Frage, wer Gott wiederum geschaffen habe, wird von Gottgläubigen bekanntlich mit seiner schon immer bestehenden Existenz beantwortet.
In diesem Fall könnte man dann natürlich auch argumentieren, dass Materie und Energie, also zum Beispiel unser Universum, auch schon immer bestehen könnten. Aber auch da schleicht sich immer wieder die uns eingeprägte Logik ein, die versucht zu klären, wie es zu einer ewigen Existenz gekommen sein könnte.
Es ist dies gewissermaßen eine innerweltliche Argumentation, die mit den Mitteln der uns vertrauten Logik argumentiert. In letzter Zeit hat sich – so erklärte ich dem Theologen – bei mir eine andere Begründung herausgebildet, die darauf hinausläuft, dass diese Frage – was ja keinesfalls neu ist – nicht entscheidbar sei. Die Nichtentscheidbarkeit begründe ich aber anders als bisher üblich.
Mit der herkömmlichen Argumentation gerät man in einen unendlichen Regress, wenn man immer weiter zurückgehend nach der jeweils auslösenden Ursache sucht. Geht man aber davon aus – und die Astrophysiker haben ja gute Gründe für diese Annahme – dass die Zeit (und auch der Raum) erst mit der Entstehung, der Geburt unseres Universums entstanden ist, dann sind auch Logik und Kausalität erst mit unserem Universum entstanden. Soll besagen: Jedes Nachdenken über einen Zustand oder eine mögliche Ursache vor dem Entstehen unseres Universums ist sinnlos, da dort unsere Überlegungen keine logische Basis im Sinne unserer Alltagslogik hätten.
Ich erklärte ihm also, wenn mit der Entstehung unseres Universums auch erst Zeit und Raum entstanden sind, dann ist auch so ein grundlegendes Prinzip wie Kausalität, also der Zusammenhang und die zeitliche Aufeinanderfolge von Ursache und Wirkung, auch erst mit dem Entstehen unserer Welt entstanden beziehungsweise als Prinzip wirksam.
In unserer makroskopischen Welt gilt unsere bewährte Alltagslogik. Aber schon im Mikrokosmos gibt es Ereignisse, die mit unserer Alltagslogik nicht vereinbar sind. So ist der Zeitpunkt des radioaktiven Zerfalls eines Atoms nicht voraussagbar. Die Quantenphysik sagt aus, dass es für den Zeitpunkt des Zerfalls eines einzelnen Atoms keinerlei Grund gibt. In vielen Fällen ist im mikrokosmischen Bereich die uns vertraute Kausalität, dass eine Wirkung immer eine Ursache hat, offenbar außer Kraft gesetzt. Von daher ist es gewiss angebracht, zumindest in Frage zu stellen, ob logische Überlegungen über eine Instanz als Ursache, Gott genannt, überhaupt statthaft sind, da diese Instanz in einer Dimension angesiedelt wäre, die sich unserem Nachdenken mit den Mitteln der Logik entzieht.
Zugegeben – alles sehr spekulativ. Entspricht aber – zumindest formal – der religiösen Argumentation, dass »Gott« das uns »völlig unbegreifliche Wesen« sei, »nicht erkennbar, nicht erklärbar, nicht mit unserem Verstand begreifbar«. Aber eben deswegen nicht, weil die Reichweite unserer Alltagslogik begrenzt ist. Daher meine Auffassung, dass die Frage nach »seiner« Existenz bzw. Nichtexistenz schon als Frage unzulässig ist bzw. keinen Sinn macht, weil sie fälschlicherweise von einer immerwährenden beziehungsweise zeitlosen Gültigkeit von Logik und Kausalität, wie wir sie innerhalb von Zeit und Raum verstehen, ausgeht.
Antworten
Hallöchen, Herr Lehnert !
Danke für Ihren oben Kommentar. Ich bin so frei und antworte auf ihn, indem ich mich selbst zitiere.
Zitat von mir: „Die ,Glaubens-Infizierten' glauben, dass ihr ,Glaubensgegenstand' existent sei. Existenz ist aber notwendigerweise mit irgendeiner Beschaffenheit verbunden. Das bedeutet, dass der ,Glaubensgegenstand' der ,Glaubens-Infizierten' nicht allmächtig sein kann, weil es ihm scheinbar nicht möglich ist, ohne irgendeine Beschaffenheit, existent zu sein.
Wenn die ,Glaubens-Infizierten' durch ihren Glauben implizit dazu auffordern, im Umgang mit dem gesamten „Glaubensgut“ die Logik aus dem Spiel zu lassen, dann müssten sie kontralogisch auch glauben, dass ihr ,Glaubensgegenstand' auf keine irgendwie geartete Existenz angewiesen ist. Er müsste dann also die Freiheit haben, ohne existent zu sein, beliebig agieren zu können.
Ich denke, dass es zum Glaubensinhalt der ,Glaubens-Infizierten' gehört, dass ihr ,Glaubensgegenstand' vor Beginn SEINER ,Schöpfungsaktivitäten, ganz allein existierte. Das heißt, nur seine wie auch immer geartete Substanz war vorhanden. Eine Substanz ,NICHTS' kann es nicht gegeben haben. Wenn es sie aber irgendwie auch gegeben hat, müsste es eine irgendwie geartete Grenze zwischen IHM und dem NICHTS gegeben haben, was ER wohl nicht zugelassen haben würde.
Nach der ,Leermeinung' der großen ,Glaubenskonzerne' und anderer ,Glaubensinstitute' soll der ,Glaubensgegenstand' aber SEINE ,Schöpfung' aus dem ,NICHTS' erschaffen haben. Das hätte er aber nur tun können, wenn er zuvor dafür gesorgt hätte, dass irgendwo in Abgrenzung zu IHM ein ,NICHTS' entstanden ist. Trotz SEINER angeblich vorhandenen Allmacht war also der ,Glaubensgegenstand' der ,Glaubens-Infizierten' auf das ,Baumittel' ,NICHTS' angewiesen. ER muss also vor dem eigentlichen ,Schöpfungsakt' ein ,NICHTS' erschaffen haben.
Nach meiner Kenntnis wird nirgends im ,Glaubensgut' behauptet, dass der ,Glaubensgegenstand' der ,Glaubens-Infizierten' SEINE ,Schöpfung' aus SICH heraus, also mit Material aus SEINER Substanz bestehend, erschaffen hat.“
13. 10. 2019, 12,50 Uhr.
Quelle: Mein Post vom 27. 08. 2019 bei: Gotteserfahrungen als »Beweis«. Warum ich nicht glauben kann -Folge 4:
https://de.richarddawkins.net/articles/gotteserfahrungen-als-beweis
Gruß von
Klarsicht(ig)
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Etwas ausführlicher als in meinem obigen Kommentar hatte ich mich schon früher zweimal mit dem religiösen Glauben, mit dem sich viele Menschen leider infiziert haben oder mit dem sie infiziert wurden sowie mit deren „Glaubensgegenstand“ befasst. Meine beiden (satirischen !?) Arbeiten sind in den nachstehend aufgeführten Links enthalten.
Ein „verphilosophiertes“, kritisches Gedankenspiel über das „biblische Superwesen" und dessen Glaubensgefolgschaft:
https://klarsicht-blog.blogspot.com/2012/07/ein-verphilosophiertes-kritisches.html
Eine Teilrasur des christlichen Weltbildes mit „Ockhams Rasiermesser“ (1):
https://de.richarddawkins.net/articles/eine-teilrasur-des-christlichen-weltbildes-mit-ockhams-rasiermesser-1
Gruß von
Klarsicht(ig)
Hallo Herr Lehnert
Danke für Ihre interessanten und einleuchtenden Ausführungen!
Trotz Ihres letzten Absatzes glaube ich auch deshalb an die Existenz Gottes, weil Er sich uns in der menschgewordenen Gestalt von Jesus Christus materiell gezeigt hat. In den Evangelien sind zahlreiche seiner Reden und Zitate zu finden, welche m.E. gut zu Ihren Überlegungen passen. Er hat beispielsweise oft wiederholt, dass sein Reich "nicht von dieser Welt" sei, wobei ich "diese Welt" im Einklang mit Ihren Darlegungen radikal verstehe.
Ja, ich weiss: Einerseits wird der Wahrheitsgehalt der Bibel und anderseits entweder das göttliche Wesen Jesu Christi oder sogar dessen Existenz angezweifelt. Ausserdem sind die Formulierungen des Neuen Testamentes immerhin rund 2'000 Jahre alt, wurden für die Menschen aller Bildungsstufen geschrieben und die Autoren mussten sich den damals verfügbaren Terminologien bedienen.
Mir scheint, dass die christliche und insbesondere die römisch-katholische Kirche gegenwärtig im selben Fahrwasser steckt wie zu Beginn der Neuzeit, als die Kirchenführung angesichts des sich stark verändernden Weltbildes der Menschen höhere Werte in Gefahr sah und daher Gegensteuer gab.
Antworten
Psychologischer Beweis, dass es intelligenter ist, (an die Existenz-Gottes zu glauben(1)), im Vergleich zu, (an die Nicht-Existenz-Gottes zu glauben(2))
Zwei schwerwiegende Logik-Fehler in Kontext von Theismus und
Atheismus . In Kontext der Philosophie der Logik.
im Text
Glaube(1) = (Glaube an die Existenz von Gott / unsterblicher, friedlicher Himmel)
und
Glaube(2) = (Glaube an die Nicht-Existenz Gottes / absoluter Tod)
_genannt)
Der erste Logikfehler:
Der erste große Logik-Fehler findet in der Psychiatrie statt: Man könnte es einen falschen Axiomaufbau
nennen, da nicht-folgerichtig argumentiert wird.
Nach Aussagen der Psychiater ist es in Ordnung, dass man an Gott und Engel glaubt. Keine
experimentellen Medikamente oder eine Zwangsbehandlung nötig.
Gleichzeitig sagen die Psychiater, dass Engel oder Dämonen sehen/hören schwer krankhaft
sei, experimentelle Medikamente bis hin zur Zwangsbehandlung sind notwendig.
In Kontext der zweiten Aussage der Psychiater wird von Seiten der Wissenschaft falsch formuliert.
Die Formulierung ist (fast) immer wie folgt (sinngemäß): „Ich, Ihr Psychiater, garantiere Ihnen,
dass Engelsvisionen (oder Dämonenvisionen) nur Halluzinationen (Ursprung: eigenes Gehirn)
sind.“
Um so einen Satz sagen zu können, müsste der Arzt allwissend sein. Da die Psychiater aber
garantiert nicht-allwissend sind, können Sie nur folgendes sagen:
„Ich, Ihr Psychiater, glaube persönlich, dass Engelsvisionen (oder Dämonenvisionen) nur
Halluzinationen (Ursprung: eigenes Gehirn) sind. Ich empfehle dringend, innerhalb meines
Glaubenskonzeptes, bei Visionen/Halluzinationen, dauerhafte (jahrzehntelange)
Medikamentenbehandlung mit unseren Psychopharmaka (Non-Stop-Behandlung).“
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:::: Zu sagen: ( (an Engel und Gott glauben) = (in Ordnung/gesund) )
:::: und gleichzeitig (im nächsten Satz) sagen: ( (Engel/Gott sehen/hören) ≠ (in Ordnung/gesund)
= (schwer krank/ nicht in Ordnung) )
:::::::: diese Kombination ist in der Philosophie der Logik eine nicht-mögliche Aussage, da nicht
folgerichtig, ein krankes/unlogisches Axiom wird hier verwendet.
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Man darf sich nicht wundern, dass wenn die ganze dokumentierte Menschheitsgeschichte voller
Berichte über Engeln und Dämonen ist, dass auch immer wieder Menschen von Sichtungen und
Gesprächen berichten.
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Der zweite Logikfehler:
Die nicht-folgerichtige Aussage: „Atheismus ist die intelligentere
und wissenschaftlichere Wahl des Glaubens. (Im Vergleich zu Theismus)“
Glaube(1) = (Glauben an Gott/friedlicher Himmel/Unsterblichkeit) = (Hoffnung haben).
Glaube(2) = (Glaube an die Nicht-Existenz von Gott/friedlicher Himmel/Unsterblichkeit).
Glaube(2) = der Glaube an den Staubzerfall der eigenen Existenz, (ohne Hoffnung auf Rettung).
Glaube(2) = (ohne Hoffnung).
Beide Theorien (1) und (2) = Glaube, an sich.
Um eine der beiden Theorien zu beweisen, müsste der Beweisführer allwissend über die
Gesamtexistenz sein, das ist für einen Menschen nicht möglich. Menschen sind nicht-allwissend.
Glaube(2) = (ohne Hoffnung, jemals wissenschaftliche Beweise für die Nicht-Existenz Gottes zu
erhalten) = die Nicht-Existenz Gottes kann sich niemals vor den Menschen selbst beweisen.
Glaube(1) = (Hoffnung haben, dass Gott selbst bald/irgendwann wissenschftliche Beweise für
die eigene Existenz (Gottes) liefern wird,
dass Gott selbst, die eigene Existenz vor den Menschen wissenschaftlich beweisen wird = nur
Glaube(1) hat Hoffnung auf Erhalt von wissenschaftlichen Beweisen = Glaube(1) ist die
wissenschaftlichere Wahl des Glaubens.
Menschen des Glaubens(2) können nicht mal hoffen, dass sie recht behalten werden, im Vergleich
zu Menschen des Glaubens(1). Es wäre psychologisch gesehen, höchst fragwürdig zu behaupten,
an den absoluten Tod zu glauben ist gesünder/intelligenter, als an den unsterblich-friedlichen
Himmel zu glauben. Glaube(2) ist für mich eine nicht-mögliche Aussage.
Wenn Glaube(2) = wahr, dann ist der Mensch, der an Glaube(1) glaubt, nach dem Tod nicht
enttäuscht, weil ab dem Moment, des absoluten Todes kann auch keine Enttäuschung mehr
entstehen. Ohne lebendige Seele ist kein Zustand der Entäuschung möglich. Glaube(1) ist nie eine
Enttäuschung. Auch hier kein Argument für Glaube(2).
Wenn Glaube(1) = wahr, dann ist der Mensch, der an Glaube(2) glaubt, nach dem Tod nicht
enttäuscht, weil wenn man im unsterblichen, friedlichen Himmel aufwacht und Gott selbst einem
das Paradis erklärt, dann kann in der Seele keine Entäuschung entstehen.
Man kann folgerichtig, folgendes sagen:
(Die Hoffnung von Menschen mit Glaube(2)) = ( (Glaube(2) ≠ wahr) und
(Glaube(1) = wahr) ).
Da ich Philosoph der Logik, der Wahrheit bin, empfehle ich folgende Psychologie:
Wenn Ich keine oder nur unzureichende Beweise für die Existenz Gottes oder Engel habe, dann ist
der Satz/die Erkenntnis: “Ich weiß nicht, ob Gott existiert.” ....sehr wichtig für mich.
Zusätzlich ist es für mich eine Wahrheit der Logik/Psychologie, dass im Angesicht des Lebens,
des Universums, der Wunder des Lebens, der Kinder, der Geburt und des Todes nur folgendes
Glaubensbekenntnis einen gesunden und intelligenten Sinn ergibt: (Glaube(1) = (unsterblicher,
friedlicher Himmel))
Ich sage gerne: Eine gesunde Psyche muss realitätsbasiert sein = Ich weiß nicht ob Gott existiert
+ wenn es zur Glaubensfrage kommt, dann muss ich mich für Glaube(1) entscheiden.
Ich bin fest davon überzeugt (lebenserfahren), dass ein gesunder, friedlicher, optimistischer
Glaube(1) sehr hoch-wichtig für den Menschen ist. Glaube(1) kann was wunderschönes,
zauberhaftes und magisches sein. Glaube(1) hat hohe positive, psychologische Energien.
Auch sehr hoch-interessant: (Bitte mit viel Fantasie und Körpereinsatz ein filmisches Bild im
Geist erschaffen)
Ein Mensch des Glaubens(1) in einem lebendigen (tanzen,singen, sprechen)
Glaubensbekenntnis: In seinem Tempel.
“Ich glaube an den friedlichen unsterblichen Himmel, die Engel und Gott. Danke Gott, für das
Leben.”
Ein Mensch des Glaubens(2) in einem lebendigen (tanzen,singen, sprechen)
Glaubensbekenntnis: In seinem Tempel.
“Ich meine, dass es klug ist, dass ich an den absoluten Tod, ohne jegliche Hoffnung auf Beweise
meines Glaubens oder sonstige Hoffnung, glaube. Der Glaube des Staubzerfalls der Seele ist für
mich ungleich attraktiver als der Glaube an die friedliche Unsterblichkeit.”
/Created by Kashi |
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Gott ist ein unendlich großes Wesen. Gott ist gegenüber seiner/ihrer gesamten Schöpfung
allmächtig. Gott ist allwissend.
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Theodizee:
Gott ist ein tatsächlichkeitsbezogenes-allwissendes und allmächtiges, unendlich großes Wesen. Warum tatsächlichkeitsbezogen? Für eine stabilere Psyche (so stelle ich mir das vor) muss die Allwissenheit über die vorhandenen Tatsachen des Universums/Lebens stark überwiegen. Fantasien über mögliche andere Universen/Menschenheiten, die nicht existieren, dürfen nur sehr leise im Geist von Gott sein.
Diese erste Annahme, schränkt die Allwissenheit etwas ein. Gott einen winzigen Funken Richtung Menschsein anzudichten ist der Schlüssel zu meiner Theorie, da Gott dann höheres Interesse an Lebenserfahrung hätte, im Vergleich dazu, dass Gott davon ausgehen würde in der Ewigkeit des Seins auch ohne Studium und praktische Erfahrung des Universums garantiert unbeschadet überleben zu können. Gott als Wissenschafttler und Künstler. Weniger Chaos im Geist von Gott, durch ausklammern aller alternativen Realitäten, die Gott auch erschaffen könnte.
Ich sehe in Gott ein Wesen, dass im Übermaß an Lebenserfahrung interessiert ist, um Allwissenheit (der Zukunft) und Unfehlbarkeit zu beweisen. Auch das Wunder: Mensch, wird erst durch interdisziplinäre und exotische Lebenserfahrung zu einer wahrhaft interessanten Persönlichkeit.
Warum ist Gott an Leid interessiert?
Gott verlässt sich nicht auf das Glück alleine, dass eine beliebig große Menschheit immer frei von Unfällen sein wird.
Ich sehe einen Gott, der entschieden hat, professioneller, lebenserfahrener Arzt/Sanitäter zu werden. Dafür braucht Gott Patienten. Es ist wesentlich besser, wenn Gott die Apokalypse geplant und gut vorbereitet beginnt um ein lebenserfahrener Arzt zu werden, als im Himmel auf unglückliche Unfälle zu warten. Gott schubst/lässt fallen mit Absicht einen Menschen die Treppe runter und lässt diesen grausam an seinen Brüchen und Platzwunden sterben, um ihn nach dem Tod wiederzubeleben und ihn zu heilen. In diesem Kontext, sehe ich das Phänomen: "Tod", als Massenevakuierungsübung. Wahrscheinlich fliegt Gott die Seelen auf fremde Planeten aus. Gott beweist die Unsterblichkeit des Menschen im Angesicht der Hölle.
Da Gott in seiner Beschaffenheit ganz anders wie ein Menschenkind sein muss, macht sie/er diese Arztausbildung nicht für sich selbst (alleine), sondern Gott will lebenserfahren, die Fähigkeit kultivieren/vorbereiten/erleben, um die Unsterblichkeit des Menschen zu garantieren, auch im Falle eines Unfalles. So gesehen handelt/entscheidet Gott so schrecklich, aus Liebe zu den Menschen.
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