Glückskeksweisheiten für Alle!

Weise zu klingen, ist viel leichter, als man denken mag. Erst recht, wenn einem die eigene Ausstrahlung hilft.

Glückskeksweisheiten für Alle!

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So zumindest erscheint es manchmal, wenn selbsternannte Wunderheiler, Sektenführer oder Gurus für tiefe Erkenntnisse gefeiert werden, die in Wirklichkeit seichter sind als ein Tintenfleck.

Bei hinreichend berühmten Figuren helfen gar die Medien mit und feiern z. B. den Papst oder den Dalai Lama für simple Glückskeksweisheiten. Was diesen Figuren teilweise für tiefgreifende Erkenntnisse zugeschrieben werden, die sich bei näherer Betrachtung als völlig banal herausstellen.

Sätze wie „Glück kommt auch von innen.“ Der Satz ist ohne Frage richtig und behandelt etwas, was uns allen sehr wichtig ist. Aber so richtig tiefschürfende Gedanken lassen sich auch nicht erkennen. Ich bezeichne sollte Aussprüche gerne als Glückskeksweisheiten.

Um hier mal vorzuführen, wie oberflächlich Aussagen sein dürfen, um trotzdem noch irgendwie weise zu wirken, schildert dieser Text ein paar Schemata, mit denen sich jeder ein paar Glückskeksweisheiten selbst basteln kann.

Schema 1: Der „nicht nur“-Trick

Man nehme eine simple und wahre Aussage. Und ein Einfaches „nicht nur“ macht sie magisch. Diese beiden Wörter kann man vielen Sätzen beifügen, um besonders klug zu wirken.

Zum Beispiel der Satz: „Menschen sind Tiere.“

Dieser Satz ist ohne Frage wahr. Es gibt nur drei Sorten eukaryotischer Vielzeller: Pflanzen, Tiere und Pilze. Menschen sind natürlich weder Pilze noch Pflanzen. Aber der Satz ist irgendwie noch keine Pseudoweisheit. Dafür fehlt irgendwie noch etwas. Mit einer simplen Erweiterung klingt er zum Glück gleich viel tiefsinniger:

„Menschen sind nicht nur Tiere.“

Das geht auch mit anderen Aussagen.

„Schönheit sieht man mit den Augen,“ wird zu: „Schönheit sieht man nicht nur mit den Augen.“

Aus „Liebe ist ein Gefühl“ wird „Liebe ist nicht nur ein Gefühl.“

Die langweilige Feststellung „Fantasie ist ein Prozess im Gehirn“ kann man sich gleich verzaubern zu: „Fantasie ist nicht nur ein Prozess im Gehirn.“

„Die Börse ist ein Ort des Handels“, wird zu: „Die Börse ist nicht nur ein Ort des Handels.“

Schema 2: Der „nicht nur, sondern auch“-Trick

Einer Erweiterung des ersten Schemas passiert durch den Anschluss „sondern auch“.

„Menschen sind nicht nur Tiere, sondern auch Wesen des Lichts.“

„Schönheit sieht man nicht nur mit den Augen, sondern fühlt sie mit dem Herzen.“

„Liebe ist nicht nur ein Gefühl, sondern ein Moment der Göttlichkeit.“

Und so weiter…

Dass hier keinerlei echtes Wissen hinter steckt, sieht man schön daran, dass man mit demselben Ansatz völlig unterschiedliche Aussagen orakeln kann.

So kann die Glückskeksweisheit „Die Börse ist nicht nur ein Ort des Handels.“ erweitert werden zu: „Die Börse ist nicht nur ein Ort des Handels, sondern auch ein Werkzeug der Ausbeutung der Armen.“ Genauso gut kann man daraus auch schließen: „Die Börse ist nicht nur ein Ort des Handels, sondern auch ein Ort, an dem die Völker der Welt ihrer Reichtümer ohne Krieg austauschen können.“

Schema 3: Das „A ist nicht B, und/aber B ist nicht A“-Muster

Es ist faszinierend, wie tiefsinnig eine Aussage wirken kann, wenn man sie umkehrt. Man nehme den Satz: „Ein schwimmender Mann ist nicht trocken.“ Offensichtlich richtig, aber eine echte Glückskeksweisheit wird erst daraus, wenn man ihn noch umkehrt:

„Ein schwimmender Mann ist nicht trocken, aber ein trockener Mann schwimmt nicht.“

„Hass vergibt nicht. Und Vergebung ist ohne Hass.“

„Wer schweigt, wird nicht gehört, doch wer gehört werden will, darf niemals schweigen.“

„Wahrer Gesang ist keine Mühe, aber mühevolle Arbeit lässt das Herz singen.“

Schema 4: Der plötzliche Sprung in die Metapher

Die letzten Beispiele klangen vielleicht schon ein wenig metaphorisch. Und tatsächlich kann man erstaunliche viele Banalitäten durch den plötzlichen Sprung in die Metapher retten.

„Bläst man eine Kerze aus, macht sie kein Licht mehr“, wäre ein typischer Satz, der ebenso wahr wie banal ist. Aber mit der richtigen Umsetzung kann er brillant klingen. Man muss ihn nur mit Worten ausbauen, die genügend bedeutsam wirken und mit viel Symbolik beladen sind.

„Eine erloschene Kerze verströmt kein Licht mehr, doch die Wärme ihres Zentrums verweilt noch lange.“ So könnte der Satz schon in einer Grabrede vorkommen.

Der Sprung in die Metapher sieht man auch an diesen Beispielen:

„Pflanzen wachsen zum Licht“, wird zu: „Die Kraft der Natur beflügelt auch die Pflanzen, sich im Streben nach Licht kraftvoll der Sonne entgegen zu recken.“

„Nicht jedes Leiden braucht ein Medikament“, ist ein Satz, den wohl jeder ernstzunehmende Arzt unterschriebe. Dagegen klingt es viel mehr nach Wunderheiler/Quacksalber zu sagen: „Die heilende Kraft des eigenen Körpers reicht völlig aus, um viele Krankheiten ganz ohne Chemie und unnatürliche Mittel zu überwinden.“

Und zum Abschluss.

„Glückskeksweisheiten kann jeder“, klingt doch viel unbedeutender als: „Jeder Mensch hat tief in sich die Fähigkeit, seine Lebenserfahrung in Worte zu gießen, die andere Menschen als Weisheit erhellen mögen.“

So einfach ist das.

Kommentare

  1. userpic
    Peter

    Ein Artikel , der viel versprach , aber wenig hielt.

    Das gipfelt in der Behauptung , daß "Menschen sind Tiere" eine wahre Aussage ist.
    Seit wann dies ? Seit wann sind die Menschen offiziell (also nicht nur nach Ansicht der Neurobiologen , sondern völlig objektiv!) Tiere bzw. NUR Tiere ?

    Im übrigen bezweifle ich , daß allzu viele Menschen sich von den hier konstruierten Sätzen beeindrucken lassen würden , aber vielleicht traue ich da der Menschheit zu viel zu.

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