Glaubensfreiheit und Scharia

Moderne Verfassungen enthalten meistens Angaben über die Institutionen in einem Staat und über staatliche Kompetenzen, wobei in Grundgesetzen von föderalistisch organisierten Staaten wie in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz auch eine Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern respektive Bund und Kantonen zu finden ist.

Glaubensfreiheit und Scharia

Abgesehen von diesen uns hier nicht näher zu interessierenden Inhalten widerspiegeln moderne Verfassungen insbesondere auch die wesentlichen Grundwerte, die in einem Staatswesen gelten. Eine hervorragende Rolle spielen dabei nebst dem Demokratieprinzip vor allem die in den Grundrechtskatalogen aufgeführten Grundrechte, die im klassischen Verfassungsrecht primär als Abwehrrechte gegen Eingriffe des Staates verstanden werden. In meinem Land, der Schweiz, sollen sie aber darüber hinaus in der ganzen Rechtsordnung ihre Wirkung entfalten können und wo dies möglich ist, sogar unter Privaten wirksam werden (Art. 35 BV). Das bedeutet im Ergebnis, dass hinter jeder staatlichen Handlung in der Schweiz die Wahrung und im Idealfall sogar die Förderung der Verwirklichung der Grundrechte stehen sollte. Diese durchaus moderne Forderung der Bundesverfassung verdeutlicht auf eine besonders schöne Art und Weise, wie weitreichend und prägend der Einfluss der Grundrechte auf unseren Staat und auf unsere Gesellschaft ist und weshalb insbesondere die Bundesverfassung vor allem mit ihrem Grundrechtskatalog die wesentlichen ideellen Grundwerte unserer schweizerischen Gesellschaftsordnung widerspiegelt, wie ich vorhin angegeben habe.

In der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird das Grundrecht, das von den meisten Deutschen als Religionsfreiheit bezeichnet wird, unter dem etwas umständlicheren aber viel ausdrucksvolleren Begriff Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 15 BV) aufgeführt, dies obwohl auch das Deutsche Grundgesetz in Art. 4 GG auch von der „Freiheit des Glaubens” spricht. Weder die Bundesverfassung noch das Grundgesetz schützen die Inhalte einer Religion und schon gar nicht ihre religiöse Verbindlichkeit oder ihre Übereinstimmung mit einer bestimmten religiösen Doktrin. Das Grundgesetz schützt vielmehr – so ausdrücklich – das „religiöse Bekenntnis”, was selbstverständlich auch in der Schweiz gilt, wobei dieses „religiöse Bekenntnis” nach modernem Verfassungsverständnis keinerlei inhaltliche Vorgaben erfährt. Dieser Umstand bedeutet, dass jedes religiöse Bekenntnis ausnahmslos gleichwertig und schützenswert ist. Mit anderen Worten wird beispielsweise der Glaube eines Christen, der in seine persönliche Religion Elemente des tibetanischen Buddhismus und der jüdischen Kabbala eingebaut hat und in Jesus einen sozialistischen Hippie sieht, nicht schlechter geschützt als der Glaube eines streng den Lehren der Römisch-Katholischen Kirche folgenden Katholiken. Bei dieser überaus liberalen Betrachtungsweise, gemäß welcher unterschiedlichste und überaus individuelle Glaubensbekenntnisse existieren können, ist sogar das religiöse Bekenntnis eines Menschen zu einer zu 100% selbstkonstruierten Religion gleichwertig mit dem Bekenntnis eines Menschen zu einer Religion in ihrer klassischen und als „rein” verstandenen Form.

Die Bundesverfassung sieht in Art. 36 BV vor, dass Grundrechte eingeschränkt werden können, was auch für die Glaubens- und Gewissensfreiheit gilt. Dazu braucht es eine gesetzliche Grundlage (bei schweren Eingriffen sogar eine ausdrückliche); die Einschränkung muss sodann durch ein öffentliches Interesse oder aufgrund Grundrechte anderer gerechtfertigt sein und ferner muss der Eingriff den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Zu guter Letzt darf eine Einschränkung den sogenannten Kerngehalt des Grundrechts nicht verletzen, weil dieser als unantastbar gilt. Mit anderen Worten erübrigt sich die Überprüfung, ob die anderen Voraussetzungen erfüllt sind, sofern schon der Kerngehalt durch einen staatlichen Eingriff verletzt würde.

Bei diesem letzterwähnten Kerngehalt geht es um nichts anderes als einen absoluten Schutz von fundamentalsten Rechtsgütern, die durch ein Grundrecht geschützt werden, welche derart zentral sind, dass sie überhaupt keine Einschränkung ertragen. Mit anderen Worten können diese Bereiche vom Staat selbst dann nicht angetastet werden, wenn man dafür eine gesetzliche Grundlage schaffen würde, ein öffentliches Interesse bestünde und der Eingriff verhältnismäßig wäre. Aufgrund ihrer fundamentalen Bedeutung gelten diese Schutzbereiche gemäß Verfassung als absolut unantastbar. Der Kerngehalt bei der Glaubens- und Gewissensfreiheit besteht aus drei einzelnen Teilgehalten. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichts sind dies die innere Freiheit, zu glauben (1) oder eben nicht zu glauben (2) und die Befugnis, den Glauben zu ändern (3).

Der Grund, weshalb ich – wie vorhin erwähnt – den Ausdruck Glaubens- und Gewissensfreiheit dem der Religionsfreiheit vorziehe, hat insbesondere damit zu tun, weil beim ersten Begriff der Kerngehalt dieses Grundrechts viel besser zum Ausdruck kommt, der so zentral ist und das zur Erscheinung bringt, was dieses Grundrecht in allerersten Linie schützen will. Bei diesem Grundrecht geht es also primär um den inneren Glauben, den man hat und haben darf und zwar welchen Glauben auch immer und erst sekundär um die äussere Religionsausübung. Andererseits ist jeder berechtigt, überhaupt keinen Glauben zu haben, wobei dies keinerlei Konsequenzen hat. Darüber hinaus kann man voraussetzungslos seinen Glauben ändern, respektive damit aufhören, zu glauben. Diese Schutzbereiche mögen den meisten Lesern zwar als selbstverständlich gelten, was sie zum Glück auch sind, doch sind sie derart fundamental, weshalb ich sie hier hervorheben möchte. Wie der Ausdruck Kerngehalt aus dem schweizerischen Verfassungsrecht es verdeutlicht, geht es hier um die wesentlichsten Inhalte des Grundrechts, die geschützt werden sollen.

Kerngehalt der Glaubens- und Gewissensfreiheit

Die Glaubens- und Gewissensfreiheit hat darüber hinaus noch viele andere Teilgehalte wie etwa die Befugnis, eine Glaubensgemeinschaft zu begründen, oder dass es erlaubt ist, die Kultushandlungen dieser Glaubensgemeinschaft autonom bestimmen zu dürfen. Gerade die letztgenannten Kultushandlungen einer Glaubensgemeinschaft erfahren in der Schweiz sogar einen strafrechtlichen Schutz. So existiert mit Art. 261 StGB ein Straftatbestand, der „Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit” heißt. Daraus wird ersichtlich, dass nebst den drei vorgenannten Teilgehalten, die den fundamentalen Kerngehalt der Glaubens- und Gewissensfreiheit bilden, insbesondere mit dem weiteren Teilgehalt der Kultusfreiheit ein ganz besonderer Schutz vorhanden ist. Jedenfalls spielen diese vier Aspekte der Glaubens- und Gewissensfreiheit eine wichtigere Rolle beim Verständnis dieses Grundrechts als die Frage, ob man seiner Lehrerin den Händedruck aus religiösen Gründen verweigern darf, oder ob die Tochter im gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht teilnehmen muss oder nicht.

Wie ich eingangs erwähnt habe, widerspiegeln Verfassungen die wesentlichen Werte in einem Staatswesen. Wenn man meine bisherigen Ausführungen unter diesem Lichte betrachtet, wird man beim Beispiel der Schweiz eine liberale Werteordnung im Bereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit vorfinden. Unser Staat aber auch die allermeisten Bürger, zu denen ich mich dazuzähle, respektieren den inneren Glauben einer Person, welcher Glaube das auch sein mag ohne jede Vorgabe, aber auch den Umstand, dass jemand überhaupt keinen Glauben haben darf, wobei dies in jeder Hinsicht und im gleichen Ausmaß zulässig ist. Was man in der Schweiz überhaupt nicht duldet, weshalb man sogar einen speziellen Straftatbestand dafür geschaffen hat, sind Störungen von Kultushandlungen. Solche Taten werden als ein Angriff auf den öffentlichen Frieden empfunden und bestraft. Der Staat schützt aber nicht nur die Kultushandlungen der Gläubigen. Darüber hinaus schützt er auch die Menschen, die an einer Kultushandlung nicht teilnehmen wollen. Die Verfassung verbietet in diesem Bereich einen Zwang ausdrücklich. Kurz zusammengefasst bedeutet dies, dass es in der Schweiz so etwas wie einen Common Sense gibt, wonach jeder glauben darf, woran er will, wobei insbesondere Kultushandlungen der Gläubigen einen besonderen Schutz und damit Toleranz geniessen. Darüber hinaus ist es jedem freigestellt, überhaupt zu glauben und diejenigen, die nicht glauben, müssen an Kultushandlungen nicht teilnehmen, was ebenfalls toleriert werden muss. Sehr wichtig ist auch der Umstand, dass das Recht, aus einer Religionsgemeinschaft auszutreten und in eine andere oder in überhaupt keine beizutreten, einen absoluten Schutz genießt.

Nach diesem Ausflug ins schweizerische Verfassungsrecht, dessen zentralen Werte im Bereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit sich von anderen modernen europäischen Verfassungsordnungen nicht sehr wesentlich unterscheiden dürften, möchte ich gewisse Aspekte des Scharia-Islam, wie dieser insbesondere auch in den vergangenen Tagen in Erscheinung trat, nach Maßgabe der Werteordnungen unserer modernen Verfassungsstaaten betrachten, die ein Ausfluss unserer Grundrechte sind. Die Frage, die sich dabei stellt ist, inwieweit die Vorgaben der Scharia und die gelebte islamische Realität sich mit diesen Werten verträgt.

In Gesellschaften, in denen der Scharia-Islam maßgeblich ist, wird zunächst einmal und vor allen Dingen den Scharia-Islam selbst geschützt und die Befugnis aber oft auch die Pflicht der Gläubigen, der Scharia zu folgen, dies natürlich je nach Land, Gebiet und Gruppierung in unterschiedlichster Ausprägung und Form. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Scharia dem Glauben der Angehörigen anderer Glaubensrichtungen große Verachtung und oft keinerlei oder wenig Respekt entgegenbringt. So gelten die Juden im Islam als Schriftfälscher, die ihre eigene heilige Schrift verfälscht hätten, indem sie die zuvor in der Tora angeblich erwähnte Ankündigung Mohammeds entfernt hätten. Den Christen wird vorgeworfen, dass sie die Lehre Jesu falsch verstanden hätten, weshalb sie als Irregehende bezeichnet werden. Den Polytheisten wird im Islam sogar das Recht auf Leben aberkannt. Nebst diesen unerhörten Einmischungen in fremde Glaubensbelange werfen sich Scharia-Muslime auch gegenseitig unislamisches Verhalten oder sogar Häresie vor. Damit meine ich nicht bloß die Sunniten und Schiiten mit ihrem nie endenden Glaubenskonflikt und ihre gegenseitige Verfolgung, insbesondere wenn sie in einem Land zusammenleben müssen. Vielmehr geht es mir um die Tatsache, dass der Islam von der überwiegenden Mehrheit der Muslime immer nur innerhalb der eigenen Paradigmen akzeptiert und verstanden wird. Was sich außerhalb dieser Paradigmen befindet, wird als unislamisch betrachtet, womit es in der Scharia immer auch um die Frage der Rechtgläubigkeit geht, deren Existenz bei anderen bestritten wird. Für die einen ist beispielsweise die Frauenbeschneidung – oder besser die weibliche Genitalverstümmelung (FGM) – unislamisch und solche, die es praktizieren, haben aus ihrer Sicht sogar den Islam falsch verstanden. Andere wiederum sehen darin eine Befugnis, womit sie aus dieser Sicht weder verboten noch befohlen ist. Zu guter Letzt gibt es solche, welche darin eine Pflicht sehen und den Gegnern der FGM ausdrücklich widersprechen. Ein weiteres schönes Beispiel ist Lamya Kaddor, die Dschihadisten, die im Westen Anschläge verüben, unislamisches Verhalten vorwirft und sogar so weit geht, dass sie diesen Muslimen den muslimischen Glauben abspricht. Dieselben Dschihadisten wiederum würden, sofern man sie mit Lamya Kaddor konfrontieren würde, angeben, dass vielmehr sie sich unislamisch verhalte, weil sie sich mit Europäern abgebe. Sie könnten Lamya Kaddor Sure 5:51 entgegenhalten: „Ihr, die ihr glaubt! Nehmt euch die Juden und Christen nicht zu Freunden! Sie sind einander Freunde. Wer von euch sich ihnen anschließt, der gehört zu ihnen. Siehe, Gott leitet die Frevler nicht recht.”

Atheisten mit Terroristen gleichsetzen

Der gläubige Muslim ist je nach Gesellschaft mehr oder weniger frei, inwieweit er seinen muslimischen Glauben ausüben will, wobei auch islamische Gesellschaftsstrukturen existieren, in denen es überhaupt keine Freiheit gibt. Diese Freiheit, sofern sie vorhanden ist, was nicht immer der Fall ist, kann allerdings nie mit der inneren Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben gleichgesetzt werden, wie wir dies aus der schweizerischen Bundesverfassung kennen. Einem Muslim ist es aus der Sicht der Scharia weder gestattet, seinen Glauben abzulegen noch eine andere Konfession anzunehmen. Es ist ihm auch nicht erlaubt, seinen muslimischen Glauben mit fremden Glaubensinhalten zu „bereichern”. In vielen muslimisch geprägten Ländern ist es Muslimen sogar unter Androhung der Todesstrafe verboten, sich vom Islam abzuwenden. Wenn es nicht verboten ist, ist der Abfall vom Islam mindestens gesellschaftlich geächtet und teilweise werden Menschen, die sich als Atheisten outen oder sich zu einer anderen Religion bekennen, ermordet ja sogar gelyncht. Nur schon deshalb bekennen sich nicht alle Atheisten muslimischer Herkunft öffentlich zu ihrem Unglauben, weil dieser nicht toleriert wird. Es gibt nicht wenige muslimische Staatschefs, welche Atheisten sogar mit Terroristen gleichsetzen.

Ebenfalls verboten, wenn nicht mindestens ganz gefährlich sind Handlungen durch Dritte, die einen Muslim zum Abkehr vom Islam animieren oder auffordern. Diese Forderung der Scharia ist so zentral, dass sie sogar in der Kairoer Erklärung für Menschenrechte im Islam Eingang gefunden hat. So sagt Art. 10: (…) „Der Islam ist die Religion der reinen Wesensart. Es ist verboten, irgendeine Art von Druck auf einen Menschen auszuüben oder seine Armut oder Unwissenheit auszunutzen, um ihn zu einer anderen Religion oder zum Atheismus zu bekehren.” Solche Forderungen in einer vorgeblichen „Menschenrechtserklärung”, selbst wenn sie sich ausschließlich auf Muslime beziehen, sind den oben aufgeführten Werten der Bundesverfassung diametral entgegengesetzt. Nicht zu glauben, aus einer Glaubensgemeinschaft austreten zu dürfen, in eine andere beizutreten, oder den Glauben ganz sein zu lassen, sind zentrale Forderungen unserer Glaubensfreiheitsordnung.

Abgesehen vom Islam selbst – und dies auch nur, sofern es sich dabei um aus eigener Perspektive eine anerkannte Form des Islam handelt – anerkennt der Scharia-Islam teilweise und nur bis zu einem gewissen Grad und je nach Region ganz unterschiedlich das Christentum sowie das Judentum als Religion an und je nach Region werden die Angehörigen dieser Religionen sogar schariakonform als Schutzbefohlene betrachtet. Praktisch in jedem muslimisch geprägten Staat werden diese religiösen Minderheiten dennoch immer wieder grundlos angegriffen und oft sogar systematisch verfolgt. Wenn ein muslimisch geprägter Staat sich überhaupt für solche religiösen Minderheiten einsetzt und diese vor Übergriffen beschützt, handelt es sich dabei im Übrigen fast ausschließlich um alteingesessene Glaubensgemeinschaften, die in den entsprechenden Gebieten teilweise sogar vor dem Islam existierten und nicht etwa um Freikirchen oder ähnliche kirchliche Institutionen, die in Missionierungsabsicht in ein Land kommen. So hat ein Staat wie Ägypten einen ganz anderen Blick auf einen koptischen Christen als auf einen Missionar von einer amerikanischen Freikirche, der auf die wahnsinnige Idee kommen würde, in Ägypten freikirchliche Glaubensinhalte zu verbreiten.

In diesem Sinne existiert in keinem muslimisch geprägten Land ein liberales Glaubensfreiheitsverständnis, wie dies in der Schweiz oder in anderen europäischen Staaten existiert. Im Scharia-Islam werden vor allem Glaubensgemeinschaften geschützt, allen voran aber der Mehrheitsislam, wobei abweichende Formen des Islam sehr oft religiöse Verfolgung erfahren wie beispielsweise die Aleviten in der Türkei, die der Scharia nicht folgen und bei denen Frau und Mann gleichberechtigt sind. Sekundär werden – wenn überhaupt – alteingesessene Glaubensgemeinschaften geschützt und dies auch nur, weil der Koran diesbezügliche Vorgaben enthält. Mit anderen Worten ist der Fokus auf den Schutz des Scharia-Islam und dessen korrekte und ungestörte Ausübung gerichtet. Nicht zu glauben und den Islam abzulehnen, sind dabei nie Optionen, auch nicht der Wechsel zu einer anderen Konfession. Das Freiheitsverständnis der Scharia-Muslime besteht sodann hauptsächlich in der Forderung nach den Vorgaben der Scharia leben zu dürfen, dass dieser gelebte Islam einen Schutz erfährt. Die Änderung des Glaubens ist nur gestattet, wenn ein „Ungläubiger”, dem angeblich die Augen geöffnet wurde, den Islam annehmen soll und niemals umgekehrt.

Diese Betrachtungsweise der Religion steht meines Erachtens im fundamentalen Widerspruch zu den wichtigsten Werten, die bei uns verfassungsrechtlich als Kerngehalte der Glaubensfreiheit geschützt werden. Der Scharia-Islam hat keinen oder sehr wenig Respekt vor dem inneren Glauben einer Person, es sei denn es würde sich um eine aus der eigenen Perspektive rechtgläubige Form des Islam handeln. Diese Respektlosigkeit betrifft nicht nur Andersgläubige wie Juden und Christen, sondern auch Muslime, selbst solche, welche die gleiche islamische Glaubensrichtung haben. So kommt es vor, dass sich beispielsweise Sunniten gegenseitig unislamisches Verhalten oder sogar Häresie vorwerfen können. Die allseits bekannte Floskel „Das hat mit dem Islam nichts zu tun” ist im Übrigen nichts anderes als ein solcher muslimischer Häresie-Vorwurf gegenüber anderen Muslimen.

Recht aberkannt, ihren Glauben als Islam zu bezeichnen

Dass der Scharia-Islam geradezu das Gegenteil von den mit der Glaubensfreiheit geschützten Werten bedeutet, wurde aufgrund der Reaktionen auf die Eröffnung der liberalen Ibn Ruschd-Goethe-Moschee in Berlin deutlich. Einerseits wurde den Gläubigen dieser Moschee-Gemeinde das Recht aberkannt, ihren Glauben als Islam zu bezeichnen, wie wenn es darauf so etwas wie Copyright geben würde. Dann hat man sich auch in die Kultushandlungen dieser Gemeinde eingemischt. Nachdem ich darlegen konnte, dass der Scharia-Islam im Widerspruch zu den durch den Kerngehalt geschützten Werten steht, wurde durch die massive Intoleranz gegenüber den eigenwilligen Kultushandlungen dieser neuen liberalen Moschee-Gemeinde, die wir in den letzten Tagen beobachten konnten, auch die Missachtung der für uns so wichtigen Kultusfreiheit durch den Scharia-Islam deutlich. Mit anderen Worten mischt sich der Scharia-Islam nicht nur in die Frage ein, woran ein Mensch glauben soll und welchen Islam dieser Mensch als maßgeblich betrachten darf. Vielmehr mischen sich der Scharia-Islam und viele Muslime, die sie befolgen, auch in die ihnen fremde Kultushandlung ein, an der sie nicht teilnehmen müssen und bedrohen jene, die dabei teilgenommen haben, sogar mit dem Tode. Nicht nur das: Die bloße Existenz dieser Gemeinde wird in Frage gestellt und damit auch das Grundrecht der Beteiligten, eine Glaubensgemeinschaft zu begründen und zwar eine islamische Glaubensgemeinschaft nach ihren eigenen Vorstellungen, was verfassungsrechtlich geschützt wird.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass der Scharia-Islam und die meisten Muslime, die der Scharia folgen, die zentralsten Werte des Grundrechts der Glaubensfreiheit nicht respektieren. Damit beruht die Toleranz, die man ihnen gegenüber entgegenbringt und die Tatsache, dass man sie an unseren Freiheiten teilnehmen lässt, nicht auf Gegenseitigkeit. Während wir nicht nur die fundamentalsten Aspekte ihres Glaubens ganz im Sinne der Glaubensfreiheit anerkennen, indem wir den Muslimen wie allen anderen Menschen gestatten, ihren Gottglauben auf ihre Art und Weise zu haben und ihnen volle Kultusfreiheit gewähren, sondern uns sogar auch mit äußeren Dingen wie Kopftuch oder Burka beschäftigen, anerkennt dieses Glaubenssystem und eine große Zahl der Gläubigen, die ihm folgen, die fundamentalsten Werte unserer Glaubensfreiheitsordnung nicht, widerspricht diesen sogar ausdrücklich und bringt diesen Werten sogar große Respektlosigkeit entgegen. Für mich ist das ein fundamentaler Widerspruch und ganz anders als die meisten Verfassungsrechtler bin ich nicht bereit, diesen Umstand einfach so hinzunehmen.

Der Grundgedanke, der unseren Glaubensfreiheitsordnungen zugrunde liegt, ist die Toleranz gegenüber Andersgläubigen. Diese Toleranz besteht in der bewussten Billigung von fremden Werten, die einem nicht eigen sind. So wird der Glaube an den Islam von unseren Verfassungen nicht etwa deswegen geschützt, weil wir als Nichtmuslime hinter dem Islam dennoch eine mögliche oder gar vorhandene Wahrheit vermuten. Vielmehr geht es bei dieser Toleranz um die gleichzeitig vorhandene Erwartungshaltung, dass auch diejenigen, die toleriert werden, die gleiche Toleranz gegenüber Andersgläubigen aufbringen. Da dieser Toleranzgedanke im Scharia-Islam nicht vorhanden ist, bin ich auch nicht bereit, irgendwelche Forderungen dieser Ideologie zu erfüllen, die über den absolut geschützten Kerngehalt des Grundrechts der Glaubensfreiheit und auf die Freiheit der Kultushandlung hinausgeht. Erst recht bin ich dagegen, dass diese verfassungsfeindliche Ideologie mit Staatsverträgen in den Staat eingebunden wird. Zum Glück steht dies in der Schweiz gegenwärtig nicht wirklich zur Debatte.

Kommentare

  1. userpic
    Heike Reise

    Gott hat regeln und Staat auch -beides hat man zu respektieren -was gibt es da ewig lange Texte zu schreiben-kann ich nicht verstehen

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    1. userpic
      axolotl

      Der ewig lange Text ist gut.Man kommt zur Erkenntnis dass der Islam weder zu Deutschland noch zu Europa gehört.

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