Ein Beispiel für sinnvolle Gender-Forschung

Maria Sibylla Merian (1647–1717) als Biologin. Ein Kommentar von Prof. Ulrich Kutschera.

Ein Beispiel für sinnvolle Gender-Forschung

Maria Sibylla Merian um 1700. Kupferstich von Jakob Houbraken nach einem Porträt von Georg Gsell.

Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung bzgl. der Moneyistischen „Frau-gleich-Mann-Ideologie“ wurde immer wieder dargelegt, dass die deutsche (sozialkundliche) „Gender-Forschung“ ohne klares Profil und Programm daherkommt (siehe z. B. den Beitrag „Unbewiesene Theorien der Gender-Ideologen“). Ich habe mich anlässlich des 300. Todestages der Künstlerin Maria Sibylla Merian intensiv mit den Originalschriften dieser genialen Frau beschäftigt und in einem Interview sowie zwei Fachbeiträgen herausgestellt, dass Merian nicht nur „Blumen- und Insekten-Malerin“ war: Sie sollte als „Urmutter“ der Entwicklungsbiologie und Ökologie anerkannt werden.

Die deutsch-niederländische Künstlerin und Entomologin M. S. Merian starb am 13. Januar 1717 völlig verarmt in Amsterdam. In einer Quellen-Analyse, veröffentlicht im Journal Biologie in unserer Zeit (BIUZ, 47/1, 2017), weise ich nach, dass Frau Merian, über ihre Leistungen als Insektenforscherin hinaus, auch für ihre Verdienste in der Zoologie und Botanik in die Wissenschaftsgeschichte aufgenommen werden sollte. Nach 300 Jahren ist es angemessen, dieser Autodidaktin der Biologie, die sich als geschiedene, alleinerziehende Mutter im 17. Jahrhundert ihren Berufsweg bahnen musste, einen Ehrenplatz als Biowissenschaftlerin einzuräumen. Ein Interview zu M. S. Merian ist am 13. Januar 2017 erschienen, und der aktuelle BIUZ-Artikel wurde vom Verlag Wiley-VCH freundlicherweise freigeschaltet.

Zeitgleich mit der Veröffentlichung des BIUZ-Beitrags ist im Journal Nature Ecology & Evolution eine Darstellung von Leben und Werk der deutsch-niederländischen Künstlerin und Forscherin erschienen. Dort wird dargelegt, dass Frau Merian mit „Großmeistern“ der Pflanzen- und Tierkunde, wie Julius Sachs (1832–1897) oder Ernst Haeckel (1834–1919) auf eine Stufe gestellt werden sollte. Weiterhin hat Frau Merian in späteren Jahren ihren christlich-fundamentalistischen Gottesglauben überwunden und nüchtern-sachlich, lange vor Darwin und Wallace, den „gottlosen“ Daseinswettbewerb in der Natur (Struggle for Life) beschrieben.

Da in der damaligen Zeit Insekten als „Teufelszeug“ bezeichnet worden sind, ging Frau Merian das persönliche Risiko ein, als Hexe angeklagt und brutal ermordet bzw. verbrannt zu werden. Diese Quellenstudien zu Leben und Werk einer verkannten Forscherin sollten als „sinnvolle Gender-Studien“ bewertet werden. Leider haben die deutschen „Gender-Forscherinnen“ bisher zum 300. Todestag einer ihrer „Heldinnen“ geschwiegen – man beschäftigt sich lieber mit unsinnigen Themen, zu imaginären, wie z. B. den vermeintlichen „mehr als zwei Geschlechtern“, als mit wertvollen Analysen. Die aktuellen Merian-Studien belegen, dass Frauen dasselbe intellektuelle Potential mitbringen wie die Männer und daher keineswegs benachteiligt werden dürfen (Gleichberechtigung der Geschlechter).

Interviewserie zum „Gender-Paradoxon“ mit Prof. Kutschera.

Ulrich Kutschera ist ein deutscher Pflanzenphysiologe und Evolutionsbiologe. Er ist Professor am Institut für Biologie der Universität Kassel und arbeitet seit 2007 zusätzlich als Visiting Scientist in Stanford, Kalifornien, USA.

Kommentare

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    Norbert Schönecker

    Das ist ja mal ein konstruktiver, sinnvoller und informativer Beitrag über eine offenbar starke Frau, von der ich noch nie gehört hatte. Danke!

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      Jörg Elbe

      Sie wurde ab 1990 auch auf dem 500-DM-Schein verewigt, aber den hat auch kaum jemand in der Hand gehabt... :-)

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      ChrisV

      Es gibt auch einen sehr schönen Google Doodle vom 02.04.2013.
      https://www.google.com/doodles/maria-sibylla-merians-366th-birthday

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