Transgender-Kriege

Medizinisches oder politisches Thema?

Transgender-Kriege

Die Änderung des Geschlechts war erst ab dem 20. Jahrhundert ein Thema.* Dieses neue Konzept verwirrte viele Gemüter, mit einer Feindseligkeit gegenüber Transmenschen. Aber jetzt haben sie glücklicherweise den Streit um ihr Recht, sie selbst zu sein, gewonnen. Tatsächlich scheinen wir ins andere Extrem gegangen zu sein. Transgender-Themen sind zu einem Minenfeld der politischen Korrektheit geworden, mit einer erbarmungslosen Orthodoxie, die man nicht in Frage stellen darf.

Hier sind die biologischen Fakten. Normale Frauen - ich verwende „normal“, um damit die Mehrheit der Menschen zu beschreiben, andere spiegeln natürlich vorkommende Unterschiede wider - haben zwei X-Chromosomen; Männer ein X und ein Y. Diese Gene steuern die Entwicklung der Geschlechtsmerkmale eines Embryos. Männliche und weibliche Anatomien unterscheiden sich, ebenso wie die dazugehörige Gehirnsoftware. All dies in die Gebärmutter zu implementieren ist ein komplexer, kniffliger Prozess, bei dem es zu Pannen kommen kann.

Aus Gründen der Fortpflanzung sagt die Standard-Gehirnsoftware den Männern offensichtlich, dass sie sich mit Frauen paaren sollen und andersherum. Aber manchmal gibt es Varianten der Software, die zu gleichgeschlechtlicher Anziehung führen. Das ist keine Wahl. (Versuchen Sie sich vorzustellen, es auswählen.)

Seltener ist eine Fehlanpassung zwischen Anatomie und Gehirnsoftware. Eine genetisch und anatomisch weibliche Person kann ein männliches Gehirn bekommen und sich im Kopf männlich fühlen. Dies wird als Geschlechtsdysphorie bezeichnet. Das ist kein psychologischer Zustand, sondern tatsächlich biologisch bedingt. Es neigt dazu, sich recht früh im Leben zu zeigen (weil Männer und Frauen unterschiedlich erzogen und akkulturiert werden), und es kann durch keine Psychotherapie weggeredet werden. Wiewohl natürlich manche Menschen versuchen, es zu bekämpfen oder zu leugnen und damit zu leben.

Aber jetzt kann es korrigiert werden. Solche Kinder erhalten typischerweise Pubertätsblocker, um die sexuelle Reifung bis zu einem Alter zu verzögern, in dem sie eine fundierte Entscheidung treffen können, sich einer geschlechtsangleichenden Behandlung zu unterziehen. Das ist zumindest die Idee. Wir werden darauf zurückkommen.

Früher schien Geschlechtsdysphorie recht selten zu sein. Nun ist das, bei all der Aufmerksamkeit und dem leichten Zugang zu Behandlungen, nicht mehr so. Tatsächlich hat es eine Art Gütesiegel bekommen, mit der Umwandlung nicht nur akzeptiert, sondern sogar attraktiv gemacht zu werden.

Wir sehen daher eine Epidemie von „spät einsetzender Geschlechtsdysphorie“, die während der Pubertät und Adoleszenz auftritt. Die meisten davon sind Mädchen, die sich als Transmänner outen. Und die heutige Gesellschaft ist hinsichtlich ihrer Entscheidung sehr unterstützend - sogar feindselig gegenüber jeglichen Hindernissen. Oft wird sofort, mit dem Ziel einer Operation, auf Pubertätsblocker und/oder Hormonbehandlungen umgestellt. In einem australischen Fall wurde den Eltern, die sich dagegen wehrten, das Kind weggenommen.

Aber, warten Sie einen Moment. Diese Jahre sind selbst für normale Kinder emotional und psychologisch turbulent. Sie ringen mit ihrer aufkommenden Sexualität und persönlichen Identität, reagieren besonders empfindlich auf sozialen Druck und ihren Platz in einer Gruppe Gleichaltriger. Jetzt werden sie mit positiven Botschaften über Transsexualität bombardiert, das Internet ist voll davon. Trans-Kids werden mit Bestätigung überschüttet, so dass es hip, cool, schick aussieht. Während das Normalsein so... langweilig ist. Sich selbst davon zu überzeugen, dass die eigenen verwirrenden sexuellen Gefühle bedeuten, dass man Trans ist, mag ein guter Weg sein, um Aufmerksamkeit zu bekommen, sich Klarheit zu verschaffen und eine ausgefallene persönliche Identität zur Geltung zu bringen. (Früher gab es dafür den Begriff „Drama-Queen“.)

Eltern, die so etwas vermuten, werden als bigott abgetan. Aber sie könnten Recht haben. Sie sehen keine echte, biologisch begründete Geschlechtsdysphorie, sondern ein selbstverursachtes Scheinbild. Welches viele Jugendliche im Laufe der Zeit ohne medizinische Eingriffe überwinden. Studien zeigen, dass zwischen 61% und 98% selbst der früh einsetzenden Fälle nach Erreichen des Erwachsenenalters mit all den damit verbundenen Lebensveränderungen am Ende doch mit ihrem genetischen Geschlecht zurechtkommen.

Ein weiterer Aspekt ist, dass eine unverhältnismäßig große Anzahl dieser Fälle sogar mit Formen von Autismus, Depressionen oder anderen psychologischen Problemen einhergeht. Zudem stellen sich viele dieser Kinder, sobald sie eine klarere Vorstellung von ihrer Sexualität haben, einfach als schwul heraus. Was in der Tat viel häufiger vorkommt als echte Geschlechtsdysphorie. Und für die eine Geschlechtsumwandlung keine gute Antwort ist.

Die Zahnpasta nicht zurück in die Tube bekommen

Aber in der Zwischenzeit werden sich viele bereits auf einer Einbahnstraße befinden, dank des trans-industriellen Komplexes, der sie in die Zange nimmt, um ihre frühere Entscheidung zur Geschlechtsumwandlung durchzuführen. Einen Rückzieher zu machen, kann mehr Mut erfordern als ein Coming Out. Obwohl es heißt, dass die Blockade der Pubertät reversibel ist, stimmt das nur bis zu einem gewissen Punkt. Es schafft allerdings eine biologische Plattform, die nicht natürlich ist. Und der Einsatz von Hormonen und anderen Chemikalien, ganz zu schweigen von Operationen, hat lebenslange Auswirkungen. Sogar nur Hormonbehandlungen, schreibt The Economist, „verursachen unzählige schwere Gesundheitsprobleme“, einschließlich Herzproblemen bei Transmännern auf Testosteron. Und viele, die sich solchen Behandlungen unterziehen und es später bereuen, können die Zahnpasta nicht zurück in die Tube bekommen. Einem Mädchen in Großbritannien wurden die Brüste entfernt, bevor sie merkte, dass sie nur lesbisch ist. Andere sind unfähig, einen Orgasmus zu haben. Oder Kinder zeugen. Einige bleiben als unvollständige Geschlechtsumwandlung zurück, in einem Schwebezustand zwischen den Geschlechtern. Der psychologische Schaden kann enorm sein.

Trans-Aktivisten weigern sich, irgendetwas davon anzuhören. Ich fühle mich an die „Stalin-Doktrin“ der Sowjetunion erinnert - wenn ein Land erst einmal kommunistisch ist, kann es keine Umkehrung mehr geben. Die Trans-Ideologie ist so extrem geworden, dass ihre Befürworter oft darauf zu bestehen scheinen, dass dies überhaupt nicht biologisch bedingt ist, dass das Geschlecht (im Gegensatz zur sexuellen Orientierung) eine persönliche Entscheidung ist. Dass jeder, der sagt, er sei eine Frau, in jeder Hinsicht als weiblich akzeptiert werden muss. Penisse seien verdammt. Mancherorts, wo die „Konversionstherapie“ für Schwule (berechtigterweise) verboten ist, gibt es Bestrebungen, die gleiche Politik auf die Geschlechtsidentität anzuwenden, welche ein ganz anderer Fall ist. Dies könnte eine Beratung untersagen, um herauszufinden, was in einem behaupteten Fall von spät einsetzender Geschlechtsdysphorie wirklich vor sich geht. Ein vernünftiger, behutsamer Ansatz, bevor man zu einem medizinischen Eingriff übergeht.

Es ist nicht überraschend, dass es eine Gegenreaktion gibt. Einige Staaten bewegen sich darauf zu, die Transitionsmedizin zu verbieten, eine entgegengesetzte Hirnrissigkeit. Besonders heikel ist die Situation im Bereich des Sports. Sollten Transfrauen gegen normale Frauen antreten dürfen? Männer- und Frauensport wurden wegen der relevanten körperlichen Unterschiede überhaupt erst getrennt. Wenn man XY-Personen erlaubt, als Frauen anzutreten, macht man das zunichte. Trans-Athleten haben Rechte, aber cis-geschlechtliche Frauen auch. Das ist ein Schlamassel. Ich würde es mit einer einfachen Penis-Regel lösen.

J.K. Rowling wurde angeprangert, weil sie darauf bestand, dass Cis- und Trans-Frauen nicht biologisch identisch sind. Kürzlich schrieb Richard Dawkins (in Anlehnung an Rachel Dolezal, die verurteilt wurde, weil sie sich als Schwarze ausgab): „Einige Männer identifizieren sich selbst als Frauen, und einige Frauen identifizieren sich selbst als Männer. Sie werden diffamiert, wenn Sie verneinen, dass sie wortwörtlich das sind, als was sie sich identifizieren. Diskutiert.“ Zuvor hatte er das Thema als „rein semantisch“ bezeichnet und gesagt, dass er eine Transfrau aus Höflichkeit „sie“ nennt.

Der Vorstand der American Humanist Association stimmte dafür, Dawkins die Auszeichnung „Humanist des Jahres“ aus dem Jahr 1996 zu entziehen. Dawkins mag wirklich der Humanist der Epoche sein, da er ein lebenslanger Streiter für Wissenschaft und Rationalismus ist. Aber nichts davon zählt für die Trans- Inquisitoren, die die kleinste Abweichung von ihrer extremistischen Orthodoxie zu einem Kapitalverbrechen machen. Die AHA hat ihren Verstand verloren und die humanistische Sache entehrt.

Dies sollte ein medizinisches Thema sein, kein politisches. (Obwohl im heutigen polarisierten Amerika alles politisch ist.) Ich begrüße den Mut von Transgender-Menschen, die sich in reifer Überlegung ihrer persönlichen Realität stellen und die sehr große Herausforderung annehmen, das Geschlecht zu wechseln. Aber mir tun auch unreife Jugendliche leid, die in einer Zeit des Stresses und der Verwirrung eine zweifelhafte Entscheidung treffen und sich von Erwachsenen, die es besser wissen sollten, dazu gezwungen sehen. Die mit Vorsicht und gründlicher Analyse handeln sollten, bevor sie unwiderrufliche Maßnahmen vornehmen, die gegen die grundlegendsten medizinischen Gebote verstößt – zu allererst, füge keinen Schaden zu. Aber die zu viel Angst haben, als transphobe Fanatiker an den Pranger gestellt zu werden.

So wie es mir sicher passieren wird.**

* HINWEIS: Dieser Satz ist als falsch kritisiert worden. Offensichtlich waren Menschen lange vor dem 20. Jahrhundert genderfluid. Der beabsichtigte Hinweis bezog sich auf medizinisch-chirurgische Eingriffe zur Änderung des Geschlechts. Wenn es solche Fälle vor dem 20. Jahrhundert gab, waren sie verschwindend selten.

** Dieser Aufsatz verdankt viel einem ausführlichen analytischen Beitrag und dem dazugehörigen Leitartikel in The Economist.

Übersetzung: Jörg Elbe

Frank S. Robinson ist Absolvent der NYU Law School (1970) und war bei der New York Public Service Commission im Beraterstab und dann als Verwaltungsrichter tätig (1977-97).

Er ist der Autor von acht Büchern, darunter Albany's O'Connell Machine (1973), Children of the Dragon (ein Roman) und The Case for Rational Optimism (2009).

Er betreibt den Blog „The Rational Optimist“.

Hier geht's zum Originalartikel...

Kommentare

  1. userpic
    Peter

    Wenn ich den Artikel richtig verstanden habe , wird behauptet , daß wir keine Wahl hätten , ob wir uns vom gleichen oder verschiedenen Geschlecht angezogen fühlen. Das bestreite ich entschieden ! Ich glaube in diesem Punkt nicht an eine genetische Veranlagung , die ja ohnehin alles steuern soll , was wir denken , fühlen , machen , empfinden und vieles mehr.
    Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Gene , er unterliegt einer Erziehung und eignet sich vieles auch selbst an , meiner Meinung nach auch seine sexuelle Neigung.

    Das viele den Wunsch hegen , ihr Geschlecht zu ändern , finde ich gleichfalls sehr bedauerlich. Noch bedauerlicher ist aber , daß diese Tendenzen gefördert oder zumindest geduldet werden. Warum kann man das nicht als absolut abnormal abtun ?

    Schließlich finde ich es auch bedauerlich , daß sich der Trauschein für gleichgeschlechtliche Paare durchgesetzt hat. Ich habe nicht das Geringste dagegen , wenn sie zusammenleben , aber diese Herabstufung der Bedeutung der Ehe ist für die Menschheit ein Riesenrückschritt.

    Fazit : Der Umgang mit dem Geschlecht hat in unserer Zeit groteske Züge angenommen , so grotesk , daß ich es bedauere , diese Epoche noch erlebt zu haben.

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