Allgemeine Argumentationsmuster von Transfeinden
Nachdem ich den transfeindlichen Propagandafilm „Trans ist Trend“ gesehen hatte, führte ich auf Twitter mehrere Diskussionen mit Transfeinden sowie mit trans Menschen. Dabei habe ich direkt miterleben können, mit welchen Methoden trans Frauen angegriffen und delegitimiert werden.
Transfeindlichkeit wird in unserer Gesellschaft viel mehr toleriert als Homophobie oder Antisemitismus. Obwohl es vom Prinzip her dasselbe ist, eine Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit.
Marvel Stella, die bei der GWUP über die Satanic Panic aufklärt, und ich standen erstmal praktisch alleine da und waren Ziel eines riesigen Mobs. Wir hatten den „Fehler“ gemacht, den Propagandafilm „Trans ist Trend“ zu kritisieren. Nachdem ich viele Transfeinde geblockt und dann meinen Account eine Weile geschlossen hatte, beruhigte sich die Lage.
Ich verstehe jetzt, warum trans Menschen behaupten, man würde sie „auslöschen“ wollen und ihnen ihre „Existenz“ streitig machen. Sie behaupten das, weil es stimmt. Es geht dabei nicht darum, sie zu ermorden, sondern sie nicht entsprechend ihrer Geschlechtsidentität leben zu lassen. Man möchte sie also nicht unbedingt als Menschen, aber auf jeden Fall als trans Personen auslöschen.
Etwa vergleichbar mit Homosexuellen, als man versuchte, sie durch eine Konversionstherapie umzupolen. Da die Geschlechtsidentität, etwa meine als Mann, zu unserem Dasein untrennbar dazugehört, verstehe ich, warum die trans Menschen diese anscheinend dramatische, aber tatsächlich akkurate Sprache gebrauchen.
Übrigens schreibe ich „trans Frauen“, weil mir diese erklärten, dass Transfeinde den Begriff „Transfrau“ gezielt zusammenschreiben, um klarzumachen, dass trans Frauen keine Frauen sind, sondern ein anderer Menschentyp. Ich dachte erst, das ist zu dumm, um wahr zu sein, aber die Transfeinde bestätigten das direkt. Ich schreibe inzwischen auf Anraten der Betroffenen außerdem „Transfeindlichkeit“ statt „Transphobie“, weil Phobien entschuldbar sind.
Wie Hass verbreitet wird
„Das Grundprinzip der Verbreitung von Hass besteht darin, stigmatisierende Behauptungen und ausschließende Positionen akzeptabel und vertretbar zu machen. Dazu gehört, die Menschen davon zu überzeugen, dass diese Dinge überhaupt nicht hasserfüllt sind.“ (Christa Peterson: Kathleen Stock, OBE)
Das ist es, was Transfeinde in Diskussionen tun. Auf zermürbende Weise verharmlosen sie transfeindliche Äußerungen, verdrehen sie, lassen den Kontext aus, diskutieren so lange über ein Detail, bis alle vergessen haben, worum es ging.
Sie antworten strategisch dann, wenn sie eine manipulative Replik haben, und lassen andere Gesprächsfäden ins Leere laufen. So wird Hass gesellschaftlich akzeptabel gemacht. Schrittweise werden Hass schürende Aussagen durch rhetorische Tricks ins Sagbare verschoben und normalisiert.
Bemerkenswert, dass sich auch viele relativ intelligente Menschen daran beteiligen. Das Irrationale wird mit der Vernunft gefüttert, bis nichts mehr von ihr übrig ist.
Die Psychologie der Transfeinde
Gehen wir der Psychologie hinter Transfeindlichkeit auf den Grund. Ich will hier nichts reinlesen, sondern ich habe nur einige Beobachtungen gemacht.
Mir ist auf Twitter aufgefallen:
1. Transfeinde nutzen ursprünglich bei trans Menschen beliebte Symbole zur Selbstidentifikation. Konkret die Dinosaurier-Emojis. Außerdem nutzen sie die Kiwi, die für sie Zweigeschlechtlichkeit bedeutet. Auf Außenstehende dürfte das eher kindisch und verblödet wirken.
2. Sie halten sich für die Vernünftigen und Wissenschaftlichen, für das „Team Biologie“, was sie vor sich hertragen wie ein Banner. Und sie missbrauchen Begriffe aus dem Bereich Wissenschaft und kritisches Denken wie „Definition“ und „Falsifizierbarkeit“.
3. Sie haben einen kranken Humor und veralbern trans Personen auf eine Art, die eher verbittert und aggressiv als witzig ist. Das erinnert mich an den Humor von Homophoben. Eine passive Aggressivität kann ich jedenfalls ausmachen. Aber ein rundes Bild habe ich noch nicht von der transfeindlichen Persönlichkeit.
Pseudo-Aufklärer gegen trans Menschen
Eine pseudo-rationale, pseudo-aufgeklärte Sprache wird gegen Transmenschen eingesetzt. Konzepte der Aufklärung wie Definitionen und Falsifizierbarkeit werden als Waffen missbraucht.
Dass trans Menschen sich einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen, sei nicht „falsifizierbar“, hieß es in einer Diskussion. Persönliche bis intimste Dinge müssen in der Regel auch nicht von Dritten „falsifizierbar“ sein, das ist eine übergriffige, geradezu verfassungsfeindliche Idee. Entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht auch über Inhalte des Transsexuellengesetzes geurteilt.
Folgen wir kurz dieser Logik. Trans Menschen unterziehen sich in der Regel einer Hormonbehandlung und Operationen, damit gehen körperliche, biologische Änderungen einher, die durchaus falsifizierbar sind (soweit auch die Idee des ursprünglichen TSG). Wisst wir, was weithin anerkannt, aber viel weniger falsifizierbar ist? Homosexualität.
Schwule Männer sehen wie heterosexuelle Männer aus, biologisch gibt es zumindest keinen offensichtlichen Unterschied. Trotzdem „behaupten sie einfach“, sie fühlten sich von anderen Männern und nicht von Frauen angezogen. Könnte dies der homo- und transphoben Logik folgend nicht daran liegen, dass sie zur Homosexualität „indoktriniert“ wurden oder dass dies nur ein „Trend“ ist in den sozialen Medien und in Freundeskreisen? Genau das wurde auch von Homophoben behauptet, heute wird dasselbe von Transphoben über trans Menschen behauptet.
Schließlich wurde ich mehrmals gefragt, wie man denn „Frau“ definieren soll, wenn denn trans Frauen auch darunterfallen können. Ebenso hat man früher behauptet, dass schwule Männer keine „richtigen“ Männer seien. Und akzeptiert man eine Definition, die trans Frauen ausschließt, dann meint man, auch das Ziel erreicht zu haben, trans Frauen einige Rechte verweigern zu können. Durch eine bloße sprachliche Festlegung. Das ist weitaus eher magisches Denken als sich im falschen Körper zu „fühlen“.
Das Wichtige sind nicht unsere Definitionen, sondern die Realität, die wir beschreiben möchten. Und die ändert sich nicht durch unsere Definitionen. Man kann „Frau“ so definieren, dass das Konzept trans Frauen ausschließt, aber trans Frauen empfinden sich trotzdem in der Regel schon von Kindesbeinen an als Frauen. Definitionen sind kein Zauberstab, mit dem man trans Menschen wegzaubern kann.
Schließlich wird Transgender mit „Postmodernismus“, Identitätspolitik, Woke und Aufklärungsfeindlichkeit in Verbindung gebracht. Transgender ist essenziell dasselbe Phänomen, das früher als „Transsexualität“ bezeichnet wurde, wobei „Transsexualität“ als stigmatisierend gilt. Es geht nicht darum, dass jemand spontan an einem Tag entscheidet, ein Mann zu sein und am nächsten Tag, eine Frau zu sein.
Trans Leute empfinden sich in der Regel von Kindesbeinen an als dem anderen Geschlecht zugehörig, und das ist kein neues Phänomen. Es ist nicht damit vergleichbar, dass sich jemand für einen Drachen oder ein Tier hält. Dieser Vergleich ist ähnlich unangemessen wie der Vergleich von schwulen Männern mit Leuten, die sich für Drachen oder Tiere halten. Ein „echter“ Mann soll sich schließlich für Frauen interessieren und nicht für andere Männer. Er fantasiere nur, wenn er sich für Männer interessiert. Transfeindlichkeit folgt derselben Logik wie Homofeindlichkeit.
Hinweis: Natürlich sind nicht alle Leute, mit denen wir auf Twitter diskutieren, transfeindlich. Wir diskutieren mit verschiedenen Leuten über unterschiedliche Themen, und sowohl Betroffene als auch viele Nicht-Betroffene haben kein Problem mit trans Menschen.
Dieser Beitrag hat den Sinn, allgemeine Argumentationsmuster von Transfeinden auszuarbeiten. Jeder kann darauf achten, ob er diese in Diskussionen wahrnimmt. So wirkt der Beitrag allgemeinen Verdächtigungen entgegen und sorgt für mehr Genauigkeit in der Analyse.
Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Philosophie-Blog Feuerbringer.
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