…den jeder akzeptieren würde?
Interessante Frage, aber soweit ich bisher sehe, hat sie keiner beantwortet.
Wie die Erfahrung zeigt, gibt es keine Beweise, die von allen Menschen akzeptiert werden. Vor allem lehnen Menschen gerne Beweise ab, die ihrer vorgefassten Meinung widersprechen, ihren Wünschen, ihren Hoffnungen, ihren erlernten Mustern. Es gibt Menschen, die bestreiten Logik und/oder Fakten, sobald es darum geht, eine Ansicht zu revidieren, so falsch diese auch sein mag.
Das liegt zum einen an der langen Liste der kognitiven Verzerrungen. Es gibt aber noch eine Tücke, und sämtliche Gottesbeweise, die ich kenne, sind nicht in der Lage, mit diesem Problem umzugehen:
Wir haben kein Wahrheitskriterium. Das bedeutet, auch wenn wir einen wahren Satz sehen, der über tautologische Trivialitäten hinausgeht, können wir nicht erkennen, ob er wahr ist. Wir können sehen, dass eine allgemeine Aussage wie (A) & Nicht-(A) = falsch ist, und selbst da finden wir Menschen, die das bestreiten (beruht auf dem Satz vom Widerspruch: Eine Aussage und ihr logisches Gegenteil können nicht gleichzeitig wahr sein).
Aber auch wenn wir die Logik komplett anerkennen, was schon einiges an Kenntnissen und Fertigkeiten erfordert, ist das Problem des fehlenden Wahrheitskriteriums nicht direkt lösbar.
Angenommen, ich habe eine Aussage. Die Wahrheit ist definiert als die Eigenschaft einer Aussage: Die Aussage „Der Schnee ist weiß“ ist genau dann wahr, wenn der Schnee weiß ist. Hier kommen viele Leute schon ins Schleudern, weil sie nicht wissen oder nicht anerkennen, dass eine jegliche mögliche Wahrheit unabhängig sein muss von dem, was wir glauben. Der Glaube an Gott, gleich wie man ihn definiert, beruht auf dem exakten logischen Gegenteil: Wahr ist, weil man glaubt, es sei wahr. Es gibt aber keinen logischen, kausalen, statistischen oder sonstigen Zusammenhang zwischen „X ist wahr“ und „Ich glaube, dass X wahr ist“, es sei denn, man kann Gründe für die Wahrheit der Aussage X anführen, die mit dem Glauben nichts zu tun haben. Man kann daher Realität definieren als das, was übrigbleibt, wenn man aufhört, daran zu glauben. Die oft von Gläubigen angeführte Behauptung, dass man an Gott glauben muss, schließt genau genommen aus, dass Gott real ist. Nichts, was wahr oder real ist, kann von einem Glauben abhängen.
Wenn es einen Gott gäbe, wüsste er um diese Tatsache, und er würde von Menschen keinen Glauben fordern. Denn glauben kann man alles und sein Gegenteil, mit oder ohne Gründe, mit schwachen Gründen, falschen Gründen, aus Irrtum, aus Unwissen, aufgrund kognitiver Verzerrungen. Tatsächlich ist der Einfluss kognitiver Verzerrungen auf das, was wir glauben, von einem enormen, meist völlig unterschätzten Einfluss.
Um die Wahrheit einer Aussage zu etablieren, muss man also erstens jede Form des Glaubens ausklammern. Erst dann kann man überhaupt anfangen, über die Wahrheit einer Aussage zu argumentieren. Zweitens ist es wichtig, logische Regeln zu akzeptieren, denn ohne die kann es keine Wahrheit geben. Jemand, der meint, sein subjektiver Glaube sei irgendwie ein Wahrheitskriterium, oder die Wahrheit hinge davon ab, ist schon nicht mehr von etwas zu überzeugen.
Aber dann erhebt sich ein neues Problem:
Angenommen, ich argumentiere (P1) & (P2) → (C), also die Prämisse (P1) sei wahr, und die Voraussetzung (P2) sei wahr, und daraus ergibt sich bei korrekter Anwendung der Logik die Schlussfolgerung (C). Wenn (P1) und (P2) wahr sind, muss auch (C) wahr sein.
Doch woher weiß man, ob (P1) und (P2) wahr sind? Das weiß man nicht. Man kann nun ein neues Argument konstruieren für jede der Voraussetzungen: (P3) & (P4) → (P1) und (P5) & (P6) → (P2).
Man sieht, worauf das hinausläuft: Man erzeugt einen infiniten Regress (unendliche Folge) von neuen Voraussetzungen. Da wir einen solchen Regress nicht durchführen können, können wir auch nicht wissen, ob (C) wahr ist. An diesem Problem scheitern alle bisher bekannten Gottesbeweise. Logik transportiert Wahrheit von wahren Voraussetzungen auf wahre Schlussfolgerungen, aber Logik erzeugt keine Wahrheit. Erkennt man eine einzige Prämisse nicht als wahr, in einer unendlichen Folge von Prämissen, ist (C) nicht wahr. Für jede Stufe der Argumentation benötigt man mindestens eine Prämisse mehr, die wahr sein muss, um die Wahrheit von (C) zu etablieren.
Es gibt noch eine zweite Möglichkeit, nämlich, man konstruiert einen logischen Zirkel. Das gilt aber als schwerer logischer Fehler, den man unbedingt vermeiden muss. Warum? Logisch gesehen, wenn eine Voraussetzung wahr ist, weil sie selbst wahr ist, ist sie auch gleichzeitig falsch, weil sie falsch ist. Sie müsste wahr und falsch gleichzeitig sein, und das ist nicht möglich.
Dann haben wir eine dritte Möglichkeit: Wir erkennen bestimmte Behauptungen als vorläufig wahr an. Dann müssen wir uns aber dessen bewusst sein, dass es keine endgültigen oder letzten Wahrheiten geben kann, auch keine Letztbegründungen. Aber wenn wir sagen, eine Behauptung sei vorläufig wahr, dann muss sie eine bestimmte Eigenschaft erfüllen: Sie muss widerlegbar sein. Sprich, man muss Fakten angeben können, bei deren Bestehen man die Behauptung als falsch ansehen muss.
Ohne diese wesentliche Eigenschaft einer Aussage (sie muss widerlegbar sein) gibt es keine sinnvollen Aussagen. Denn dann gilt, was Gödel sagte: Mit reiner Logik kann alles beweisen, auch das Gegenteil, es hängt nur davon ab, was für Voraussetzungen man erfindet. Und andersherum beweist daher jeder rein logische Beweis lediglich einen Mangel an Fantasie beim Ersinnen alternativer Schlussfolgerungen.
Wir können nicht sagen, was wahr ist, aber wir können sehr wohl sagen, was falsch ist - jedenfalls mit erheblich höherer Wahrscheinlichkeit. Wir leben in einem statistischen Universum, daher kann man auch höchstens die statistische Wahrscheinlichkeit angeben, mit der etwas wahr ist.
Eines geht überhaupt nicht: Wahrheiten über die Welt im reinen Nachdenken herausfinden. Daran wiederum scheitern alle bisher bekannten Gottesbeweise.
Gott definieren
Aus diesem Scheitern könnte man lernen, ich befürchte aber, dazu fehlt es an Wollen. Man könnte, wenn man wollte, aber man will nicht. Man will nicht, dass Gott beweisbar ist, weil wenn es möglich wäre, das zu beweisen, wäre es auch möglich, das Gegenteil zu beweisen - das ist immer so. Das will man nicht riskieren, dazu ist man zu feige. Aus gutem Grund, weil man eigentlich selbst weiß, wie unwahrscheinlich es ist, dass Gott existiert.
Denn: Ein jeder mögliche Gottesbeweis würde voraussetzen, dass man Gott definiert. Schon das wollen die meisten Gläubigen nicht, weil man sich dazu festlegen müsste. Aber die üblichen Gottesbeweise funktionieren fast alle so: Beliebige Annahme (P1) plus beliebige Annahme (P2) ergibt irgendeine Schlussfolgerung (C), und was immer dabei herauskommt, das nennen wir Gott. Dann gibt es noch die Beweise der Unwissenheit: Wir wissen nicht, wie das Universum entstand, oder das Leben, und da wir nichts wissen, stopfen wir die Lücke mit Gott und behaupten, damit sei Gott bewiesen. Kein Beweis kann auf Unwissen basieren, daher beweist dies nur, dass derjenige, der einen solchen Beweis benutzt, nicht verstanden hat, was ein Beweis ist!
Da die Gläubigen denken, sie benötigen keine Beweise, oder falsche bis mangelhafte Beweisführungen als Beweis akzeptieren, haben sie auch keine Möglichkeit, zu sagen, wie denn ein sinnvoller Beweis aussähe. Sie meinen, Gott würde nur Glauben verlangen, was wiederum zeigt: Kein Gott ist schlauer als diejenigen, die an ihn glauben. Wäre Gott intelligenter als die Gläubigen, würde er wissen, dass Glauben der epistemologisch unsicherste Weg zur Wahrheit ist, und würde das von Gläubigen nicht verlangen.
Er würde nämlich, anders als die Gläubigen, genau wissen, dass ohne weitere Gründe oder Fakten jeder Glauben (A) gleichwertig zu einem Glauben an Nicht-(A) ist. Der Glauben „es gibt einen Gott“ ist daher ebenso wertvoll oder wahr (wenn man denn Glauben als Maßstab zuließe) wie „es gibt keinen Gott“. Natürlich wäre es nicht sonderlich intelligent, den Glauben zu einem Maße dessen zu machen, was wahr ist. Wenn wir dann auch noch statistisch argumentieren, dann sähe das in reinem Denken so aus: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Gott existiert, beträgt immer Anzahl der Götter im Verhältnis zu der Anzahl der logisch möglichen Götter. Das ist eins zu unendlich, also immer NULL. Daher ist die sog. a-priori-Wahrscheinlichkeit, die Wahrscheinlichkeit vor allem Faktenwissen, vor aller Erfahrung, immer Null. Damit ist ein Glauben an Gott ohne eine direkte Erfahrung Gottes nicht nur wertlos, sondern sogar ist es unendlich unwahrscheinlich, dass Gott existiert!
Zudem: Alles, von dem wir wissen, dass es existiert, ist begrenzt. Definiert man Gott als unbegrenzt (allmächtig, allwissend, allgegenwärtig etc.) hat man ihn als „nicht existent“ definiert. Sagt man, Gott sei unsichtbar, unbeweisbar, mit allen Fakten kompatibel (man schließt alle Fakten aus, die zeigen könnten, dass Gott nicht existiert), dann hat er damit alle Eigenschaften, die sonst nur Objekte haben, die nicht real sind. Wenn also Gläubige Gott definieren, dann beweist schon die Definition seine Nichtexistenz. Wenn sie ihn nicht definieren, kann man nicht wissen, was Gott ist, und es kann keinen Beweis für ihn geben. Das bevorzugen die Gläubigen deswegen, weil man damit auch nicht beweisen kann, dass Gott nicht existiert - abgesehen davon, dass dann seine Existenz unendlich unwahrscheinlich ist.
Damit baut man auf folgendem Irrtum im Denken auf: Wenn Aussage (A) wahr ist, kann es keinen Beweis geben, der zeigt, dass (A) nicht wahr ist. Dreht man das mit falscher Logik um, dann wird daraus: Weil man (A) nicht widerlegen kann, ist (A) wahr. Das ist aber nicht die Welt, in der wir leben, sondern die Welt des reinen Unsinns. Wenn man (A) nicht widerlegen kann, kann man Nicht-(A), das logische Gegenteil, auch nicht widerlegen. Das ruiniert die Logik, die somit fehlerhaft sein muss. Ohne eine Asymmetrie zwischen (A) ist wahr und (A) ist nicht wahr, gibt es keine Wahrheit!
Das bedeutet: Es kann keinen Beweis für die Existenz Gottes geben, der nicht auf einer direkten Kommunikation mit Gott aufbaut - ohne Vermittler wie Priester, Päpste, Gläubige, Glauben oder sonstigen Unsinn, der angeführt wird. Wenn Gott existiert, gibt es keinen anderen Weg als den der direkten, unmittelbaren Kommunikation. Würde Gott existieren, wüsste er das, und wenn er nicht direkt mit uns kommuniziert, beweist dies, für den unwahrscheinlichen Fall es gäbe ihn, dass es ihn nicht interessiert, ob wir wissen oder glauben, dass er existiert.
Menschen glauben trotzdem an ihn, weil sie es sich wünschen, dass es ihn gibt. Das ist überhaupt der einzige Grund, der hinter jeden Glauben an Gott steht. Man wünscht sich, nicht zu sterben, ewig ohne Leid zu leben und man möchte gerne seine toten Verwandten und Freunde wiedersehen. Solange Menschen denken, Gott, die Superfee, die diese Wünsche alle erfüllt, müsste es doch geben, solange werden Menschen auch an Gott glauben. Gegen jede Logik und gegen jede Wahrscheinlichkeit sind es die Wünsche, die dazu verführen, reinen Quatsch zu glauben. Glauben kann man alles, sogar reinen Unsinn - und nur reiner Unsinn erfordert Glauben. Wahrheit erfordert nicht nur keinen Glauben, sondern schließt diesen sogar aus.
Kein Gott kann daher von uns verlangen, an ihn zu glauben, und wenn er es tut, ist er nicht Gott, sondern allenfalls eine reine Einbildung. Da Einbildungen subjektiv sind, erklärt dies auch, warum es kaum zwei Gläubige gibt, die an denselben Gott glauben. Jeder hat seinen eigenen Gott, weil Gott nicht real ist. Dabei wäre es für Gott, würde er existieren, ganz einfach, seine Realität zu beweisen - durch direkte erfahrbare Kommunikation. Nicht durch Visionen, nicht durch etwas, was in reinem Geiste stattfindet. Vor allem nicht durch die bisherigen Gottesbeweise, die samt und sonders fehlerhaft sind.
Kommentare
Ein Gottesbeweis würde meine Bereitschaft, an Bückveranstaltungen teilzunehmen, nicht erhöhen.
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Wenn die Himmel sich auftun, Jahwe und seine himmlischen Heerscharen über uns kommen und dann entsprechende unerklärliche Wunder im Minutentakt wirken ... sind wir auch nicht weiter. Denn vermutlich kommen dann zeitgleich Allah, Shiva & Team, Manitou, Zeus, Wotan und Konsorten usw. über uns. Wer von all denen ist dann zuständig für mich?
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Satan. Und selbst der hätte wahrscheinlich keine Lust auf Andreas Edmüller. Was sich von selbst versteht.
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Merci - das betrachte ich als Kompliment ... 👍
Darauf atworte ich mit einem alten Atheisten-Witz. 😀
Ein überzeugter Atheist, der gerade gestorben ist, findet sich selbst auf einmal in einem dunklen Gang wieder. Er entdeckt ein Schild: „Zur Hölle". Er hat keine andere Wahl als den Gang zur Hölle zu folgen und trifft nach geraumer Zeit an eine Tür, die nicht verschlossen ist. Der Atheist betritt die Hölle und traut seinen Augen nicht. Heller Sonnenschein, angenehme Temperaturen, Palmen, Meeresstrand, alle 100 Meter eine Strandbar, fröhliche Menschen tummeln sich, kurzum paradiesische Verhältnisse.
Der gerade verstorbene Atheist geht am Strand entlang, bis er plötzlich eine Gestalt mit einem Pferdefuss und einem Schwanz in einem Strandkorb sitzen sieht. Er geht auf die Gestalt zu und fragt diese, ob er denn der Teufel sei. Dieser bejaht dies und begrüsst den Neuankömmling in der Hölle äusserst herzlich. Er schickt den Atheisten nach dem Geplauder an eine der Strandbars, um sich dort einen Drink zu besorgen.
Der Atheist holte sich einen Drink und schlendert am Strand entlang um die Hölle weiter zu erkunden. Zwischen den Dünen entdeckt er ein grosses, tiefes Loch. Neugierig blickte er in die Tiefe und erschrickt sich fürchterlich. Er sieht am tiefen Grund von diesem Loch wimmernde, unbekleidete Menschen. Es lodert ein heisses Feuer und wilde Bestien schlagen auf die Körper der Menschen ein.
Sogleich rennt der Atheist verwirrt zum Teufel und fragt aufgelöst, was denn das für ein Loch sei? Der Teufel versteht die Frage nicht und so fragt der Atheist nochmals nach dem tiefen Loch mit dem Feuer, den Bestien und den Menschen dort hinten bei den Dünen. „Ach," meint der Teufel, „Das ist für die Christen, die wollen das so …"
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@ Andreas Edmüller
Sie haben den Kommentar nicht verstanden.
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@Paul
Das macht mich jetzt tief betroffen - aber der Witz von RPGNo1 ist gut, oder?
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@ Andreas Edmüller
RPGNo1 hab ich nicht gelesen, die Kommentare von RPGNo1 interessieren nicht, kenn ich aus anderen blogs, maximal vorhersehbar.
Wenn Sie jedesmal "betroffen" sind, wenn Sie etwas nicht verstehen, haben Sie ein größeres Problem.
@Paul
Sie kennen mich nicht, aber meinen doch, meine Kommetare vorhersagen zu können. Also geht es Ihnen letztendlich nur darum, ihr Bein zu heben, um ihr Revier zu markieren, nicht wahr? 😉
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