Theologische Taschenspielertricks (Teil 1)

Aus der Trickkiste der Theologen

Wenn Theologen sich mit dem Atheismus beschäftigen, dann tun sie es oft auf eine intellektuell unredliche Art und Weise. Im Folgenden beschreibe ich beispielhaft, wie man nicht gegen Atheisten argumentieren sollte. Es sei denn, man möchte sich und seinen Glauben gerne lächerlich machen.

Theologische Taschenspielertricks (Teil 1)

Du kannst Gott nicht widerlegen!

Diese einfache Version der nachfolgenden Pseudo-Argumente wird gerne auch von Gläubigen übernommen. Das geht so:

(P1) Du kannst Gott nicht widerlegen!
(P2) Du müsstest aber die Existenz Gottes widerlegen, um Atheist sein zu können.
(S1) Der Atheist widerspricht sich selbst und ist unlogisch.

(P1): Tatsächlich hält die Mehrheit der Atheisten diese Voraussetzung für korrekt. Oft wird dazu die Behauptung benutzt, man könne etwas Negatives oder Nichtexistenz nicht beweisen. Das ist beides falsch. Eigentlich müsste die Prämisse lauten: »Ich erkenne keine Beweise der Nichtexistenz an.

(P2): Um Atheist zu sein reicht es aus, nicht an Gott zu glauben. Keineswegs muss man Gottes Existenz widerlegen können, daher ergibt sich auch kein Widerspruch.

Man kann das Argument parodieren, um zu zeigen, dass es falsch ist:

(P1) Du kannst die Existenz von Zeus (Odin, Thor, … tausender Götter) nicht widerlegen!
(P2‹) Um Monotheist sein zu können, müsstest Du die Existenz aller anderen Götter aber widerlegen können.
(S2) Folglich ist der Monotheismus falsch, der Monotheist widerspricht sich selbst.

Ofensichtlich reicht es aber aus, sich als Monotheisten zu bezeichnen, wenn man an die Existenz anderer Götter? nicht glaubt. Keineswegs ist es die Voraussetzung, irgendeinen? Gott widerlegen zu können, um nicht an ihn glauben zu dürfen. Das glaubt der Monotheist selbst nicht und widerlegt daher sein eigenes Argument!

Da Nichtexistenz immer wahrscheinlicher ist als Existenz – es sei denn, es liegen gute, positive Gründe vor, die Existenz von etwas für wahrscheinlich zu halten – ist es rational gerechtfertigt, beim Fehlen dieser Gründe nicht an etwas zu glauben.

Nun scheitern die Theologen seit 2.000 Jahren daran, die Existenz von Gott zu beweisen. Das reicht völlig aus, um die Existenz von Gott für unwahrscheinlich zu halten. Man nennt dies ein »qualifiziertes Fehlen von Gründen. Die Abwesenheit eines Beweises ist kein Beweis für Abwesenheit, es sei denn, man hat lange genug nach Beweisen gesucht und keine gefunden. Denn wenn etwas nicht existiert, wird man auch keine Beweise für seine Existenz finden, gleich, wie lange man sucht.

Man kann Gott nicht beweisen

(P1) Man kann Gott weder beweisen noch widerlegen.
(P2) Um Atheist zu sein, müsste man beweisen können, dass Gott nicht existiert.
(S1) Folglich ist der Atheismus unlogisch.

(P1): Diese Behauptung ist entweder falsch oder bezieht sich nicht auf den Gott, an den die Menschen glauben. Ein vollständig transzendenter Gott, der nicht in diese Welt eingreift, ließe sich weder beweisen noch widerlegen. Nur wäre dieser Gott irrelevant. Es ist zudem nicht der Gott des Christentums. Lediglich Deisten? behaupten, dass Gott zwar das Universum erschaffen hat, sich aber seitdem nicht mehr darum kümmert. Dann gäbe es nur einen Punkt, an dem Gott in diese Welt eingegriffen hat, nämlich bei der Schöpfung. Der Deismus kennt aber weder einen Kult, noch behauptet er, dass man ohne Gott keine Moral haben könne. Wir haben hier ein Beispiel für einen Theismus, der eine atheistische Moral vertritt – Moral ist eine Angelegenheit der Menschen. Es gibt keine Offenbarung (außer der Natur selbst), folglich auch keine göttlichen moralischen Vorschriften.

(P2): Diese Voraussetzung ist falsch. Um Atheist sein zu können, reicht es aus, zu sagen, dass man nicht an Gott glaubt. Wie beim Theisten gibt es keinen Zwang dazu, dies zu begründen. Besteht nicht der Kern des religiösen Glaubens darin, etwas zu behaupten, ohne eine logische Begründung dafür zu haben? Was dem Theisten recht ist, kann dem Atheisten billig sein. Wenn man (P1) zustimmt, muss es reichen, zu sagen, dass man nicht an einen Schöpfergott glaubt. Beide Prämissen widersprechen sich dann, und es ist der Theist, der unlogisch argumentiert.

In jedem Fall ist das Argument falsch. Man konstruiert mit falschen Behauptungen einen Widerspruch und schiebt dies als Strohmann dem Atheisten unter, der keineswegs behauptet, dass er deswegen nicht an Gott glaubt, weil er das beweisen kann.

Die Dawkins-Finte

Dies ist eine Variante des zweiten Scheinarguments:

(P3) Die Wissenschaft beschäftigt sich mit der (natürlichen) Welt, die Theologie mit der übernatürlichen Welt.
(P4) Gott ist kein Teil dieser Welt (in (P3) enthalten).
(S2) Folglich geht der Atheist unwissenschaftlich vor, wenn er behauptet, dass es keinen Gott gibt.

Dieses Argument wurde von verschiedener Seite ernsthaft gegen Dawkins vorgebracht. Aber auch wenn Dawkins Wissenschaftler ist, warum sollte er nicht philosophisch? etwas zu Gott sagen können? Zudem argumentiert er gegen Kreationisten, und die sind auf wissenschaftliches Gebiet eingedrungen, um mit der Behauptung »Gott war es gegen eine wissenschaftliche Kerntheorie zu argumentieren.

(P3): Die Wissenschaft hat sich sehr wohl mit dem Übernatürlichen beschäftigt, nur ohne Ergebnis. Das ist der Grund, warum sie es nicht mehr tut. Wissenschaftler beschäftigen sich mit Behauptungen, die nachprüfbar? sind. Wenn man nun das Supernaturale definiert als etwas, was wissenschaftlich nicht nachgeprüft werden kann, dann ist das kein Thema für die Wissenschaft. Aber das ist in etwa so, als wenn man der Theologie vorwirft, sich nicht mit »Micky Maus zu befassen, weil die keine theologischen Aussagen macht. Das kann man beim besten Willen aber nicht als einen Mangel der Theologie bezeichnen.

(P4): Diese Voraussetzung ist eine unbewiesene Behauptung! Es sei denn, man will damit aussagen, dass sich die Wissenschaft nur mit Dingen beschäftigt, die einen Einfluss auf diese Welt haben. Hat Gott einen Einfluss auf diese Welt? Wenn ja, kann man sich wissenschaftlich damit befassen, was auch getan wurde. Der Einfluss des Betens wurde untersucht (es gibt keinen). Wenn nein, ist das nicht nur für die Wissenschaft uninteressant, sondern auch für die Gläubigen.

Die Schlussfolgerung besagt, dass sich die Wissenschaft nicht mit unüberprüfbaren Behauptungen beschäftigt. Mehr nicht. Man kann sich aber philosophisch damit befassen.

Schließlich hält man es auch für rational gerechtfertigt, wenn Dawkins oder sonst jemand nicht an die Existenz des Weihnachtsmanns glaubt, obwohl es keine empirisch-wissenschaftlichen Beweise für seine Nichtexistenz gibt. Warum sollte man für Gott eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel gestatten? Ist es uwissenschaftlich, nicht an den Weihnachtsmann zu glauben?

Die Idee hinter diesem Argument ist es, kritische Wissenschaftler »mundtot zu machen. Angeblich dürfen sie nur etwas wissenschaftliches sagen, und wenn sie etwas über Gott sagen, ist es per theistischer? Definition nicht wissenschaftlich. Also dürfen sie nicht über Gott reden, eine Art »Maulkorberlass.

Eigentlich eine Art Eigentor, weil die dahinter stehende Botschaft diese ist:

Du sollst nichts sagen, was unsinnig ist!

Dem könnte man zustimmen, wenn es nicht Gläubige wären, die dieses Gebot permanent brechen. Denn dann reduziert es sich zu »Du sollst mir nicht widersprechen. Und das ist purer Uninn!

Die Diffamierung der Logik

Das ist ein »Privileg von Gläubigen. So schrieb mir jüngst eine durchaus gebildete Dame, dass meine Behauptungen zum Atheismus »widersprüchlich seien. Auf ihrem acht Seiten langen Brief stand auf jeder Seite, dass man Logik nicht auf Gott oder in theologischen Diskussionen verwenden kann. Dies gipfelte in der Aussage, dass

…die Funktion der Logik als Irreführung im Dienst der Rhetorik…

ja von mir doch nur benutzt wird, um Gegenargumente abzublocken. Nun gibt es aber keine Möglichkeit einer sinnvollen Diskussion, wenn man die gängigen Regeln für eine Diskussion nicht anerkennt.

Man kann ohne Logik nicht argumentieren, die wirksamste Methode, um Argumente abzublocken besteht darin, zu sagen, dass »hier die Logik nicht gilt. Damit ist eine jede mögliche Debatte beendet. Wenn man nun behauptet, dass Gott nicht der Logik unterliegt, aber ein Atheist beweisen müsse, dass Gott nicht existiert, dann fordert man Beweise, hat aber zugleich effektive alle möglichen Beweismittel »vernichtet. Niemand kann etwas beweisen, wenn die Methoden, Beweise zu führen, abgelehnt werden.

Es gibt auch keine Logik, mit der man Leute davon überzeugen könnte, die Logik zu benutzen. Die einzige Wahl, die man dann noch hat ist die, mit Humor zu reagieren. Das passt den Gläubigen aber erst recht nicht. Wer mir Logik und Humor bestreitet, will mich zum Schweigen verdammen – meist, um seinen unlogischen Unfug ungestört unter das Volk bringen zu können.

Die Erpressung mit der einzigen Alternative

Folgt im zweiten Teil!

Hier geht's zum Originalartikel...

Kommentare

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    Philo

    Antwort auf #4 von jaybus56:

    > Gott ist hinreichend unplausibel.

    So ist es.

    Nur geht es (mitunter) Herrn Dittmar um theologische Taschenspielertricks und somit um die Tatbestandsverwirklichung eines kollektiven Betrugs unter Vorsatz (dolus).

    Und wie alles (s)eine historische Entwicklungsgeschichte hat, ergibt sich auch hierzu die Frage ohnehin von selbst, wie umfangreich dimensioniert theologische Taschenspielertricks subjektiv wie auch objektiv wirken.

    In diesem Sinne möchte ich empfehlen, sich stets mit Sachverstand davor zu ekeln.

    Philo

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      jaybus56

      Oft wird dazu die Behauptung benutzt, man könne etwas Negatives oder Nichtexistenz nicht beweisen. Das ist beides falsch.

      Sorry, es ist im Allgemeinen richtig! Nur in Einzelfällen (höchstens in abzählbare Mengen) kann man die Abwesenheit eines Faktums beweisen. Insbesondere das Konstrukt (genauer "die Konstrukte") Gott ist (sind) aber genau so definiert, dass man kein eindeutiges Falsifikationskriterium angeben kann.

      Natürlich kann ich den Drachen in meiner Garage behaupten, den niemand außer mir sieht. Aber dann ist es auch an mir seine Existenz zu beweisen, nicht an den Zweiflern seine Nichtexistenz. Genau hier liegt der Fehler. Für die Annahme der Nichtexistenz genügt hinreichende Implausibilität.

      Gott ist hinreichend unplausibel. Das reicht!

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        Bernd Kammermeier

        Lieber Joe Wolsing,

        das ist der entscheidende Satz:

        >Um was geht es also?

        >Darum, durch Erziehung und Bildung künftige Generationen von der Bürde des Aberglaubens zu befreien. Wenn unser Gehirn über die Zeit seiner Entwicklung hinweg eine Struktur zum Aberglauben entwickelt hat, so kann diese auch durch entsprechendes Training wieder rückgängig werden, oder in anderen Worten das Gehirn wieder umstrukturiert werden.

        Dies habe ich bei mir selbst hinbekommen ohne Hilfe von außen. wobei ich den Vorteil hatte, mich schon immer für Naturwissenschaften zu interessieren. In der Übergangsphase hatte ich noch versucht, die biblischen Texte mit Hilfe der Ideen Dänikens neu zu interpretieren. Nachdem dies auch nicht gelang, habe ich von jeder Nachvollziehbarkeit "Heiliger" Texte Abschied genommen und sie in den Bereich der Märchen geschoben - bis ich nach intensivem Studium die Amoralität der Texte herausfand. Sie sind also nicht einmal mehr als Märchen tauglich.

        Ist also der Unterschied zu Gläubigen, die das nicht aus sich heraus hinbekommen, dass ihnen eine fundierte, naturwissenschaftliche Ausbildung fehlt - und sei es nur ein intensives, persönliches Interesse daran? Oder wie kann ein gebildeter, logisch rational denkender Mensch nicht von sich aus - ohne jeden Einfluss von außen - erkennen, dass Religion ein selbst konstruiertes Wolkenkuckucksheim ist?

        Ich empfehle als Lektüre für "noch immer Gläubige" die "Apokalypse des Abraham" (bei Wikisource zu lesen). Das ist ein vergleichsweise kurzer Text, der recht plastisch, wenn auch unfreiwillig schildert, wie Glauben entsteht und was er bedient. Man könnte dabei auch "Abraham" durch "Jimmy Olsen", "Gott" durch "Superman", "Berg Horeb" durch "Nordpol" und "Himmel" durch "Festung der Einsamkeit" ersetzen.

        Dieser Text vermittelt, worum es beim Glauben geht: Ich vertraue mich einem Überwesen an und der liebt mich im Gegenzug, beschützt mich mit Superkräften und zeigt mir Dinge, die sonst keiner zu sehen bekommt. Das erzeugt ein heimeliges, sicheres Gefühl (ein in der damals noch viel unsicheren Welt nicht zu unterschätzender Faktor!)

        Der Text verrät aber auch das abstruse, völlig lächerliche Weltbild heiliger Texte, das bis ca. 70 n.Chr. (als die Apokalypse des Abraham entstanden ist) nicht den seit Jahrhunderten vorliegenden Erkenntnissen z.B. über die Kugelgestalt der Erde (z.B. durch Eratosthenes von Kyrene) angepasst wurde.

        Wenn ein noch heute Gläubiger diesen Text aufmerksam liest und mir danach noch immer mit fester Stimme ins Gesicht sagt, dass er nach wie vor von den Glaubensinhalten überzeugt ist, dann ist vermutlich Hopfen und Malz verloren. Dann muss ich aber auch an dessen Fähigkeit zu rationalem Denken zweifeln.

        Dieser Text ist noch aus einem weiteren Grund interessant: Es handelt sich ursprünglich um einen rein jüdischen Text, der jedoch von Judenchristen nachträglich durch Einschübe an die neue Situation angepasst wurde, dass es ja mittlerweile einen Messias gibt, an dessen Erscheinung die Juden noch nicht glauben. D.h. eine gewisse, dogmatische Flexibilität - wenn sie den eigenen Zwecken nutzt - ist schon vorhanden, nur reicht diese nicht soweit, auch das naturwissenschaftliche Weltbild den Erkenntnissen anzupassen.

        Vielleicht wäre das mal einen Test wert, diesen außerbiblischen Text weiterzureichen und zu sehen, wie flexibel heutige Gläubige im Umgang mit Religion sind.

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          Joseph Wolsing

          Ergibt sich aber aus den Gesprächen mit liberalen Gläubigen nicht direkt die Problematik, dass es eben nicht darum gehen kann, irgendwelche "Taschenspielertricks" von Gläubigen zu entlarven? Ich habe schon auf eine umfassende Darstellung meiner Argumente für meinen Nichtglauben die Antwort erhalten: "Du hast ja mit allem Recht, aber ich möchte nach meinem Tod trotzdem in den Himmel kommen und meine Eltern wiedersehen!". Die Person, die das geäußert hat steht mir sehr nahe und ist bis auf die Tatsache, dass sie den hahnebüchenen Unsinn glaubt, der im Katholizismus verbreitet wird, ein durchaus gebildeter und logisch rational denkender Mensch. Die Problematik liegt nicht darin, dass sie nicht erkennen kann, dass Religion wiedersprüchlich ist (typisches Ausweichargument in der religionsbezogenen Debatte ist z. B. "Oh das steht aber im alten Testament". Was soll ich mir denn darunter vorstellen, dass es eine absolute Wahrheit 2.0 gibt, weil eine allmächtige Wesenheit nicht in der Lage war, diese beim ersten Mal fehlerfrei zu formulieren?

          Nein, es geht darum, sich die Möglichkeit offen zu halten, dass all die schönen Dinge in der Bibel wahr sein könnten und wir tatsächlich nach dem Tod im Himmel oder der Hölle landen könnten. Beide Vorstellungen muten für mich wenig verlockend an und sind derart anthropozentrischer Natur, dass ich überhaupt nicht darüber nachdenken muss. woher sie stammen.

          Um was geht es also?

          Darum, durch Erziehung und Bildung künftige Generationen von der Bürde des Aberglaubens zu befreien. Wenn unser Gehirn über die Zeit seiner Entwicklung hinweg eine Struktur zum Aberglauben entwickelt hat, so kann diese auch durch entsprechendes Training wieder rückgängig werden, oder in anderen Worten das Gehirn wieder umstrukturiert werden. Der Sinn von Moralität lässt sich auch sehr gut ohne Religion erklären, womit das einzig "rationale" Argument für Religion dahin ist. Wir sollten uns dran machen, kommende Generationen dahingehend zu sozialisieren, dass das richtige zu tun schon deshalb erstrebenswert ist, weil es das richtige ist (siehe auch Lawrence Kohlberg: Die Psychologie der Moralentwicklung) nicht weil wir dafür in einem fiktiven Jenseits von einer angenommenen Größe (Gott) belohnt oder im Falle des Versagens bestraft werden.

          Es ist ein langer und steiniger Weg dahin, schon alleine, weil sich Religion so in das Buch der menschlichen Gesellschaft eingeschrieben hat, dass es häufig zu völligem Unverständnis führt, wenn an ihr gezweifelt wird und noch mehr, weil nicht alle Religionen auf dem selben geschichtlichen Stand sind (sieh Islam und der fehlende Einfluss der Aufklärung). Aber gehen wir ihn nicht, werden die Lösungen der realen Probleme der Menschheit schon an diesem fundamentalen Unterschied der Wirklichkeitswahrnehmung scheitern.

          Ich vertrete die Ansicht, dass dies im Übrigen für alle ideologischen Weltanschauungen gilt, nicht nur für religiöse Ideologien. Auch für die immer mächtiger werdende Ideologie der Ökonomie und damit des abstrakten Profits!

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            Bernd Kammermeier

            So schrieb mir jüngst eine durchaus gebildete Dame 3, dass meine Behauptungen zum Atheismus »widersprüchlich seien. Auf ihrem acht Seiten langen Brief stand auf jeder Seite, dass man Logik? nicht auf Gott oder in theologischen Diskussionen verwenden kann.

            Letztlich führt diese "Denkweise" zu der "Erkenntnis", dass Gott unerforschlich ist, weil nur eine Erforschung des Diesseits möglich ist. Ich lasse mal dahin gestellt, dass die Wissenschaft keine Grenze ihres Betätigungsfeldes sieht oder anerkennt. Für sie ist alles, was irgendwie sensorisch zu erfassen ist, ein Forschungsgegenstand.

            Doch die vermutete Unerforschlichkeit Gottes wurde nicht immer so gesehen. Ich denke hier an das aufschlussreiche außerbiblische, jüdische Werk: "Die Apokalypse des Abrahams". Dabei geht es kurz zusammengefasst um die aufgrund logischer Schlüsse gewonnene Erkenntnis Abrahams, dass materielle Götterbilder keine Macht besitzen. Daraufhin liebt ihn Gott und lässt ihn in den Himmel fliegen, was in der Geschichte bedingt, dass er auf dem Berg Horeb steht und von dort auf die Himmelskuppel mit den Sternen herabblicken kann. Aber das lassen wir mal außen vor. Däniken-Anhänger haben aus diesem Text übrigens eine wunderschöne Raumfahrtgeschichte gemacht, in der Abraham zu einer Raumstation fliegt. Auch das ist ein Kapitel überbordender, menschlicher Fantasie.

            Wichtig zu zitieren im Zusammenhang mit dem vorzüglichen Beitrag Volker Dittmars ist der 2. Vers des ersten Kapitels der "Apokalypse des Abraham":

            >Am Tag, wo ich [Abraham] an den Göttern meines Vaters Therach hobelte und an den Göttern Nachors, seines Bruders, da erforschte ich, wer denn der starke Gott in Wahrheit sei,

            Noch im Jahr 70 n.Chr., dem vermuteten Entstehungsjahr dieses Textes, ging man in theologischen Kreisen (in diesen Fall judenchristlicher Gemeinden) noch davon aus, dass Gott sehr wohl erforscht werden könne. Dies konnte sich auch noch eine Weile so hinschleppen und erhalten, weil das aufkeimende Christentum erfolgreich jede empirische Forschung behinderte, die zu anderen Ergebnisse kommen mochte, wie weiland Abraham. Erst, als die Wissenschaft nicht mehr zu stoppen war und uns ein völlig anderes Bild der Welt zeigte, als in der zitierten Apokalypse sehr plastisch gezeigt, musste die Erforschbarkeit Gottes zugunsten seiner "Unlogik" und "Unerforschlichkeit" weichen.

            Plötzlich war Gott nicht mehr ein Bestandteil der realen Welt, sondern wirkte ausschließlich im übernatürlichen "Raum", bzw. wirkte gar nicht. Doch da es wunderbar nachzuweisen ist, dass Gott dereinst durchaus als Bestandteil der realen Welt wahrgenommen wurde, diese aber als Folge der wachsenden naturwissenschaftlichen Erkenntnisse verlassen musste, kann eine gewisse Beliebigkeit im Umgang mit Gottes tatsächlichem Wohnort nicht von der Hand gewiesen werden.

            Und wen von Seiten der Gläubigen dies noch immer nicht zu überzeugen vermag, dem mag man getrost nachweisen, dass sich im Übernatürlichen allerlei Esoteriker, Astrologen, Geistergläubige, Wahrsager und Magier tummeln, die allesamt von der Kirche als "Abergläubische" und der Bibel zufolge als todeswürdig angesehen werden. Das ist also schon eine recht dubiose Nachbarschaft, in der sich die Gottesfürchtigen auf ihrer Flucht vor der Wirklichkeit verschanzt haben.

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