Kann das US-Wahlsystem reformiert werden?

Donald Trump hatte durchaus recht, als er 2012 sagte: „Das Wahlkollegium (electoral college) ist ein Desaster für eine Demokratie... ein absoluter Schwindel, ein Zerrbild.”

Kann das US-Wahlsystem reformiert werden?

Er bekräftigte diesen Standpunkt am 13. November 2016, als er sagte, nachdem er die Wahl im Sinne des Systems gewonnen hatte, die tatsächliche Stimmenmehrheit aber verfehlte: „Ich würde lieber sehen, wohin die Stimmen wirklich geflossen sind. Sie wissen schon, Sie bekommen 100 Millionen Stimmen, während ein anderer 90 Millionen bekommt und Sie gewinnen dann. Es gibt einen Grund dafür. Weil es sämtliche Staaten berücksichtigt.”

Sein Argument wird durch eine aufschlussreiche Karte (oben zu sehen) veranschaulicht, die auf der Website zu finden ist, welcher auch diese Zitate entnommen wurden. Sie zeigt die Anzahl der Wahlkampfbesuche in den verschiedenen Bundesstaaten im Wahlkampf 2016.

Für Trumps Standpunkt spricht auch die Nachzählung bei der Präsidentschaftswahl 2000, als es ein Unentschieden in Florida gab und das oberste Gericht entscheiden musste, welchem Kandidaten alle 25 Stimmen des Staates und dadurch die Präsidentschaft zugesprochen werden sollten. Man hätte genauso gut eine Münze werfen können.

Die meisten denkenden Menschen stimmen mit Donald Trump darin überein, dass das System in seiner derzeitigen Form nicht haltbar ist. Allerdings ist hinlänglich bekannt, dass es nahezu unmöglich ist, das System geradewegs abzuschaffen, da für eine Verfassungsänderung eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat sowie im Repräsentantenhaus nötig ist (oder alternativ eine Delegiertenversammlung zur Änderung der Verfassung, die von zwei Dritteln der Staatsparlamente einberufen wird). Diese Änderung müsste dann noch von drei Vierteln der Staatsparlamente ratifiziert werden. Selbst wenn man von einer weitreichenden Akzeptanz ausgeht, ist das eine kaum zu überwindende Hürde. Vielleicht hätte David Cameron solch eine Hürde in einem gewissen Rahmen auch beim EU-Mitgliedschaftsreferendum anstreben sollen, dabei handelte es sich schließlich auch um eine bedeutende Verfassungsänderung.

Die US-Verfassung gewährt jedem Bundesstaat das Recht, seine Wahlmänner auf selbstgewählte Art zu bestimmen. Maine und Nebraska weichen vom „The winner takes it all” Prinzip ab, dort werden die (vergleichsweise wenigen) Stimmen annähernd proportional verteilt. Wenn alle Staaten diesem Beispiel folgten, würde das System funktionieren. Wenn es aber nur einige Staaten befolgten und der Rest bei „The winner takes it all” bliebe, könnte eine undemokratische Katastrophe die Folge sein. Man stelle sich vor, nur Kalifornien oder nur Texas würde es Nebraska und Maine gleichtun! Man braucht ein Prinzip, das nicht für alle Staaten gleichzeitig gelten muss, um zu funktionieren, eine „sanfte” Abkehr vom Ist-Zustand; dann würde es sich schon (im Sinne einer Annäherung an die tatsächliche Stimmenmehrheit) etwas bessern, wenn auch nur ein paar der Staaten den Weg einschlagen würden. Es würde dann immer besser werden, je mehr Staaten dazukommen.

Und tatsächlich gibt es so einen Weg. Jeder Staat könnte unabhängig beschließen, seine Wahlmänner dem Kandidaten zuzusprechen, der die landesweite Stimmenmehrheit erhält. Wenn alle Staaten diesem Prinzip folgten, würde das Wahlkollegium einstimmig für den Kandidaten mit der Stimmenmehrheit stimmen. Wenn mehr und mehr Staaten das Prinzip übernähmen, würde sich die Verteilung der Wahlmänner dem Wahlergebnis immer weiter annähern. Dafür wäre keine Verfassungsänderung notwendig.

Übersetzung: Gregor Salmen, Jörg Elbe

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